MKL1888:Adhäsion
[117] Adhäsion (Anhangkraft, Flächenanziehung) heißt die Kraft, welche das Aneinanderhaften zweier miteinander in Berührung gebrachter Körper bewirkt, im Gegensatz zur Kohäsion oder dem innern Zusammenhang der Körper. Die Wassertröpfchen, mit welchen sich eine Fensterscheibe betaut, haften an ihr durch A.; diese ist auch die Ursache, daß Wasser, welches man aus einem Trinkglas ausgießen will, so leicht an der äußern Wand herabläuft. Wasser, auf eine reine Glasplatte gebracht, zerfließt auf ihr und benetzt sie; Quecksilber dagegen benetzt die Glasplatte nicht, sondern bildet auf ihr abgerundete Tropfen, und ebenso verhält sich Wasser auf einer mit Fett bestrichenen Oberfläche. Im erstern Fall ist offenbar die A. des Wassers zum Glas größer als die Kohäsion der Wasserteilchen unter sich, während im zweiten Fall die Kohäsion des Quecksilbers seine A. zum Glas oder die Kohäsion des Wassers seine A. zum Fett übertrifft. Man kann daher beim Ausgießen von Wasser das Herablaufen an der äußern Gefäßwand verhüten, wenn man den Rand des Glases mit Fett bestreicht. Auch feste Körper haften bei inniger Berührung aneinander, besonders dann, wenn der eine Körper anfangs flüssig war und dann durch Verdunsten oder Erstarren der Flüssigkeit erst fest geworden ist. Hierauf beruht ja das Schreiben und Malen, das Leimen, Kitten und Löten. Eben geschliffene Glas- oder Metallplatten haften gleichfalls aneinander, sie werden jedoch nicht bloß durch A., sondern vorzugsweise durch den Luftdruck zusammengehalten (scheinbare A.). Vgl. Kapillarität. – In der Pathologie nennt man A. die Verlötung oder Verwachsung der Weichteile untereinander durch ein auf dem Weg der Entzündung neugebildetes gefäßhaltiges Bindegewebe.
Adhäsion (Anschließung), im juristischen Sinn die gerichtliche Erklärung, einer von einem andern bereits vorgenommenen Prozeßhandlung beitreten zu wollen. So kann insbesondere nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 482 ff., 518) der Berufungsbeklagte sich der von seinem Gegner, dem Berufungskläger, gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegten Berufung anschließen, d. h. auch seinerseits Abänderungen des Urteils zum Nachteil des Berufungsklägers (reformatio in pejus) beantragen, selbst wenn er auf die Berufung verzichtet hatte und die Berufungsfrist abgelaufen ist. Dasselbe gilt bei dem Rechtsmittel der Revision. Auch die Anschließung eines Verletzten als Nebenkläger an die öffentliche Klage der Staatsanwaltschaft im Strafprozeß gehört hierher, und zwar bezeichnet man dasjenige Prozeßverfahren, mittels dessen der durch ein Verbrechen Beschädigte sein Zivilinteresse gegen den Verbrecher zugleich mit in dem gegen diesen eingeleiteten Strafprozeß verfolgt als Adhäsionsprozeß (Anschlußverfahren). Die deutsche Strafprozeßordnung (§ 443 ff.) läßt die gleichzeitige Erledigung des Anspruchs auf Strafe, welcher im Weg der öffentlichen Klage verfolgt wird, mit dem Anspruch auf Ersatz des durch die strafbare Handlung, um welche es sich handelt, verursachten Schadens im Weg der Nebenklage nur in denjenigen Fällen zu, in welchen das Gesetz dem Geschädigten eine besondere Buße zubilligt.