49. Münchner Sicherheitskonferenz
Die 49. Münchner Sicherheitskonferenz fand vom 1. bis 3. Februar 2013 statt.[1] An der Veranstaltung nahmen 400 führende Politiker und Manager, hohe Militärvertreter und Wissenschaftler[2] teil. Hierzu zählten mehr als 90 Delegationen,[3] ein Dutzend Staats- und Regierungschefs, 70 Außen- und Verteidigungsminister, zehn US-Senatoren, fünf EU-Kommissare, fünf Bundesminister sowie 60 Bundestagsabgeordnete und ebenso viele Vorstandsvorsitzende.[4][5] Für die Veranstaltung waren rund 700 Journalisten akkreditiert.[6]
Schwerpunkte der Konferenz waren die europäische Schuldenkrise, die Zukunft der transatlantischen Beziehungen, die Krisengebiete Mali und Naher Osten sowie Energiesicherheit und Cyberterrorismus.[7][8]
Eröffnungsrede
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In seiner Eröffnungsrede betonte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière die Rolle der Vereinigten Staaten als Garant für die Sicherheit Europas.[9] Europa sei „vielleicht nicht der bestdenkbare Partner der USA in der Welt, aber der Bestmögliche“, so de Maizière.[10][11] In seiner Rede forderte er eine bessere Kooperation in der verteidigungspolitischen Zusammenarbeit innerhalb der EU sowie zwischen EU und NATO.[3]
Europäische Schuldenkrise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Thema der Eröffnungsdebatte waren die Eurokrise und die Zukunft der Europäischen Union. Dabei zeigten sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain überzeugt, dass der Höhepunkt der Krise überwunden sei. Schäuble warnte jedoch davor, Rettungsanstrengungen zu verringern und kritisierte eine weiterhin unzureichende Regulierung des Bankensektors.[12] Jain beschrieb die Folgen des demographischen Wandels innerhalb Europas als gravierende Wachstumsbremse und forderte eine Liberalisierung des Arbeitsmarktes sowie eine Reform des Rentensystems.[13] Der spanische Außenminister José Manuel García-Margallo bezeichnete in der Debatte Wachstum und Beschäftigung als zentrale Herausforderungen für die Zukunft Europas. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaitė sprach sich für eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der EU-Staaten aus.[12]
Transatlantische Beziehungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen war ein Schwerpunkt des zweiten Veranstaltungstages. In einer Rede gab der amerikanische Vizepräsident Joe Biden erstmals einen Ausblick[14] auf die künftige Außenpolitik des kurz zuvor wiedergewählten US-Präsidenten Barack Obama.[15] Zur Bedeutung Europas erklärte der US-Vizepräsident; „Europa ist der Eckpfeiler unseres Engagements auf der Welt und ein Katalysator für globale Zusammenarbeit.“[16] Für die USA seien die Europäer die „ältesten Freunde und engsten Verbündeten“,[17] so Biden weiter, der sich in diesem Zusammenhang auch nachdrücklich für die Schaffung einer transatlantischen Freihandelszone aussprach.[14][18] Er kündigte zudem Verbesserungen in den amerikanischen Beziehungen zu Russland an.[16] Biden betonte in seiner Rede die Wichtigkeit einer Zusammenarbeit beider Staaten,[19][17] verwies aber auch auf bestehende Differenzen bei Menschenrechten, dem Syrien-Konflikt oder dem europäischen Raketenabwehrsystem.[20] Den syrischen Staatschef Baschar al-Assad forderte Biden zum Rücktritt auf[18][21] und verlangte ein Eingreifen der internationalen Gemeinschaft in dem Land.[16] Eine militärische Intervention seines Landes lehnte er jedoch ab.[21] Dem Iran bot der US-Vizepräsident direkte Verhandlungen über dessen Atomprogramm an.[19][20][21]
Syrien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der russische Außenminister Sergei Lawrow nahm zu Syrien eine zu Biden entgegengesetzte Position ein.[20] Er erklärte, dass seine Regierung weiter zu Syriens Präsident Assad stehe, und sagte diesem auch künftig russische Unterstützung zu.[22] Trotz der verhärteten Fronten zwischen den USA und Russland in der Syrien-Frage kam es während der Konferenz überraschend zu einem ersten Treffen zwischen Lawrow und dem Chef der syrischen Opposition, Moas al-Chatib.[22][23][24] Dabei wurde al-Chatib von Lawrow nach Moskau eingeladen.[25]
Verhandlungen mit dem Iran
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Rahmen einer Debatte am Abschlusstag der Konferenz erklärte der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi die Bereitschaft seines Landes zur Annahme des amerikanischen Verhandlungsangebots zum iranischen Atomprogramm,[26] jedoch verknüpft mit Bedingungen.[27] Angesichts früherer Dialogankündigungen, die ohne konkrete Folgen blieben, wurde Salehis Ankündigung skeptisch aufgenommen.[27][28] Unerwartet deutliche Kritik an der iranischen Politik übte im Verlauf der Konferenzdebatte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Ruprecht Polenz,[29] der den Iran als „nuklearpolitischen Geisterfahrer“ bezeichnete.[28] Der scheidende israelische Verteidigungsminister Ehud Barak warnte auf der Sicherheitskonferenz vor „nuklearem Terror“ und einem Ende des Atomwaffensperrvertrages für den Fall, dass der Iran in den Besitz der Atombombe gelange.[30] Barak bekräftigte die Entschlossenheit seines Landes, den Iran am Bau von Atomwaffen zu hindern.[31]
Cybersicherheit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Podiumsdiskussion zur Cybersicherheit wurde begleitet von Meldungen zu Hackerangriffen, deren Opfer der Nachrichtendienst Twitter und wichtige amerikanische Zeitungen gewesen waren.[32][33] Im Verlauf der Debatte stellte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich den Entwurf eines IT-Sicherheitsgesetzes vor, welches für Betreiber kritischer Infrastrukturen eine Meldepflicht bei Hackerangriffen vorsah.[34] Friedrich erklärte die Cybersicherheit zu einer entscheidenden Frage des 21. Jahrhunderts.[32] Die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes befürwortete ebenfalls eine Meldepflicht und verwies auf eine künftige EU-Richtlinie.[35] Die Kommissarin betonte die Verantwortung jedes einzelnen Nutzers, zur Sicherheit im Internet beizutragen.[36] Telekom-Chef René Obermann forderte betroffene Unternehmen zur Meldung von Cyberangriffen auf, da die Weitergabe von Informationen über Sicherheitsprobleme wesentlich zu ihrer Lösung beitrage.[36] Für die Netze seines Unternehmens berichtete Obermann von 300.000 bis 400.000 Angriffen täglich.[35]
Weitere Themen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weitere Themen der Konferenz waren unter anderem die Zukunft der Schutzverantwortung,[37][38] digitale Diplomatie im Zeitalter der Social Media,[39] die europäische Verteidigungspolitik[40][41] sowie Sicherheit und Stabilität in Südosteuropa und dem Kaukasus.[40][42][43]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ zeit.de: Münchner Sicherheitskonferenz beginnt ( vom 3. Februar 2014 im Internet Archive), 1. Februar 2013. Abgerufen am 11. März 2013
- ↑ welt.de: Verhandelt oder tragt die Folgen, 1. Februar 2013. Abgerufen am 11. März 2013
- ↑ a b tagesschau.de: De Maizière ruft zu besserer Zusammenarbeit auf ( vom 4. Februar 2013 im Internet Archive), 1. Februar 2013. Abgerufen am 11. März 2013
- ↑ Was bei der Sicherheitskonferenz besprochen wird. Handelsblatt, 1. Februar 2013, archiviert vom am 26. Juni 2022; abgerufen am 11. März 2013.
- ↑ focus.de: Wo Politiker bei Rinderfilet über den Iran diskutieren, 2. Februar 2013. Abgerufen am 11. März 2013
- ↑ welt.de: Rekorde bei Münchner Sicherheitskonferenz im Februar, 25. Januar 2013. Abgerufen am 21. März 2013
- ↑ mdr.de: Krisen beschäftigen Münchner Sicherheitskonferenz ( vom 12. April 2013 im Webarchiv archive.today), 1. Februar 2013. Abgerufen am 11. März 2013
- ↑ zeit.de: Themen und Teilnehmer der 49. Münchner Sicherheitskonferenz, 1. Februar 2013. Abgerufen am 13. März 2013
- ↑ focus.de: USA unabdingbarer Garant für die Sicherheit Europas, 1. Februar 2013. Abgerufen am 22. März 2013.
- ↑ tagesspiegel.de: De Maizière betont Bedeutung Europas für die USA, 2. Februar 2013. Abgerufen am 22. März 2013.
- ↑ bmvg.de: Schulter an Schulter – in der NATO, EU und im pazifischen Raum, 4. Februar 2013. Abgerufen am 22. März 2013
- ↑ a b handelsblatt.com: Schäuble warnt vor Zurücklehnen in der Euro-Krise ( des vom 5. Februar 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 1. Februar 2013. Abgerufen am 26. März 2013
- ↑ tagesspiegel.de: Schäuble und Jain warnen vor Zurücklehnen in der Euro-Krise, 1. Februar 2013. Abgerufen am 26. März 2013
- ↑ a b welt.de: USA und EU forcieren gigantische Freihandelszone, 2. Februar 2013. Abgerufen am 20. April 2013
- ↑ faz.net: „Staatengemeinschaft muss Verantwortung für Syrien wahrnehmen“, 2. Februar 2013. Abgerufen am 20. April 2013
- ↑ a b c Eckpfeiler und Katalysator. US-Vizepräsident skizziert neues Jahrzehnt der Außenpolitik. Deutschlandradio, 2. Februar 2013, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 5. Juli 2017; abgerufen am 25. April 2013.
- ↑ a b Biden beruhigt Europa. n-tv.de, 2. Februar 203, abgerufen am 25. April 2013.
- ↑ a b US-Vize Biden in München: Streicheleinheit für Europa. spiegel.de, 2. Februar 2013, abgerufen am 25. April 2013.
- ↑ a b „Atom-Verhandlungen mit Iran sind möglich“. handelsblatt.com, 2. Februar 2013, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 5. Februar 2013; abgerufen am 25. April 2013.
- ↑ a b c Weich im Auftritt, hart in der Sache. handelsblatt.com, 2. Februar 2013, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 5. Februar 2013; abgerufen am 25. April 2013.
- ↑ a b c Washington bietet Iran Atom-Gespräche an. nzz.ch, 2. Februar 2013, abgerufen am 25. April 2013.
- ↑ a b Syriens Opposition punktet auf Konferenz. zeit.de, 3. Februar 2013, abgerufen am 6. Oktober 2015.
- ↑ Supermächte blockieren sich in der Syrien-Frage. stern.de, 2. Februar 2013, abgerufen am 4. Mai 2013.
- ↑ Anzeichen für Bewegung Russlands in Syrien-Konflikt. Außenminister Lawrow trifft syrischen Oppositionschef. welt.de, 2. Februar 2013, abgerufen am 4. Mai 2013.
- ↑ Syriens Oppositionsführer zu Gesprächen nach Moskau eingeladen. welt.de, 3. Februar 2013, abgerufen am 4. Mai 2013.
- ↑ Iran will mit USA über Atompläne reden. tagesspiegel.de, 3. Februar 2013, abgerufen am 7. Mai 2013.
- ↑ a b Iran signalisiert Bereitschaft zu Gesprächen mit USA. 3. Februar 2013, abgerufen am 7. Mai 2013.
- ↑ a b Polenz nennt Iran nuklearpolitischen Geisterfahrer. sueddeutsche.de, 3. Februar 2013, abgerufen am 7. Mai 2013.
- ↑ "Sie benehmen sich wie ein nuklearer Geisterfahrer". welt.de, 3. Februar 2013, abgerufen am 7. Mai 2013.
- ↑ Iranische Atombombe wäre Aus für Atomwaffensperrvertrag. derstandard.at, 3. Februar 2013, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 17. April 2013; abgerufen am 7. Mai 2013.
- ↑ Israel warnt vor "nuklearem Terror". dw.de, 3. Februar 2013, abgerufen am 7. Mai 2013.
- ↑ a b Cyber-Angriffe in den USA – Twitter gehackt. handelsblatt.com, 3. Februar 2013, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 24. Februar 2016; abgerufen am 20. Mai 2013.
- ↑ Cyber-Angriffe in den USA – Twitter gehackt. n24.de, 2. Februar 2013, abgerufen am 20. Mai 2013.
- ↑ Münchner Sicherheitskonferenz. bmi.bund.de, 4. Februar 2013, abgerufen am 20. Mai 2013.
- ↑ a b EU will Meldepflicht für Finanzfirmen bei Cyber-Attacken. reuters.com, 3. Februar 2013, archiviert vom am 3. Februar 2014; abgerufen am 20. Mai 2013.
- ↑ a b Cyber-Attacken häufen sich eklatant. n24.de, 2. Februar 2013, abgerufen am 20. Mai 2013.
- ↑ Münchner Sicherheitskonferenz 2013. auswaertiges-amt.de, 3. Februar 2013, abgerufen am 5. Juni 2013.
- ↑ Breakout Session on the Responsibility to Protect during Munich Security Conference ( vom 11. Juni 2013 im Internet Archive)
- ↑ Ministers Bildt and Sikorski at the Munich Security Conference. swedenabroad.com, 4. Februar 2013, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. Februar 2014; abgerufen am 5. Juni 2013 (englisch).
- ↑ a b Gemeinsam Erfolg haben oder einzeln scheitern? e-politik.de, 4. Februar 2013, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 2. Mai 2013; abgerufen am 5. Juni 2013.
- ↑ Syrien, Mali und ein bisschen Euro-Krise. tagesschau.de, 1. Februar 2013, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 3. Februar 2013; abgerufen am 5. Juni 2013.
- ↑ Verteidigungsminister Darabos bei Münchner Sicherheitskonferenz. wienerzeitung.at, 2. Februar 2013, archiviert vom am 4. März 2016 .
- ↑ Münchner Konferenz: Moskau und Washington verzichten auf Seitenhiebe. rai.ru, 4. Februar 2013, archiviert vom am 5. Februar 2013; abgerufen am 5. Juni 2013.