Nun will der Lenz uns grüßen

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Nun will der Lenz uns grüßen ist ein deutsches Frühlingslied, dessen Text von Karl Ströse erstmals 1878 in einer Gedichtsammlung veröffentlicht wurde und 1886 in von Gustav Weber vertonter Fassung erschien. Es wurde im 20. Jahrhundert zu einem der bekanntesten Frühlingslieder und Volkslieder im deutschen Sprachraum.

1878 erschien Karl Ströses Gedichtband Deutsche Minne aus alter Zeit – ausgewählte Lieder der Minnesänger des Mittelalters, in der Ströse eigene freie Übertragung mittelalterlicher Dichtkunst vorstellt. Für drei „Tanzweisen“ ließ sich Ströse von Gedichten des mittelalterlichen Dichters Neidhart von Reuental inspirieren. Als eines davon findet sich auf Seite 50 Ströses Gedicht „Nun will der Lenz uns grüßen“, für das der Autor Neidharts Gedicht „Diu zît ist hie“ zugrunde legte.[1][2] Die drei „Tanzweisen“ von Ströse wurden von dem deutschen Komponisten Carl August Fischer vertont und 1885 in Bremen in einem Satz für eine Singstimme und Klavierbegleitung veröffentlicht. Das darin enthaltene „Nun will der Lenz uns grüßen“ besteht aus fünf Strophen mit jeweils vier Versen.[3][4] Diese Liedversion fand jedoch keine weitere Verbreitung.

Text- und Melodiefassung 1926

Es war vielmehr eine Melodie, die erstmals der Schweizer Komponist Gustav Weber (1845–1887) dem Text unterlegte und in einem Satz für vier Singstimmen 1886 bei der Zürcher Liederbuchanstalt veröffentlichte. Diese Melodie ist an das GeusenliedWilhelmus van Nassouwe“ aus dem 17. Jahrhundert (heutige Nationalhymne der Niederlande) angelehnt.[5] Als Autor des Liedtextes nannt Weber „Neidhart von Reuenthal“. Dieses Lied enthält lediglich zwei Strophen, die aber jeweils acht Verse umfassen. Es fehlen die vier Verse, die in Carl August Fischers Vertonung die vierte Strophe bilden.[6] In dieser Fassung fand das Lied – Anfang des 20. Jahrhunderts kaum bekannt beziehungsweise lediglich als Chorlied gesungen – in den 1920er Jahren Eingang in Liederbücher der Jugendbewegung – so 1926 in Was singet und klinget. Lieder der Jugend (Wülfingerode-Sollstedt), wo ebenfalls „Neidhart von Reuenthal“ als Autor genannt wird.[7]

Nach dem Zweiten Weltkrieg und bis in die Gegenwart gehört „Nun will der Lenz uns grüßen“ zu den am häufigsten in Liederbüchern abgedruckten und auf Tonträger aufgenommenen deutschen Liedern, ebenso wie in der Bundesrepublik Deutschland auch in der Deutschen Demokratischen Republik.[8][9] Eine 1973 von Philips herausgebrachte Langspielplatte mit von Hermann Prey gesungenen Volksliedern trägt den Titel Nun will der Lenz uns grüßen.[10][11] Bis in die Gegenwart nehmen Musiker beziehungsweise Musikgruppen das Lied in ihre Programme, so etwa Bube Dame König, die es auch auf ihrem Album Traumländlein 2015 herausgebracht haben.[12][13]

Text und Melodie der als Volkslied verbreiteten Version

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In seiner als Volkslied verbreiteten Fassung behandelt das Lied ausschließlich das Erwachen der Natur im aufkommenden Frühling und die Freude der Menschen über das Ende der Härten des Winters. Es umfasst zwei Strophen mit jeweils acht Versen:[6]

1.
Nun will der Lenz uns grüßen,
von Mittag weht es lau;
aus allen Wiesen sprießen
die Blumen rot und blau.
Draus wob die braune Heide
sich ein Gewand gar fein
und lädt im Festtagskleide
zum Maientanze ein.

2.
Waldvöglein Lieder singen,
wie ihr sie nur begehrt.
Drum auf zum frohen Springen,
die Reis' ist Goldes wert!
Hei, unter grünen Linden,
da leuchten weiße Kleid!
Heija, nun hat uns Kinden
ein End all Wintersleid!

Die hierzu 1886 von Gustav Weber hinzugefügte Melodie lautet:[14][15]

 
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  \repeat volta 2 { d4 | b d g g | fis4. (e8) d4
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  g'8 (a) | b4. c8 b4 a | g2 g4
  fis | g a b a8 (g) | fis2 r4
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  << { Nun will der Lenz uns grü -- ßen,
       von Mit -- tag weht es lau; } \new Lyrics { \set associatedVoice = "sopvoice"
       aus al -- len Wie -- sen sprie -- ßen
       die Blu -- men rot und blau. } >>
  Draus wob die brau -- ne Hei -- de
  sich ein Ge -- wand gar fein
  und lädt im Fest -- tags -- klei -- de
  zum Mai -- en -- tan -- ze ein.  
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Originaltext von Karl Ströse

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Der Originaltext von Karl Ströse (1878), wie er 1885 auch von Carl August Fischer vertont wurde und dessen vier Verse der vierten Strophe nicht in der Volksliedversion vorkommen, lautet:[1]

1.
Nun will der Lenz uns grüßen,
von Mittag weht es lau;
aus allen Wiesen sprießen
die Blumen rot und blau.

2.
Draus wob die braune Heide
sich ein Gewand gar fein
und lädt im Festtagskleide
zum Maientanze ein.

3.
Waldvöglein Lieder singen,
wie ihr sie nur begehrt.
Drum auf zum frohen Springen,
die Reis' ist Goldes wert!

4.
Wohlauf zur Maienfahrt!
Du blonde Irmengard,
Die Magde sind zur Hand,
Schlüpf' in das Tanzgewand!

5.
Hei, unter grünen Linden,
da leuchten weiße Kleid!
Heija, nun hat uns Kinden
ein End all Wintersleid!

Als Vorlage dienendes Gedicht von Neidhart von Reuental

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Das von Neidhart von Reuental verfasste Gedicht (Sommerlied) „Diu zît ist hie“ in mittelhochdeutscher Sprache ist ein Dialog zwischen zwei Freundinnen. Die eine der beiden Frauen hofft darauf, ihren Geliebten wieder zu treffen, und bittet ihre Freundin Iremgart, anderen nichts davon zu erzählen. Anders als Ströses Gedicht ist Neidharts Gedicht kein reines Frühlings- oder Sommerlied, sondern auch ein Liebesgedicht (hier nach einer Ausgabe von Siegfried Beyschlag):[16]

I
Diu zît ist hie.
ine gesachs vor mangem jâre schoener nie.
ende hât der winder kalt.
des vreut sich manc herze, daz sîn sêre enkalt.
aber geloubet stât der walt.

II
Dez meien zil
bringet vogele sanc und schoener bluomen vil.
wartet, wie diu heide stât
schône in liehter varwe und wünneclîcher wât!
leides sî vergezzen hât.

III
„Wol dan mit mir
zuo der linden, trûtgespil! dâ vinde wir
alles, was dîn herze gert.
jâ weist dû vil wol, war ich dich sande vert.
disiu reise ist goldes wert.“

IV
„Nu balde hin
nâch der waete, sît ichs in dem willen bin,
daz ich leiste mîne vart.
nûne sage ez niemen, liebiu Iremgart:
wol mich sîner künfte wart!“

V
Sâ dô zehant
brâhte man der mägde ir sûberlîch gewant.
schiere het siz an geleit.
„zuo der grüenen linden mich mîn wille treit.
ende habent mîniu leit.“

 

Der Autor Karl Ströse

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Die einzigen beiden literarischen Veröffentlichungen des Autors Karl Ströse sind die 1878 erschienenen Deutsche Minne aus alter Zeit. Ausgewählte Lieder der Minnesänger des Mittelalters, frei übertragen von K. Ströse und Altes Gold. Sprüche der Minnesänger des Mittelalters. Die bibliographische Datenbank WorldCat führt ihn als dieselbe Person auf wie den deutschen Geologen, Lehrer, Sachbuchautor und Schuldirektor Karl Ströse (* 8. August 1853 in Ballenstedt am Harz; † 6. April 1918 in Dessau),[17][18] der mehrere Lehrbücher zu geologischen Themen herausbrachte.[19]

Einzelnachweise

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  1. a b Karl Ströse: Deutsche Minne aus alter Zeit. Ausgewählte Lieder der Minnesänger des Mittelalters, frei übertragen von K. Ströse. Zweite Auflage, Leipzig: Barth 1878, S. 50 f. DVA: L 1/897. Zitiert nach: Frauke Schmitz-Gropengiesser (2009): „Nun will der Lenz uns grüßen“, Edition A. In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon, liederlexikon.de.
  2. Neidhart von Reuental: „Sommerlied 10“. In: Edmund Wießner, Hanns Fischer, Paul Sappler (Hrsg.): Die Lieder Neidharts. Fünfte, verbesserte Auflage, herausgegeben von Paul Sappler mit einem Melodienanhang. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1999, S. 12 f.
  3. Carl August Fischer: „Tanzweise (Niedhart [sic] von Reuenthal)“. In: Deutsche Minne aus alter Zeit. Drei Lieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte componirt von August Fischer. Praeger & Meier, Bremen 1885. Op. 2, Nr. 1, S. 3–5. DVA: B 50287. Zitiert nach: Frauke Schmitz-Gropengiesser (2009): „Nun will der Lenz uns grüßen“, Edition B. In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon, liederlexikon.de.
  4. Nun will der Lenz uns grüßen. The LiederNet Archive, abgerufen am 7. April 2019.
  5. Georg Nagel: „Nun will der Lenz uns grüßen.“ In: Lieder-Archiv, 28. April 2018.
  6. a b Gustav Weber: „Maienfahrt. Minnelied. Gesetzt von G. Weber. Neidhart von Reuenthal.“ In: Sammlung von Volksgesängen für den Männerchor. Liederbuch für Schule, Haus und Verein. II. Band. Herausgegeben von der Zürcherischen Liederbuchanstalt unter Redaktion von Gustav Weber, Musikdirektor in Zürich. Vierte Stereotyp-Ausgabe. Selbstverlag der Liederbuchanstalt, Zürich 1886. Nr. 218, S. 440 f. DVA: V 3/4690. Zitiert nach: Frauke Schmitz-Gropengiesser (2009): „Nun will der Lenz uns grüßen“, Edition C. In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon, liederlexikon.de.
  7. „Nun will der Lenz uns grüßen“. In: Was singet und klinget. Lieder der Jugend. Treue-Verlag, Wülfingerode-Sollstedt 1926, S. 54. DVA: V 3/5657. Zitiert nach: Frauke Schmitz-Gropengiesser (2009): „Nun will der Lenz uns grüßen“, Edition D. In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon, liederlexikon.de.
  8. Beispiel: „Nun will der Lenz uns grüßen“, gesungen von Renate Frank-Reinecke, Cello: Joachim Bischof, Viola: Joachim Ulbricht, Violine: Reinhard Ulbricht, auf YouTube, abgerufen am 8. April 2019.
  9. LP Die Schönsten Deutschen Volkslieder, ETERNA, 1981 – 8 35 088. Auf Discogs, abgerufen am 8. April 2019.
  10. LP Hermann Prey – Nun will der Lenz uns grüßen (Deutsche Volkslieder), Philips, 1973 – 6305 017. Auf Discogs, abgerufen am 8. April 2019.
  11. „Nun will der Lenz uns grüßen“, gesungen von Hermann Prey, auf YouTube, abgerufen am 8. April 2019.
  12. „Nun will der Lenz uns grüßen“, Text: Nach Neidhart von Reuenthal, CD Traumländlein. Neue Folkmusik von der Saale bis zur Irischen See. Band Bube Dame König, abgerufen am 8. April 2019.
  13. „Nun will der Lenz uns grüßen“, gesungen von Bube Dame König, auf YouTube, abgerufen am 8. April 2019.
  14. „Nun will der Lenz uns grüßen“ – Edition D: Jugendliederbuch 1926, Historisch-kritisches Liederlexikon
  15. „Nun will der Lenz uns grüßen“, Alojado Lieder Archiv
  16. Siegfried Beyschlag (Hrsg.): Die Lieder Neidharts. Der Textbestand der Pergament-Handschriften und die Melodien. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1975, Kapitel „Gespielinnen“ (L 4), S. 22–25.
  17. Ströse, Karl. In: Programm der Dessauer Oberrealschule, Dessau 1911. In: Franz Kössler: Personenlexikon von Lehrern des 19. Jahrhunderts. Berufsbiographien aus Schul-Jahresberichten und Schulprogrammen 1825 – 1918 mit Veröffentlichungsverzeichnissen. Band: Staa – Stutzki. Universitätsbibliothek Gießen, Giessener Elektronische Bibliothek 2008. S. 137.
  18. Paul Langhans (Hrsg.): Dr. A. Petermanns Mitteilungen aus Justus Perthes Geographischer Anstalt. 64. Jahrgang. Justus Perthes, Gotha 1918. S. 228.
  19. Ströse, K. (1853–1918). WorldCat, abgerufen am 8. April 2019.