Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Essen: Betriebshof Kray

Stillgelegt: 1961
Status: Gebäude noch vorhanden (Stand: Juli 2022)

[01] Ehemaliger Betriebshof an der Rotthauser Straße
Januar 2009  © Tramtracks

Auf den ersten Blick wirkt dieses Gebäude jünger als es eigentlich ist. Doch bei der spitzgiebeligen Halle mit den vier Lichthauben handelt es sich um ein Überbleibsel des Straßenbahn-Betriebshofs Kray. In der Literatur taucht das Depot hin und wieder auch als Betriebshof Rotthausen oder Leimgard auf. Als die EVAG am 7. Mai 1961 die Strecke zwischen Kray und der Gelsenkirchener Stadtgrenze (Achternbergstraße) stilllegte, wurde dieser Standort aufgegeben. Gelände und Gebäude kaufte der Tankanlagenbauer Timpe. Nach dessen Schließung im Jahr 2003 übernahm die Firma Goldschmidt-Thermit Railservice die Immobilie. Sie verdient ihr Geld mit dem Bau sowie der Sanierung und Instandhaltung von Gleisanlagen. Die Firma ist hier nach wie vor ansässig. Heutzutage werden in der sanierten Wagenhalle Schienen schweißtechnisch veredelt.

[02] Ehemaliger Betriebshof hinter dem Schwarzbachdeich
Februar 2008  © Albert Meier
[03] Ehemaliger Betriebshof von der Straße Am Pumpwerk gesehen
Februar 2008  © Albert Meier

Das alte Depot ist nicht ganz einfach von außerhalb des Firmengeländes auszumachen. Von Norden her verschwindet sie halb hinter dem Deich für den Schwarzbach. An ihrer Südseite bekan die Halle einen Anbau, und an der Straßenfront verdeckt ein Verwaltungsgebäude die direkte Sicht auf die Wagenhalle. Im Gegensatz zu früher ist die Rotthauser Straße nun höher gelegt, um den Bachlauf zu überqueren.

Ein Blick in die Geschichte: 1897 war die Halle als Stützpunkt für die Straßenbahn errichtet worden, die von Gelsenkirchen über Kray und Steele Richtung Rellinghausen führte. Nachdem die Stadt Essen 1929 die Bürgermeisterei Kray eingemeindet hatte, übernahm die Essener Straßenbahn von der Bogestra nicht nur die Strecke nach Rotthausen, sondern am 1. August 1932 auch den kleinen Betriebshof. Er diente zunächst als Nebenstelle des Depots Schonnebeck, wurde von 1937 an aber nur noch zum Abstellen ausgemusterter Wagen und als Baustofflager genutzt.

[04] Innenansicht der ehemaligen Wagenhalle mit Blick zur Ostseite
Februar 2008  © Albert Meier

Was man dem Betonboden nicht ansieht: In der früheren Wagenhalle lag noch Jahrzehnte später altes Gleis. Als Arbeiter im Jahr 2008 das Fundament einer Maschine freilegen wollten, kamen dort Rillenschienen zum Vorschein. Eventuell sind in der Zukunft noch weitere solcher Funde möglich.

Das nach der Wagenhalle in Werden kleinste unter den Essener Depots hat, wenn auch baulich verändert, die Zeiten überdauert. Die größeren Betriebshöfe in Borbeck, Bredeney und Schonnebeck sowie die Hauptwerkstatt Grillostraße sind inzwischen wie ausradiert.

In Höhe des Betriebshofs lag auf der Rotthauser Straße eine von drei Ausweichen der sonst eingleisigen Strecke zwischen dem Bahnhof Kray Nord und der Stadtgrenze zu Gelsenkirchen. Hier fuhr die Linie 4, die von EVAG und Bogestra gemeinsam betrieben wurde und von Steele ins Gelsenkirchener Zentrum führte.

[05] Ehemaliger Betriebshof an der Rotthauser Straße
© RVR, 1969, Datenlizenz Deutschland - Namensnennung – Version 2.0

Ein Vergleich mit Ende der Sechziger, als das Depot fast ein Jahrzehnt nicht mehr Straßenbahn-Betriebshof war, zeigt die alte Wagenhalle noch ohne die sie heute umgebenden Neubauten. Übrigens: Luftaufnahmen aus den 1920er-Jahren zeigen eine zweite, spitzgiebelige Wagenhalle südlich der heute noch existierenden, wo jetzt der schachtelförmige Anbau steht. In den 1930ern ist dieser Bau dann aber offenbar verschwunden. Vermutlich war diese Halle älter und wurde, nachdem die Immobilie ihren Besitzer gewechselt hatte, von der Essener Straßenbahn abgerissen, um Platz für Lagerfläche zu schaffen.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Lage des ehemaligen Betriebshofs Kray an der Rotthauser Straße 142. An der nahegelenen Bushaltestelle "Imhoffweg" macht die Linie 194 Halt, die zwischen Essen-Stadtwaldplatz und Gelsenkirchener Stadtgrenze der alten Tram-Route folgt.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Essener Verkehrs-AG: Hundert Jahre in Essen auf Draht – Die Straßenbahn. Essen 1993 (S. 119-120)
  • Karlheinz Rabas: Linie 4. Geschichte einer Straßenbahnlinie. Gelsenkirchen in alter und neuer Zeit (Heft 2). Herausgegeben vom Heimatbund Gelsenkirchen e.V. 2014 (S. 34-25)