Kinderszenen

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Titelblatt der Erstausgabe bei Breitkopf & Härtel (1839)

Die Kinderszenen op. 15 sind ein aus dreizehn kurzen Klavierstücken bestehender Zyklus von Robert Schumann aus dem Jahr 1838. Im Unterschied zum Album für die Jugend handelt es sich hier um Stücke, die nicht für Kinder, sondern nach Schumanns eigenen Worten als „Rückspiegelung eines Älteren für Ältere“ komponiert wurden. Das berühmteste und zugleich längste Stück des Zyklus’ ist die Träumerei. Mit einer Spieldauer von knapp 20 Minuten gehören die Kinderszenen heute zu den beliebtesten Klavierwerken der Romantik.

Die Anfang 1839 bei Breitkopf & Härtel in Leipzig als Kinderscenen – Leichte Stücke für das Pianoforte, op. 15 veröffentlichten kleineren Klavierstücke komponierte Schumann im Februar und März 1838. Zwei der Stücke (Nr. 6 und 9) entstanden vermutlich bereits im Herbst 1837. Die charakterisierenden Titel der einzelnen Stücke waren von Schumann als Verständnis- und Interpretationshilfe gedacht und entstanden erst nach der Komposition.

Schumanns eigenen Aussagen zufolge sollten seine Kinderszenen zunächst im Rahmen einer Sammlung als Anhang zu den Novelletten op. 21 herausgebracht werden, jedoch sah er wenig später wieder davon ab. Eine von ihm angekündigte Widmung an den Schriftsteller und Volksliedsammler Anton Willhelm von Zuccalmaglio kam aus unbekannten Gründen ebenfalls nicht zustande. Ferner kam es zu massiven Verzögerungen bei der Drucklegung.[1] Bald emanzipierte sich der Zyklus dann aber als eigenständiges Opus, das die romantische Programm-Miniatur für Klavier (Charakterstück) maßgeblich beeinflusste.[2]

Nach Schumanns Tod wurden die Kinderszenen mehrfach neu aufgelegt. Abgesehen von der Korrektur zahlreicher Druckfehler der Erstausgabe wurden auch diverse Eingriffe und teils willkürliche Veränderungen des Textes (u. a. Phrasierung, Pedalangaben, Eigenheiten der Notation, Metronomangaben) vorgenommen.[3]

Wie u. a. die deutsche Musikwissenschaftlerin Irmgard Knechtges-Obrecht anmerkt, sei Schumanns op. 15 unter dem Aspekt konzipiert, die einzelnen Stücke auf verschiedenen Ebenen im zyklischen Sinne miteinander zu verbinden. Neben solchen auf kompositionstechnische Weise erzielten Beziehungen schaffe die poetische Idee eine zusätzliche Verflechtung der Einzelstücke zu einem harmonisch-bildhaften Ganzen.[2]

Nachfolgend eine Auflistung der einzelnen Stücke:

Titel Tonart Metronom[a 1] Tonaufnahme
1. Von fremden Ländern und Menschen G-Dur Viertelnote = 108 / 84 / 80
2. Kuriose Geschichte D-Dur Viertelnote = 112 / 132 / 112
3. Hasche-Mann h-Moll Viertelnote = 138 / 108 / 184
4. Bittendes Kind D-Dur Achtelnote = 138 / 124 / 112
5. Glückes genug D-Dur Achtelnote = 132 / 152 /[a 2]
6. Wichtige Begebenheit A-Dur Viertelnote = 138 / 126 / 126
7. Träumerei F-Dur Viertelnote = 100 / 84 / 72
8. Am Kamin F-Dur Viertelnote = 138 / 104 / 132
9. Ritter vom Steckenpferd C-Dur Halbe Note . = 80 / 66 / 69
10. Fast zu ernst gis-Moll Viertelnote = 69 / 54 / 54
11. Fürchtenmachen G-Dur Viertelnote = 96 / 80 / 84
12. Kind im Einschlummern e-Moll Achtelnote = 92 / 88 / 72
13. Der Dichter spricht G-Dur Viertelnote = 112 / 112 / 112
  1. Die Metronomzahlen entstammen in der angegebenen Reihenfolge der Erstausgabe (1839), der Ausgabe von Conrad Kühner (ca. 1880) und der Ausgabe von Emil von Sauer (1922).
  2. In der Ausgabe von Sauer sind den originalen Schumannschen Metronomzahlen Vorschläge des Herausgebers in Klammern zugefügt. Bei dem Stück Glückes genug scheint allerdings ein Fehler unterlaufen zu sein, da (statt Achtelnote = ...) Viertelnote = 132 (96) angegeben ist. Dies führt dazu, dass Sauers Vorschlag, obwohl er optisch nach einer Verlangsamung des Originaltempos aussieht, in Wahrheit eine Beschleunigung des Tempos darstellt.

Anmerkungen zu den Metronomangaben und zur Tempowahl

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Die Erstausgabe der Kinderszenen enthält keine verbalen Tempoangaben, sondern nur Metronomzahlen. Diese stammen zwar wahrscheinlich nicht von Schumann selbst, aber er hat sie gekannt und dadurch autorisiert, dass er sie in späteren Auflagen nicht korrigierte.[4] Diese Metronomzahlen sind jedoch vielfach ignoriert worden, wie z. B. aus der obigen Tabelle ersichtlich wird. Dort sind neben den originalen Angaben der Erstausgabe (1839) auch die in den Ausgaben von Conrad Kühner (ca. 1880) und Emil von Sauer (1922) vorgeschlagenen Metronomzahlen angegeben. Die Herausgeber weichen von den ursprünglichen Angaben in unterschiedlicher Weise ab, zumeist im Sinne einer Verlangsamung, manchmal jedoch auch beschleunigend. Besonders krass fällt der Unterschied bei dem Stück Hasche-Mann aus: Während Kühner das ohnehin schon schnelle Originaltempo Viertelnote = 138 auf Viertelnote = 108 reduziert, übersteigert es Sauer auf ein fast utopisches Viertelnote = 184. Das einzige Stück, das in allen drei Ausgaben die gleiche Metronomangabe aufweist, ist Der Dichter spricht. In der Werkausgabe von Clara Schumann sind die Metronomzahlen komplett weggelassen, so dass hier dem Spieler wegen der gleichzeitig fehlenden verbalen Tempobezeichnungen völlig freie Hand gelassen wird.

Bei fast allen Einspielungen der Kinderszenen weichen die meisten Tempi von den ursprünglichen Metronomangaben in zum Teil eklatanter Weise ab, und zwar überwiegend im Sinne einer deutlichen Verlangsamung. So werden etwa die Stücke Von fremden Ländern und Menschen und Träumerei in der Regel wesentlich langsamer gespielt. Es scheint sich das (heute als falsch erkannte[4]) Gerücht durchgesetzt zu haben, mit Schumanns Metronom habe etwas nicht gestimmt, und deshalb seien seine Vorschriften nicht bindend. In merkwürdigem Gegensatz zu dieser Auffassung steht jedoch die Tatsache, dass die meisten Interpreten Schumanns Metronomangaben zu den Waldszenen weitgehend exakt oder zumindest näherungsweise befolgen. Der Schumann-Preisträger Michael Struck plädiert dafür, auch die Metronomzahlen der Kinderszenen ernster zu nehmen.[4]

Hintergrund und Deutung

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Fernab von der dominierenden Virtuosität des 19. Jahrhunderts, deren Äußerlichkeit Schumann ablehnte, komponierte er mitunter kleinere Charakterstücke. Am 17. März 1838 schreibt er an seine spätere Braut Clara Wieck, die zu jener Zeit, begleitet von ihrem Vater, als Pianistin in Wien auftrat:

„Und daß ich es nicht vergeße, was ich noch componirt – War es wie ein Nachklang von deinen Worten einmal wo du mir schriebst ‚ich käme dir auch manchmal wie ein Kind vor‘ – Kurz, es war mir ordentlich wie im Flügelkleide und hab ich da an die 30 kleine putzige Dinger geschrieben, von denen ich ihrer etwa zwölf ausgelesen und ‚Kinderscenen‘ genannt habe. Du wirst dich daran erfreuen, mußt dich aber freilich als Virtuosin vergeßen.“[3]

Aus einem Briefwechsel aus dem Jahr 1839 geht hervor, dass Schumann zum damaligen Zeitpunkt fest an das Zustandekommen einer ehelichen Verbindung mit Clara glaubte und die Kinderszenen seiner optimistisch-heiteren Seite entsprangen. Am 11. März schreibt er: „Meine Kinderscenen hast Du wohl nun? Liebes Herz, bei meinem op. 15 erinnere Dich manchmal meiner und unserer Zukunft und gib mir jetzt den Kuss, den innigsten, seligsten Deinem Dich von ganzer Seele liebenden Robert.“ Worauf sie am 22. März antwortet: „Wem hast Du denn Deine Kinderscenen gewidmet? nicht wahr, die gehören nur uns Beiden, und sie gehen mir nicht aus dem Sinn, so einfach, so gemüthlich, so ganz ‚Du‘ sind sie, schon kann ich Morgen nicht erwarten um sie gleich wieder zu spielen.“[3] In mehreren weiteren Briefen schilderte sie zudem ausführlich ihre Eindrücke von den einzelnen Stücken.

Idealisierung der Kindheit

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In der Romantik betrachtete man die Kindheit verklärend als Gegenpol zur Bedrängnis des Alltags und der Erwachsenenwelt. Hölderlin schreibt: „Da ich noch ein stilles Kind war und von dem allen, was uns umgibt, nichts wußte, war ich da nicht mehr, als jetzt, nach all den Mühen des Herzens und all dem Sinnen und Ringen! Ja! ein göttlich Wesen ist das Kind, solang es nicht in die Chamäleonsfarbe des Menschen getaucht ist. Es ist ganz, was es ist, und darum ist es so schön.“[5] Auch Schumann spricht idealisierend von der Kindheit: „In jedem Kind liegt eine wunderbare Tiefe.“[6] Die unverdorbene Natürlichkeit der kindlichen Welt rückt diese in unmittelbare Nachbarschaft zur Natur, in der die Romantik eine Hauptquelle der Poesie sieht. Natürlichkeit und Kindheit sind Idealzustände, die der normale Erwachsene verloren hat und die es wiederzufinden gilt. Philipp Otto Runge: „Kinder müssen wir werden, wenn wir das Beste erreichen wollen.“[7]

Philipp Otto Runge: „Die Hülsenbeckschen Kinder“

Verhältnis zur Programmmusik

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Ob und inwiefern die Kinderszenen aufgrund der von Schumann hinzugefügten charakterisierenden Titel als Programmmusik aufzufassen sind, geht u. a. aus Schumanns Reaktion auf eine abfällige Kritik von Ludwig Rellstab in der Zeitschrift Iris im Gebiete der Tonkunst von August 1839 hervor:

„Ungeschickteres und Bornirteres ist mir aber nicht leicht vorgekommen, als was Rellstab über meine Kinderszenen geschrieben. Der meint wohl, ich stelle mir ein schreiendes Kind hin und suche die Töne dann danach. Umgekehrt ist es. Doch leugne ich nicht, das mir einige Kinderköpfe vorschwebten beim Componiren; die Überschriften entstanden aber natürlich später und sind eigentlich nichts als feinere Fingerzeige für Vortrag und Auffassung.“[3]

Wie Schumann allgemein über die Rolle außermusikalischer Einflüsse auf die Musik dachte, zeigt sich z. B. an seinen Ausführungen zur Symphonie fantastique von Berlioz:

„Was überhaupt die schwierige Frage, wie weit die Instrumentalmusik in der Darstellung von Gedanken und Begebenheiten gehen dürfe, anlangt, so sehen hier viele zu ängstlich. Man irrt sich gewiß, wenn man glaubt; die Komponisten legten sich Feder und Papier in der elenden Absicht zurecht, dieses oder jenes auszudrücken, zu schildern, zu malen. Doch schlage man zufällige Einflüsse und Eindrücke von außen nicht zu gering an. Unbewußt neben der musikalischen Phantasie wirkt oft eine Idee fort, neben dem Ohr das Auge, und dieses, das immer tätige Organ, hält dann mitten unter den Klängen und Tönen gewisse Umrisse fest, die sich mit der vorrückenden Musik zu deutlichen Gestalten verdichten und ausbilden können ...“[8]

Poetische Inhalte

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Im Einklang mit der spezifisch romantischen Musikauffassung betrachtet Schumann die Musik als eine Art höhere Sprache, die es ermöglicht, poetische Inhalte mitzuteilen, die in Worten nicht ausgedrückt werden können. In den Kinderszenen werden typische Elemente romantischer Poesie angesprochen, wie z. B.

  • Sehnsucht nach unbekannten fernen Welten, Abenteuerlust (Von fremden Ländern und Menschen)
  • Interesse am Ungewöhnlichen, Individuellen, Skurrilen oder Humorvollen (Kuriose Geschichte)
  • Abkehr von der alltäglichen Außenwelt, Rückzug in die Innerlichkeit (Träumerei)
  • Hineinversetzen in Fantasiewelten (Ritter vom Steckenpferd)
  • Melancholie, Weltschmerz (Fast zu ernst)
  • Interesse am Unheimlichen, Gruseligen (Fürchtenmachen)
Nr. 13 Der Dichter spricht (Kadenz)
Aufschwung aus Fantasiestücke op. 12 (Beginn)

Besonders deutlich wird der poetische Aspekt an den beiden Schlussstücken Kind im Einschlummern (Nr. 12) und Der Dichter spricht (Nr. 13). Das erste Stück endet mit einem offenen Schluss auf der Subdominante von e-Moll; der Anfang des zweiten Stücks setzt den Kadenzverlauf nach G-Dur modulierend fort, so dass beide Stücke einen unmittelbaren musikalischen Zusammenhang bilden. Das Eintauchen in die nächtliche Traumwelt des schlummernden Kindes öffnet das Tor für die poetische Mitteilung des letzten Stücks. Dieses beginnt mit einem vierstimmigen Choralsatz, der auf den quasi religiösen Charakter der Botschaft verweist: Musikalische Poesie als göttliche Inspiration und Verkündigung. Im Zentrum des Stücks erscheint eine leise kadenzartige Passage, deren Melodie stark an den Anfang des zweiten der Fantasiestücke op. 12 (Aufschwung) erinnert. Hier handelt es sich freilich nicht wie dort um einen leidenschaftlich stürmischen „Aufschwung“, sondern um ein zartes, geradezu mystisches Aufschwingen der Seele in höhere Sphären, etwa im Sinne einer Formulierung des 17-jährigen Schumann: „Auf der Blumenleiter der Natur nähert sich die Seele des Dichters immer leiser und leiser dem Bilde der Gottheit“.[9] „Immer leiser und leiser“ endet dann auch das Stück in vollkommener Ruhe.

Stellenwert im Gesamtwerk

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Obwohl den Kinderszenen zu Lebzeiten Schumanns kein allzu großer Erfolg beschert war, hatte das Werk zumindest für ihn selbst eine besondere Bedeutung, was nicht zuletzt aus zwei aufeinanderfolgenden Briefen vom 21. bzw. 24. März 1838 an seinen Verleger hervorgeht: „Meiner Ansicht nach eignen sich diese kleinen Stücke gut zu Geschenken, schon ihrem Inhalte nach, und überdies sind sie leicht und Allen zugänglich. Es würde mir gefallen wenn Sie die Kinderscenen ähnlich stechen ließen wie Ihr Album.“

„Was die Ausstattung anlangt, so meinte ich nur das ähnliche zierliche Format des Notenstiches, da ich gerne leiden mag, wenn das Aeußere einigermaßen dem inneren Charakter entspricht. Das Format des Papieres könnte dasselbe bleiben wie gewöhnlich, den breiten Rand könnte man vielleicht durch Linien einfassen. [...] Zu den Schriften des Titels wie der einzelnen Stücke nehmen Sie gefälligst eine hübsche deutsche. Im Uebrigen überlasse ich Alles Ihrem Geschmack. [...] Eile des Stiches und Druckes wäre mir vorzüglich erwünscht.“[3]

Nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1839 emanzipierte sich der Zyklus zunehmend als vielbeachtetes Opus und beeinflusste die romantische Programm-Miniatur für Klavier maßgeblich.[2] Inzwischen zählen die Kinderszenen zu den beliebtesten und meistgespielten Klavierwerken der Romantik. Im Klavierunterricht gehören sie längst zum Standardrepertoire, aber auch professionelle Konzertpianisten lassen sich im Rahmen von Solo-Rezitals oder Aufnahmen immer wieder damit herausfordern. Stücke wie Von fremden Ländern und Menschen oder Träumerei werden zudem oft als Zugabe bei Konzerten gespielt.

  • Franz Liszt: „In den Kinderszenen [...] offenbart sich jene Anmut, jene immer das Richtige treffende Naivität, jener geistige Zug, der uns bei Kindern oft so eigentümlich berührt und, während ihre Leichtgläubigkeit uns ein Lächeln entlockt, uns zugleich durch die Scharfsinnigkeit ihrer Fragen in Verlegenheit setzt – ein Zug, der auch bei den Kulturanfängen der Völker zu finden ist und jenen Ton phantasievoller Einfalt bildet, welcher die Lust am Wunderbaren weckt.“[10]
  • Ernst Bücken: „Merkwürdigerweise sind diese schlichten Kompositionen, deren Anregung wohl der Münchener Universalist Graf Pocci mit seinen Liedern und Klavierstücken für Knaben und Mädchen gab, schon von der zeitgenössischen (Rellstab), wie der späteren Kritik, die sie meist in die Sphäre Ludwig Richters hineinversetzte, mißkannt worden. Die Kinderszenen sind […] von einer Phantasie geschaffen, die sich hier ersichtlich nur für einige schöne Augenblicke in das Kinderparadies hineinversetzt und hineingeträumt hat. Biedermeierliche Enge und Beschränktheit aber kennt der Schöpfer der Kinderszenen im Gegensatz zu Ludwig Richter nicht, dessen Phantasie in diesem biedermeierlichen Kreise zu Hause ist, und so sehr, daß sie dieses >Haus< überhaupt nicht mehr verläßt. Schumann tut das Gegenteil. In der Kadenz des letzten Tonstückes Der Dichter spricht rüstet seine Phantasie in einem Zitat aus den Phantasiestücken sich wieder zum Flug in das Reich der großen Tonschöpfungen.“[11]
  • Hans Pfitzner: „Wir schlagen auf: Kinderszenen von Schumann, Nr. 7, Träumerei. Jedes der kleinen Stücke dieses Opus ist musikalisches Gebilde von feinem Reiz, Poesie, Musikalität und vor allem persönlichster Eigenart; aber wer, der die Ursache der Musik versteht, erkennte nicht, daß diese Träumerei ganz einzig hervorragt durch die Qualität der Melodie. Wer sie nicht versteht, für den ist's ein Stückchen in Liedform mit Tonika, Dominante, Unterdominante und den nächstliegenden Tonarten – ohne irgendwelche Abweichung vom Üblichen [...]. Aber für uns Wissende, welch ein Wunder der Eingebung! Was ist darüber zu sagen, das dem, dem diese Melodie [...] nicht ›durch und durch‹ geht, das Verständnis erschließen könnte? – Nichts. Ich kann von dem Adel der Tonsprache reden, von dem absolut Vorbildlosen, Tiefpersönlichen, Ur-eigentümlichen der Melodie, dem Deutschen, Zarten, Traulichen derselben, – es ist, als ob die Worte vor den Tönen im Kreis herum flöhen, sie können addiert alle nicht entfernt das sagen, was die Melodie selbst ausspricht. Der Titel gibt einen leisen Hinweis für die Stimmung, der noch besser verständlich wird, wenn man sich vorstellt, daß es nicht die Träumerei eines Kindes (also nicht eigentlich in die Kinderszenen gehörig) und zweitens eine Träumerei, nicht etwa eine reverie ist, – ein sinniges, ernstes, tief sich verlierendes, feinseeliges und doch kräftiges Gefühl, etwa wie der auf die Hand gestützte bekannte Schumannkopf ahnen läßt. Bis ins Unbegrenzte ließe sich in dieser Weise weiter – schwärmen, ohne den Zauber dieser Musik mit Worten zu beschwören; es ist ein Tropfen Musik aus tiefstem Quell; wir sind auch musikalisch verkommen und verloren, wenn wir uns dieser Schönheit entwöhnen.“[12]

Die Kinderszenen wurden für verschiedenartige Besetzungen bearbeitet:

  • Blechbläserquintett (Peter Knudsvig)[15]

Des Weiteren finden sich zahlreiche Bearbeitungen einzelner Sätze (v. a. Träumerei), z. B. für Violine und Klavier, für Violoncello und Klavier sowie für diverse Quartettbesetzungen.

Einzelnachweise

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  1. Ernst Herttrich (Hrsg.): Robert Schumann – Kinderszenen. G. Henle, Remagen 2007, ISBN 979-0-20180044-8.
  2. a b c Irmgard Knechtges-Obrecht: Robert Schumann op. 15. In: Schumann-Portal. Abgerufen am 5. Mai 2022.
  3. a b c d e Susanne Hoy-Draheim (Hrsg.): Schumann – Kinderszenen. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1991, ISBN 979-0-00417747-1.
  4. a b c Telefoninterview mit Dr. Michael Struck zu Schumanns Metronom (PDF; 498 kB)
  5. Friedrich Hölderlin: Hyperion, Neudruck (Hg. G. Mieth), Herrsching o. J., S. 118
  6. Robert Schumann (1854): Aus Meister Raro’s, Florestan’s und Eusebius’ Denk- und Dicht-Büchlein. In: Gesammelte Schriften über Musik und Musiker. Erster Band. Leipzig: Georg Wigand’s Verlag, S. 31
  7. P. O. Runge: Hinterlassene Schriften, Nachdruck, Göttingen 1965, Band I, Seite 7
  8. Robert Schumann: in Zeitschrift für Musik vom 14. August 1835
  9. Robert Schumann: Das Leben des Dichters (Rede, gehalten am 12. September 1827), zitiert nach Ernst Bücken: Robert Schumann, Köln 1941, S. 133
  10. Franz Liszt: Robert Schumann (1855), in: Schriften zur Tonkunst (Hg. W. Marggraf), Leipzig 1981, S. 246f.
  11. Ernst Bücken: Robert Schumann, Köln 1941, Seite 47
  12. Hans Pfitzner: Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz, in: Gesammelte Schriften, Band II, Seite 189 f
  13. Andrés Segovia: Robert Schumann, Kinderszenen. B. Schott’s Söhne, Mainz 1935; Neuausgabe 1963 (= Gitarren-Archiv. Band 138).
  14. Benjamin Godard, : Robert Schumann, Kinderszenen. Durand, Schoenewerk & Co., Paris 1874; Neuausgabe: Christian Starke (Hrsg.), Kammermusik Verlag, Wegscheid 2018
  15. Peter Knudsvig: Robert Schumann, Kinderszenen. Editions Bim, Sion 1999
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