Katholisches Pfarreizentrum (Poschiavo)
Das Pfarreizentrum in Poschiavo im Schweizer Kanton Graubünden wurde 1985 nach Plänen von Livio Vacchini und Prospero Gianoli errichtet.
Geschichte und Architektur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den frühen 1980er Jahren entschied sich die katholische Kirchgemeinde von Poschiavo, ihr neues Begegnungszentrum nicht ausserhalb des Dorfes zu errichten, sondern in ein bescheidenes Wohnhaus im Herzen des Ortskerns, des Borgo, zu integrieren. Die gewählte Lage, unmittelbar neben dem barocken Oratorio di Sant’Anna und nahe der spätgotischen Stiftskirche, stellte hohe Anforderungen an eine städtebauliche und architektonische Einbindung, ohne das historische Gefüge zu beeinträchtigen. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben. Die Jury, bestehend aus Luigi Snozzi und Mario Semadeni, einem bekannten Vertreter der Tessiner Tendenza, zeichnete das Projekt von Livio Vacchini aus. Vacchini legte grossen Wert auf eine kontextbezogene Gestaltung.
Die Umsetzung des Bauvorhabens übergab er an Prospero Gianoli, einen ortsansässigen Architekten, der im Wettbewerb den zweiten Platz belegt hatte. Die ursprüngliche Wohnhausstruktur blieb in ihrer äusseren Erscheinung erhalten, während das Innere des Gebäudes komplett umgestaltet wurde. Die Fassaden erhielten ein neues, zurückhaltend postmodernes Erscheinungsbild, das auf die Palazzi-Architektur des Puschlavs anspielt. Symmetrie und dezente Verzierungen prägen die Hauptfassade. Eine Freitreppe verweist auf die öffentliche Nutzung des Gebäudes. Im Inneren bildet ein zweigeschossiges Atrium das Zentrum, um das alle Räume angeordnet sind. Während das Atrium durch seine klare Rationalität besticht, fügt das organisch gestaltete Treppenhaus eine spielerische Note hinzu, das auch den grossen Saal im Untergeschoss erschliesst.[1]
Auszeichnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 2019: im Rahmen der Kampagne «52 beste Bauten – Baukultur Graubünden 1950–2000» erkor der Bündner Heimatschutz das von Livio Vacchini und Prospero Gianoli 1985 entworfene Pfarrzentrum in Poschiavo als eines der besten Bündner Bauwerke
Ausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Zwölf Bündner Bauten der Siebziger- und Achtzigerjahre, Stadtgalerie Chur vom Schweizerischen Werkbund[2][3]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bündner Heimatschutz (Hg.): 52 Beste Bauten. Baukultur Graubünden 1950–2000. Mit Fotografien von Ralph Feiner und Beiträgen von Leza Dosch, Bernhard Furrer, Ludmila Seifert. Edition Hochparterre, Chur 2020, ISBN 978-3-909928-61-3.
- Verein für Bündner Kulturforschung (Hg.): Zwölf Bündner Bauten der 1970er- und 1980er Jahre. Autor: Leza Dosch, Fotografen: Benedikt Redmann und Ester Vonplon. Bündner Monatsblatt, Chur 2014.
- Bündner Heimatschutz (Hg.): Architekturrundgang Poschiavo Borgo. Autorin: Ludmila Seifert-Uherkovich. Chur 2003.
- Peter Disch: Architektur in der Deutschen Schweiz 1980–1990. Lugano 1991, S. 267.
- Verlags-AG der akademischen technischen Vereine (Hg.): Vereinsnachrichten – Schweizer Ingenieur und Architekt. 1982, Band 100, Heft 43.[4]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ 04 — Centro Parrocchiale, Poschiavo : 52 Beste Bauten Graubünden. Abgerufen am 8. Dezember 2024.
- ↑ Werkbund fokussiert auf zwölf Bündner Bauten. Abgerufen am 11. April 2021.
- ↑ Leza Dosch: Zwölf Bündner Bauten der 1970er- und 1980er-Jahre, fotografiert von Benedikt Redmann und Ester Vonplon. In: www.e-periodica.ch. Verein für Bündner Kulturforschung, abgerufen am 8. Dezember 2024 (deutsch).
- ↑ Vereinsnachrichten. In: www.e-periodica.ch. Verlags-AG der akademischen technischen Vereine, abgerufen am 11. Dezember 2024 (deutsch).
Koordinaten: 46° 19′ 33″ N, 10° 3′ 29,5″ O; CH1903: 801701 / 133860