Remscheid: Struck
Stillgelegt: 1966
Status: Bahndamm noch als Wanderweg vorhanden (Stand: 2016)

März 2005 © Tramtracks
Der Stadtteil Struck im Südosten Remscheids hatte über sieben Jahrzehnte hinweg eine Anbindung an das kommunale Schienennetz. Dort, wo später der Wendehammer für die Straße Hatzelangk entstand, befand sich eine Ausweiche für die Straßenbahn und zugleich die letzte Endstelle dieses Streckenastes. Sie war eigentlich Teil einer Städteverbindung nach Wermelskirchen, die auf halbem Wege die Eschbachtalsperre passierte – womit die beiden wichtigsten Ziele dieser Route genannt sind.
Zwischen Struck und Wermelskirchen wurde die Linie 2 am 10. August 1962 eingestellt. Zwischen 28. April 1963 und 30. September 1966 gab es allerdings in den Sommermonaten sonntags Fahrten bis zur Mebusmühle, um Ausflügler zur Talsperre zu bringen. Im Winter ruhte der Betrieb, und auch der Fahrstrom wurde auf diesem Abschnitt abgeschaltet. Am 31. Dezember 1966 verkehrte dann die Linie 12 zum letzten Mal vom Friedrich-Ebert-Platz über Handweiser und Lenneper Straße bis Struck. Sie war die vorletzte Tramverbindung in Remscheid, bevor in der Stadt im April 1969 das letzte Stündlein für die Straßenbahn schlug.
Von der Intzestraße her und am Kuckuck vorbei fuhr die Tram eingleisig auf eigener Trasse, die bis heute als Wanderweg begehbar ist. In Struck ist sie auch an einigen Stellen klar als Bahndamm identifizierbar.

März 2005 © Tramtracks

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Die Straßenbahn kreutzte die Intzestraße nicht niveaugleich, sondern besaß eine Unterführung, die allerdings mittlerweile zugeschüttet ist. Der Wanderweg führt an dieser Stelle heute kurz hoch zur Straße und dahinter wieder hinunter auf den ursprünglichen Streckenverlauf. Östlich der Intzestraße sind auch noch einige Reste von Mastfundamenten zu finden. Die dazugehörigen Stahlmasten, an denen die Oberleitung befestigt war, wurden allesamt knapp über dem Boden abgeflext. Man hat sich aber nicht die Mühe gemacht, die verbliebenen Stümpfe aus dem Untergrund zu holen, denn die massiven Sockel waren tief im Erdreich verankert.
Die Linie 2 nach Wermelskirchen war hier eine Überlandbahn. Davon zeugen auch noch die entsprechenden Ortsbezeichnungen: Struck ist von "Strauch" abgeleitet, Hatzelangk spielt auf die Hatz, also die Jagd, an. Das Grünental, das die Bahn zwischen Intzestraße und Mebusmühle durchfährt, hält, was der Name verspricht.

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Auf der eingleisigen Strecke begegneten sich die Wagen in Richtung Wermelskirchen bzw. Remscheid in Ausweichen, also kurzen zweigleisigen Abschnitten, an denen sich auch meist eine Haltestelle befand. So auch in Grünental, wo eine Stützmauer mit Geländer das Bahngelände einfasste. Mit der Anlage der 2,8 km langen Strecke zwischen Talsperre und Lenneper Straße wurde kurz vor Weihnachten 1898 begonnen. Bauherr war damals die Westdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft, in der die Wermelskirchen-Burger Eisenbahn (WBE) aufgegangen war. Die Stammroute des Kleinbahnunternehmens durchs Eschbachtal existierte seit 1890. Eigentlich wollte man die neue Strecke von der Talsperre her auf möglichst direktem Weg nach Remscheid hinein führen. Doch die Stadt, die selbst die Tram 1893 eingeführt hatte, wollte keine Konkurrenz am Ort. So kam es, dass die WBE sozusagen um Remscheid herum baute – mit dem Ziel, Lennep und Lüttringhausen anzubinden, was 1907 auch geschah.
Die Ausweiche wurde erst nachträglich angelegt. Erste Pläne dafür gab es schon 1927, definitiv in Betrieb war sie dann wohl 1930. Von Grünental war es dann nur noch rund einen Kilometer bis zur Mebusmühle.

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Die im Juli 1900 eröffnete Strecke zwischen Lenneper Straße und Talsperre entwickelte sich gut. In 32 Minuten gelangte man auf direktem Wege von Remscheid nach Wermelskirchen, wenngleich diese Verbindung anfangs nur alle zwei Stunden angeboten wurde. Mehr Verkehr gab es an Sonntagen, wenn das Fahrtenangebot um ein Drittel aufgestockt wurde. Nicht nur die Eschbachtalsperre war ein beliebtes Ausflugsziel für die Städter. Seit 1912 lockte das Strandbad Eschbachtal Besucher an. Es ist das älteste Freibad im deutschen Binnenland mit einer Kapazität von derzeit 7.500 Personen.
Die Stadtwerke Remscheid hatten schon 1914 ein Auge auf den Nachbarbetrieb geworfen. Die Übernahme zog sich durch den Ersten Weltkrieg hin. Als der inzwischen als Vereinigte Kleinbahnen AG firmierende Betreiber der Wermelskirchener und Burger Strecken Anfang der 1920er-Jahre in finanzielle Nöte geriet, nutzten die Remscheider 1922 die Gelegenheit. Während die unrentable Ost-West-Verbindung durchs Eschbachtal 1930 stillgelegt wurde, blieb die Wermelskirchener Achse fester Bestandteil des Remscheider Tramnetzes.

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Anfang der 1950er-Jahre machte der Bahnverbindung ein Fahrgastrückgang zu schaffen. Dies lag nicht zuletzt an der Konkurrenz auf der Straße in Form der Postbusse, die keineswegs nur Briefe, sondern in Nachfolge der Postkutschen auch Fahrgäste beförderten. Schon 1940 hatte die Reichspost den Busverkehr zwischen Remscheid und Wermelskirchen aufgenommen. Die Bundespost trat nach der Nachkriegszeit wieder in den Wettbewerb ein und warb Fahrgäste zum "Kraftbus" ab. Die Straßenbahn hatte einen Investitionsrückstand aufzuholen und verlor immer mehr an Boden. Zuletzt zuckelten die Triebwagen mit nur 15 Stundenkilometern über die heruntergefahrenen Gleise. Die Vorteile eines eigenen Bahnkörpers, der unabhängig vom übrigen Verkehr höhere Geschwindigkeiten ermöglichen sollte, blieben ungenutzt.
Um 1960 versuchten die Stadtwerke Remscheid sich mit der Post über einen Gemeinschaftsverkehr zu verständigen. Doch man kam nicht zu einer Einigung, und seitens der Stadt dachte man laut darüber nach, den Bahnkörper zwischen Struck und Talsperre auf über vier Meter zu verbreitern und dort dann selbst Busse fahren zu lassen. Schließlich entschied sich die Kommune, von der Straßenbahn ganz Abschied zu nehmen.

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Kurz vor der Mebusmühle ist die alte Trasse noch als mit einer Stützmauer abgesicherte Geländestufe neben dem Weg erkennbar. Von dort aus ist die Staumauer nur rund 400 Meter Luftlinie entfernt. Die 1891 eingeweihte Talsperre war eine Pioniertat der Wasserwirtschaft und die allererste in Deutschland, die hauptsächlich zur Gewinnung von Trinkwasser diente. Der Ingenieur Otto Intze hatte dafür das Prinzip der Gewichtsstaumauer entwickelt, die aus Bruchsteinen zusammengesetzt ist und aufgrund ihres hohen Eigengewichtes den aufgestauten Wassermassen standhält. Treibende Kraft hinter dem Projekt war der Industrielle und Lokalpolitiker Robert Bröker, der wenige Jahre später auch die Einführung der Straßenbahn in Remscheid anstieß. Die Region war Ende des 19. Jahrhunderts technologisch ganz weit vorne. Von Anfang an war die Talsperre ein beliebtes Ausflugsziel. Der sie umgebende Rundweg ist heute ein Waldlehrpfad.
Weitaus älter ist die Mebusmühle, deren urkundlich dokumentierte Geschichte bis ins 16. Jahrhundert zurück reicht. Von der ehemaligen Getreidemühle, in der Wasserkraft aus dem Eschbach den Mahlstein bewegte, existiert noch das um 1800 errichtete Gebäude, in dem sich heute eine Gastronomie befindet. Auf dem Parkplatz vor dem Restaurant lag die dreigleisige Station Talsperre, an der sich die Strecken nach Burg und Wermelskirchen verzweigten.
Auf dem Stadtplan markiert ist die ehemalige Ausweiche Struck am westlichen Ende der Straße Hatzelangk. Die ehemalige Bahntrasse ist auf der Karte mit einer durchgezogenen braunen Linie, östlich der Intzestraße als gestrichelte Linie dargestellt. Mit ÖPNV ist der Bereich durch die Buslinien 652 und 672 erschlossen (Haltestellen: Struck bzw. Talsperre/Mebusmühle).
Literatur
- Wolfgang R: Reimann / Rolf Löttgers: Unsere Remscheider Straßenbahn 1893-1969. Remscheid 1981 (S. 133, 197-210, 220)
- Alfred Scheerer: Chronik der Remscheider Straßenbahn. Wuppertal 1954 (S. 62-68, 92-93, 102, 105)
- Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 5: Bergisches und Siegerland. Freiburg 1996 (S. 179, 182-184, 189)
- Gerd Wolff / Lothar Riedel: Deutsche Klein- und Privatbahnen. Band 5: Nordrhein-Westfalen. Freiburg 1998 (S. 154-155, 166-169)