Zum Inhalt springen

ADB:Luther, Paul

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Luther, Paul“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 692–694, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Luther,_Paul&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 20:51 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Luther, Martin
Nächster>>>
Lüthy, Urs Joseph
Band 19 (1884), S. 692–694 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Paul Luther (Mediziner) in der Wikipedia
Paul Luther in Wikidata
GND-Nummer 117322229
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|19|692|694|Luther, Paul|Jakob Franck|ADB:Luther, Paul}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117322229}}    

Luther: Paul L., Arzt und Chemiker. Geboren den 28. Januar 1533 zu Wittenberg als der dritte und letzte Sohn des Reformators Dr. Martin Luther und dessen Ehefrau Katharina v. Bora, genoß er den vorbereitenden lateinischen und griechischen Unterricht durch Melanchthon und Vitus Winsheim und erweckte bei dem Vater schon damals große und erfreuliche Hoffnungen. Eine gewisse angeborene Vorliebe zur Natur und deren Erzeugnissen trat schon [693] in seinen Knabenjahren zu Tage und diese Neigung billigte und unterstützte durchaus der Vater, wie er denn dem Sohne die vollste Liebe entgegen trug, dabei aber dessen Umgang sorgfältig überwachte und ihn fast immer um sich hatte. Diese Liebe aber wurde von Paul eben so erwiedert und die väterlichen Ermahnungen fielen auf keinen unfruchtbaren Boden. Und was guten Kindern nur erwünscht sein kann, daß sie dem Vater auf dem Todtenbette zur Seite stehen und ihm die Augen zudrücken können, das wurde auch Paul zu Theil. Denn als der Vater zu Eisleben erkrankte und daselbst den 18. Februar 1546 starb, hatte auch er, der damals dreizehnjährige Knabe, an des Vaters Bette gestanden. Nachdem er in den philosophischen Wissenschaften so wie in der Kenntniß der alten Sprachen hinreichend ausgebildet hatte, wählte er, seiner natürlichen Neigung folgend und auf den Rath Melanchthon’s die Medicin zu seinem Lebensberufe und im Jahre 1557 erhielt er unter dem Decanate des Jakob Milichius den medicinischen Doctorhut. Daß er aber nach des Vaters Tode eben so fleißig wie bei dessen Leben seinen Studien obgelegen hatte, beweist, daß er schon bald darauf nach der Universität Jena als Lehrer der Heilkunde berufen wurde, wo er den 8. Decbr. 1558 die Ankündigung von Vorlesungen über des Galenus lib. de artis constitutione anschlagen ließ. Später ist er als Leibarzt mehrerer Fürsten bis zu seinem Tode beschäftigt gewesen. Zuerst leistete er dem Fürsten Johann Friedrich II. von Weimar Beistand und verweilte daselbst bis zur Uebergabe der Stadt Gotha, den 13. April 1567. Hierauf trat er in die Dienste des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II., und als dieser den 3. Januar 1571 aus dem Leben geschieden war, in die des sächsischen Kurfürsten August, dem er sich um so beliebter machte, als dieser Fürst neben seiner Liebe für Kunst und Wissenschaft im Allgemeinen und seiner treuen Anhänglichkeit an die lutherische Confession, ganz besonders die sogenannte Spagyrie, d. h. die Scheidung zur Verwandlung der Erze, dessen Endziel aber damals wie später das Goldmachen war, begünstigte. Denn auch L. beschäftigte sich mit solchen chemischen Versuchen, wie er denn auch in der That den Arzneischatz mit einer Anzahl neuer Medicamente, wie unguentum de nitro, magisterium perlarum, aurum potabile sowie mit aus Pflanzen gezogenen Arzneien bereichert hat. Nach Augusts Tode, 11. Februar 1586, widmete er sich drei Jahre lang dem Herzog und Kurfürsten von Sachsen, Christian I., zog aber 1589 nach Leipzig, wo er als einfacher praktischer Arzt bis 1592 verweilte, in diesem Jahre aber zu Leipzig von dem Administrator des sächsischen Kurfürstenthums, Friedrich Wilhelm, sowohl zu dessen eigener Behandlung als der der kurfürstlichen Kinder mit einem sehr ansehnlichen Gehalte als Leibarzt angestellt wurde. In dieser Stellung verlebte er noch mehrere Jahre, bis er den 8. März 1593 eben so fromm und unsträflich wie er als ein würdiger Sohn seines Vaters bis dahin gelebt hatte. das Zeitliche segnete, denn noch auf seinem Todesbette wiederholte er öfters und bestimmt, in welchem Glauben er sterben und zu Christus kommen wolle „in demjenigen nämlich, der gegründet sei auf dem alleinigen Verdienste Christi“; in der Lehre vom h. Abendmahl aber bekannte er, daß er keiner anderen Meinung folge als die durch seinen Vater vertheidigt worden sei. Verheirathet war er seit 1553 mit Anna aus der alten edlen schwäbischen Familie der Warbek, und hatte von derselben sechs Kinder: drei Söhne, von denen dem ältesten, Ernst, am 10. August 1581, auf Befehl des Kurfürsten August, ein Canonicat in Zeitz übertragen wurde. Ernst verheirathete sich 1610 mit Martha verw. Grahl. Unseres Paul’s Sohn gleichen Vornamens starb im Februar 1558. Eine Tochter, Margarethe, heirathete den Administrator des Magdeburger Erzbisthums, Hieron. Gottsteig, und eine andere, Anna, im Juli 1583 den Edelmann Nikolaus Marschalk in Oberschar in Sachsen. Der älteste Bruder Pauls, Johannes, war kurfürstlich sächsischer Rath und Kanzleidirector und der zweitälteste, [694] Martin, hatte Theologie studirt, starb aber unverheirathet. Ein directer Abkömmling von Pauls Oheim, Jakob: Herr Wilhelm L., lebt dermalen (1883) in Berlin als Procurist der Grunert’schen Leihbibliothek. Ein anderer, Herr Gustav Hermann L., gleichfalls in Berlin, ist zur Zeit Schutzmann. Der Vater des Schutzmanns L. war Pastor in Salzwedel und von seinen drei Söhnen war der eine Pastor in Niedereichstadt im Thüringischen, der zweite Stationsvorsteher in Gonz am Rhein. Die männlichen Glieder dieses Lutherstammes haben die Nutznießung eines ziemlich beträchtlichen, unter der Verwaltung des Consistoriums in Gotha stehenden Stipendiums. Jeder männliche Nachkomme erhält dreimal während seines Lebens eine erhebliche Unterstützung: bei der Confirmation, bei der Selbständigmachung und bei der Verheirathung, ferner werden aus der Stipendiencasse die Schul-, Erziehungs- und Studienkosten der männlichen L., wenn erforderlich bis zum 21. Lebensjahre des betreffenden, getragen. Es studiren daher auch fast sämmtliche Luther dieser Linie. Ein anderer Sprößling der dritten Tochter des Reformators, Herr von Kunheim-Juditten aus Ostpreußen, war als Deputirter der Stadt Königsberg 1883 beim Lutherfeste zu Worms anwesend. Ueber einen Pfälzer „Sebastian L.“ vergl. Goedeke im Gr. I, 294. Von den Schriften unseres Paul, deren er nur sehr wenige veröffentlichte, wurden u. a. gedruckt 1598: „Oratio de arte medica et cura tuendae valetudinis“. Vratisl., auch werden erwähnt „Medizinische Adversarien“. Außerdem existiren noch zwei anatomische bunt illum. Zeichnungen so wie drei anatomische Tafeln, welche wahrscheinlich von seiner Hand sind. Anderweitige interessante Beiträge zu Pauls häuslichem und amtlichem Leben gewährt die seit 1839 als „Acta Lutherorum“ im Besitze der Leipziger Stadtbibliothek befindliche überaus reiche Sammlung von Originalakten und Documenten aller Art aus der Familie Dr. Mart. Luther’s, darunter auch Briefe an Paul von Herzog Moriz Kurfürst zu Sachsen, Joachim von Brandenburg, Joh. Georg von Brandenburg, Albrecht Friedrich von Brandenburg, Kurfürst August von Sachsen u. a. fürstlichen Personen, über welche Sammlung das Serapeum 1840, 46 ff. ausführlich berichtet.

Vgl. außerdem: M. Dresseri de vita et morte D. P. L. medici Oratio. Adami Vitae Medicorum (8.) p. 338–42 etc.[1]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 694. Z. 21 v. u.: Seine Inschrift in die Bibel, früher zu Oels, mitgeth. v. Distel im Neuen Arch. f. Sächs. Gesch. etc. VII, 150, sein Ende Betreffendes von demselben in der Zeitschr. f. Kirchengesch. XIII, 393 f. [Bd. 36, S. 790]