Österreich-Ungarn

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Lage von Österreich-Ungarn in Europa
Datei:Kuk-doppeladler.jpg
Wappen („k. u. k. Doppeladler“)
Datei:Österreich-Ungarn.jpg
Wappen seit 1915
Datei:Königreich-Ungarn.jpg
Ungarn, Krone
Österreich-Ungarn, Ende des 19. Jahrhunderts
Österreich-Ungarns Auflösung nach dem Ersten Weltkrieg

Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn (amtliche Bezeichnung: Österreichisch-Ungarische Monarchie, ungarisch Osztrák-Magyar Monarchia), auch als kaiserlich und königliche (k.u.k.) Monarchie bezeichnet, bestand von 1867 bis 1918 als Weltmacht mit dem Kaiser von Österreich und Apostolischen König von Ungarn aus dem Haus Habsburg als Staatsoberhaupt.

Der Vielvölkerstaat mit einer Fläche von 676.615 km² (1914) und mit 52,8 Mio. Einwohnern (1914) umfasste die heutigen Staaten Österreich, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, sowie Teile Italiens, Polens, der Ukraine, Rumäniens und Serbien und Montenegros.

Geschichte

Österreich-Ungarn wurde mit dem österreichisch-ungarischen Ausgleich am 8. Juni 1867 gegründet. Dieser Vertrag sicherte die Gleichberechtigung Ungarns im staatsrechtlichen Verhältnis zu Österreich.

Dem voraus gegangen war die Niederlage des Deutschen Bundes gegen Preußen in der Schlacht bei Königgrätz im Jahr 1866. Die Konsequenz daraus war die Auflösung dieser losen Konföderation deutscher Staaten. Das Kaisertum Österreich, welches bis dahin den Vorsitz in diesem Bund inne hatte, sah sich nun genötigt sich mit den Ungarn zu verständigen. Bereits 1848/49 kam es in Ungarn unter der Führung von Lajos Kossuth zum Freiheitskampf gegen Österreich, welcher jedoch mit der Unterstützung Russlands niedergeschlagen wurde. Um das Habsburgerreich im Inneren zu festigen, erfolgte dessen Neustrukturierung, wobei der Kaiser gemeinsames konstitutionelles Staatsoberhaupt wurde und die Belange der Außenpolitik, des Außenhandels und des Militärwesens gemeinsam betrieben wurden. Diese Vereinbarung wurde als Realunion bezeichnet.

Der Ausgleich mit den Ungarn führte allerdings zum Protest der übrigen Volksgruppen, insbesondere der Slawen. So forderten z. B. allen voran auch die Tschechen eine gleichberechtigte Stellung ihres Volkes mit den Deutschen (Österreichern) und Ungarn. Die unberücksichtigten Interessen anderer Volksgruppen oder Assimilierungsversuche (z. B. der Magyarisierungspolitik in Ungarn) führten zu ethnischen Spannungen und zu Begriffen wie "Völkerkerker".

Kurz vor dem Zusammenbruch der Monarchie, am 16. Oktober 1918, erließ Karl I. das Völkermanifest. Dieses Manifest sollte Österreich-Ungarn in eine Konföderation umwandeln, und somit den anderen Volksgruppen gleiche Rechte zugestehen. In ihm waren alle Nationalitäten dazu aufgerufen, eigene Volksvertretungen (nationale Räte) zu bilden. Obwohl eine Revision der Staatsverfassung schon zu Beginn des Jahres 1918 in Arbeit war, sollte diese tiefgreifende Umgestaltung des Staates erst nach einem Friedensschluss vollzogen werden. Doch dieser letzte Versuch zur Rettung des Staatsgebildes kam zu spät und hatte in Wirklichkeit auch keine Chance. Durch die nationalen Räte verabschiedeten sich die Völker aus der Doppelmonarchie. Am 28. Oktober wurde in Prag die Tschechoslowakische Republik proklamiert und Ungarn erklärte am 31. Oktober seinen Austritt aus dem Staatsverband. Selbst das neue Deutschösterreich sah sich schon als Teil eines deutschen Bundesstaates.

Am 3. November 1918 trat der unter Leitung von General Viktor Weber Edler von Webenau mit den Alliierten geschlossene Waffenstillstand von Villa Giusti in Kraft, am 11. November verzichtete der Kaiser auf die Regierungsgeschäfte. In den Pariser Vorortverträgen (Vertrag von Saint-Germain für Österreich und Vertrag von Trianon für Ungarn) wurden die Gebietsabtretungen und Grenzen der Nachfolgestaaten der Monarchie offiziell festgelegt.

Reichsteile und Länder

Der Fluss Leitha bildete streckenweise die Grenze zwischen den beiden Reichshälften Österreich und Ungarn (entspricht der heutigen burgenländischen Westgrenze). Daraus leiteten sich die Bezeichnungen Cisleithanien („Land diesseits der Leitha“ für die westliche Reichshälfte) und Transleithanien („Land jenseits der Leitha“ für die östliche Reichshälfte) ab. Cisleithanien hieß offiziell Die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, die einzelnen Länder wurden auch als Kronländer bezeichnet. Die Länder Transleithaniens wurden offiziell als Die Länder der heiligen ungarischen Stephanskrone bezeichnet.

Darüber hinaus existierte das von beiden Reichshälften gemeinsam verwaltete Gebiet von Bosnien und Herzegowina, das 1878 besetzt und 1908 unter Inkaufnahme der Bosnischen Annexionskrise in den Reichsverband eingegliedert wurde.

Im Reichsrat vertretene Königreiche und Länder (Cisleithanien)

Land Hauptstadt Fläche in km² Einwohner
Königreich Böhmen Prag 51.948 6.769.000
Königreich Dalmatien Zadar 12.833 646.000
Königreich Galizien und Lodomerien Lemberg 78.493 8.025.000
Erzherzogtum Österreich unter der Enns Wien 19.822 3.532.000
Erzherzogtum Österreich ob der Enns Linz 11.981 853.000
Herzogtum Bukowina Czernowitz 10.442 800.000
Herzogtum Kärnten Klagenfurt 10.327 396.000
Herzogtum Krain Laibach 9.955 526.000
Herzogtum Salzburg Salzburg 7.153 215.000
Herzogtum (Österreichisch) Schlesien Troppau 5.147 757.000
Herzogtum Steiermark Graz 22.426 1.444.000
Markgrafschaft Mähren Brünn 22.222 2.622.000
Gefürstete Grafschaft Tirol Innsbruck 26.683 946.000
Küstenland Triest 7.969 895.000
Vorarlberg Bregenz 2.601 145.000

Länder der heiligen ungarischen Stephanskrone (Transleithanien)

Land Hauptstadt Fläche in km² Einwohner
Königreich Ungarn Budapest 282.297 18.265.000
Königreich Kroatien und Slawonien Agram 42.534 2.622.000
Fiume mit Gebiet Fiume 21 48.800

Unter gemeinsamer Verwaltung der beiden Reichsteile

Land Hauptstadt Fläche in km²
Bosnien und Herzegowina Sarajevo 51.082

Bevölkerung und Nationalitätenprobleme

Die Bevölkerung Österreich-Ungarns 1910

Gebiet Absolutzahl Prozent
Cisleithanien 28.571.934 55,6
Transleithanien 20.886.487 40,6
Bosnien und Herzegowina 1.931.802 3,8
Insgesamt 51.390.223 100,0


Die Nationalitäten Österreich-Ungarns 1910

Nationalität Absolutzahl Prozent
Deutsche 12.006.521 23,36
Ungarn 10.056.315 19,57
Tschechen 6.442.133 12,54
Polen 4.976.804 9,68
Serben und Kroaten 4.380.891 8,52
Ruthenen (Ukrainer) 3.997.831 7,78
Rumänen 3.224.147 6,27
Slowaken 1.967.970 3,83
Slowenen 1.255.620 2,44
Italiener 768.422 1,50
Sonstige 2.313.569 4,51
Insgesamt 51.390.223 100,00

Karte mit Bevölkerungsverteilung aus dem Jahr 1911


Religionen in Österreich-Ungarn 1910

Religion/Konfession Gesamtstaat Österreichische Reichshälfte Ungarische Reichshälfte Bosnien und Herzegowina
Katholiken 76,6% 90,9% 61,8% 22,9%
Protestanten 8,9% 2,1% 19,0% 0%
Griechisch-Orthodoxe 8,7% 2,3% 14,3% 43,5%
Juden 4,4% 4,7% 4,9% 0,6%
Muslime 1,3% 0% 0% 32,7%

Quelle: Volkszählung vom 31.Dezember 1910

Magyarisierungspolitik in Ungarn

Nach dem Ausgleich mit Österreich kam es 1868 innerhalb der ungarischen Reichshälfte zu einem ungarisch-kroatischen Ausgleich. Dieser Ausgleich sicherte Kroatien und Slawonien eine beschränkte Autonomie zu. In den anderen Teilen Ungarns nahmen die Spannungen unter den Volksgruppen jedoch zu. Gründe für diese Spannungen waren zum einen die Magyarisierungspolitik der ungarischen Regierung als auch die Zunahme der Intoleranz der Nationalitäten untereinander. Im Gegensatz zu den in Ungarn lebenden Minderheiten wie Slowaken oder Rumänen hatte der Nationalismus der Ungarn die Staatsmacht auf seiner Seite und war somit in der stärkeren Position. Die Umsetzung der an sich liberalen Minderheitengesetzgebung hatte in einer solchen Atmosphäre kaum Erfolg. Das Nationalitätengesetz von 1868 bestimmte zwar ungarisch als Staatssprache, ließ jedoch Minderheitensprachen auf regionaler, lokaler und kirchlicher Ebene zu. Doch diese Regelung wurde oft nicht in die Tat umgesetzt und die Minderheiten sahen sich Assimilierungsversuchen von Seiten der Ungarn ausgesetzt. Ab 1875 wurde unter Ministerpräsident Kálmán Tisza (1875-1890) eine konsequente Magyarisierungspolitik betrieben um alle Nichtmagyaren in 40 Jahren zu Ungarn zu machen.

Bereits im Revolutionsjahr 1848 ergriffen slowakische Angehörige des ungarischen Parlaments die Initiative um sich beim Kaiser Unterstützung gegen die Magyarisierungspolitik zu holen. Es wurde eine Erklärung mit "Forderungen der slowakischen Nation" abgegeben, welche man dem Kaiser und der ungarischen Nationalregierung übergab. Gefordert wurde die Föderalisierung Ungarns, die Konstituierung einer ethnopolitischen Einheit, die Festlegung der slowakischen Grenzen, ein eigener Landtag, eine slowakische Nationalgarde, nationale Symbole, das Recht auf Gebrauch der slowakischen Sprache, allgemeines Wahlrecht und eine gleichberechtigte Vertretung im ungarischen Parlament. Die Ungarn jedoch sahen dadurch ihre Machtstellung in der Slowakei in Gefahr und reagierten mit Kriegsrecht und Haftbefehlen gegen die slowakischen Nationalführer. In Wien und Böhmen wurden slowakische Exilregierungen errichtet, die Hoffnungen der Slowaken wurden aber enttäuscht. Nach der Revolution ließ man die Ungarn mit ihrer zentralistischen Verwaltung gewähren. Der Ausgleich von 1867 liefert die Minderheiten nun völlig der Magyarisierungspolitik aus, ihre Anliegen wurden bis auf kleine Ausnahmen von Wien und Budapest ignoriert. Zwischen 1881 und 1901 hatten die Slowaken keine eigenen Abgeordneten im ungarischen Parlament, auch danach waren es im Verhältnis weniger als ihr Bevölkerungsanteil ausmachte. Versuche vor und während des Ersten Weltkriegs dem serbischen und rumänischen auf Expansion bedachten Nationalismus mit Zugeständnissen entgegen zu wirken kamen zu spät.

Staatsrechtliche Konstruktion

Der Kaiser von Österreich war in Personalunion auch König von Ungarn. Dies geschah im eigenen Recht und nicht mehr in Ableitung aus der österreichischen Kaiserwürde. Daraus folgte, dass der Monarch in Ungarn auch zum König gekrönt werden konnte.

Die Reichseinheit wurde neben der Personalunion auch durch gemeinsame Ministerien ausgedrückt (Außen-, Kriegs- und Finanzministerium). Diese Konstruktion wurde als Realunion bezeichnet. Alle Institutionen, die beide Reichshälften betrafen (beispielsweise die Armee), wurden als „k. u. k.“ (kaiserlich und königlich) bezeichnet.

Die Regierung von Cisleithanien wurde nur mit „k.-k.“ („kaiserlich-königlich“) bezeichnet, wobei königlich sich hier auf die böhmische Königswürde bezog, die der österreichische Kaiser ebenfalls innehatte. Regierung und Institutionen der ungarischen Reichshälfte wurden mit „m. kir.“ (magyar királyi) oder „kgl. ung.“ („königlich ungarisch“) bezeichnet.

Der am 14. November 1868 nach der erfolgten Neuordnung vom Kaiser festgelegte Herrschertitel und Staatsname:

  • Bei im Namen des Kaisers abgeschlossenen Verträgen:
    Kaiser von Österreich und Apostolischer König von Ungarn
  • Persönliche Bezeichnung:
    Seine K. u. k. Apostolische Majestät
  • Staatsname:
    Österreichisch-Ungarische Monarchie

Herrscher

Datei:FranzJoseph1gr.jpg
Kaiser Franz Joseph I.
  • Franz Joseph I. 1867–1916
    • 8. Juni 1867 Krönung zum König von Ungarn (I. Ferenc József)
    • 21. November 1916 gestorben
  • Karl I. 1916-1918
    • 21. November 1916 Besteigung des Kaiserthrons, Krönung sollte nach dem Krieg stattfinden
    • 30. Dezember 1916 Krönung zum König von Ungarn als Karl IV. (IV. Károly)
    • 11. November 1918 Regierungsverzicht in der österreichischen Reichshälfte (keine Abdankung)
    • 13. November 1918 Regierungsverzicht in der ungarischen Reichshälfte (keine Abdankung)

Namen

  • österreichisch-ungarische Monarchie
  • k. und k. Monarchie: steht für kaiserliche und königliche Monarchie
  • Donaumonarchie: Die beiden Hauptstädte Wien und Budapest liegen an der Donau
  • Doppelmonarchie: Der Doppeladler des Wappens war allerdings schon vor 1867 in Gebrauch
  • Kakanien: Der in den Volksmund eingegangene Ausdruck stammt aus dem Roman Der Mann ohne Eigenschaften von Robert Musil und rührt von dem Kürzel k.-k. (kaiserlich-königlich), welches von Seiten der Verwaltung für die cisleithanische Reichshälfte verwendet wurde.

Restaurationsversuche nach 1919

Karl von Habsburg hielt nach dem Zerfall der Doppelmonarchie Kontakt zu monarchistischen Kreisen, vor allem in Ungarn, wo er offiziell weiterhin als König galt. Jedoch führte Miklós Horthy als Reichsverweser das Amt des Staatsoberhauptes aus. Im Rahmen dessen führte Karl zwei vergebliche Restaurationsversuche in Ungarn durch, den ersten Ostern 1921 und den zweiten am 20. Oktober 1921. Dabei zeigte sich jedoch, dass Miklós Horthy, zumindest unter Angabe von außenpolitischen Konsequenzen, nicht bereit war sein Amt aufzugeben.

Den realistischsten Restaurationsversuch startete Otto von Habsburg während des Zweiten Weltkrieges, indem er Winston Churchill für das Konzept der Donauföderation gewann. Auf dem Gebiet von Österreich und Ungarn sollte ein neuer Staat "Österreich-Ungarn" nach dem Vorbild der Verfassung Belgiens entstehen, das ebenfalls zwei große Bevölkerungsgruppen vereinigt, während die süddeutschen Länder Bayern, Baden, Württemberg und Hohenzollern-Sigmaringen ebenfalls als Monarchien wiederhergestellt werden sollten. Die so entstandenen Staaten sollten im Süddeutschen Bund vereinigt werden, der schlicht eine auf Süddeutschland beschränkte Variante des historischen Deutschen Bundes darstellt. Das Konzept scheiterte jedoch an der Ablehnung durch Franklin D. Roosevelt und Josef Stalin auf der Konferenz von Teheran.

Siehe auch

Literatur

  • J. Ulbrich: Das Staatsrecht der österreichisch-ungarischen Monarchie (= Handbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart in Monographien. Bd. 4: Staatsrecht der außerdeutschen Staaten. I). Freiburg i. Br. 1884
  • Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild (das so genannte Kronprinzenwerk), 24-bändgie landeskundliche Enzyklopädie über alle Kronländer der Monarchie, Hofdruckerei, Wien 1885-1902
  • Adam Wandruszka (Hrsg.): Die Habsburgermonarchie 1848–1918. Wien, 1973–2000 (derzeit 11 Bände)