Anordnung

[57] Anordnung. (Sch�ne K�nste)

Anordnen hei�t jedem Dinge seinen Ort anweisen, und daher versteht man, was in einem Werk der Kunst die Anordnung sey.

Da� ein ganzes Werk, nach Beschaffenheit der Absicht, sich der Einbildungskraft auf die vortheilhafteste Weise darstellet; da� es als ein unzertrennliches Ganzes erscheinet, in dem weder Mangel noch Ueberflu� ist; da� jeder Theil durch den Ort, wo er steht, die beste W�rkung thut; da� man das ganze mit Vergn�gen �bersieht, und in der Vorstellung desselben jeden Haupttheil wol bemerkt, oder bey Betrachtung jedes einzeln Theils auf eine nat�rliche Weise zu der Vorstellung des Ganzen gef�hrt wird; dieses sind W�rkungen der guten Anordnung. Ohne sie kann kein Werk, im Ganzen betrachtet, vollkommen seyn, was f�r einzele Sch�nheit es immer haben mag.

Einzele Sch�nheiten bringen zwar bisweilen Werken der schlechtesten Anordnung den Ruhm f�rtrefflicher Werke zuwege. In diesem Falle sind verschiedene Trauerspiele des Shakespear; Gem�hlde des unsterblichen Raphaels, und viele Werke andrer K�nstler. Man lobt zu unbestimmt, und legt die F�rtrefflichkeit der einzeln Theile dem Ganzen bey. Dieses aber soll keinen K�nstler abhalten, den �u�ersten Fleis auf eine gute Anordnung zu wenden. Einzele Sch�nheiten, die wir itzt in �bel geordneten Werken bewundern, w�rden uns weit mehr reizen, wenn das Ganze vollkommener w�re.

Man lasse sich durch die Nachsicht, die man f�r schlechte Anordnungen bisweilen zeiget, nicht verf�hren. Dieser Theil der Kunst ist doch h�chst [57] wichtig. Zwar bleibt ein nach allen Regeln angeordnetes Werk, dessen einzele Theile ohne Kraft und ohne Reizung sind, allemal ein schlechtes Werk. Hingegen thun sch�ne Theile auch nur bey der besten Anordnung ihre volle W�rkung; so wie ein sch�nes Gesicht nur von der Sch�nheit der ganzen Person die volle Kraft des Reizes bek�mmt.

Die Anordnung macht n�chst der Erfindung ohne Zweifel den wichtigsten Theil der Kunst aus. Ist der K�nstler in diesen beyden St�ken gl�klich gewesen, so wird es ihm bey Ausarbeitung seines Werks niemal an dem n�thigen Feuer der Einbildungskraft fehlen, ohne welche kein Werk ertr�glich wird. Der gute Einflu�, den die Sch�nheit des Plans auf seinen Geist macht, erleichtert ihm alle Arbeit. Dies erfuhr der griechische Comicus Menander. Als er einsmals, kurz vor dem Feste des Bachus, von einem Freund gefragt wurde, warum er noch kein Lustspiel verfertiget habe, da doch das Fest so nahe sey, antwortete er: Ich bin fertig; denn beyde, die Erfindung und Anordnung habe ich bereits im Kopfe.1

Es ist begreiflich, da� ein K�nstler, der die Haupttheile seines Werks, wegen ihrer guten Anordnung, sich mit Vergn�gen vorstellt, und das Ganze in seinen Theilen immer �bersehen kann, mit der Freyheit und Lust arbeitet, ohne welche kein Werk einen gl�klichen Fortgang haben kann. Hingegen mu� auch das �ngstliche Wesen, das er bey der Ungewi�heit oder bey der Unsicherheit seines Plans nothwendig empfindet, einen �beln Einflu� auf seine Arbeit haben. Wir rathen daher jedem K�nstler, da� er die gl�klichsten Augenblike, wo er seinen Geist durch das himmlische Feuer der Musen am meisten erhitzt f�hlt, auf die Anordnung und Verfertigung seines Plans anwende. Die gl�klich erhitzte Einbildungskraft thut dabey unendlich mehr Vortheil als die Regeln. Denn insgemein sieht sie in Werken des Geschmaks mehr und besser, als die Vernunft selbst.

Die Anordnung eines jeden Werks mu� durch seine Absicht, oder durch die W�rkung, welche es thun soll, bestimmt werden. Dieses haben alle mit einander gemein, da� sie, im Ganzen betrachtet, unsre Aufmerksamkeit reizen, und da� die Theile in der Ordnung erscheinen m�ssen, die jedem seine bestimmte W�rkung giebt. Denn nur aus dieser Absicht werden einzele Gegenst�nde in ein Ganzes verbunden. Jedes Werk des Geschmaks, so weitl�uftig es auch ist, mu� eine einzige Hauptvorstellung erweken: seine Theile m�ssen diese Hauptvorstellung ausf�hrlich und lebhaft machen. Denn ohne dieses ist das Werk kein ganzes, sondern eine Zusammenh�ufung mehrerer Werke. Macht der K�nstler sich an die Arbeit, ehe er eine bestimmte Hauptvorstellung des Ganzen hat, oder ehe sie ihm deutlich genug ist, so wird er in der Anordnung niemals gl�klich seyn.

Das Ganze f�llt unstreitig am besten in die Einbildungskraft, das aus wenigen, wol zusammen hangenden Haupttheilen besteht, deren jeder das, was er mannigfaltiges hat, wieder in kleinern Hauptpartheyen vorstellt. So zeiget uns der menschliche K�rper, das vollkommenste Ganze in Absicht auf Figur, nur wenige Haupttheile, ob er gleich aus unz�hligen Gliedern besteht. Jeder Haupttheil scheinet anf�nglich wieder ein unzertrennliches Ganzes auszumachen, bis man bey genauer Betrachtung bemerkt, da� er aus sehr vielen kleinen Theilen zusammen gesezt sey, davon jeder die beste Stelle, so wol in Absicht auf seinen Gebrauch, als auf die engeste Verbindung mit dem ganzen, einnimmt. An diesem vollkommenen Bau kann man nichts versetzen, keine Theile weder weiter aus einander dehnen, noch enger zusammen bringen, ohne das Ansehen des ganzen zu verlezen. So ist jedes vollkommene Werk der Kunst. Man glaubt, es sey unm�glich irgend einen Theil zu versetzen; jedes scheinet da, wo es ist, nothwendig; kein Theil kann gefa�t werden, ohne da� das ganze zugleich sich dem Anschauen darstelle.

Es sind haupts�chlich drey Dinge, welche die Anordnung eines Werks vollkommen machen. Die genaue Verbindung aller Theile; eine hinl�ngliche Abwechslung oder Mannigfaltigkeit in den auf einander folgenden Theilen; und die Verwiklung der Vorstellungen. Diesem zufolge hat der K�nstler bey Anordnung seines Plans best�ndig darauf Acht zu haben, da� die Einbildungskraft zwar immer mit dem Hauptinhalt besch�ftiget sey, und von jedem einzeln Theil immer nat�rlicher Weise auf das ganze zur�k gef�hrt werde, da� aber zugleich die Einbildungskraft und das Herz mit abwechselnden Gegenst�nden mannigfaltig besch�ftiget werden, und da� die Entwiklung der Hauptsache geh�rig aufgehalten werde um die Neugierde immer mehr zu reizen, bis [58] da� sich am Ende alles wieder in eine einzige Hauptvorstellung vereiniget.

Wichtige Fehler gegen die gute Anordnung sind es, wenn der Plan, wegen der gro�en Menge einzeler Theile, schweer zu �bersehen ist; wenn es schweer wird, die Absicht und das wesentliche der Vorstellung zu erkennen; wenn man ganze Haupttheile, dem Werk ohne Schaden, versetzen, vergr��ern, oder verkleinern kann; wenn Nebensachen, oder untergeordnete Theile mehr in die Augen fallen, als wesentliche.

Damit wir uns aber nicht allzu lange bey allgemeinen Betrachtungen aufhalten, deren Anwendung zu unbestimmt scheinen k�nnte; so wollen wir die Anordnung in den verschiedenen Werken des Geschmaks besonders betrachten.

Anordnung in der Baukunst. Diese geht so wol auf die ganze Figur und das Ansehen der Au�enseiten, als auf die innere Austheilung der Zimmer. Die Absicht und der Gebrauch des Geb�udes setzen seine Gr��e, die Anzahl und Beschaffenheit der Zimmer fest. Allein diese k�nnen auf gar verschiedene Weise in ein ganzes zusammen verbunden werden. Diese Anordnung ist ein Werk des Geschmaks, und das Vornehmste, was ein Baumeister wissen mu�.

Die Anordnung der Figur, oder ganzen Ma�e des Geb�udes, ist dadurch ziemlich eingeschr�nkt, da� man nicht wol andre Figuren w�hlen kann, als die aus dem Vierekigten und Runden zusammen gesezt sind. Es ist eine ungereimte Ausschweifung, wenn man einem Geb�ude die Figur einer Vase, oder gar, wie unl�ngst ein franz�sischer Baumeister sich hat einfallen lassen, eines Thieres geben will. Die unz�hligen unn�tzen Winkel, die eine sehr zusammen gesezte und nach Kr�mmungen gezogene Figur des ganzen nothwendig hervorbringt, verursachen unn�thige Umkosten, sie wieder zu verbergen. Wie es �berhaupt ein gro�er Fehler ist, wenn man in Werken der Kunst die Aufmerksamkeit auf Nebensachen ziehet, so ist es insbesondere in der Baukunst gegen die Vernunft, wenn man das wesentliche eines Geb�udes durch das seltsame der �ussern Figur versteken, und einem Haus das Ansehen eines Blumentopfs oder einer Muschel geben wollte.

Die erste Sorge des Baumeisters mu� auf die Bequemlichkeit und Annehmlichkeit der innern Einrichtung, als des wesentlichsten, gerichtet seyn; die �u�ere Figur nach den einfachesten Regeln, die aber der innern Austheilung immer untergeordnet seyn sollen, bestimmt werden. Ein Baumeister von wahrem Geschmak wird selten andre, als die einfachesten Formen, des Viereks oder der Rundung w�hlen, und Sorge tragen, da� das Ganze mit seinen Nebentheilen auf einmal in die Augen falle.

Zu kleinen Geb�uden und Wohnh�usern, die keine gar gro�e Menge und Mannigfaltigkeit der Zimmer erfodern, scheinet die Figur des W�rfels die beste zu seyn. Denn unter allen vierekigten Figuren ist sie die, welche bey dem kleinesten �u�ern Umfang, inwendig den gr��ten Raum einschlie�t. Man hat also dabey den Vortheil, da� die Zimmer auf die k�rzeste und bequemste Weise k�nnen neben einander gesezt werden. Von au�en aber l��t die gro�e Einfalt der Form dem Auge die Freyheit sich so gleich nach dem Wesentlichen der Au�enseiten, der Richtigkeit der Linien, den Verh�ltni�en der Theile und der Symmetrie, umzusehen und daran Vergn�gen zu finden. Alle lang gedehnte Viereke, da das Geb�ude schon zwey oder mehr mal breiter, als tief ist, sind zu verwerfen. Dann dadurch ger�th man nicht nur in eine unn�thige Weitl�uftigkeit der Mauren, sondern die Theile der Au�enseiten werden zu weit auseinander gestreut und inwendig werden die Zimmer in einen zu gro�en Raum versezt.

Erfodert das Geb�ude schon eine gro�e Anzahl der Zimmer, so da� inwendig verschiedene Reviere davon, f�r mancherley Gattungen der Personen n�thig sind; so thut man wol, das Ganze in drey oder mehr Viereke zu theilen, und dem Hauptvierek, welches die Franzosen das Corps de logis, die Hauptwohnung nennen, noch kleinere beyzusetzen, die insgemein Fl�gel genennt werden. Die alten italienischen Baumeister setzten um die Hauptwohnung noch drey Fl�gel in ein Vierek herum, so da� alle vier Theile des Geb�udes einen vierekigten Hof einschlo�en. Diese Anordnung hat viel Pracht und Bequemlichkeit. Allein dabey haben die vier Seiten nach dem Hofe keine Aussicht, und wenn man gerade vor einer Au�enseite des Geb�udes steht, so sieht man nur den vierten Theil desselben auf einmal.

Die franz�sischen Baumeister haben diese Art so ver�ndert, da� sie den einen Fl�gel, der der Hauptwohnung gegen �ber steht, weg lassen, und an statt dessen eine blo�e Mauer, oder ein Gitter, [59] vorziehen. Dadurch erh�lt man von drey Seiten eine Aussicht auf die Stra�en, und bey dem Eingange des Hofes �bersieht man auf einmal die drey Hauptau�enseiten des Geb�udes, welches dadurch ein reicheres Ansehen bek�mmt, als die, welche auf die welsche Art gebauet sind. Hingegen f�llt alsdenn alle unmittelbare Gemeinschaft zwischen den zwey Fl�geln weg.

Man pflegt aber auch der Hauptwohnung die Fl�gel so anzuh�ngen, da� sie mit ihr in einer geraden Linie fortlaufen. Dieses ist eine gute Anordnung, wenn die Fl�gel nicht allzu lange sind; denn dadurch w�rde die ganze Au�enseite zu sehr gedehnt werden.

Die gro�e Menge der Menschen, welche in Pall�sten gro�er Herren wohnen m�ssen, und die gro�e Verschiedenheit ihrer Verrichtungen, erfodern gr��ere Anstalten und k�nstlichere Anordnungen der ganzen Form derselben. Es geht nicht wol an, da� ein solches Geb�ude in eine einzige Masse zusammen geordnet werde. Die Hauptsache k�mmt dabey darauf an, da� diejenigen Theile und Zimmer, die zu den verschiedenen h�uslichen Verrichtungen und f�r die Wohnung der Unterbedienten bestimmt sind, an bequeme Stellen gebracht werden, ohne der Pracht des Ganzen zu schaden; da� jeder Haupttheil zur Vermehrung des gro�en Ansehens beytrage, und dennoch einigerma�en f�r sich abgesondert sey. Die gute Wahl der Hauptform eines gro�en Pallastes ist vielleicht der schwerste Theil der Baukunst.

Nachdem der Baumeister die Form des ganzen Geb�udes fest gesetzt hat, mu� er auf die Anordnung der Au�enseiten denken. Bey dieser k�mmt es blos auf das gute Ansehen des Geb�udes an. Die meisten besondern Regeln, die dabey zu beobachten sind, wird man in den Artikeln, Symmetrie, Aussenseite, Regelm��igkeit, Verh�ltni�, S�ulenordnung, Geb�ude, angef�hrt finden. Wir wollen deswegen hier �ber die Anordnung der Au�enseite nur ein Paar allgemeine Anmerkungen den Baumeistern zur Ueberlegung vortragen.

Ueberhaupt empfehlen wir hiezu die m�glichste Einfalt, nach Ma�gebung der Ordnung, die man gew�hlt hat. Diese ist der gr��ten Pracht nicht entgegen, sondern vielmehr eine Unterst�tzung derselben. Eine zu gro�e Mannigfaltigkeit in der Anordnung der Au�enseite, zumal, wenn sie in kleinen Theilen gesucht wird, vermindert die Pracht, welche allemal etwas gro�es voraus setzt, und sie zertheilt die Aufmerksamkeit auf das Ganze. Man kann hierin keine bessere Muster erw�hlen, als die Geb�ude aus der goldenen Zeit der alten Baukunst. S. Zierrathen.

Erfodert es die Gr��e des Geb�udes, da� die verschiedenen Haupttheile der Au�enseite durch eine Verschiedenheit in der Anordnung von einander abgezeichnet werden, so will der gute Geschmak, da� die ganze Au�enseite in wenig, aber gro�e Partheyen, abgetheilt werde, davon die mittlere, wo der Haupteingang ist, durch einen mehrern Reichthum das Auge an sich ziehen soll. Verschiedene Hervorstechungen und mehrere Giebel an einer Aussenseite schaden dem guten Ansehen. Eine stille Gr��e, die ohne Verblendung ins Auge f�llt, ist auch hier der h�chste Grad des Sch�nen.

Doch ist ein mageres Ansehen nicht mit der edlen Einfalt zu verwechseln. Ein sehr gro�es Geb�ude, an dessen Au�enseite sich kein Theil von dem andern unterscheidet, dem es dabey an Pracht fehlt, wird mager. Die Tempel der Alten, welche rings herum mit einer oder zwey Reihen S�ulen umgeben waren, sind einfach, aber wegen der Pracht der S�uleng�nge nicht mager, auch f�r ihre Gr��e nicht zu einf�rmig: aber eine Au�enseite, von zweyhundert und mehr Fu� lang, darin sich keine Haupttheile unterscheiden, hat ein mageres Ansehen.

Indessen ist jedem Baumeister zu rathen, sich auch-bey den pr�chtigsten Geb�uden niemals weit von der gr��ten Einfalt zu entfernen. Die h�chste Pracht kann gar woldamit bestehen. Diese mu� aber allemal in gro�en Hauptpartheyen gesucht werden. Nichts ist pr�chtiger, als die Anordnung des gro�en Vorhofes vor der Peterskirche in Rom, ob es ihm gleich gar nicht an Einfalt fehlet. So giebt der in einen halben Kreis herum laufende S�ulengang in Sanssonci, der den Vorhof einschlie�t, der ganzen Anordnung eine gewisse Gr��e, ohne welche das Geb�ude wenig Ansehen haben w�rde.

Ueberhaupt mu� die Anordnung der Au�enseite dem Charakter des ganzen Geb�udes gem�� seyn. Es w�re ungereimt, eine Kirche und ein Ballhaus nach einerley Charakter zu machen, oder ein Zeughaus in dem Geschmak eines Pallastes zu ordnen. Dieser kann alle Arten der guten Verzierungen vertragen, [60] jenes aber nur die, welche den Charakter der St�rke und der ernsthaftesten Einfalt besonders an sich haben.

In Ansehung der innern Anordnung oder Austheilung der Zimmer hat der Baumeister die gr��te Ueberlegung und eine genaue Kenntni� der Sitten des Landes und der Personen n�thig. In den gro�en Geb�uden, die in verschiedene Wohnungen abgetheilt werden m�ssen, wo der Herr und die Dame, die S�hne und die T�chter, h�here und geringere Bediente, jeder sein besonderes Revier haben m�ssen, hat man die Ueberlegung n�thig, da� die Zimmer eines jeden Reviers, so wie es die Lebensart der Einwohner erfodert, durch eigene Eing�nge, besondere Vors�le oder Corridore, auch allenfalls durch kleinere Treppen abgesondert, und nach Beschaffenheit ihrer Gr��e in den engesten Bezirk eingeschlossen werden. Die Paradenzimmer m�ssen mitten im Geb�ude, die Wohnzimmer aber etwas entfernt davon angelegt werden. Das ganze Revier, wo die t�glichen h�uslichen Verrichtungen geschehen, welches die Franzosen les offices nennen, mu� am sorgf�ltigsten von dem besten Theil des Hauses abgesondert werden, doch so, da� man durch verstektere Wege aus den Wohnzimmern bequem dahin kommen k�nne. Die beste Art scheinet die, da� sie halb unter die Erde kommen, wenn nur der Grund nicht zu feucht ist.

Es ist kaum n�thig, zu erinnern, da� die Staatszimmer gro� und hoch, und die t�glichen Wohnzimmer, der Aufenthalt einzeler Personen, kleiner seyn m�ssen, und da� Personen von gewissem Range ihre Zimmer so angeordnet haben m�ssen, da� sie allezeit jemand von ihren Bedienten in der N�he haben k�nnen; ingleichem, da� vor den Zimmern, da man sich gew�hnlich auf h�lt, Vorzimmer seyn m�ssen. Dergleichen Bequemlichkeiten werden so durchgehends gesucht, da� sie auch dem unerfahrensten Baumeister bekannt sind. In den H�usern vornehmer Personen ist es n�thig, da� zun�chst an dem Haupteingang ein Raum f�r einen Th�rh�ter oder andern Bedienten angelegt sey, welcher die Ankommenden melden oder zurecht weisen k�nne.

Die gr��te Schwierigkeit bey der innern Anordnung machen die Ausg�nge und die Durchg�nge von einem Revier des Geb�udes zu den andern. Es ist so wol wegen besorglicher Feuersgefahr, als verschiedener Bequemlichkeiten halber nothwendig, da� jedes Revier, das, nach Beschaffenheit der Gr��e des ganzen Geb�udes, aus vier bis sechs Zimmern besteht, einerseits einen kurzen Ausweg aus dem Geb�ude, anderseits einen bequemen Durchgang nach andern Revieren habe. Sucht man diese Vortheile durch Corridore zu erhalten, die zwischen zwey Reyhen von Zimmern durch gehen; so ist man insgemein verlegen, diesen G�ngen hinl�ngliches Licht zu geben; au�erdem haben sie noch die Unbequemlichkeit, da� man in allen Zimmern das hin und her gehen in den Corridoren h�ret: leget man lange G�nge oder Gallerien gegen eine der Au�enseiten des Geb�udes an; so entsteht dadurch die Unbequemlichkeit, entweder, da� man aus diesen G�ngen durch die Fenster der Zimmer hinein sieht, oder da� die Th�ren derselben dem Zugang der freyen Luft zu sehr blos stehen.

Die vollkommenste Anordnung scheinet demnach wol diese zu seyn, da� zwischen den verschiedenen Revieren kleine Flure angelegt werden, auf welche man von au�en durch besondere Treppen kommt; da� jedes Revier, an einem Ende nur einen einzigen Ausgang auf diesen, am andern Ende aber, wieder einen auf einen andern Flur habe. Die mittlern Zimmer eines jeden Reviers aber sind �berall von andern Zimmern eingeschlo�en.

Der Baumeister, der in diesem Theil seiner Kunst hinl�ngliche Geschiklichkeit erlangen will, mu�, au�er einer weitl�uftigen Kenntnis der vornehmsten Geb�ude verschiedener L�nder, auch genau von den Sitten, den Verrichtungen und der Lebensart der Personen unterrichtet seyn, f�r welche er bauet, damit keine Art der Bequemlichkeit, deren sie gewohnt sind vergessen werde. Eine gro�e Mannigfaltigkeit verschiedener Anordnungen findet man insonderheit in �ltern und neuern Geb�uden in Frankreich; besonders wird ein verst�ndiger Baumeister in diesem St�k aus genauer Betrachtung der Sammlung gro�er Geb�ude lernen k�nnen, die der franz�sische Baumeister duCerceau heraus gegeben hat.2 Eine Sammlung solcher Geb�ude, die das �blichste verschiedener Nationen enthielte, da ein chinesisches, persisches, t�rkisches, itali�nisches, franz�sisches, englisches Haus, jedes mit einer etwas umst�ndlichen Beschreibung des Gebrauchs der verschiedenen innern Theile, vorgestellt w�rde, m��te einem angehenden Baumeister sehr n�zlich seyn; daraus [61] w�rde er manche gute Regel der Anordnung lernen.

Anordnung in der Mahlerkunst. Kein Werk des Geschmaks kann ohne eine gute Anordnung vollkommen sch�n seyn, aber die Vollkommenheit des Gem�hldes scheinet am unmittelbarsten von derselben abzuhangen. Wenn der Mahler darin nicht gl�klich gewesen, so bleibt ihm kaum noch ein Mittel �brig seine Vorstellung recht begreiflich zu machen. Ein �bel angeordnetes Gem�hlde l��t uns entweder in einer g�nzlichen Unwissenheit seines Inhalts, oder giebt uns doch nur eine ganz unvollkommene Vorstellung desselben.

Man mu� aber in dem Gem�hlde die dichterische Anordnung von der mahlerischen unterscheiden; jede hat ihre besondre Beschaffenheit. Durch jene verstehen wir die Ordnung, in welcher uns die Personen und die Handlung vors. Gesichte gelegt werden; durch diese aber die Ordnung in den Ma�en des hellen und dunkeln, des Lichts und Schattens in Absicht auf die Haltung und Harmonie. Man wei�, da� zu jeder besondre Talente erfodert werden, und da� Gem�hlde in Absicht auf die eine Anordnung vollkommen seyn k�nnen, wenn sie wegen der andern sehr schwach sind. Wir k�nnen den Paul Veronese zum Beyspiel anf�hren, der die dichterische Anordnung in Gem�hlden, darin die mahlerische Anordnung vollkommen ist, sehr schlecht beobachtet hat. Seine Hochzeit zu Cana ist voll Fehler.

Die poetische Anordnung bestimmt die Ordnung der vorzustellenden Sache also, da� die ganze Vorstellung deutlich und lebhaft erkennt werde. Da man aber keine Sache erkennen kann, als durch ihr Wesen, so mu� in jedem Gem�hlde die Hauptsache, der Grund der ganzen Vorstellung zuerst in die Augen fallen. Denn nach diesen mu� alles andre beurtheilet werden.

Demnach erfodert die Anordnung eines historischen Gem�hldes, da� die Hauptpersonen mit dem, was ihre Handlung bezeichnet, zuerst ins Auge fallen. Sie m�ssen von den Nebenpersonen durch besondre Gruppen, die das Auge gleich an sich ziehen, unterschieden seyn. Diese vorstechende Bezeichnung der Hauptgruppe kann so wol durch die Gr��e der Figuren, als durch die Zusammenhaltung des Hauptlichts auf derselben, und die vorz�gliche Stelle, worauf sie erscheinen, erhalten werden. Es w�re ein sehr gro�er Fehler gegen die Anordnung, wenn man die Hauptpersonen mit M�he aus der Mannigfaltigkeit der vorhandenen Gegenst�nde heraus suchen m��te. Besteht die Hauptgruppe aus mehrern Personen, so mu� die Hauptperson so gleich das Auge an sich ziehen. Dieses ist der Mittelpunkt, auf welchen alles �brige hingef�hrt wird.

Man begreift leichte, da� der Mahler hierin nicht wol gl�klich seyn k�nne, wenn er nicht die W�rkung seines Gem�hldes sich auf das deutlichste vorstellt. So lange er selbst bey der Vorstellung seines Inhalts nichts bestimmtes empfindet, so wird er auch nichts bestimmtes ausdr�ken. Er mu� nothwendig die Geschichte, die er vorstellen will, in einem gewissen Gesichtspunkt betrachten, und demselben zufolge von einem bestimmten Eindruk als der W�rkung dieser Vorstellung, ger�hrt werden. Die Handlung selbst, oder die Hauptperson, mu� durch ihren Charakter Ehrfurcht, oder Mitleiden, oder Unwillen, oder irgend eine andre Empfindung erweken. Diese mu� der K�nstler nothwendig zuerst f�hlen, und den Grund dieses Gef�hls in seiner eigenen Vorstellung entdeken; denn sonst wird er unm�glich seinen Inhalt so vorstellen, da� er auf andre eine bestimmte W�rkung thue. Ist er aber seiner eigenen Empfindung gewi�, bemerkt er, wodurch sie in ihm entsteht; so wird er auch ohne M�he die Gegenst�nde, welche sie erregen, geh�rig darstellen.

Mit den Hauptpersonen m�ssen hernach die �brigen so verbunden werden, da� sie zu der einzigen Hauptvorstellung das ihrige mit beytragen, und nicht anders, als Theile eines einzigen Gegenstandes, und als Glieder eines einzigen K�rpers, erscheinen. Erfodert die Erfindung des Gem�hldes eine Mannigfaltigkeit der Personen und der untergeordneten Handlungen; so m�ssen sie nicht zuf�llig hingestellt werden, da� das Auge ungewi� wird, worauf es in dieser Verwirrung zu sehen habe. Was die Hauptvorstellung am meisten verst�rket, soll in einer Gruppe stehen, die zun�chst mit der Hauptgruppe verbunden ist, das andere immer entfernter, so wie es das Interesse bey der Handlung erfodert. Von der besondern Beschaffenheit der Gruppen ist an einem andern Orte gesprochen worden. Hiebey thut der Mahler wol, wenn er die allgemeine Regel, die wir oben gegeben, wenig und gro�e Haupttheile zu machen, vor Augen hat. [62] Alle Gruppen zusammen m�ssen auf einmal wol in die Augen fallen, und im Ganzen keine unangenehme Zerstreuung machen. Das Aug mu� ohne Ungewi�heit von einer auf die andre geleitet werden, und keine mu� so abgesondert seyn, da� sie nicht leicht auf die Hauptvorstellung zur�k f�hre. S. Gruppe.

Da der Mahler selbst nichts unn�tzes oder �berfl��iges in seine Vorstellung bringen soll, so mu� auch alles dem Auge merkbar seyn. Er untersuche deswegen sorgf�ltig, ob jedes so gesetzt ist, da� kein Theil leicht k�nne vergessen oder �bersehen werden. Dieses aber wird nicht leicht geschehen, wenn alles so zusammen geordnet ist, da� in dem Ganzen eine dem Auge unangenehme L�ke entst�nde, so bald ein Theil fehlen sollte.

Daraus folget diese f�r die gute Anordnung wichtige Regel, da� alle Gruppen zusammen, eine Hauptmasse von einer einfachen Form ausmachen m�ssen, in welcher jeder Mangel leicht zu bemerken ist. In dieser Anmerkung hat ohne Zweifel die Regel ihren Grund, die einige Kunstrichter geben, da� man alle Gruppen so viel m�glich in eine pyramidische Form zusammen bringen soll. Freylich sind viel sch�tzbare Gem�hlde nicht auf diese Art angeordnet. Aber eben deswegen sind sie auch weniger vollkommen.

In diesem St�k aber mu� die mahlerische Anordnung der poetischen zu H�lfe kommen, wie wir bald sehen werden. Nur dieses wollen wir noch als ein gutes Mittel, die Anordnung der Einbildungskraft sicherer einzupr�gen, vorschlagen, da� der Mahler keine einzige Gruppe anbringe, in welcher nicht irgend eine Figur etwas besonders an sich habe. So wie man in einer Ode nicht leicht eine Strophe vergi�t, wenn in jeder ein sehr lebhaftes Bild, oder ein gl�nzender Gedanken ist; so wird man auch nicht leicht eine Gruppe des Gem�hldes vergessen, wenn sie sich durch etwas recht ausgezeichnetes unterscheidet.

F�r die poetische Anordnung hat der Mahler vorz�glich Raphaels Werke zu studiren. Den Weg, worauf er zur Vollkommenheit dieses Theils der Kunst gekommen ist, beschreibet ein gro�er K�nstler also: �wenn Raphael ein Bild ersann, so dachte er erst an die Bedeutung desselben, n�mlich: was es vorstellen sollte; folgends: wie vielerley Regungen in dem gebildeten Menschen seyn k�nnten; welche die st�rksten und die schw�chsten w�ren; in was f�r Menschen diese oder jene angebracht, und was f�r Menschen und wie viele da eingef�hrt werden k�nnen; wo jeder, n�mlich wie nahe und fern er von der Hauptbedeutung stehen m��te, dieses oder jenes Gef�hl zu haben. So dachte er, ob sein Werk gro� oder klein seyn w�rde. Wenn ein Werk sehr gro� war; wie viel die Hauptgeschichte oder die Bedeutung der Hauptgruppen die andern angehen k�nnte; ob die Geschichte augenbliklich oder langwierig war; ob sie in ihrer Beschreibung sehr bedeutend; ob vorher etwas geschehen, so die itzige Handlung angeht, und ob aus dieser bald eine andere Geschichte flo�; ob es eine sanfte ordentliche Geschichte, oder eine st�rmische unordentliche, traurig stille, oder traurig verwirrte w�re. Wenn Raphael dieses erst bedacht hatte, so w�hlete er das nothwendigste, darnach richtete er seine Hauptabsicht, und diese machte er deutlich: alsdenn setzte er staffelweise alle Gedanken nach ihrer W�rde, immer die nothwendigen vor den unn�thigen. Blieb also sein Werk mangelhaft, so blieb nur das geringere weg, und das sch�nste war da; da bey andern K�nstlern oft das n�thigste fehlet, und die Artigkeiten im unn�tzen gesucht sind.�3

Thut man zu diesen Anmerkungen noch dieses hinzu, da�, um einige Verwiklung in die Handlung zu bringen, wodurch sie mehr Lebhaftigkeit bekommt, die Gruppen so anzuordnen sind, da� eine hinl�ngliche Abwechslung in den Charakteren sey, so wird das, was wir hier angemerkt haben, das wichtigste seyn, was der K�nstler bey der poetischen Anordnung in Acht zu nehmen hat.

Wir m�ssen aber nicht unbemerkt lassen, da� es zwey Hauptgattungen der dichterischen Anordnung gebe, die einander gerade entgegen gesetzt sind. Die eine, welche die gew�hnlichste ist, stellt das wesentliche der Handlung in der Hauptgruppe vor, und setzet in einigen Nebengruppen die Folgen derselben vor Augen; nach der andern aber werden [63] die Folgen in der Hauptgruppe dargestellt, und die Handlung, welche diese Folge hervor gebracht, wird in der Entfernung, als schon vollendet, an gedeutet. Von dieser letztern Art ist das Gem�hlde des Albans von dem Raub der Proserpina, welches im Artikel Allegorie beschrieben worden. Diese Anordnung hat mehr Verwiklung, als die andre, weil man erst die W�rkung gewahr wird, ehe man ihre Ursache entdekt. Wenn ein Mahler denselben Inhalt mehr als einmal zu bearbeiten hat, so kann er sich, der Abwechslung halber, bald der einen, bald der andern Methode, bedienen.

Die mahlerische Anordnung hat zum Theil eben den Endzwek, den die poetische hat. Sie mu� die ganze Vorstellung wichtig, reizend, und so viel m�glich ist, unverge�lich machen. Nur da� sie sich andrer Mittel bedienet, zu demselben Endzwek zu gelangen. Ihre Vollkommenheit besteht �berhaupt in der Vereinigung des Ganzen, in eine einzige Hauptma�e von angenehm harmonirenden Farben, hellen und dunkeln Stellen, die zusammen eine gute Form ausmachen, so da� das Auge nicht nur durch die Lokung der Farben von dem Haupttheil unvermerkt auf alle Nebentheile, wie es die Absicht der Vorstellung erfodert, gef�hret werde, sondern auch das Ganze sich der Einbildungskraft tief eindruke.

Wenn wir diese allgemeine Regel entwikeln, so werden wir finden, da� sie folgende besondere in sich begreift.

Wie in der dichterischen Anordnung die Gegenst�nde in Gruppen abgetheilt sind, so m�ssen in der mahlerischen die hellen und dunkeln Theile gruppirt seyn, oder Ma�en ausmachen.4 Die st�rksten Lichter und Schatten und die ausgef�hrteste Zeichnung, m�ssen sich mitten auf der Hauptgruppe befinden. Denn da das Auge allemal zuerst auf das deutlichste gef�hrt wird, so mu� diese Deutlichkeit nothwendig da angebracht werden, wohin das Auge zuerst sehen soll.

Von der Hauptgruppe mu� die Deutlichkeit nach und nach abnehmen, so da� sie von den Gruppen, welche zun�chst an der vornehmsten sind, bis auf die entferntesten allm�hlig geschw�cht werde.

Man kennet keine Ma�e, auf der das Aug mehr Ruhe finde, als auf der pyramidenf�rmigen. Diese Form mu� der Mahler vorz�glich zu seiner Hauptma�e w�hlen. Es ist aber nicht n�thig, da� die Spitze der Pyramide allemal in die H�he gehe. Die Ma�e, welche die Form der liegenden Pyramide hat, ist eben so vortheilhaft, als die, welche nach der stehenden geformt ist. Nach dieser Form scheinet die R�nde der Kugel dem Auge die meiste Ruhe zu geben. Daher kann der Mahler diese w�hlen, wenn jene die Freyheit seiner Anordnung einschr�nken sollte.

Der Grund des Gem�hldes, oder alles das, was hinter der Ma�e der gesammten Gruppen ist, mu� nach Beschaffenheit der Ma�e des hellen und dunkeln, welche die Gruppen ins Auge schiken, entweder im hellen oder dunkeln so gehalten werden, da� die Ma�en sich von dem Grund hinl�nglich absondern. Wenn n�mlich die Gruppen zusammen genommen eine helle Ma�e ausmachen, so mu� der Grund etwas dunkel seyn; ist aber die Ma�e �berhaupt dunkel, so mu� der Grund heller seyn.

Man wird finden, da� allemal die Gem�hlde, wo das Licht auf der Hauptgruppe in eine einzige Ma�e zusammengebracht ist und gegen das Ende des Geb�udes aller Gruppen best�ndig abnimmt, so da� das helle und dunkle eine unzertrennliche Ma�e ausmachen, die beste W�rkung thun. Man erh�lt dadurch auch bey reichen und weitl�uftigen Vorstellungen eine Einfalt, die das Auge auf eine unverge�liche Weise r�hret.

Man hat Gem�hlde von gro�en Meistern, die aus zwey Hauptma�en bestehen, da die eine dunkel, die andre helle ist. Diese Anordnung scheinet doch allemal der Einheit des Gem�hldes zu schaden. Allenfalls k�nnte man sie in solchen F�llen brauchen, wo die Natur der Vorstellung zwey Handlungen erfoderte, deren eine der andern untergeordnet w�re. Wie dem aber sey, so wird ein solches Gem�hlde niemals den lebhaften Eindruk machen, als wenn es nur aus einer Ma�e best�nde.

Jede Gruppe mu� sich durch etwas besonders so wol in den Farben, als in der Zeichnung und dem Charakter, unterscheiden, damit sie unter den andern nicht unbemerkt bleibe. Denen, die in den st�rksten Schatten kommen, kann man durch helle Farben in den Kleidungen aufhelfen, damit das Auge dadurch hinl�nglich ger�hrt werde.

Es soll kein einziger Theil, von der ganzen Ma�e der Gruppen abgesondert bleiben. Wenn demnach die Anordnung es unumg�nglich erfoderte, da� eine [64] Gruppe besonders gesezt werden m��te; so mu� sie wenigstens durch einen unzertrennlichen Zusammenhang der Farben, des zwischen ihr und der Hauptma�e liegenden Grundes verbunden werden; es sey, da� ein Schlagschatten das Auge dahin f�hre, oder da� ein zuf�lliger Gegenstand die Verbindung unterhalte. Nur h�te sich der Mahler vor dem Fehler, in welchen gro�e Meister, wie Tintoret, Paul Veronese und andre verfallen, die entlegene Gruppen, vermittelst ganz ungeschikter, dem Charakter der Vorstellung ganz unanst�ndiger Figuren, verbunden haben.

Auch davor hat er sich in Acht zu nehmen, da� die Hauptma�e nirgend durch den Rahm des Gem�hldes abgebrochen werde; denn dieses w�rde die Vorstellung unvollkommen machen. Die Massen m�ssen nothwendig so seyn, da� das Auge befriediget, und von dem h�chsten Licht nach und nach auf schw�chere fortgeleitet werde. Sollte aber die Ma�e des h�chsten Lichtes so nahe an dem Rande liegen, da� sie auf einer Seite durch den Rahm abgeschnitten w�rde, so m��te nothwendig das Ganze unvollkommen erscheinen. Eben so wenig d�rf man die Hauptgruppe so nahe an den Rand bringen, da� nicht alle Figuren ganz k�nnen ausgezeichnet werden.

Es verdienet bey der Anordnung auch sorgf�ltig �berlegt zu werden, da� keine Verwirrung in der Vorstellung entstehe. Jede Person soll, nach ihrem Antheil an der Handlung, nicht nur einen guten Plaz, sondern eine schikliche Wendung haben, da� diejenigen Theile des K�rpers, Gesicht, Aerme, oder F��e, die das meiste bey der der Vorstellung ausdr�ken, nicht verstekt werden.

So nothwendig es ist, alles dichte zusammen zu halten, so mu� dieses doch nicht zum Nachtheil der Deutlichkeit geschehen. Eben darin besteht die gro�e Kunst der Anordnung, da� eine einzige Ma�e, ohne Verwirrung dargestellet werde. Man sieht bisweilen Gem�hlde, wo alles so verwirrt ist, da� man kaum errathen kann, zu welchem K�rper die H�nde oder F��e geh�ren, die man in den Gruppen zerstreut sieht. Es giebt Mahler, die um diesen Fehler zu vermeiden, alle Figuren, die in ihre Vorstellung kommen sollen, in Wachs bilden und auf einer Tafel so zusammen ordnen, wie es die Vorstellung erfodert. Alsdenn entwerfen sie das Gem�hlde nach diesem Modell; eine Methode, welche dem K�nstler die Arbeit sehr erleichtern mu�. Denn so genau er sich auch den Plaz vorstellt, auf welchem die Geschichte vorgeht, den Augenpunkt, aus welchem sie gesehen wird, die Seite, woher das Licht einf�llt, und den Stand einer jeden Figur; so ist es fast unm�glich, da� er blos aus der Einbildungskraft, alles richtig beobachte.

Anordnung in der dramatischen Handlung. Der Endzwek des Drama ist die Erwekung einer lebhaften Vorstellung des Guten und B�sen in den Sitten der Menschen, in den Begebenheiten der Welt, und den verschiedenen Hauptst�nden. (S. Drama.) Das erste, was zur Vollkommenheit des Drama geh�rt, ist die gl�kliche Erfindung der Vorf�lle, der Charakter, der Umst�nde, der Verwiklung und des Ausgangs der ganzen Handlung; hiern�chst aber wird eine gute Anordnung aller dieser Dinge erfodert, nach welcher sie durch die Ordnung, wornach alles auf einander folget, auf den Zuschauer die lebhafteste W�rkung thun.

Diese erfolget, wenn die Aufmerksamkeit von Anfang bis zum Ende lebhaft unterhalten wird; wenn die Haupttheile der Handlung in ihrem Zusammenhang wol in die Einbildungskraft fallen; und wenn zulezt das besondere sich in eine einzige Hauptvorstellung aufl�st, wodurch die ganze Handlung ihr End erreicht.

Hieraus lassen sich ohne M�he folgende Regeln der guten dramatischen Anordnung herleiten.

Die ganze Handlung mu� in wenige Hauptperioden eingetheilt werden, deren jede ihren wolbestimmten Charakter hat, damit der Zuschauer vermittelst dieser Perioden den ganzen Zusammenhang der Handlung vom Anfange bis zum Ende sich leicht vorstellen k�nne. Diese Perioden aber m�ssen so geordnet werden, da� durch die ersten der wahre Anfang der Handlung, ihre Wichtigkeit, die Schwierigkeiten und Verwiklungen der Fortsezung derselben, und die Nothwendigkeit eines merkw�rdigen Ausganges, in die Augen fallen und die Aufmerksamkeit des Zuschauers reizen.

Es ist gewi�, da� ein Drama, das gleich von Anfang lebhafte und merkw�rdige Vorstellungen erweket, die uns gleich beym Eingang gro�e Angelegenheiten, k�hne Vors�tze, neue und ungemeine Unternehmungen, seltsame Charaktere versprechen, oder bemerken lassen, uns in die beste Verfassung setzet; da hingegen, wenn der Anfang verworren oder[65] schwach ist, wo wir lange zu warten haben, ehe wir merken, warum es zu thun ist, die Aufmerksamkeit erm�det, ehe man zur Hauptsache kommt.

Der erste Aufzug des Drama mu� wie ein befruchtetes Saamenkorn, undeutliche, aber doch zu bemerkende Spuhren der ganzen Handlung haben, und uns in Erwartungen �ber den Verfolg und den Ausgang sezen. Denn jeder Gegenstand, den wir eine Zeitlang betrachten, ohne uns viel davon zu versprechen, erdr�kt die Aufmerksamkeit, anstat sie zu erweken.

Die alten und neuen Schauspiele, welche die gr��te W�rkung gethan haben, fangen auf die vortheilhafte Weise an, die wir hier beschreiben. Es ist ein Fehler, den die Neuern ofte begehen, da� sie uns mit Nebensachen, mit ungewissen Vorstellungen, da man gar nicht absehen kann, wohin sie zielen, erm�den, ehe die Handlung ihren wahren Anfang nimmt. Die meisten englischen Lustspiele haben diesen Fehler an sich.

Nachdem die Handlung auf die angezeigte Art ihren Anfang genommen; so m�ssen die folgenden Aufz�ge, die dem lezten vorher gehen, die Fortsezung und Verwiklung derselben enthalten, �ber deren Anordnung man keine bestimmte Form vorschreiben kann; weil eine Handlung auf unz�hlige Arten so durchgef�hret werden kann, da� der Zuschauer in best�ndiger Aufmerksamkeit erhalten wird. Wir bemerken demnach hier nur dieses, da� der Dichter sorgf�ltig seyn m�sse, den Fortgang der Handlung nach gewissen Perioden zu ordnen. Beym Ende eines jeden Aufzuges mu� man die Lage und Beschaffenheit der Sache deutlich sehen, um daraus seine Erwartungen f�r den folgenden zu bestimmen. Man mu� also bey dem Ende einer jeden Periode den ganzen Zustand der Handlung, so weit sie gekommen ist, und was ihr noch fehlt ganz bestimmt bemerken k�nnen. Denn ohne dieses ger�th man nothwendig in eine Verwirrung, welche die Aufmerksamkeit schw�chet.

Es streitet gegen die gute Anordnung, wenn man mehrere, der Haupthandlung untergeordnete Intrigen so in einander lauffen l��t, da� sie ofte abgebrochen, und nach einigen dazwischen gesezten Auftritten, wieder vorgenommen werden. Dergleichen Unterbrechungen zerstreuen die Aufmerksamkeit zum gro�en Nachtheil der Haupthandlung. Diese mu� in einem fort gehen, und die Aufhaltungen m�ssen nicht durch willk�hrlich eingeflochtene Vorf�lle, sondern durch wesentliche Schwierigkeiten, welche aus der Hauptsache nothwendig entstehen, verursachet werden. Es giebt Schauspieldichter, die sich eher nach den abentheuerlichen Einf�llen des Amadis, als nach der edlen Einfalt des Sophokles, bilden. Da in dem Drama nothwendig alles in einander gedrungen seyn mu�, weil die Handlung kurz und merkw�rdig ist; so k�nnen die Haupttheile der Anordnung, ohne gro�en Nachtheil der Hauptsache, durch nichts zuf�lliges unterbrochen werden.

Von einigen besondern Kunstgriffen der Anordnung haben wir in den Artikeln, Einheit, Verwiklung, Contrast, Aufhaltung, Verbindung und Wahrscheinlichkeit, verschiedenes angef�hrt, dahin wir den Leser verweisen. Nur diese allgemeine Anmerkung m�ssen wir hinzu setzen, da� die einfachesten Anordnungen, die jeder leicht �bersehen kann, die besten scheinen. K�nstliche Verwiklungen und mannigfaltige Aufhaltungen scheinen zwar ihre gute W�rkung zu thun: allein wenn man sie n�her betrachtet, so findet man, da� sie nicht lange daurende Eindr�ke machen, so wie alle blos mechanische Anstalten. Die wesentlichen Sch�nheiten des Schauspiels, die unausl�schliche Eindr�ke machen, m�ssen in den Charakteren und Empfindungen der handelnden Personen liegen. Von diesen mu� die Aufmerksamkeit niemals abgezogen, noch auf die mechanische Einrichtung gef�hrt werden. Ueberhaupt sind alle k�nstlich ausgedachte Anordnungen schwache H�lfsmittel, wodurch Dichter ohne Genie, das wesentliche, das ihnen fehlt, ersetzen wollen.

Die Anordnung der Schaub�hne �berhaupt, und jedes Auftritts insbesondere, in Absicht auf die Ausf�hrung, verdienet eine besondere Aufmerksamkeit. S. Schaub�hne, Auftritt.

Die Anordnung der epischen Handlung scheinet wenigern Schwierigkeiten unterworfen zu seyn, als man im Drama findet; weil die Handlung der Epopee mehr ausgedehnt ist. Dabey hat der epische Dichter den Vortheil, da� er die L�ken und Ruhestellen der Handlung mit Erz�hlungen ausf�llen kann, welche der dramatische Dichter nicht ohne gro�e Behutsamkeit anbringen d�rf.

Sonst mu� die epische Handlung �berhaupt nach denselben Grunds�tzen angeordnet werden, die wir in dem vorhergehenden Artikel ausgef�hrt haben. Das Haupts�chlichste davon ist, da� die ganze Handlung[66] in wol bestimmte Perioden abgetheilt werde. Das End einer jeden Periode mu� eine Ruhestelle seyn, auf welcher man das Vorhergegangene deutlich �bersehen, und �ber das folgende seine Erwartungen entwerfen k�nne.

Es dienet viel zu einer lebhaften und deutlichen Vorstellung der ganzen Handlung, wenn sie in wenig Perioden eingetheilt ist, die so auf einander folgen, da� man am End einer jeden bestimmt sieht, wie weit die Handlung fortger�kt ist.

In Ansehung der Ordnung dieser Perioden geben einige Kunstrichter Regeln, die sehr �bel verstanden werden k�nnten. So sagt Batteux,5 da� der epische Dichter die Ordnung des Geschichtschreibers umkehre, und die Erz�hlung nahe am Ende der Handlung anfange. Man k�nnte dadurch auf den Wahn gerathen, da� die gr��te Unordnung in der Folge der Begebenheiten, eine Sch�nheit w�re, die der epische Dichter suchen m�sse.

Indessen ist gewi�, da� keine Unordnung in einem sch�nen Werke statt hat. Der epische Dichter mu� dem Geschichtschreiber in der Ordnung der Begebenheiten in so weit folgen, als es mit der Lebhaftigkeit seines Vortrages bestehen kann. Es w�re seltsam, wenn er uns eine Begebenheit von hinten her erz�hlen wollte. Der Anfang der Handlung mu� nothwendig zuerst erz�hlt werden, und die n�chste Folge der angefangenen Handlung, die den Grund der folgenden Verwiklungen enth�lt, mu� nothwendig eher, als diese, vorgetragen werden.

Aber insofern geht der epische Dichter von dem Geschichtschreiber ab, als die Natur seines Vorhabens es erfodert. Dieser will uns vollst�ndig von einer Begebenheit unterrichten, und verf�hrt so, als wenn uns die ganze Sache unbekannt w�re; jener aber stellt uns eine bekannte Sache in der Form vor, in welcher sie uns am kr�ftigsten r�hret. Der Geschichtschreiber darf sich deswegen nicht scheuen, die entferntesten Veranlasungen und die Ursachen, die dem Ausbruch der Handlung vorher gegangen, umst�ndlich zu erz�hlen. Dieses w�re f�r den Dichter ein zu matter Anfang. Er f�hrt uns gleich zum Anfang der Handlung, und erw�hnt die uns schon bekannte Veranlasung, oder Ursache, nur kurz, damit wir ohne Umschweife in die Hitze der Handlung herein kommen.

So w�rde der Geschichtschreiber, der den Zug des Aeneas nach Italien beschrieben h�tte, bey der Zerst�hrung der Stadt Troja angefangen, und seinem Helden vom Auszug aus der brennenden Stadt, in der genauesten Ordnung seiner Reise, gefolget seyn. Der Dichter aber mu�te ganz anders verfahren, ohne deswegen die Ordnung der Dinge umzukehren. Seine Absicht war, dem Leser die Niederlassung des Aeneas in Italien, deren Veranlasung bekannt war, von der merkw�rdigsten Seite vorzustellen. Er f�ngt deshalb die Handlung nicht von seinem Auszug aus Troja, sondern von da an, da die reisenden Helden das Land ihrer Bestimmung gleichsam schon im Gesichte hatten. Das vorhergehende geh�rt nicht zu seiner Handlung, ob er gleich im Verfolg viel davon erz�hlt. Wenn man daraus urtheilen wollte, da� das, was der Abfahrt aus Sicilien vorher gegangen ist, nothwendig zur Handlung der Aeneis geh�rte, weil es der Dichter nachgeholt hat, so m��te man aus eben dem Grunde auch sagen, da� die Geschichte des h�lzernen Pferdes ein nothwendiger Theil der Handlung w�re. Virgil f�ngt also sein Gedicht nicht mitten in der Handlung, sondern von Anfang derselben, an.

Wir sehen auch nicht wol, wie man von der Regel abweichen k�nnte, die wesentlichen Perioden der Handlung in der Ordnung vorzutragen, wie sie aus einander folgen. Denn je mehr Deutlichkeit und nat�rliche Verbindung in der Folge dieser Hauptperioden ist, je lebhafter wird das Ganze in die Vorstellungskraft fallen. Darin aber kann der Dichter von der Ordnung des Geschichtschreibers abgehen, da� er nur das wesentlichste in der besten Ordnung hinter einander stellt, und gewisse Nebendinge, zum Schmuk des Ganzen, da anbringt, wo er die besten Ruhestellen der Haupthandlung findet, da wo die Lebhaftigkeit der Vorstellung eine M�ssigung erfodert.

Wir glauben uns nicht zu irren, wenn wir �berhaupt von der Anordnung der epischen Handlung diese allgemeine Regel annehmen: Die wesentlichsten Theile derselben setze der Dichter in einer so nat�rlichen Ordnung hinter einander, da� die Vorstellungskraft den Faden derselben leicht finde und das Ganze mit einem Blik �bersehen k�nne; die, der Haupthandlung untergeordneten, Begebenheiten, die blos zu mehrerer Vollst�ndigkeit derselben und zur Vermehrung der Mannigfaltigkeit geh�ren, suche [67] er an solchen Orten einzuschalten, wo die Haupthandlung nothwendig mu� aufgehalten werden.

Diese Anordnung der Episoden ist eine Hauptsorge des Dichters. Sie m�ssen nur da angebracht werden, wo die Handlung dadurch nicht aufgehalten wird. Es geschieht n�mlich bisweilen, da� zwischen einer Periode der Handlung und der n�chst folgenden etwas vorgeht, das der Dichter nicht beschreibt, entweder, weil es zu langweilig, oder zu gemein w�re. Er will aber auch nicht gern gleich von einem zum andern �bergehn. In diese Stellen ordnet er die Episoden. So hat Homer die sch�ne Episode von der Helena, im III. Buch der Ilias, dahin gebracht, wo die Veranstaltung zu einem feyerlichen Opfer, die der Dichter nicht hat beschreiben wollen, eine L�ke gelassen. Eben so hat er die Episode vom Diomedes und Glaucus in die L�ke gesetzt, die Hektors Hingang nach der Stadt verursachet hatte. Da� die besten epischen Dichter so verfahren sind, k�nnte durch viele Beyspiele erwiesen werden, die wir �bergehen, weil sie bekannt genug sind.

Die Anordnung einer Rede bleibet uns nun noch zu betrachten �brig. Die Kunst der Anordnung besteht darin, sagt Batteux6 �da� man alle St�ke, die die Erfindung geliefert hat, nach der Beschaffenheit und zum Vortheil der Sache, die man abhandelt, in Ordnung stelle. Die Fruchtbarkeit des Geistes sezt er hinzu, pranget am meisten in der Erfindung; Klugheit und Urtheilskraft in der Anordnung.�

Der Endzwek einer Rede ist allemal, entweder unsre Vorstellungskraft, oder unsre Neigungen, einer gewissen Absicht gem��, zu lenken. Ihr Inhalt ist also allemal ein Gegenstand unsrer Erkenntni�, oder unsrer Neigungen. Diesen Gegenstand mu� uns der Redner so vorstellen, da� er nat�rlicher Weise hoffen kann, wir werden am Ende seiner Rede so davon denken, oder so dagegen gesinnet seyn, wie er selbst ist, oder zu seyn scheinet. Dies ist die Hauptsumme der Kunst des Redners.

Nun k�mmt allerdings sehr viel darauf an, da� der Redner das, was er zu sagen hat, in der besten Ordnung vortrage. In der unterrichtenden Rede mu� die Ordnung den Hauptgegenstand deutlich und einleuchtend machen, und in der r�hrenden Rede mu� sie seine W�rkung auf unsre Neigungen vermehren.

Wir wollen hier nichts von der Ordnung der Haupttheile der Rede sagen, nach welcher auf den Eingang die Abhandlung oder Ausf�hrung der Sache, und denn der Schlu� der Rede folget, davon haben wir anderswo gesprochen, (S. Rede.) und es kann ohne dem keinem nachdenkenden Redner entgehen. �Denn da� man eins und das andre von der Hauptsache voraus schike, da� man darauf diese selbst vortrage; ferner, sie theils durch eigene Beweise, theils durch Widerlegung der Gegengr�nde geh�rig ausf�hre: endlich auf eine geschikte und nachdr�kliche Art beschlie�e, diese Ordnung lehret die Natur selbst.�7 Der wichtigste und schwerste Theil der Anordnung einer Rede ist die Folge der Vorstellungen in dem Haupttheil, den man die Abhandlung der Rede nennet.

Ueberhaupt mu� die Anordnung einer Rede so nat�rlich und ungezwungen seyn, da� jeder Zuh�rer dabey denken mu�, man k�nne sich die Sachen nicht wol anders vorstellen. Jedes folgende mu� so aus dem vorhergehenden entstehen, da� keinem Zuh�rer einfallen kann, es k�nnte die Reihe der Vorstellungen anders seyn. So bald man irgend wo einen Zwang oder etwas gesuchtes in der Folge der S�tze wahrnimmt; so wird man zerstreut, und denkt, die Sache h�tte sich auf eine gewisse andre Art entwikeln sollen. Eine f�r den Lehrer h�chst sch�dliche W�rkung in seinem Zuh�rer.

Diese vollkommen freye und nothwendig scheinende Folge der Vorstellungen kann der Redner unm�glich anders erreichen, als wenn er seine Materie sehr oft durch gedacht und von allen Seiten betrachtet hat. Es mu� ihm alles m�gliche, was dabey kann gesagt werden, vor Augen liegen; alsdenn w�hlt er in Absicht auf die Ordnung das beste. Er macht verschiedene Entw�rfe oder Skitzen, die nur das Gerippe der Rede auf verschiedene Weise angeordnet enthalten, und wenn er sie alle genugsam betrachtet, so kann er erst alsdenn w�hlen.

Es giebt aber zwey einander entgegen gesetzte Arten der Anordnung, die man die Analytische und die Synthetische nennen kann. Diese setzet gleich im Anfang der Abhandlung oder dem Vortrag die Hauptvorstellung, worauf der ganze Zwek der Rede geht, voraus, und best�tiget sie durch [68] die Abhandlung so, da� sie am Ende in den Gem�thern der Zuh�rer die n�thige Gewi�heit und Lebhaftigkeit beh�lt. Jene, oder die analytische Art, kehrt diese Ordnung um. Sie stellt die Theile des Ganzen erst vor, und vereiniget sie am Ende in eine, seiner Absicht gem��e, Hauptvorstellung. Jede Art hat ihre Vortheile. Die erste greift uns offenbar an; wir sehen, wohin man uns f�hren will, und in jeder Periode der Rede, wie weit man uns gef�hrt hat: die andre geht verdekt; wir wissen nicht, wohin man mit uns will. Wir k�nnen nicht sehen, was man �ber uns gewonnen hat, bis wir ans Ende kommen, da alles vorhergehende auf einmal in einen einzigen Angriff gesammelt wird, und seine W�rkung auf einmal thut.

Man mu� es dem Urtheil des Redners �berlassen, welche von diesen Arten der Anordnung er in jedem besondern Fall zu w�hlen habe. So viel scheinet allemal sicher zu seyn, da� in berathschlagenden Reden, wo die Zuh�rer mit starken Vorurtheilen gegen einen Entschlu�, den der Redner durchtreiben will, eingenommen sind, die analytische Methode die beste sey.

In beyden F�llen aber besteht die ganze Abhandlung der Rede aus einigen Hauptvorstellungen, deren jede insbesonder gut ausgef�hrt werden mu�. Von diesen mu� man die zuerst stellen, die am unmittelbarsten aus dem Vortrag der Hauptsache flie�t, damit der Zuh�rer merke, da� man gerade zu mit ihm verf�hret und ihn nicht hintergehen will.

Ueber die Anordnung der Beweise haben wir in einem besondern Artikel das n�thige angemerkt, und in einem andern ist von der besten Anbringung der Widerlegung gesprochen worden.

1Plutarch. In der Abhandlung, ob die Athenienser im Krieg oder in den K�nsten gr��er wesen.
2Les plus excellens batimens de France, par Jac. And. du Cerceau Architecte � Paris 1607. 2 Vol. fol.
3S. (Mengs) Gedanken �ber die Sch�nheit und �ber den Geschmak in der Mahlerey. S. 61. 62. Dieses kleine, aber h�chst wichtige Werk, ist jedem Mahler bestens zu empfehlen. Es enth�lt mehr Gutes, als viel gro�e Werke �ber die zeichnenden K�nste.
4S. Ma�en.
5S. Einleitung in die sch�nen Wissenschaften I I. Theil, I. Abschn. p. 118 nach der ersten Ausgabe der Ramlerischen Uebersetzung.
6Einleit. in die sch�nen Wissenschaften IV Th. S. 52 nach der Ramlerischen Uebersetzung.
7Cicero in dem III. Gespr�ch von dem Redner � 307 der Heinzischen Uebersetzung.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Sch�nen K�nste, Band 1. Leipzig 1771, S. 57-69.
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