Werner Dissel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Werner Dissel (* 26. August 1912 in Köln; † 22. Januar 2003 in Wildpark-West bei Potsdam) war ein deutscher Schauspieler, Regisseur und Hörspielsprecher.

Herkunft und frühe Jahre

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werner Dissel wuchs in Köln im Stadtteil Deutz auf. Er besuchte das Deutzer Gymnasium Schaurtestraße. 1931 bestand er die Reifeprüfung. Danach arbeitete er zunächst als Bildjournalist und Grafiker. Während dieser Zeit gehörte er zum Kreis, der sich um die von Franz Jung und Harro Schulze-Boysen herausgegebene Zeitschrift Der Gegner gebildet hatte. Er arbeitete ab 1935 zusammen mit Walter Küchenmeister an der Widerstandszeitung Wille zum Reich. 1937 wurde er von der Gestapo inhaftiert, da er sich einer antifaschistischen Bewegung angeschlossen hatte. 1939, zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, wurde er wieder freigelassen. Der Verhaftungswelle gegen die Berliner Widerstandsgruppe Rote Kapelle entging er dann im Jahr 1942 nur dank der Standhaftigkeit seiner Freunde. Dissel absolvierte in dieser Zeit Armeedienst in einer Meteorologen-Einheit. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges trat er der KPD bei.

1945 kam Dissel in Wiesbaden als Bühnenbildner und Kabarettist erstmals in Berührung mit der Theaterbühne. Im Jahr 1950 siedelte er in die DDR über, wo er fortan als Schauspieler und Regisseur tätig war.[1] Als Theaterschauspieler interpretierte Dissel ein breites Repertoire, das Stücke von William Shakespeare, die deutschen Autoren der Klassik und Romantik, das Theater der Jahrhundertwende, aber auch Stücke der Moderne und des zeitgenössischen Theaters umfasste. In den 1950er Jahren war er am Staatstheater Dresden, wo er u. a. unter Hannes Fischer in Friedrich Schillers Wallenstein den Questenberg spielte. Von 1960 bis 1989 gehörte er als festes Mitglied zum Berliner Ensemble und spielte mehrere Jahre lang am Potsdamer Hans Otto Theater. Weitere Bühnenstationen führten ihn an das Kleist-Theater Frankfurt (Oder), ans Deutsche Nationaltheater Weimar und ans Theater Magdeburg.[2]

Film, Fernsehen und Hörspiel

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1954 gab Dissel sein Filmdebüt in Kurt Maetzigs Filmbiografie Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse mit einer Nebenrolle als nervöser Herr. Richard Groschopp besetzte ihn 1959 in der Filmkomödie Bevor der Blitz einschlägt als Silvio O. Schmitt in seiner ersten größeren Rolle auf der Kinoleinwand. In der französischen DEFA-Koproduktion Trübe Wasser, einer Verfilmung des Romans La Rabouilleuse (Deutscher Titel: Junggesellenwirtschaft) von Honoré de Balzac, spielte er 1960 die Rolle des Fario. 1962 übernahm Dissel in dem DEFA-Märchenfilm Rotkäppchen an der Seite von Blanche Kommerell und Harald Engelmann die Rolle des bösen Wolfs, die ihm einem jüngeren Publikum bekannt machte. Im Fernsehen war er im selben Jahr in dem Fünfteiler Das grüne Ungeheuer als guatemaltekischer linksliberaler Journalist Dr. Luis Guerra, der mit seiner Tochter zusammen entführt werden soll, zu sehen. 1963 spielte er in Frank Beyers Kinofilm Nackt unter Wölfen zu Bruno Apitzgleichnamigen Roman die Rolle des Otto Lange. 1966 verkörperte er in dem DEFA-Zirkusfilm Schwarze Panther den Dressurreiter Alois Feldmann und spielte den ungarischen Juristen und Politiker Ernő Bródy in Wolfgang Luderers Lebende Ware. In dem Kriminalfilm Heroin folgte 1968 an der Seite von Günther Simon eine Hauptrolle als Zollrat Donkenberg. Im Fünfteiler Befreiung übernahm er 1969 die Rolle des Generaloberst und Berufsoffizier Alfred Jodl. Rainer Simon besetzte ihn 1975 in seiner Filmsatire Till Eulenspiegel in einer prägnanten Nebenrolle als Scholastiker. In der fünfteiligen Kinderserie Das Mädchen Störtebeker spielte er 1980 die durchgehende Rolle Hauptrolle des Opa Warning, den Großvater der titelgebenden Serienprotagonistin. 1982 übernahm er im Rahmen der Historienarztserie Berühmte Ärzte der Charité in der Folge Das scheinbar Unmögliche die Hauptrolle des an dem an der Berliner Charité tätigen Gynäkologen Walter Stoeckel. Im Oktober 1986 erhielt Dissel den Kunstpreis der DDR im Kollektiv.[3] In dem sechsteiligen Fernsehfilm Sachsens Glanz und Preußens Gloria verkörperte er 1987 die Rolle des Fürsten Leopold I. von Anhalt-Dessau. 1988 besetzte ihn Rainer Bär als sizilianischen Kapitän aus Palermo neben Götz Schubert in dem Fernsehfilm Der Geisterseher, der auf dem gleichnamigen Romanfragment Friedrich Schillers basiert. 1989 war er an der Seite von Matthias Freihof in einer Nebenrolle als homosexueller Walter in Heiner Carows Coming Out, dem letzten DEFA-Kinofilm vor dem Mauerfall, zu sehen. Im Fernsehzweiteiler Albert Einstein spielte er 1990 den Physiker und Nobelpreisträger Max Planck. Zudem war in den DFF-Fernsehserien Klein, aber Charlotte, Ron und Tanja und Vorsicht! Falke! in Gastrollen zu sehen.

Im wiedervereinigten Deutschland konnte Dissel nahtlos an seine Laufbahn in der DDR anknüpfen. Er wirkte in signifikanten Nebenrollen in einer Vielzahl an Film- und Fernsehproduktionen, wie 1991 in Hartmut Griesmayrs Filmdrama Unser Haus oder 1992 in Roland Gräfs Die Spur des Bernsteinzimmers. In der ZDF-Familienserie Immenhof übernahm er von 1994 bis 1995 die durchgehende Rolle des Wilhelm vom verstorbenen Wolfried Lier. Neben festen Serienrollen übernahm er wiederholt Gastauftritte in verschiedenen Fernsehserien- und reihen, u. a. in Für alle Fälle Stefanie, Wir sind auch nur ein Volk, Kanzlei Bürger, Liebling Kreuzberg, Der letzte Zeuge und in der ARD-Krankenhausserie In aller Freundschaft. Zwischen 1970 und 1999 übernahm er mehrfach Gastrollen in den Fernsehreihen Der Staatsanwalt hat das Wort und Polizeiruf 110.

Im Jahr 2000 war Dissel an der Seite von Franka Potente als Großvater im Thriller Anatomie letztmals auf der Kinoleinwand zu sehen. Späte Aufmerksamkeit brachte ihm 2001 die Darstellung des einstigen Bundeskanzlers Konrad Adenauer in dem Fernsehzweiteiler Der Verleger.[2] Ende November 2002 sah man ihn in Jorgo Papavassilious Kriminalfilm Liebe unter Verdacht als Rabbiner Baruch Kahane, der zum Mordopfer wird. Seine letzte Rolle vor der Kamera hatte er als Adolf neben Barbara Rudnik und Axel Milberg in der im Dezember 2002 erstgesendeten Fernseh-Komödie Liebling, bring die Hühner ins Bett von Matthias Tiefenbacher. In seiner rund sechs Jahrzehnte lang andauernden Karriere wirkte Dissel in über 170 Film- und Fernsehproduktionen.[4][5][6][7][8]

Werner Dissel betätigte sich auch als Hörspielsprecher. Ab 1960 arbeitete er durchgehend für den staatlichen Rundfunk der DDR, wo er bis 1990 rund 100 Hörspiele einsprach.[9] Dissel starb im Januar 2003 im Alter von 90 Jahren.[10][11]

Fernsehserien und -reihen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Regie (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • 1962: Die Insel der Aphrodite
  • 1963: Man spielt nicht mit der Liebe
  • 1963: Viel Lärm um Nichts

Theater (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Harro Schulze-Boysen: Gegner von heute – Kampfgenossen von morgen. (Erstauflage 1932), Nachwort Karl-Heinz Pröhuber. Fölbach Verlag, Koblenz 1983, ISBN 3-923532-00-8.
  • Gert Rosiejka: Die Rote Kapelle. „Landesverrat“ als antifaschistischer Widerstand. – mit einer Einführung von Heinrich Scheel. ergebnisse, Hamburg 1986, ISBN 3-925622-16-0.
  • Alexander Bahar: Sozialrevolutionärer Nationalismus zwischen Konservativer Revolution und Sozialismus – Harro Schulze-Boysen und der GEGNER-Kreis. Fölbach Verlag, Koblenz 1992, ISBN 978-3-923532-18-6.
  • Hans Coppi: Harro Schulze-Boysen – Wege in den Widerstand. Fölbach Verlag, Koblenz 1995, 2. Auflage, ISBN 3-923532-28-8.
  • F.-B. Habel, Volker Wachter: Lexikon der DDR-Stars. Schauspieler aus Film und Fernsehen. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 1999, ISBN 3-89602-304-7.
  • F.-B. Habel, Volker Wachter: Das große Lexikon der DDR-Stars. Die Schauspieler aus Film und Fernsehen. Erweiterte Neuausgabe. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2002, ISBN 3-89602-391-8.
  • F.-B. Habel: Lexikon. Schauspieler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin 2009, ISBN 978-3-355-01760-2.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Werner Dissel – deutscher Schauspieler und Regisseur. In: DDR Personen. Abgerufen am 5. Juni 2024.
  2. a b Filmsterne – DEFA Sternstunden (Memento vom 12. April 2012 im Internet Archive)
  3. Erika Tschernig, Monika Kollega, Gudrun Müller. Unsere Kultur: DDR-Zeittafel, 1945-1987. Dietz Verlag (1989). ISBN 978-3-320-01132-1. S. 402.
  4. Werner Dissel. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 5. Juni 2024.
  5. Filmografie Werner Dissel. In: fernsehserien.de. Abgerufen am 5. Juni 2024.
  6. Werner Dissel. In: TV Wunschliste. Abgerufen am 5. Juni 2024.
  7. Werner Dissel. In: Filmdienst. Abgerufen am 5. Juni 2024.
  8. Werner Dissel in der Online-Filmdatenbank; abgerufen am 5. Juni 2024.
  9. Werner Dissel. In: ARD-Hörspieldatenbank. Abgerufen am 24. Februar 2023.
  10. Schauspieler Werner Dissel gestorben. In: tagesschau.de-Archiv. 28. Januar 2003, abgerufen am 5. Juni 2024.
  11. FUNKE Mediengruppe: Schauspieler Werner Dissel gestorben. 29. Januar 2003, abgerufen am 5. Juni 2024.