Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Krefeld: Lehmheide

Stillgelegt: 1983
Status: Gleisreste nicht mehr vorhanden

[01] Lehmheide/Ecke Gladbacher Straße
August 2004  © Tramtracks

Während in der Gladbacher Straße das Doppelgleis erneuert wurde, blieben die Relikte einer mehr als 20 Jahre zuvor aufgegebenen Streckenführung vom Straßenbau zunächst verschont. Das Schienenpaar, das in die Straße Lehmheide führte, stellte die Einfahrt in eine große Schleife dar, die Krefelds Friedhöfe an das Straßenbahnnetz anband. Zuletzt rollten am 28. Mai 1983 Bahnen auf der eingleisigen Strecke in Straßenmitte.

Gefahren wurde gegen den Uhrzeigersinn, also in westlicher Richtung. Die Strecke verlief von der Gladbacher Straße über Lehmheide und Heideckstraße bis zur Obergath-Kreuzung und dann über die Gladbacher Straße zurück zum Ausgangspunkt. In den 1950er-Jahren führte hier eine eigene Linie entlang: die 0, die über Innenstadt erst nach Bockum, später über Stadtwald nach Verberg fuhr. In den 1960er-Jahren wurde die Friedhofsstrecke in die Linie 5 (später Linie 2) integriert, deren Fahrten normalerweise am Edelstahlwerk endeten.

 

[02] Lehmheide in Höhe Hauptfriedhof
August 2004  © Tramtracks
[03] Lehmheide in Höhe Hauptfriedhof
August 2004  © Tramtracks
[04] Lehmheide in Höhe Hauptfriedhof
August 2004  © Tramtracks

Die Strecke führt am Krefelder Hauptfriedhof vorbei. Er besteht aus zwei Teilen, dem älteren (1867 eröffneten) an der Lehmheide und dem neueren an der Heideckstraße (1891 eröffnet, 1913 bis 1916 erweitert). Der Friedhof ähnelt einem Park und ist damit mehr als nur ein Bestattungsfeld.

Die rund 430 m lange Trasse auf der Lehmheide wurde am Maifeiertag 1922 eröffnet: Zuvor gab es eine weite Schleife, die vom Augustaplatz über die Martin- und Heideckstraße führte. 1919 war bereits der Abschnitt in der Martinstraße und im nördlichen Teil der Heideckstraße aufgegeben worden. Die Friedhöfe wurden also durch die Neubaustrecke Lehmheide nach drei Jahren Pause neu angebunden.

[05] Lehmheide in Höhe Rosenfeld
September 2012  © Tramtracks
[06] Eingang zum alten Teil des Hauptfriedhofs an der Lehmheide
September 2012  © Tramtracks
[07] Westliches Ende der Lehmheide
September 2012  © Tramtracks
[08] Westliches Ende der Lehmheide mit Blick auf die Einmündung auf die Heideckstraße
September 2012  © Tramtracks

Noch immer säumte eine Anzahl alter Oberleitungsmasten die Lehmheide, ohne heute noch eine Funktion auszuüben. Die eingepflasterten Schienen wurden hier vergossen.

Die Lehmheide ist ein Wohngebiet, das den Übergang eines dichten innerstädtischen Straßenzugs zu vorstädtischer Bebauung markiert. Parkende Autos verengen den Raum, der dem fließenden Verkehr zur Verfügung steht. Keine optimalen Rahmenbedingungen für eine Straßenbahn. Dennoch konnte sich die eingleisige Lage der Strecke in der Straßenmitte, wie sie für viele in der Nachkriegszeit stillgelegte Strecken typisch war, erstaunlich lange halten.

[09] Westliches Ende der Lehmheide
Juni 2016  © Tramtracks
[10] Lehmheide in Höhe Hauptfriedhof
Juni 2016  © Tramtracks

In den 2010er-Jahren sind entlang der Straße eine ganze Reihe neuer Wohngebäude entstanden. Doppel- und Reihenhäuser mit insgesamt 55 Wohneinheiten wurden auf dem Gelände einer aufgegebenen Gärtnerei gegenüber dem Friedhof errichtet – um Kosten zu sparen haben übrigens alle Häuser keinen Keller.

"Wohnen am südlichen Rand der Innenstadt hat seinen Reiz", schrieb die Stadt Krefeld und hob auf die "gute verkehrliche Erschließung" ab. Den öffentlichen Nahverkehr kann sie damit wohl kaum gemeint haben, denn über die Lehmheide verläuft heute keine Linie mehr. Der Hauptfriedhof wird im Halbstundentakt durch die Buslinie 058 angebunden, die auf der Heideckstraße fährt. Fairerweise muss man sagen: Zur Straßenbahn-Haltestelle Lehmheide auf der Gladbacher Straße ist es auch nicht allzu weit.

[11] Lehmheide in Höhe Regenbogenschule
Juni 2016  © Tramtracks
[12] Östliches Ende der Lehmheide mit Blick auf die Gladbacher Straße
Juni 2016  © Tramtracks

Das Viertel prägen laut Stadt die "sogenannten Multikulti-Quartiere". Bildungseinrichtungen wie die Regenbogenschule sind dabei von besonderer Bedeutung. In dem sozial schwachen Stadtteil mit sehr hohem Anteil von Familien mit Migrationshintergrund ist die Grundschule ein wichtiges Bindeglied zwischen verschiedenen Kulturen. Als 2011/12 die Schule nach Stahldorf verlegt und gewachsene Strukturen zerrissen werden sollten, wehrten sich die Eltern erfolgreich gegen die Pläne des Schulamts.

Eine andere Veränderung gab es aber an der Ecke Lehmheide/Gladbacher Straße: An der Einmündung ist ein kleiner Platz entstanden, wodurch einige Meter totes Gleis dort verschwanden. Inzwischen sind auch die übrigen Schienen auf der Lehmheide entfernt worden.

Auf dem Stadtplan markiert ist der Eingang zum alten Teil des Hauptfriedhofs an der Lehmheide. Die Fundstelle ist erreichbar mit der Buslinie 058 (Haltestelle: Friedhöfe) oder mit den Linien 042, 054 und 069 (Haltestelle: Lehmheide).

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Dieter Höltge / Michael Kochems: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 9: Niederrhein. Freiburg 2004 (S. 181)