Thomas Mally
Thomas Mally, (* 3. Juli 1943 in Mährisch-Ostrau, abgängig seit 7. Jänner 2013 vom Pensionistenheim Haus Hoffmannpark in Purkersdorf, war ein österreichischer Polyhistor.
Wilhelm Popp, Thomas Mallys Großvater mütterlicherseits, war Schauspieler und Theaterdirektor an verschiedenen Bühnen deutschsprachiger Minderheiten der Donaumonarchie. Er war der Halbbruder des sozialdemokratischen Politikers Julius Popp und Schwager von dessen Frau Adelheid Popp, der sozialdemokratischen Aktivistin und Frauenrechtlerin. Auch der Vater von Thomas Mally, Leo Mally, kam aus dem Theatermilieu. Er war Schauspieler in Mährisch-Ostrau, wo sein Schwiegervater Wilhelm Popp zeitweilig als Direktor wirkte. Leo Mally gründete, mit Unterstützung der russischen Besatzungsmacht, im August 1945 das ambitionierte Urfahrer Volkstheater[1] .
Thomas Mally galt im Bundesrealgymnasium Kandlgasse als Schulgenie. Er studierte nach Ablegung der Matura Germanistik und danach Spanisch am Dolmetschinstitut der Universität Wien, allerdings ohne Abschluss. Mally wohnte die größte Zeit seines Lebens bei seiner Mutter und finanzierte beider Existenz durch Nachhilfestunden in praktisch allen relevanten Fächern. Daneben befasste er sich früh mit Computerschach und war in diesem Bereich publizistisch tätig. Er konzipierte das einschlägige Programm "Wappler", sammelte Folksongs, betrieb aber auch vielfältige Sprachstudien und Übersetzungen (etwa von russischer Lyrik und von niederländischen Theaterstücken für den Thomas Sessler-Verlag).
Mally fungierte als Herausgeber der Bücher "Kritisches Glossar" und "Städtebilder" von Robert Schediwy, gestaltete den Computersatz des Buches "Wiener Stadtbildverluste" und schrieb selbst als Hauptautor eine "Wiener Spurensuche". Sein exemplarisches Scheitern trotz seiner enormen und vielfältigen Begabungen mündete in eine zumindest äußerlich fröhlich wirkende Resignation.
Im Gefolge einer jahrelang unbehandelten Diabetes-Erkrankung musste Mally im Hanusch-Krankenhaus eine Zehe entfernt werden. Es stellte sich auch heraus, dass er ohne Sozialversicherung dahin lebte. Mally zeigte auch leichte Verwirrungszustände (Orientierungsschwierigkeiten). Im Pensionistenheim schien er wieder aufzuleben, unternahm gerne große Spaziergänge, von denen er aber nicht immer zurückfand. Zuletzt schien ihn Adalbert Stifters Erzählung "Bergkristall" über zwei im Schneetreiben verirrte Kinder besonders zu faszinieren. Am 7. Jänner 2013, am Beginn einer langen und schneereichen Hochwinterperiode brach Mally zu seinem vermutlich letzten Spaziergang auf. Eine Suchaktion des Samariterbundes blieb vergeblich. Er blieb über ein Jahr verschollen.
Laut Auskunft der Polizei wurde der Leichnam von Thomas Mally am 27. März 2014 letztlich doch gefunden, und zwar im Purkersdorfer Glasgraben in unmittelbarer Nähe zur Westautobahn. Thomas Mally konnte durch seinen mitgeführten Ausweis und seine orthopädischen Schuhe identifiziert werden. Da offenbar kein Fremdverschulden vorliegt, sieht die Polizei den Fall als geschlossen an. Mallys Begräbnisfeier fand am 30. April 2014 am Wiener Zentralfriedhof (2.Tor) statt.
Literatur
- E. Lebensaft: Popp, Wilhelm. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 8, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1983, ISBN 3-7001-0187-2, S. 203 f. (Direktlinks auf S. 203, S. 204).
Einzelnachweise
- ↑ Heide Stockinger: Laienspiel und Bühnenkunst, S.18f.
Weblinks
- Begräbnis Thomas Mally mit Würdigung durch Helmut Hubeny
- Zeitungsartikel über Thomas Mally
- [1] Aus Google Books: Irene Riegler, Heide Stockinger: Generationen erzählen: Geschichten aus Wien und Linz 1945 bis 1955Wien (Böhlau) 2005, S. 97, über Leo Mally]