Herne: Bochumer Straße
Stillgelegt: 1989
Status: Keine Gleisreste mehr vorhanden

Februar 2007 © Tramtracks
Wer genau hinschaut, kann auch ohne Ortsschild die Stadtgrenze erkennen: Während auf Bochumer Seite noch das Kopfsteinpflaster auf ganzer Breite lag, waren auf Herner Terrain die Fahrstreifen für die Autos asphaltiert. In der Mitte der breiten Bochumer Straße hatte die Straßenbahn ihre Trasse. Sie verband die beiden Städte miteinander, bevor die Gleise in den Untergrund verlegt wurden. Zuletzt verkehrte hier die Linie 305 zwischen Herne Bahnhof und Bochum-Querenburg. Am 2. September 1989 ersetzte die U35 die Tram.
Dass die Gleise auseinandergezogen worden waren, diente dazu, die Tram aus der Spur für Linksabbieger herauszuhalten. An der Einmündung der Südstraße und an ein paar weiteren Stellen im Herner Süden standen noch Masten aus Schleuderbeton, die früher die Oberleitung getragen hatten.

Februar 2007 © Tramtracks

Februar 2007 © Tramtracks

Februar 2007 © Tramtracks
Statt des Grünstreifens stelle man sich einen mit Platten ausgelegten Mittelbahnsteig vor, an den Seiten zur Fahrbahn hin ein hüfthohes weißes Gestänge als Umzäunung. In Richtung Bochum hielten die Gelenksechsachser der Bogestra in Höhe des Audi-Autohauses. Der Ausstieg Richtung Herne befand sich vor der Einmündung der Berninghausstraße. An den hohen Laternenmasten waren übrigens keine Ausleger befestigt. Die Oberleitung war von niedrigeren Betonmasten quer über die Straße abgespannt.
Mit dem Mittelbahnsteig und den verschwenkten Gleisen wirkte die Strecke in Herne etwas moderner als auf Bochumer Seite. Auch zwei Jahrzehnte nach der Stilllegung zeigten sich die Schienen äußerlich noch in beachtlich gutem Zustand.

Februar 2007 © Tramtracks

Februar 2007 © Tramtracks

Februar 2007 © Tramtracks
Die Verbindung zwischen Herne und Bochum war eine der ältesten Straßenbahnstrecken im Revier: Schon 1880 war der Wunsch nach einem städteübergreifenden Schienenverkehr aufgekeimt. Die zunächst projektierte Pferdebahn wurde allerdings nicht realisiert. Nach einigem Hin und Her (die Eisenbahndirektion in Elberfeld stemmte sich gegen die mutmaßliche Konkurrenz) konnte eine elektrische Tramstrecke in Meterspur entstehen. Die von der Firma Firma Siemens und Halske gebaute und zunächst auch betriebene Bahn fuhr erstmals am 23. November 1894 zwischen Herne Bahnhof und Bochum, Kortländer (Ecke Herner/Dorstener Straße). Zwischen Baubeginn und Inbetriebnahme der 6,8 Kilometer langen Strecke waren lediglich gut sieben Monate verstrichen.
In der Anfangszeit gab es noch keine Liniennummern. Die Fahrgäste orientierten sich an dem Ziel, das an der Stirn eines Wagens angezeigt wurde. Zunächst waren die Strecken größtenteils nur eingleisig mit Ausweichen. Der schon im Jahr nach der Eröffnung von 15 auf 10 Minuten verdichtete Grundtakt rechtfertigte aber einen durchgehend zweigleisigen Ausbau.

Februar 2007 © Tramtracks

Februar 2007 © Tramtracks

Februar 2007 © Tramtracks
Knapp zwei Jahrzehnte nach Stilllegung lagen bis in Höhe Gräffstraße noch Gleise. Von dort aus führte die Strecke weiter in die Herner Innenstadt und ursprünglich auf direktem Weg über die Bahnhofstraße (heute "Boulevard" bzw. Fußgängerzone) zum Bahnhof.
Als der Tunnelbau begann, wurde für die Straßenbahn eine Umleitung eingerichtet. Diese führte an der Kreuzkirche vorbei in die Schulstraße (größtenteils eingleisig am östlichen Straßenrand) und gelangte über die Vinckestraße (zweigleisig) kurz vor der Bahnhofsunterführung auf die zuvor benutzte Strecke. Das Provisorium war vom 22. November 1973 an immerhin fast 16 Jahre in Betrieb. Die Gleise in der Schul- und Vinckestraße blieben noch weit bis in die 1990er-Jahre hinein liegen.

Mai 2010 © Tramtracks

Mai 2010 © Tramtracks

Mai 2010 © Tramtracks
Die Linie 8, die über Jahrzehnte hinweg Bochum mit Herne verband, hatte zeitweise ihre Endpunkte weit darüber hinaus: Im Norden fuhr sie zum Recklinghäuser Hauptbahnhof (Streckenstilllegung: 1982), im Süden ging es bis Hattingen-Blankenstein. 1979 wurde wegen der Eröffnung des ersten Stadtbahntunnels in Bochum die Linie 5 auf die Herner Strecke umgelegt und zur Ruhr-Universität bzw. nach Querenburg durchgebunden.
In Bochum wurde die B51 von 2008 bis 2014 in großem Stil umgestaltet. Die Bauarbeiten reichten im Frühjahr 2010 bis an die Stadtgrenze heran. Auf Herner Seite lagen die Gleise der ehemaligen Linie 305 zu dieser Zeit allerdings noch unverändert bis kurz vor dem Hölkeskampring.

August 2013 © Thomas Risse

August 2013 © Thomas Risse

August 2013 © Thomas Risse

August 2013 © Thomas Risse
Aber auch in Herne reiften die Pläne, diese wichtige Verkehrsachse umzubauen: Der Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung und die Bezirksvertretung Herne-Mitte hatten sich im Frühjahr 2013 mit der Umgestaltung der Bochumer Straße befasst. Die vier Fahrspuren für Autos sollten erhalten bleiben, die eingepflasterten Gleise verschwinden. Die Kosten für die Demontage der Schienen übernahm die Bogestra. Die Arbeiten sollten von November 2013 bis Ende Januar 2014 stattfinden.
Entfernt wurden außerdem die Betonmasten, die früher die Oberleitung gehalten hatten und an denen danach noch die Straßenbeleuchtung hing. Eine Prüfung hatte Schäden und Zweifel an der Standsicherheit ergeben.

November 2013 © Tramtracks

November 2013 © Tramtracks

November 2013 © Tramtracks

November 2013 © Tramtracks
Ende Januar 2014 waren die Gleise auf der Bochumer Straße zum größten Teil entfernt und der neue Asphalt aufgezogen worden. Lediglich der südliche Bereich zwischen Strehlener Straße und Stadtgrenze war noch nicht bearbeitet, sollte aber bald folgen.
Der Umbau der Bochumer Straße kostete insgesamt mehr als 1,2 MIllionen Euro. Fast zwei Drittel davon flossen in den letzten Abschnitt an der Stadtgrenze, weil an der Südstraße ein Kreisverkehr entstand.

Januar 2014 © Thomas Risse

Januar 2014 © Thomas Risse

Januar 2014 © Thomas Risse
Auf der Bochumer Straße besaß die Bahn zwar keinen eigenen Gleiskörper und war damit tendenziell anfällig für Verspätungen durch Staus und Störungen aufgrund von Verkehrsunfällen. Andererseits war die B51 durchaus soweit ausgebaut, dass sie nicht laufend im Verkehrschaos versank. Die Eröffnung der unterirdischen U35 war dennoch ein großer Sprung nach vorne: Die Bahn fuhr jetzt auf Regelspur und offerierte mit ihren Doppelzügen ein großzügiges Platzangebot. Gänzlich unabhängig vom übrigen Verkehr läuft sie auch sehr störungsarm und zuverlässig. Die U35 gilt geradezu als Paradestrecke für den Stadtbahnbau im Ruhrgebiet. Dort sind positive Beispiele nicht so häufig zu finden, denn oft konnten die Planungen nicht konsequent realisiert werden, und die gebauten kurzen Tunnelabschnitte bieten mitunter recht wenig Mehrwert.
Der Fahrzeitgewinn, den die unterirdische Verbindung gegenüber der an der Oberfläche verkehrenden Linie 305 verbuchen konnte, geht allerdings zum Teil auch darauf zurück, dass Haltestellen eingespart wurden. Und für die Fahrgäste haben sich oft auch die Wege zum Bahnsteig verlängert. Dennoch ist in diesem Fall die Stadtbahn ein Erfolg und die U35 die für die Bogestra profitabelste Linie. Die sinnvolle Durchbindung nach Recklinghausen wird es aber vermutlich erst geben, wenn Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen.
Auf dem Stadtplan markiert ist die Stelle an der Ecke Bochumer Straße/Gräffstraße, bis zu der noch Gleise lagen. Der Herner Süden wird jetzt von der Stadtbahnlinie U35 unterirdisch bedient (Stationen: Berninghausstraße und Hölkeskampring).
Literatur
- Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 4: Ruhrgebiet. Freiburg 1994
(S. 11, 44, 46, 52, 66, 68)