Zum Inhalt springen

Im Kreislauf des Jahres (1890)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Im Kreislauf des Jahres.
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber: Illustrierter Neue Welt-Kalender
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Auer/Hamburg und J.H.W. Dietz/Stuttgart (in Kommission)
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[25]

Im Kreislauf des Jahres.

Ob Sonnenschein den Lenztag auch erfüllt ―
Noch weht’s von Ost und jagt den feinen Staub,
Und in der Knospe zögert scheu verhüllt
Das junge Laub.

5
Da geht der Wind, indeß um’s Abendlicht

Ein Schleier weht, herum nach Westen sacht ―
Es regnet warm, es regnet still und dicht
Die lange Nacht.
Aus seiner Hülle ringt vor diesem Kuß

10
Das Blättchen sich in zärtlichem Bemüh’n,

Und an dem Morgen nach dem nächt’gen Guß
Ist Alles grün.

Der Tag ist schwül ― von Tropfen perlt die Stirn,
Verschmachten will die Welt im Sonnenbrand,

15
Die Lippe lechzt, gelähmt ist das Gehirn

Und schlaff die Hand.
Da baut sich’s auf, gespenstisch, ohne Ton ―
Geschwader jagen in die Wolkenschlacht;
Der Donner rollt und fahle Blitze loh’n

20
Die lange Nacht.

Den Boden tränkt und labt der nächt’ge Graus,
Das Wiesenthal, den Hag, den busch’gen Bühl,
Und trittst am Morgen spähend Du hinaus,
Ist Alles kühl.

25
Die Nebel treiben dicht und gelblich-grau

In Wald und Feld verdrossen sich umher ―
Sie gönnen Deinem Blick kein Stückchen Blau
Des Himmels mehr.
Da fährt’s in kurzen Stößen in den Wust,

30
Da kreischt die rost’ge Fahne auf dem Thurm,

Da heult und tobt und braust in wilder Lust
Des Herbstes Sturm.
Zerblasen wird, was Dir ein Hinderniß
Bei jedem Deiner Athemzüge war ―

35
Nach solchen Nächten, dessen sei gewiß,

Ist Alles klar.

Frosthart die Erde, blätterlos der Forst,
Und schneidend geht die Luft durch Mark und Bein;
Die Krähe zieht mit Hungerschrei vom Horst

40
Zur Stadt hinein.

Da treiben, sichtbar kaum, im scharfen Wind,
Die Federflöckchen leicht und irr
Und endlich schneit es rastlos, grau und lind
Und stumm und wirr.

45
Die warme Decke breitet still und dicht

Der Winter über’s Land, wie auf Geheiß,
Und in des nächsten Morgens mattem Licht
Ist Alles weiß.

Ich sagte gerne: „Siehe da ein Bild

50
Des Daseins, das uns das Geschick verleiht,

Es löst und hebt sich Alles friedlich mild
Zu seiner Zeit.“
Mir fehlt der Muth, der solche Worte schreibt;
Oft bleibt der Regen und des Sturms Gebraus,

55
Oft bleibt des Wetters Flammen und es bleibt

Der Schnee selbst aus.
Das aber weiß ich: Was Erlösung je
Von dumpfem Druck, von Kampf und Qual gebracht,
Von starrer Pein und wortelosem Weh,

60
Kam ― über Nacht.

                                                            R.L.

Anmerkungen (Wikisource)

[Bearbeiten]

Ebenfalls abgedruckt in:

  • Gedichtband „In Reih und Glied“, mit dem Titel „Das Jahr“.