Zum Inhalt springen

ADB:Corssen, Paul Wilhelm

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Corssen, Paul Wilhelm“ von Gustav Emil Lothholz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 504–505, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Corssen,_Paul_Wilhelm&oldid=- (Version vom 31. Oktober 2024, 19:25 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Corrodi, Heinrich
Nächster>>>
Cort, Cornelius
Band 4 (1876), S. 504–505 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm Paul Corssen in der Wikipedia
Wilhelm Paul Corssen in Wikidata
GND-Nummer 101706693
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|4|504|505|Corssen, Paul Wilhelm|Gustav Emil Lothholz|ADB:Corssen, Paul Wilhelm}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=101706693}}    

Corssen: Paul Wilh. C., ein tüchtiger Philolog und vorzüglicher Schulmann, geb. 20. Jan. 1820 zu Bremen, † 18. Juni 1875 in Lichterfelde bei Berlin. Sohn des Kaufmanns C. Den ersten Unterricht empfing er in der Stadtschule zu Schwedt a. d. O., schon hier zeichnete er sich durch gute Fassungskraft und Strebsamkeit aus. Mit dem 14. Jahre trat er in die Untertertia des Joachimsthal’schen Gymnasiums in Berlin ein, das damals unter der Leitung des auch von C. hochverehrten Meineke stand. Seine Universitätsstudien machte er in Berlin unter A. Boeckh und K. Lachmann. Schon als Student gewann er einen Preis für die Lösung einer wissenschaftlichen Preisaufgabe („Origines poesis romanae“, Berlin 1846). Nach bestandener Staatsprüfung absolvirte er sein Probejahr an dem Marienstiftsgymnasium in Stettin und wurde 1846 Adjunct an der Landesschule Pforte. Mit ganzer Seele widmete er sich seinem Lehramte, er wußte sowol durch seinen persönlichen Einfluß – und dies ist in einer geschlossenen Anstalt von der größten Wichtigkeit – als auch durch die Art seines Unterrichts, die Schüler nach allen Seiten hin anzuregen und zu fördern. Daher kam es auch, daß alle Zöglinge der berühmten Schule zu dem Lehrer, der für die Interessen der Jugend einen offenen Sinn hatte, ein herzliches Zutrauen faßten und weit über die Schulzeit hinaus ihm dankbar ergeben blieben, besonders übte sein Geschichtsunterricht einen nachhaltigen Einfluß aus. Mit den Männern, die mit ihm an derselben Anstalt thätig waren, mit dem Rector Kirchner, dann mit Peter, Professor Steinhart, Keil, Jacobi etc. stand er in dem besten Einvernehmen. Trotzdem daß die Symptome des Leidens, dem er endlich erlag, schon in den letzten Jahren seiner Pförtner Lehrthätigkeit hervortraten, wurde seine Wirksamkeit als Erzieher nicht gehemmt, seine wissenschaftliche Thätigkeit nicht beeinträchtigt, so groß war die Frische und die Elasticität seines Geistes. Michaelis 1866 zog sich C., von seinem körperlichen Befinden gezwungen, in den Ruhestand zurück. Er lebte seit dieser Zeit in dem Hause seines Bruders in Lichterfelde ausschließlich seiner Wissenschaft und wurde noch im J. 1874 [505] durch einen Ruf der italienischen Regierung an die Universität in Rom hochgeehrt. Der philologischen Wissenschaft hat er durch umfassende, überall anerkannte Werke, sowie durch zahlreiche Abhandlungen in den verschiedensten Zeitschriften die größten und nachhaltigsten Dienste geleistet. Seine Forschungen „Ueber Aussprache, Vocalismus und Betonung der lateinischen Sprache“, 1870 in der zweiten Auflage erschienen, wurden von der Akademie der Wissenschaften in Berlin mit einem namhaften Preise gekrönt. Ebenso haben seine „Kritischen Beiträge zur lateinischen Formenlehre“ (Leipzig 1863) und seine „Kritischen Nachträge zur lateinischen Formenlehre“ (Leipzig 1866) die Einsicht in den Bau der lateinischen Sprache wesentlich gefördert. Sein letztes großes Werk handelt: „Ueber die Sprache der Etrusker“, I. Bd. (Leipzig 1874), II. Bd. (Leipzig 1875). Bei seinem Ableben war der II. Band bis zum 37. Bogen vorgeschritten, sein Freund E. W. A. Kuhn überwachte den weiteren Druck des fertig vorliegenden Manuscripts und sorgte für Vervollständigung des Registers. C. hat in diesem seinem Fleiß und Scharfsinne Ehre bringenden Werke zu begründen gesucht, daß die Etrusker ein indogermanischer und zwar italischer den Römern nahe verwandter Volksstamm gewesen seien. Es haben sich jedoch Gelehrte wie Sayce in Oxford und Windisch in Straßburg gegen Methode und Ergebniß dieser Forschung ausgesprochen, indem sie das Etruskische überhaupt für keine indogermanische, geschweige für eine italische Sprache halten. Vergl. auch Dr. W. Deecke, Corssen und die Sprache der Etrusker. Eine Kritik. Stuttg. 1875 und Etruskische Forschungen von Dr. W. Deecke. Stuttg. 1875 (I. Heft). H. Weber in Weimar, ein Schüler des Verewigten, gibt in der Kürze aus dem wohlgeordneten Nachlaß Corssen’s „Beiträge zur italischen Sprachkunde“ heraus, Leipzig 1876 (vgl. Mittheil. von der Verlagsbuchh. B. G. Teubner in Leipzig Nr. 5, 1875, S. 73). Ein redendes Denkmal der liebevollen Vertiefung in die Geschichte der Landesschule Pforte, an welcher er 20 Jahre segensreich gewirkt hat, ist das treffliche Werk: „Alterthümer und Kunstdenkmale des Cistercienserklosters St. Marien und der Landesschule zur Pforte von W. Corssen“. Halle 1868.