ADB:Dietrich II. von Moers
Friedrich III. von Köln, auch die Grafschaft Saarwerden erwarb. Nach dem Tode Friedrichs III. (8./9. Febr. 1414) warben zwei Candidaten um das Kölner Stift. Der Erzbischof hatte die Nachfolge seines Schwestersohns D. von Mörs (Archidiacon und Bonner Propst, 1409 Vertreter seines Oheims auf dem Concil zu Pisa) begünstigt, demselben auch kurz vor seinem Tode den Treueid seitens der Stiftsamtleute leisten lassen. Dagegen wirkte Herzog Adolf von Berg für seinen Bruder Wilhelm, Elect von Paderborn. Letzterer wurde 18. April 1414 von der Minorität des Capitels in Köln gewählt; sechs Tage später stellte die Mehrheit in Bonn D. auf. Die Folge war eine mehrjährige Fehde zwischen der bergischen und mörsischen Partei. Zu jener standen u. a. Herzog Reinald von Jülich-Geldern, Herzog Anton von [180] Lothringen-Brabant, zu dieser der Pfalzgraf Ludwig, Graf Adolf von Cleve-Mark (seit 1417 Herzog) und der Bischof von Metz. Für D. waren ferner König Sigmund, der sich (8. Nov. 1414) zu Aachen von ihm krönen ließ, und Papst Johann XXIII., während Wilhelm an Gregor XII. und das Constanzer Concil appellirte. Am ersten wurde D. mit seinem Rivalen fertig. Er verdrängte ihn aus Paderborn, wo er selbst vom Capitel als Administrator bestellt wurde, und bewog ihn (December 1415), in einem Vergleich seinen Ansprüchen auf Köln zu entsagen. Die Fehde gegen Berg und dessen Verbündete setzte D., später auch von der Stadt Köln wirksam unterstützt, noch ein Jahr Lang ohne Entscheidung fort, bis König Sigmund bei seiner zweiten Anwesenheit am Unterrhein eine Waffenruhe (13. Dec. 1416) und dann zu Constanz den Frieden vermittelte.
Dietrich II., Erzbischof von Köln, Geburtsjahr unbekannt, † 14. Febr. 1463, Sohn des Grafen Friedrich von Mörs, der durch seine Heirath mit Walpurgis, einer Schwester des ErzbischofsMit Sigmund blieb D., ungeachtet seines Beitritts zum Kurverein von 1424, in gutem Einvernehmen. Persönlich machte er die unglücklichen Hussitenzüge von 1421 und 1431, die Belagerung von Saaz und die schmähliche Niederlage von Thauß mit. Sigmund belohnte ihn mit Gunstbriefen und Gefälligkeiten aller Art, übertrug ihm auch mehrmals Reichscommissariate (brabantische Erbschaftssache, Heimfall Hollands, geldrische Erbschaft, Reform der Vehme). Papst Martin V. entschädigte ihn für seine pecuniären Opfer im Böhmenkrieg durch Besteuerung des Kölner Klerus, gab auch seine Zustimmung zur ewigen Union Paderborns mit Köln. Als Eugen IV. die Union aufhob, appellirte D. an das Basler Concil und trat auf dem Reichstag zu Frankfurt der Neutralitätserklärung der Kurfürsten (17. März 1438) bei. Er wahrte seine neutrale Stellung mit größerer Consequenz als die meisten Mitglieder des Bundes und ließ sich, bei unverkennbarer Hinneigung zu dem Concilspapste Felix V., doch nie zu einer förmlichen Anerkennung desselben bewegen. Trotz dieser Zurückhaltung wurde er 1445 mit Jakob von Trier von Eugen IV. abgesetzt. An ihrer Stelle wurden Adolf von Cleve und Bischof Johann von Cambray, ein Neffe und ein Bruder des Herzogs von Burgund, ernannt. Die Erneuerung des Kurfürstenbundes, welche gegenüber diesem Vorgehen der Curie erfolgte, blieb ohne nachhaltige Wirkung; Hand in Hand wußten Eugen und Friedrich III., welchem D. gegen große Vergünstigungen seine Stimme bei der Königswahl gegeben hatte, die Neutralität zu sprengen. Bald nach Friedrichs Obedienzerklärung (7. Febr. 1447) hat auch D. seinen Frieden mit Nikolaus V. gemacht, der ihm sein Erzbisthum zurück gab.
Die abweichende Haltung Dietrichs in der kirchlichen Frage scheint sein Verhältniß zu Friedrich III., dem er 1442 die Krönung ertheilte, nicht wesentlich getrübt zu haben. Dagegen finden wir ihn seit 1454 an der Friedrich so mißliebigen Agitation wegen der Reichsreform betheiligt. Er war der erste, dem Jakob von Trier seinen Reformentwurf, die „Avisamenta“, mittheilte. Wiederholt nimmt er während der nächsten Jahre persönlich oder durch Boten Theil an den in dieser Angelegenheit abgehaltenen Kurfürstentagen; auch hat er dem Plan, an Stelle Friedrichs dessen Bruder, den Erzherzog Albrecht, zum römischen König zu wählen, seine Beihülfe geliehen. Durch den Tod Jakobs von Trier (28. Mai 1456) wurde die Reformpartei gesprengt; als Sachsen und Brandenburg sich durch Albrecht Achilles für den Kaiser gewinnen ließen, zog sich D. zurück. Seitdem scheint ihn sein hohes Alter von den großen kirchlichen und politischen Fragen abgezogen zu haben. Zwar stand er weder der Opposition der geistlichen Kurfürsten gegen Rom noch dem Project der Königswahl Georg Podiebrad’s vollständig fern; zu einem kräftigen Eingreifen jedoch hat er sich weder in der einen noch in der anderen Richtung entschlossen.
Ueberhaupt ist das lange Pontificat Dietrichs für die allgemeinen Angelegenheiten des Reichs und der Kirche nicht von allzugroßer Bedeutung gewesen. [181] Mehr Krieger, als Bischof und Staatsmann, spielt er nur eine bescheidene Rolle neben fürstlichen Zeitgenossen wie Friedrich I. von Brandenburg, Konrad III. von Mainz, Albrecht Achilles, Jakob von Trier und Friedrich von der Pfalz. Seine Thätigkeit war mehr localen Interessen zugewendet. Durch Einmischung in die erbitterten Kämpfe zwischen Herzog Adolf von Cleve und dessen Bruder Junker Gerhard, der im Friedensschluß die Grafschaft Mark erhielt, gewann er (21. Dec. 1424) den Besitz von Kaiserswerth, das seitdem bis 1772 bei Kurköln verblieb. Die Feindschaft mit Cleve zieht sich durch seine ganze Regierung. Sein anfangs so schroffes Verhältniß zu Berg gestaltete sich später friedlich, namentlich als nach Herzog Adolfs Tode (1437) dessen Neffe Gerhard, ein Großneffe des Erzbischofs, folgte. D. nahm für ihn die Huldigung entgegen, begünstigte ihn auch, meistens jedoch in blos vermittelnder Haltung, bei seinen Streitigkeiten mit Arnold von Egmond in der geldrischen Erbfolgefrage. Eine Aussicht auf großartige Erweiterung des Erzstifts eröffnete sich, als ihm Herzog Gerhard (12. März 1451) für den Fall seines kinderlosen Absterbens die Vereinigung von Berg, Ravensberg und Blankenberg mit Köln zusagte; doch blieb der Vertrag wirkungslos, da Gerhard bald nachher Nachkommenschaft erhielt. Eine mächtige Stütze der Politik Dietrichs bildeten die Erfolge, die er bei Besetzung norddeutscher Bischofsstühle errang. Er selbst war seit 1415 Administrator von Paderborn. Lange Zeit hoffte er mit Unterstützung des Concils von Basel die ewige Incorporation erreichen zu können; erst 1444 hat er auf diesen Plan verzichtet, um sich im Soester Krieg die Hülfe des Mainzer Metropoliten zu gewinnen. Die Administration behielt er bis zu seinem Tode. Gestützt auf die Basler und König Sigmund stellte er dem Utrechter Bischof Rudolf v. Diepholt seinen Bruder Walram entgegen. Ein anderer Bruder, Heinrich, wurde bereits 1424 Bischof von Münster, dazu übertrugen ihm 1442 die Basler die Administration von Osnabrück. Nach dessen Tode (1450) erfolgte in Münster Doppelwahl zwischen Walram von Mörs und Graf Erich von Hoya. Mit clevischer Hülfe nahm letzterer fast das ganze Stift ein; dann siegte D. über die Münster’schen und ihre Bundesgenossen in dem Treffen von Varlar (18. Juli 1454), wo Herzog Friedrich von Braunschweig-Lüneburg gefangen wurde. Dadurch besserte sich die Stellung Walrams, den jedoch der Gegencandidat überlebte.
Schwere Kämpfe hat D. gegen das Bürgerthum seiner Stiftslande zu bestehen gehabt. Trotz der Hülfe, welche ihm die Stadt Köln bei der Stiftsfehde geleistet hatte, kam es schon bald nach dem Frieden zu endlosen Zänkereien über erzbischöfliche Gerechtsame, dann (1419) zu kurzem Krieg, bei welchem die Stadt vom Herzog von Berg, der Erzbischof von den rheinischen Kurfürsten und dem Herzog von Jülich-Geldern Unterstützung erhielt. Man bequemte sich schon bald zu einem Vergleich, und seitdem blieb das Verhältniß ein leidliches, wenn es auch nicht an Reibereien fehlte, so namentlich bei Austreibung der Kölner Juden (1424). Zwar gelang D. (1435) die Demüthigung von Neuß, der wichtigsten Stadt des Unterstifts, dagegen schlossen in Westfalen Ritterschaft und Städte ein Bündniß, um Besteuerungsversuche des Erzbischofs abzuwehren. Aus diesen Wirren entwickelte sich die große Soester Fehde. Als nach jahrelangen Verhandlungen Soest, die mächtigste Stadt Westfalens, den Jungherzog Johann von Cleve zu ihrem Erbherrn annahm, begann (1444) ein gräuelvoller Verwüstungskrieg, der sich über einen großen Theil des nördlichen Deutschland verzweigte. Die kaiserliche Acht über Soest blieb wirkungslos, und als D. (Juni 1447), von Herzog Wilhelm von Sachsen und zuchtlosen böhmischen Soldtruppen unterstützt, die Stadt drei Wochen lang bestürmte, wurde er unter schweren Verlusten abgewiesen. Am 27. April 1449 vermittelte der Cardinallegat Johann einen Stillstand. [182] Die Proceßacten gingen nach Rom; trotz mehrfacher günstiger Entscheidungen der Curie hat D. Soest in clevischen Händen lassen müssen. Unter D. ist die ständische Verfassung des Kölner Landes vorbereitet worden. Seine glänzende Hofhaltung, die unaufhörlichen Fehden und kostspieligen Länderkäufe machten die finanziellen Verlegenheiten, die er freilich schon von seinem Vorgänger ererbte, permanent. Sie zwangen ihn zu Verpfändungen im größten Maßstab, zu außerordentlichen Auflagen auf die Hintersassen der Vasallen und namentlich zu zahlreichen drückenden Anforderungen an die Geistlichkeit. Schon bei seinen Lebzeiten bildeten sich Einigungen der Stände, gegen die er mit päpstlichen Verboten einschritt. Gleich nach seinem Tode traten das Domcapitel, die Ritterschaft und die Städte des rheinischen Stiftsgebietes zu der „Erblandsvereinigung“ (26. März 1463) zusammen, welche sein Nachfolger Rupert beschwören mußte und die seitdem die Grundlage der ständischen Rechte bildete.
Dietrichs dynastische Politik hat, bei glänzenden Resultaten im einzelnen, doch keine dauernden Erfolge erzielt. Eine Zeit lang schien das aufstrebende mörsische Grafenhaus, gestützt auf den Besitz Kölns und die meisten westfälischen Bisthümer, die erste Macht des nordwestlichen Deutschland werden zu sollen; mit Dietrichs Tode sinkt es wieder zu einer bescheidenen Existenz hinab. Die Aufrichtung einer starken landesherrlichen Gewalt, die Demüthigung der ständischen und städtischen Opposition ist D. ebensowenig gelungen als die territoriale Abrundung seines Stifts. Er hinterließ dasselbe in völliger Zerrüttung. Zehn Jahre nach seinem Tode entging Kurköln nur mit genauer Noth der Gefahr, von Burgund verschlungen zu werden. Seine Bemühungen zur Hebung des kirchlichen Lebens werden gerühmt; nachhaltige Wirkungen haben jedoch die Reformversuche dieses kriegerischen Prälaten kaum gehabt. – Eine monographische Bearbeitung seiner für rheinische und westfälische Provinzialgeschichte sehr wichtigen Regierung ist noch nicht versucht, auch bei dem ausgebreiteten und zerstreuten Material keine leichte Aufgabe.