Ernest Roche

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Roche, Ernest

Ernest Roche (* 29. Oktober 1850 in Bordeaux; † 27. Dezember 1917 in Paris) war ein sozialistischer und boulangistischer französischer Politiker der Dritten Republik.

Ernest Roche kam 1850 als Sohn des Arbeiters Jean Roche und von Suzanne Roche, geborene Desanges, zur Welt. Er arbeitete zunächst als Graveur.

Er war ein engagierter Unterstützer von Louis Auguste Blanqui.[1] Im Jahr 1879 leitete Roche ein Komitee bei der Kampagne für die Wahl Blanquis in die Abgeordnetenkammer. Blanqui wurde im April 1879 gewählt. Die Wahl wurde ebenso wie die Wahlwiederholung für ungültig erklärt (Blanquis Wahlrecht war gerichtlich entzogen worden). Die Kampagne trug jedoch dazu bei, dass Blanqui begnadigt wurde und der Amnestievorschlag der Kommunarden in der Abgeordnetenkammer angenommen wurde.[2]

Roche wurde in Bordeaux schnell gewerkschaftlich aktiv.[1] 1881 zog er nach Paris[3] und nahm dort eine Stelle bei Henri Rocheforts Tageszeitung L’Intransigeant an. Dort war er bis 1906 für die Abteilung „Arbeit(er)“ verantwortlich.[1][4]

Streik von Decazeville

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Streik Decazeville 1886

Am 26. Januar 1886 begann in Decazeville ein Streik der Minenarbeiter der Société des Houllères et Fonderies de l’Aveyron.[5] Er dauerte 108 Tage und erregte landesweite Aufmerksamkeit. Der Ingenieur Watrin wurde aus dem Fenster geworfen und starb. Der Journalist Antoine Duc-Quercy[A 1] reiste nach Decazeville, um den Streik zu unterstützen und in seinem Cri de peuple[6] auf die sozialen Probleme aufmerksam zu machen. Ernest Roche reiste ebenfalls dorthin, ebenso wie die sozialistischen Politiker Zéphyrin Camélinat[7], Clovis Hugues und Antide Boyer. Duc-Quercy und Ernest Roche wurden von der Polizei angeklagt.[8] Die Festnahme erregte landesweites und sogar weltweites Aufsehen.[A 2][A 3]

Roche wurde – auch wegen seiner Beteiligung am Streik von Anzin – zu 15 Monaten Haft verurteilt.[1] Henri Rochefort trat von seinem Abgeordnetensitz zurück, was eine Nachwahl zur Folge hatte, bei der die Sozialisten Roche als Kandidaten aufstellten. Clemenceau beschloss, Roche nicht zu unterstützen und förderte stattdessen Alfred Gaulier[9] als Kandidaten der Radikalen.[10] Roche erhielt über 100.000 Stimmen, aber Gaulier gewann die Wahl.[11] Nach der Wahl wurde Roche wieder ins Gefängnis gebracht.[12] Er wurde nach sechs Monaten begnadigt.[1]

Boulangistische Abgeordnete des Départements Seine (Charivari 1889)

Roche wurde als blanquistischer Kandidat bei den Wahlen von 1889 mit Unterstützung der Boulangisten im ersten Wahlgang im Wahlbezirk Seine 2 gewählt.[1] 1893 und 1898 wurde er wiedergewählt. Im Parlament vertrat er boulangistische Positionen (Abschaffung des Senats, Verfassungsreform, Referenden); als Blanquist lag sein Schwerpunkt bei der Pressefreiheit.[1] In dieser Zeit war er auch als Autor linker Zeitschriften aktiv.[13]

In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts bewegten sich mehrere der Blanquisten nach rechts, behielten aber ihre jakobinischen Ideale bei. Viele der Anhänger von Ernest Granger folgten ihm in einen national geprägten Sozialismus und in die Ligue des Patriotes, eine Bewegung, die auch Rochefort unterstützte. Roche war praktisch der Führer dieser Fraktion der Blanquisten. Mit Granger gründete er das boulangistische Comité central socialiste révolutionnaire. Er rief weiterhin zur Arbeitersolidarität auf, vertrat aber zunehmend nationalistische Ansichten.[14] Bei den Feierlichkeiten zum Jahrestag der Pariser Kommune 1899, die Henri Rochefort und L’Intransigeant ausrichteten, standen die Reden unter einem Anti-Dreyfus-Thema, in denen Dreyfus als Kapitalist und Kleriker dargestellt wurde.[15][A 4]

Roche wurde am 27. April 1902 auf der Seite der nationalistischen Republikaner wiedergewählt und blieb bis zum 31. Mai 1906 im Amt.[1] Ab 1903 war er ein starker Befürworter des Gesetzes zur Trennung von Kirche und Staat. Er gründete die erste Suppenküche im 17. Arrondissement, die von nun an von der Pariser Stadtverwaltung subventioniert wurde. Bei den Wahlen von 1906 unterlag er im zweiten Wahlgang.[1] Am 8. Mai 1910 wurde er zum Abgeordneten für das Departement Seine gewählt, ein Amt, das er bis zum 31. Mai 1914 innehatte.[1] Bei den Wahlen vom 26. April 1914 unterlag er im ersten Wahlgang deutlich.[1]

Ernest Roche ist auf dem Friedhof Père-Lachaise in der 85. Division begraben.[16]

  • La justice du peuple ou l'élection de Blanqui à Bordeaux, Faure, 1879
  • Mandat législatif du citoyen Ernest Roche, député du XVIIe arrondissement de Paris, Grande imprimerie, 1893
  • L’Avancement de l’avenir et le rajeunissement des cadres, R. Chapelot, 1900
  • Discours sur l’amnistie prononcé à la Chambre des députés, le 18 décembre 1900 (Auszug aus „Journal officiel“), Journal „le Drapeau“, 1901
  • Crapules et compagnie : Jaurès et la petite République, rrecueils de documents / Jeunesse blanquiste de Paris, Chineau, 1901
  • Mandat législatif du citoyen Ernest Roche, député du XVIIe arrondissement de Paris, P. Dupont, 1902
  • Alice Bullard, Allen Boyer: Exile to Paradise: Savagery and Civilization in Paris and the South Pacific, 1790–1900. Stanford University Press, 2000, ISBN 978-0-8047-3878-1 (google.de).
  • Patrick Hutton: The Cult of the Revolutionary Tradition: The Blanquists in French Politics, 1864–1893. University of California Press, 1981, ISBN 978-0-520-04114-1 (google.de).
  • Roger Lajoie-Mazenc: L’Aveyron en république(s) : inventaire, repères et acteurs identifies pur la traçabilité de la politique aveyronnaise 1800–2000. R. Lajoie-Mazenc, 2000, ISBN 978-2-902282-00-5 (google.de).
  • G. Monod: Contemporary Life and Thought in France. The Living Age, 1886 (google.de).
  • George Lachmann Mosse: Masses and Man: Nationalist and Fascist Perceptions of Reality. Wayne State University Press, 1981, ISBN 0-8143-1895-9 (google.de).
  • Henri Rochefort: Radicalism in France. In: The North American Review. University of Northern Iowa, 1886 (google.de).
  • Claude Willard: La France ouvrière : Des origines à 1920, vol. 1. Editions de l’Atelier, 1995, ISBN 978-2-7082-5071-0 (google.de).
Commons: Ernest Roche – Sammlung von Bildern
  1. Unter Antoine Duc-Quercy liegt ein Text zu dieser Person in der französischsprachigen Wikipédia vor.
  2. „M. Roche und M. Duc Quercy wurden unter der Anklage verhaftet, wissentlich falsche Informationen verbreitet zu haben, um die Arbeiter aufzuwiegeln. Nach einem skandalösen Prozess, in dessen Verlauf der Abgeordnete Laguerre und der Berichterstatter des Justizministeriums den Staatsanwalt in öffentlicher Sitzung beleidigten, wurden die Angeklagten zu fünfzehn Monaten Gefängnis verurteilt. Diese Verurteilung hatte zunächst zur Folge, dass Herr Roche bei den Parlamentswahlen am 2. Mai kandidierte; die Regierung wurde aufgefordert, ihn aus dem Gefängnis zu entlassen, damit er zu den Wahlen antreten konnte. Die Regierung zeigte ihre übliche Unentschlossenheit. Sie schickte einen Magistrat, um den Gefangenen zu bitten, die notwendigen Schritte zu unternehmen, damit er vorläufig freigelassen werden konnte. Die Wahl lieferte einen traurigen Beweis dafür, auf welches Niveau das allgemeine Wahlrecht in der Hauptstadt gesunken ist. Kein seriöser Kandidat, niemand von Rang und Namen, wagte es, sich zur Wahl zu stellen, und der Wettbewerb beschränkte sich auf zwei Journalisten zwölften Ranges mit fast ebenso extravaganten Ansichten, Herrn Gaulier und Herrn Roche. M. Gaulier wurde gewählt ...“ Siehe Monod 1886, S. 39.
  3. „Verärgert über die Fortsetzung dieses Streiks, der ihren Interessen schadete, überzeugten einige einflussreiche Finanziers das Ministerium, dass es ausreichen würde, die Bergleute zur sofortigen Wiederaufnahme ihrer Arbeit zu bewegen, wenn Roche und Quercy abgesetzt würden. Eines Morgens wurden die beiden Journalisten brutal verhaftet und in Ketten durch die ganze Stadt geschleift. Einige Tage später verurteilte ein unterwürfiges Tribunal unter Missachtung der förmlichsten Rechtsverfahren MM. Roche und Quercy unter Missachtung jeglichen Rechts und aller Gerechtigkeit zu fünfzehn Monaten Gefängnis, unter dem Vorwand, sie hätten einen Angriff auf die Freiheit der Arbeit verübt. Dieses einzigartige Urteil, das von den Opportunisten und den Monarchisten beklatscht wurde, erregte bei den Radikalen (selbst bei denen, die wie M. Clemenceau die Haltung von MM. Roche und Quercy) eine allgemeine Empörung.“ Siehe Rochefort 1886, S. 160.
  4. „Stellen Sie sich vor, was aus unserer Republik und dem Sozialismus geworden wäre, wenn es Rochefort in diesen letzten Jahren nicht gegeben hätte. Das jüdische und deutsche Gold wäre frei gewesen, alles zu korrumpieren und zu kaufen! ... Der ausbeuterische Kapitalismus droht die aufkeimende sozialistische Bewegung zu ersticken oder von ihrem Ziel abzubringen. ... Welche gemeinsamen Interessen könnten die französischen Sozialisten mit diesem Vertreter des internationalen Kapitals haben? ... Die Anarchisten der Café-Konzerte ... Die Anarchisten der Café-Konzerte ... wurden von denen, die Geld haben, für die Scharlatan-Partei der „Affäre“ gekauft; Sozialisten wie Jaurès, die ebenfalls gekauft wurden, werden beschuldigt, das Proletariat mit Lügen, Ausflüchten und Sophismen zu verführen; während die Bande der opportunistischen Finanziers unter der Führung von Reinach, Rothschild und Yves Guyot die Früchte erntet!“ Rede Roches zu Dreyfus, siehe Bullard und Boyer 2000, S. 264.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k Ernest, Jean Roche. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 24. April 2024 (französisch).
  2. Hutton 1981, S. 113
  3. Hutton 1981, S. 134
  4. L’Intransigeant vom 10. April 1884, A Denain, Beispiel für einen Artikel Roches. auf Gallica
  5. Willard 1995
  6. Angaben zu Cri de peuple in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  7. Zéphirin Camélinat. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 24. April 2024 (französisch).
  8. Lajoie-Mazenc 2000
  9. Alfred, Nicolas Gaulier. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 24. April 2024 (französisch).
  10. Rochefort 1886, S. 160
  11. Hutton 1981, S. 135
  12. Monod 1886, S. 39
  13. Hutton 1981, S. 155
  14. Mosse 1981, S. 125
  15. Bullard und Boyer 2000, S. 264
  16. ROCHE Ernest (1850-1917). In: Amis et Passionnés du Père Lachaise. Abgerufen am 24. April 2024 (französisch).