Hannes Androsch

österreichischer Politiker und Unternehmer

Hannes Androsch (* 18. April 1938 in Wien; † 11. Dezember 2024[1][2]) war ein österreichischer Unternehmer sowie Politiker (SPÖ) und Steuerberater.

Hannes Androsch (2013)

Während der Schwangerschaft von Julie „Lia“ Androsch mit ihrem zweiten Kind, der Tochter Sonja, übersiedelte die Familie Androsch 1944 wegen der zahlreichen Bombenangriffe auf Wien nach Piesling in Südmähren zu Verwandten des Vaters. Hier erlebte Hannes Androsch zunächst das Ende des Zweiten Weltkrieges und am 7. Juni 1945 die Vertreibung der Deutschen – darunter auch seine Großtante und der Großonkel – aus dem Dorf.[3][4]

Nach der Matura 1956 studierte Hannes Androsch an der Hochschule für Welthandel in Wien. 1959 erwarb er sein Diplom,[5] 1969 erfolgte die Promotion.[6][7] Ab 1966 war Androsch als Steuerberater und ab 1968 als Wirtschaftsprüfer tätig. 1970 gründete Androsch die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei Consultatio in Wien-Floridsdorf und führte sie mit dem Witwenfortbetrieb seiner Mutter zusammen.

Androsch war von 1967 bis 1981 Abgeordneter zum Nationalrat, von 1970, als der 32-jährige vom neugewählten Bundeskanzler Bruno Kreisky in sein erstes Kabinett berufen wurde, bis 1981 österreichischer Finanzminister und zusätzlich von 1976 bis 1981 dessen Vizekanzler. Der „aufstrebende Jungstar“ und der „Sonnenkönig“ (so die Medien über die beiden Politiker) waren oft unterschiedlicher Meinung. Androsch und seine Freunde hätten Kreisky gern zum Bundespräsidenten hochkomplimentiert und Androsch an seiner Stelle als Bundeskanzler installiert; Kreisky und seine Freunde wollten den gefährlichen Konkurrenten ausschalten, mussten aber seine Popularität, respektive deren Verlust, fürchten.

Letztlich nahm Kreisky an einer Situation Anstoß, die schon über zehn Jahre lang bestand: Der Finanzminister war zugleich Inhaber bzw. Teilhaber einer Steuerberatungskanzlei, die unter anderem Aufträge staatseigener Unternehmen erhielt. Man machte nun Unvereinbarkeit geltend: Androsch musste 1980 alle seine politischen Funktionen zurücklegen.[8]

Daraufhin bekleidete Androsch von 1981 bis 1988 das Amt des Generaldirektors der damals im Staatseigentum befindlichen Creditanstalt. 1988 war er Konsulent der Weltbank. Erst nach 1980 kam es zur Aufnahme von gerichtlichen Erhebungen wegen länger zurückliegender finanzieller Unklarheiten und zur Anklage wegen privater Schwarzgeldkonten Androschs. Seine Angabe, sein reicher Wahlonkel Gustav Steiner habe ihm viel Geld zur Verfügung gestellt, erwies sich nicht als tragfähig: Androsch wurde nach einem langen Gerichtsverfahren, das sämtliche Instanzen durchlaufen hatte, schließlich rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Zusätzlich wurde er 1988 in der Folge des AKH-Skandals verurteilt.[9] In der Folge verlor er auch sein Amt bei der CA.[8][10]

Ab 1989 war Androsch geschäftsführender Gesellschafter der AIC-Androsch International Consulting und ab 1997 Miteigentümer der Salinen Beteiligungs GmbH und Vorsitzender des Aufsichtsrates der Salinen Austria AG (ehemals Österreichische Salinen AG). Ab 1994 war er Miteigentümer von AT & S, Europas größtem Leiterplattenhersteller, dessen Aufsichtsratsvorsitzender er auch war. Weiters war Androsch auch Aufsichtsratsvorsitzender bei bwin, wo er auch eine Beteiligung hielt. In seiner zweiten Karriere als Industrieller war Androsch überaus erfolgreich, weiterhin prominent und allgemein anerkannt. Als ehemaliger Politiker wurde er von den Medien auch immer wieder zur aktuellen politischen Lage Österreichs befragt.

2003 wurde er Vorsitzender des Universitätsrates der Montanuniversität Leoben. 2004 erfolgte die Errichtung der „Stiftung Hannes Androsch bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften“. Am 20. Oktober 2008 erhielt er als Würdigung ob seiner Verdienste um die Akademie den von ihr neu geschaffenen Ehrenring. Ab 11. November war er Aufsichtsratsvorsitzender der Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft. Am 21. Oktober 2010 wurde Androsch zum Vorsitzenden des Rates für Forschung und Technologieentwicklung gewählt.[11] Diese Funktion übte er bis zum 6. September 2020 aus.[12][13] Er war langjähriger Aufsichtsratsvorsitzender der größten außeruniversitären Forschungseinrichtung Österreichs, des AIT (Austrian Institute of Technology), eine Position, in der er von Voestalpine-Vorstand Peter Schwab abgelöst wurde.[14]

Androsch war Präsident des Vereines „Bildungsinitiative für die Zukunft“, der im November 2011 das Volksbegehren Bildungsinitiative betrieb. Außerdem war Androsch Mitglied der Freimaurer.[15]

Persönliches

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Hannes Androsch war seit 1964 mit der Juristin Brigitte, geb. Schärf (eine Großnichte des früheren Bundespräsidenten Adolf Schärf), verheiratet.[8] Das Paar hat zwei Töchter: die Schauspielerin Claudia (* 1964) und Natascha (* 1968). Mit der Wirtschaftspsychologin Claudia Rothschedl hat er einen Sohn, Gregor Rothschedl (* 1997).[16] Hannes Androsch lebte in Wien und Altaussee[17] und gehörte der altkatholischen Kirche an.[18]

Am 11. Dezember 2024 starb er im Alter von 86 Jahren.

Auszeichnungen

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Orden und Ehrenzeichen

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Weitere Ehrungen

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Publikationen

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  • „Staat, Steuern, Gesellschaft – Wirtschaftspolitik als Gesellschaftspolitik in der Welt von morgen“, 1978
  • „Die politische Ökonomie der österreichischen Währung“, 1985
  • „Die Sozialversicherung, die private Lebensversicherung und die Banken als komplementäre Träger der Eigenvorsorge“, 1986
  • „Auf der Suche nach Identität. Österreich-Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: Eine Synthese der Widersprüche“, 1988
  • „Investitionsleitfaden Osteuropa. Eine Jahrhundertchance“, 1996
  • „Der Stand der Dinge“, 2000
  • „Warum Österreich so ist, wie es ist. Eine Synthese aus Widersprüchen“, 2003
  • „Europa: Weshalb es so nicht weitergehen kann“, 2005
  • „Das Ende der Bequemlichkeit – 7 Thesen zur Zukunft Österreichs“, 2013
  • Niemals aufgeben: Lebensbilanz und Ausblick, aufgezeichnet von Peter Pelinka, Ecowin-Verlag, Salzburg 2015, ISBN 978-3-7110-0068-2
  • Einspruch: Der Zustand der Republik und wie sie noch zu retten ist, gemeinsam mit Josef Moser, Edition a, Wien 2016, ISBN 978-3-99001-200-0
  • Vorwärts – Österreichische Sozialdemokratie seit 1889, mit Heinz Fischer und Wolfgang Maderthaner, Brandstätter-Verlag, Wien 2020, ISBN 978-3-7106-0424-9

Literatur

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  • Liselotte Palme: Androsch. Ein Leben zwischen Geld und Macht. Wien 1999.
  • Barbara Liegl, Anton Pelinka: Chronos und Ödipus: Der Kreisky-Androsch-Konflikt. Braumüller, Wien 2004, ISBN 3-7003-1476-0.
  • Christian Dickinger: Der Kreisky-Androsch-Konflikt. Saarbrücken 2010.
  • Vereinsregisterauszug des Vereines „Bildungsinitiative für die Zukunft“, ZVR-Zahl 893139934, abgerufen am 3. November 2011
  • Hannes Androsch: Niemals aufgeben: Lebensbilanz und Ausblick, Ecowin 2015.
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Commons: Hannes Androsch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Hans Rauscher: Ehemaliger Finanzminister Hannes Androsch gestorben. In: DerStandard.at. 11. Dezember 2024, abgerufen am 11. Dezember 2024.
  2. Große Trauer: Hannes Androsch ist tot. In: oe24.at. 11. Dezember 2024, abgerufen am 11. Dezember 2024.
  3. https://androsch.com/media/geschriebenes/15.09.07.Die_Presse_.pdf
  4. https://androsch.com/media/geschriebenes/11%2011%2030%20%20ORF%201%20Lebenskuenstler%20Zilk.pdf
  5. https://search.obvsg.at/primo-explore/fulldisplay?docid=OBV_alma71353217460003331&context=L&adaptor=Local%20Search%20Engine&vid=OBV&lang=de_DE&search_scope=OBV_Gesamt&tab=default_tab&query=addsrcrid,exact,AC06799068
  6. https://search.obvsg.at/primo-explore/fulldisplay?docid=OBV_alma71311278240003331&vid=OBV&search_scope=OBV_Gesamt&tab=default_tab&lang=de_DE&context=L
  7. Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek.
  8. a b c Die Welt bis gestern: Androsch: Mit ihm verlor Kreisky sein Glück. In: Die Presse. 12. April 2008, online auf diepresse.com, abgerufen am 23. Jänner 2020.
  9. SPÖ-Kronprinz, Industriekapitän, Fabelwesen – Hannes Androsch wird 80. In: News.at. 17. April 2018, abgerufen am 24. Juli 2018.
  10. Affären: Leider nein. In: Der Spiegel. Nr. 4 / 1988, vom 25. Jänner 1988, online auf spiegel.de, abgerufen am 23. Jänner 2020.
  11. Ministerinnen Bures und Karl gratulieren neuem Vorsitzteam des Forschungsrates. BMWF, 21. Oktober 2010, archiviert vom Original am 14. Mai 2013; abgerufen am 5. November 2010.
  12. Peter IIlletschko: Androsch: Politiker sind an Wissenschaft und Forschung nicht interessiert. In: DerStandard.at. 14. August 2020, abgerufen am 8. September 2020.
  13. Ratsmitglieder – Rat für Forschung und Technologieentwicklung. In: rat-fte.at. Abgerufen am 8. September 2020.
  14. Management und Struktur. In: ait.ac.at. Abgerufen am 23. Jänner 2020.
  15. Dominik Schreiber: Einblick in sehr diskrete Männerbünde. Kurier, 11. Juni 2017, abgerufen am 7. Mai 2023.
  16. Ich möchte lieber nicht Androsch heißen. In: krone.at. 13. April 2013, abgerufen am 28. August 2023.
  17. Von mir aus auch mit Schwimmbad in derstandard.at, 12. Juli 2006, abgerufen am 2. September 2014
  18. Maria Kubin, Herbert Psenner: Etwas wie ein Nachruf – zum Ableben von Dkfm. Dr. Hannes Androsch. In: altkatholiken.at. Altkatholische Kirche Österreich, Dezember 2024, abgerufen am 13. Dezember 2024 (österreichisches Deutsch).
  19. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,6 MB)
  20. Ehrenring für Hannes Androsch. In: ORF.at. 25. Januar 2022, abgerufen am 26. Januar 2022.
  21. http://www.androsch.com/media/news/1409_20080628_oberstzeitung_ehrenbürger.pdf
  22. TU Wien: Ehrensenatoren. Abgerufen am 9. September 2019.