Gideon Levy

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gideon Levy, 2011

Gideon Levy (hebräisch גדעון לוי; * 1953 in Tel Aviv) ist ein israelischer Journalist und Mitglied des Herausgeberkreises der Tageszeitung Haaretz.

Sein Vater Heinz Loewy floh 1939 vor den Nazis aus dem Sudetenland mit einem Schiff übers Mittelmeer und landete als Flüchtling illegal bei Tel Aviv. Gideon Levy diente ab 1974 in den israelischen Streitkräften (IDF) als Reporter für den Armeesender Galei Zahal. Er studierte Politikwissenschaft in Tel Aviv und war 1978–1982 Mitarbeiter von Schimon Peres. Seit 1982 schreibt er für die Tageszeitung Haaretz, in der er seit 1988 die Kolumne Twilight Zone über die Lebensverhältnisse der Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten veröffentlicht. 2004 erschien eine Auswahl der Kolumnen in Buchform unter dem Titel Twilight Zone – Life and Death under the Israeli Occupation. In den 1990er Jahren dokumentierte er in einer Rundfunkserie die Lage der Juden in Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion. 2014 kritisierte er in einem Meinungsartikel der Zeitung Haaretz die Militäroperation Israels Operation Protective Edge im Gazastreifen und behauptete, Piloten der israelischen Luftwaffe hätten Zivilisten, besonders Kinder und Frauen, leichtfertig, „wie mit dem Joystick“, getötet.[1] Nach diesem Beitrag erhielt Levy massive Morddrohungen und konnte sich von Mitte Juli 2014 bis zum Ende der Militäroperation nur mit Personenschutz in der Öffentlichkeit bewegen.[2]

In einem Beitrag für die Blätter für deutsche und internationale Politik im Jahr 2015 fasst Levy seine Sichtweise der politischen Situation Israels so zusammen: „Und so sieht sie aus, die Wahrheit: Die Zwei-Staaten-Lösung ist tot (sie hat ohnehin nie das Licht des Tages erblickt); den Palästinenserstaat wird es nicht geben; das Völkerrecht gilt für Israel nicht; Besatzung wird weiterhin schleichend, aber beschleunigt in Annexion übergehen, die rasch zum Apartheid-Staat führen wird; „jüdisch“ schlägt „demokratisch“; Nationalismus und Rassismus werden sich regierungsamtlicher Beglaubigung erfreuen – auch wenn es sie schon seit langem gibt.“ (Zitiert in Blätter für deutsche und internationale Politik, Juni 2015.)

Positionen zum Zionismus

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Levy bezeichnet seine Einstellung zum Zionismus als ambivalent: In einem Interview mit der propalästinensischen Webseite Electronic Intifada gab er 2010 an, insofern Antizionist zu sein, als er die dem Zionismus eigene Überzeugung ablehne, dass Juden in Palästina mehr Rechte hätten als irgendjemand anderes. Allerdings teile er den ebenfalls zionistischen Glauben, dass das jüdische Volk das Recht habe, in Palästina Seite an Seite mit den Palästinensern zu leben, verbunden mit dem Bemühen um eine Wiedergutmachung der 1948 von den Palästinensern erlittenen Tragödie. Die „moderaten Zionisten“ wie etwa die der Bürgerrechtspartei Meretz und der Friedensbewegung „Schalom Achschaw“ lehne er jedoch ab, da sie gegen die für eine Friedenslösung unverzichtbare Aufarbeitung von 1948 seien. Im Vergleich zu den israelischen Linken seien die Rechten ehrlicher.[3] 2015 beklagte er in Haaretz, Israel und der Zionismus seien von religiösen Ultranationalisten übernommen worden.[4] Ebenfalls in Haaretz reagierte er 2017 auf kontroverse Äußerungen der israelischen Justizministerin Ajelet Schaked zum Verhältnis von Zionismus und allgemeinen Grundrechten mit der Feststellung, sie habe nun in ehrlichen Worten klargestellt, dass der Zionismus den Menschenrechten widerspreche und „tatsächlich eine ultranationalistische, kolonialistische und vielleicht sogar rassistische Bewegung“ sei.[5]

Die beständige Kritik Levys an der Politik des Staates Israel und an deren Unterstützung durch die Mehrheit der israelischen Gesellschaft polarisiert. Kritiker werfen ihm eine antiisraelische Haltung sowie die Unterstützung eines „palästinensischen Radikalismus“ vor.[6]

Ein Vortrag Levys im Mai 2017 in München zum Thema „50 Jahre Besatzung“ wurde von Protesten von Unterstützern der israelischen Regierung begleitet, die ein Verbot der Veranstaltung forderten. Ein solches Verbot wurde von der Stadtverwaltung auch erwogen, mangels damals noch fehlender rechtlicher Grundlage jedoch nicht ausgesprochen.[7] Levy, der internationalen politischen Druck auf Israel für notwendig erachtet,[8] wurde Nähe zur propalästinensischen BDS-Kampagne vorgeworfen, die von ihren Kritikern als antisemitisch abgelehnt wird.[7]

Commons: Gideon Levi – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Gideon Levy: Lowest Deeds From Loftiest Heights – Israel’s 'heroic' pilots push buttons and joysticks, battling the weakest and most helpless of people. In: Haaretz. 10. April 2018, abgerufen am 17. Mai 2022.
  2. Gil Shohat: Herr Levy soll weg. Die älteste Zeitung Israels verliert Abonnenten. Der Zorn richtet sich vor allem gegen einen Journalisten – und seine Kommentare zum Gazakrieg. In: Die Tageszeitung. 26. September 2014, abgerufen am 17. Mai 2022.
  3. David Cronin: A rare voice of courage: journalist Gideon Levy interviewed. In: Electronic Intifada vom 31. März 2010, abgerufen am 13. März 2018 (englisch)
  4. Gideon Levy: Religious Ultranationalist Zionists Have Taken Over Israel. In: Haaretz vom 25. Dezember 2015 (englisch)
  5. Gideon Levy: Israel's Minister of Truth. In: Haaretz vom 1. September 2017, abgerufen am 13. März 2018 (englisch)
  6. So z. B. Amnon Dankner in Maariv, 1. Mai 2002, zitiert nach (Hebräisch) Gaby Weiman, "Ten Dilemmas of Journalism in Days of Terror"
  7. a b Heiner Effern und Jakob Wetzel: Umstrittener Gast im Gasteig. In: Süddeutsche Zeitung vom 26. Mai 2017, S. 51
  8. Johann Hari: Is Gideon Levy the most hated man in Israel or just the most heroic? In: The Independent vom 23. September 2010, abgerufen am 13. März 2018 (englisch)
  9. 1996: Gideon Levy, Haaretz Journalist. Vereinigung für Bürgerrechte in Israel, abgerufen am 17. September 2014.
  10. http://www.haaretz.com/misc/writers/1.402
  11. Gideon Levy wins Anna Lindh Journalistic Prize for his exceptional writings on the challenges of the region. Anna Lindh Foundation, 27. Juli 2008, abgerufen am 1. Juni 2012.
  12. Haaretz's Gideon Levy: Peace Through Media Award 2012. 2. April 2008, archiviert vom Original am 19. Juni 2015; abgerufen am 19. Juni 2015.
  13. Redaktion/Deutsche Presse-Agentur: Haaretz Columnist Gideon Levy Wins 2015 Olof Palme Prize. In: Haaretz. 7. Januar 2016, abgerufen am 20. Juli 2022.
  14. Redaktion: Thomas Seifert mit Ari-Rath-Preis ausgezeichnet. In: Wiener Zeitung. 30. November 2020, abgerufen am 20. Juli 2022.