Kaien

Berg im Appenzeller Vorderland, Schweiz

Der Kaien ist sowohl ein Berg als auch eine Siedlungslandschaft und ein Passübergang im Appenzeller Vorderland. Der Berggipfel (1122 m ü. M.), der auch Kaienspitz genannt wird, ist die am weitesten im Norden liegende Erhebung mit einer Höhe von über 1000 Meter in den Appenzeller Alpen.

Kaien

Blick von Westen auf Rehetobel und zum Kaien

Höhe 1122 m ü. M.
Lage Kanton Appenzell Ausserrhoden, Schweiz
Dominanz 3,1 km → Sitz
Schartenhöhe 145 m ↓ Ort Kaien
Koordinaten 755810 / 255560Koordinaten: 47° 25′ 57″ N, 9° 30′ 15″ O; CH1903: 755810 / 255560
Kaien (Kanton Appenzell Ausserrhoden)
Kaien (Kanton Appenzell Ausserrhoden)

Der seit dem 17. Jahrhundert in den Quellen bezeugte Siedlungs- und Bergname Kaien ist vom mittelhochdeutschen Wort Ghei mit der Bedeutung «Gehege, eingehegter Wald» abgeleitet.[1][2] Er war somit ursprünglich ein Flurname in der im Spätmittelalter urbarisierten Zone.

Geographie

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Der Berg bildet die höchste Stelle im Gebiet der Gemeinde Rehetobel und liegt zwei Kilometer östlich des Dorfes. Der 400 Meter nordöstlich gelegene Nebengipfel (1115 m ü. M.) befindet sich in der Gemeinde Grub. Das sechs Kilometer lange und etwa zwei Kilometer breite Bergmassiv erstreckt sich von der Schlucht der Goldach im Westen in ostnordöstlicher Richtung bis zum Tal des Gstaldenbachs, der seine Quelle am Kaien hat, in der Gemeinde Heiden. Auf der Nordseite begrenzen die tief eingeschnittenen Täler des Landgrabens, der ein Zufluss der Goldach ist, im Westen und des Mattenbachs im Osten den Berg. Südlich von Rehetobel liegt der tiefe Graben des Moosbachs, der am Südhang des Kaien und südwestlich des gleichnamigen Passübergangs entspringt. Die steilen, zumeist bewaldeten Berghänge werden von mehreren kleinen Bächen entwässert, die in teils tiefen Runsen zu den Talbächen abfliessen.[3] Im Tobel bei Gstalden tritt eine mineralhaltige Quelle zu Tage, die im Appenzeller Heilbad von Rechstein genutzt wird[4] und früher auch der Herstellung von Getränken der Marke Unterrechsteiner Mineralwasser diente. Das steile bewaldete Areal Gupfloch am tief in die Bergflanke eingeschnittenen Graben des Kaienbachs (im Oberlauf auch Gigerenbach genannt) nordwestlich des Kaienspitz ist als kantonales Naturwaldreservat ausgewiesen.[5]

Im geologischen Aufbau besteht der Berg aus mächtigen Sandstein- und vereinzelten Nagelfluhschichten der Unteren Süsswassermolasse (Aquitan-Stufe[6]), in denen bei Rehetobel fossile Pflanzenreste gefunden wurden.[7] Auf den Berghängen liegen Moränen aus verschiedenen Epochen des Eiszeitalters und an einigen Stellen, vor allem in bewaldeten Bachrunsen und bis fast zur Gipfelhöhe des Kaien, sind Findlinge verstreut. Während der Berg in der Risseiszeit wohl vom Eisstrom des Rheingletschers zugedeckt war und dabei seine abgerundete Gestalt erhielt, ragte er in der letzten Eiszeit lange Zeit als äusserster Vorsprung der Appenzeller Voralpen über die Eisoberfläche hinaus.[8][9]

Auf etwas weniger steilen Gebieten an den Bergflanken und auf den Bergrücken am Kaien liegen Weideflächen und Einzelhöfe als Rodungssiedlungen. Die höchste Bergweide erreicht von Westen den Gipfel des Kaienspitz. Die Siedlungen und Berghöfe tragen unter anderem Namen wie Kaien, Oberkaien, Ausserkaien, Roterkaien, Gigeren, Gupf, Oberrechstein, Höchi und Oberhöchi.[10]

Auf dem Bergsattel Kaien (966 m ü. M.) südlich des Berges laufen mehrere Strassen zusammen: Die Hauptstrasse 463 verbindet den Westen des Kantons Appenzell Ausserrhoden mit dem östlichen Bezirk Vorderland und mit Rheineck im Kanton St. Gallen. Eine Kantonsstrasse führt vom Kaien aus gegen Westen nach Rehetobel und durch das Goldachtobel nach St. Gallen und eine andere Strasse gegen Osten nach Oberegg und an die Hauptstrasse 445, die Heerbrugg im St. Galler Rheintal erreicht. Die Kreuzung auf der Passhöhe wird auch als Scheidweg bezeichnet. Am hoch gelegenen Ausgangspunkt für Bergwanderungen gibt es öffentliche Parkplätze und Gasthäuser. Von 1876 bis 1987 bestand zudem das Postbüro Kaien, eine der kleinsten Poststellen der schweizerischen Post.[11]

Tourismus

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Der Kaien bietet als höchster Aussichtspunkt in der Nähe des Bodensees eine gute Sicht auf die umliegende Landschaft. Nur die Blickrichtung gegen Südosten ist durch den Wald auf dieser Seite der Bergkuppe etwas eingeschränkt. In der Nähe sind das Appenzeller Land, der Alpstein und der nur fünf Kilometer entfernte Bodensee und darüber hinaus Gebiete des Thurgaus, des Hegau, der Pfänder bei Bregenz, die Allgäuer Alpen und im Westen zahlreiche Berge bis zum Pilatus zu sehen.

1863 bestieg der spätere Professor und Alpinist Julius Scholz aus Berlin, einer der Gründer des Deutschen Alpenvereins, auf einer Alpenreise auch den Kaien.

Nahe dem Gipfel befindet sich das Kaienhaus, ein 1952 gebautes Berghaus der Naturfreunde der Region Rorschach.[12]

Der Nordhang wurde im 20. Jahrhundert als Skigebiet bekannt. In schneereichen Wintern waren früher lange Abfahrten bis zum Bodensee hinunter möglich. Von Grub aus führt ein Skilift auf den Berg.

Über den Kaien führen die nationale Wanderroute Nr. 3 «Alpenpanorama-Weg»[13], die regionale Wanderroute Nr. 22 «Kulturspur Appenzellerland»[14] sowie eine Mountainbike-Route.[15] Öffentliche Verkehrsmittel erschliessen die Umgebung des Berges. Von St. Gallen aus verkehrt ein Postautokurs nach Rehetobel und zum Parkplatz an der Heidenerstrasse auf dem Passübergang Kaien,[16] und von Rorschach aus führt die Rorschach-Heiden-Bergbahn bis in die Ortschaft am Bergfuss im Osten.

Literatur

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Commons: Kaien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Kaien. Portal der schweizerischen Ortsnamenforschung, abgerufen am 10. Oktober 2024.
  2. Stefan Sonderegger: Appenzeller Namenbuch. Die Orts- und Flurnamen des Landes Appenzell. Band 2. Frauenfeld 2013, S. 983 f.
  3. Gewässernetz. Geoportal des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Abgerufen am 16. Oktober 2024.
  4. Appenzeller heilbad. Abgerufen am 10. Oktober 2024.
  5. Waldreservat «Goldachtobel», Reservatsnummer 160_AR_018.
  6. Friedrich Saxer: Geologischer Atlas der Schweiz 1:25'000. Blatt 1075 Rorschach. Hrsg.: Schweizerische Geologische Kommission. Bern 1965.
  7. Geologischer Atlas der Schweiz. Swisstopo, abgerufen am 10. Oktober 2024.
  8. Friedrich Saxer: Geologischer Atlas der Schweiz 1:25'000. Blatt 1075 Rorschach. Hrsg.: Schweizerische Geologische Kommission. Bern 1965, S. 15.
  9. Oskar Keller, Edgar Krayss: Geologie und Landschaftsgeschichte des voralpinen Appenzellerlandes. Herisau 1991. S. 74.
  10. Kaien auf der Landeskarte der Schweiz.
  11. Peter Eggenberger: Vor 25 Jahren verschwand das Restaurant «Scheidweg» Rehetobel. In: appenzell24.ch. 24. April 2021, abgerufen am 21. Oktober 2024.
  12. Naturfreunde Region Rorschach Kaienhaus. Abgerufen am 10. Oktober 2024.
  13. Alpenpanorama-Weg Etappe 1: Rorschach – Trogen. SchweizMobil, abgerufen am 10. Oktober 2024.
  14. Kulturspur Appenzellerland Route Degersheim – Rheineck. SchweizMobil, abgerufen am 11. Oktober 2024.
  15. Kaien-Route. Appenzellerland Tourismus, abgerufen am 10. Oktober 2024.
  16. 80.121 Heiden - Rehetobel - St. Gallen - Engelburg. Abgerufen am 11. Oktober 2024.