Abendphantasie (Conz)
Die Phantasie, des Himmels schönstes Kind,
Kommt auf Gewölk von Rosen hergezogen;
Der Abendsonne Zauberdüfte sind
Schon vor ihr her den Bergen angeflogen:
Vom nahen Wall der Hügel still begränzet,
Um die ersterbend schon der letzte Strahl
Der Sonn’ im Kampfe mit den Schatten glänzet;
Die fallen jetzt hernieder in das Land;
Die Welt verengt an dichter Nebelwand
Allmählich sich des Spähers irrem Blicke.
Ein Schweigen, wie der Ruhe Schweigen, zieht
Sich rings umher durchs dämmernde Gefilde,
Verschwunden sind vor mir des Tags Gebilde.
Die Nebel fliehn; der Sterne Welt geht auf;
Sie blinken Aug an Auge schon am Himmel:
Frey wandeln sie jetzt den gewohnten Lauf,
Mein innres Licht wird durch ihr Licht erhellt:
Es tagt in mir; ich wähne, neue Augen
Gehn in mir auf, die Wunder jener Welt
Voll Pracht und hoher Schönheit einzusaugen.
Mich hoch empor, weit über niedre Zonen
Hin wo der Quell der ewgen Wahrheit fleußt,
Und die Gestalten alles Guten thronen.