MKL1888:Anschlag
[615] Anschlag (Affiche, Plakat), jede öffentlich angeheftete oder angeklebte Bekanntmachung, für deren Druck man sich gewöhnlich großer, auffallender Schriften, sogen. Plakatschriften, häufig auch bunter Farbe und bunten Papiers bedient. Bei dem oft riesigem Umfang derselben werden sie häufig in mehreren Teilen gedruckt und nachträglich zusammengeklebt. Nordamerika und England waren bis jetzt die Pflegstätten solcher, öfters auch illustrierten Riesenplakate, bei denen oft in den Hauptzeilen jeder Buchstabe einzeln gedruckt und angeklebt ist. In Frankreich ist gesetzlich das weiße Papier für die Veröffentlichungen der Verwaltungsbehörden reserviert. Fast überall ist die polizeiliche Genehmigung für die Anschläge nötig, in Rußland muß ihnen dieselbe sogar beigedruckt sein. In Frankreich unterliegen die von Privatpersonen ausgehenden Anschläge der Stempelpflichtigkeit, deren Betrag teils nach dem Format des Papiers, teils nach der Zahl der auf dasselbe gedruckten verschiedenartigen Anzeigen bemessen ist. Im Deutschen Reich (Reichsstrafgesetzbuch § 134) wird das böswillige Abreißen, die Beschädigung oder Verunstaltung amtlicher Anschläge, härter als nach französischem Recht, mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 300 Mk. geahndet. – Schon Athen und Rom kannten die Anschläge; man ließ Gesetze und Senatsbeschlüsse in Tafeln von Erz und Marmor eingraben und diese alsdann auf den öffentlichen Plätzen ausstellen. In Rom benutzte man seit dem 15. Jahrh. den „Pasquino“ genannten Statuentorso zu witzigen und satirischen Plakaten, auf die dann der „Marforio“, eine Flußgottstatue bei San Pietro, in entsprechender Weise antwortete. Auch in Frankreich waren die Plakate bereits vor Erfindung der Buchdruckerkunst im Gebrauch, und 1539 schrieb ein zu Villers-Cotterets erlassenes Edikt Franz’ I. nicht nur den Gebrauch derselben für öffentliche Erlasse vor, sondern ordnete auch an, daß man sich fortan hierzu der französischen Sprache und nicht mehr der bisher üblichen lateinischen bedienen solle. Die Benutzung der Anschläge hat in neuerer Zeit ungemein zugenommen; neben den besonders dafür errichteten Säulen (Anschlagsäulen) auf Straßen und Plätzen bedient sich die Reklame sogar transportabler Gestelle etc.
Anschlag, s. v. w. Kostenanschlag, Berechnung des Kostenbedarfs, z. B. eines Bauunternehmens (s. Bauanschlag). Der A. in landwirtschaftlicher [616] Hinsicht hat den Zweck, den Wert eines Landguts oder eines einzelnen Grundstücks zu ermitteln (s. Ertragsanschlag).
Anschlag, bei Tasteninstrumenten (Klavier, Orgel) das Niederdrücken der Tasten. Man sagt: „das Instrument hat einen schweren oder leichten A.“, d. h. eine schwere, leichte Spielart, es erfordert viel oder wenig Kraftaufwand. Ferner spricht man vom A. eines Klavierspielers: er hat einen guten, weichen, kräftigen oder einen harten, eckigen, schwächlichen A., je nachdem er das Instrument zu behandeln versteht oder seiner physischen Anlage nach vermag. Endlich gibt es verschiedene Anschlagsarten, sowohl für das Klavier- als das Orgelspiel, durch welche die vom Komponisten vorgeschriebene Phrasierung zur Geltung gebracht wird. Die Hauptarten sind: der Legato-A. und der Staccato-A.; der erstere verbindet die Töne genau miteinander, so daß, während die zweite Taste niedergedrückt wird, die erste sich hebt; der letztere trennt sie scharf, d. h. die erste Taste wird losgelassen, ehe die zweite berührt wird. Unterarten sind: der Legatissimo-A., bei welchem die Töne noch nach dem A. folgender ausgehalten werden, sofern sie sich harmonisch mit denselben vertragen; der Non legato-A., die weichste Art des Staccato, wenn die Töne möglichst lang gehalten und doch noch gerade von den folgenden immer erkennbar abgetrennt werden (Notierungsart , d. h. Verbindung der Staccato-Punkte und des Legato-Bogens). Das eigentliche Staccato kann auf dreierlei Weise gespielt werden: 1) mit völlig ruhiger Arm- und Handführung, nur durch schnelles Abheben der Finger von den Tasten (Finger-Staccato); 2) mittels einer leicht schnellenden Bewegung des Handgelenks für jeden einzelnen Ton; 3) mit leichter Bewegung des Ellbogengelenks, d. h. Aufhebung des ganzen Unterarms. Das härteste Staccato ist das letztgenannte. Übrigens wird selten eins derselben in der Praxis rein ausgeführt, vielmehr entsteht das ungezwungenste Spiel durch Zusammenwirken aller drei Arten der Bewegung.