Friedemann Vogel (Tänzer)

deutscher Ballettänzer

Friedemann Vogel (* 1. August 1979) ist ein deutscher Tänzer. Er ist Erster Solist des Stuttgarter Balletts, Kammertänzer des Landes Baden-Württemberg und tritt regelmäßig bei internationalen Tanzgalas auf und ist Gasttänzer bei zahlreichen Ballettcompagnien (unter anderem La Scala in Mailand, Staatsballett Berlin, National Ballet of China, Marinsky Theater in St. Petersburg, Bolschoi-Ballett in Moskau).

Ausbildung

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Vogel wurde in Stuttgart geboren und wuchs zusammen mit vier älteren Brüdern in Dettenhausen auf. Neben Friedemann selbst tanzte bereits der Bruder Roland Vogel beim Stuttgarter Ballett, zwei Brüder wurden Orchestermusiker und Florian Vogel wurde Schauspieldramaturg.[1][2] Friedemann Vogel absolvierte zunächst eine Ballettausbildung an der John Cranko Schule und kam später als Stipendiat des John-Gilpin-Fonds zu Marika Besobrasova an die Académie de Danse Classique Princes Grace in Monte Carlo, wo er seine Tanzausbildung abschloss.[3]

Beim renommierten Ballettwettbewerb Prix de Lausanne gewann er 1997, beim Prix de Luxembourg und bei der Eurocity Competition desselben Jahres erhielt er jeweils eine Junior-Goldmedaille. Im darauffolgenden Jahr gewann er eine weitere Bronzemedaille beim internationalen Ballettwettbewerb in Jackson, USA.[3]

Karriere

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In der Spielzeit 1998/99 wurde Friedemann Vogel Mitglied des Corps de ballet des Stuttgarter Balletts. Kurze Zeit später, zu Beginn der Spielzeit 2000/1, wurde er zum Halbsolisten befördert, nur ein Jahr später, zur Spielzeit 2001/02, zum Solisten. Bereits im Juni 2002 wurde er aufgrund seiner Leistungen zum Ersten Solisten ernannt.[3]

Im selben Jahr gewann er den renommierten Erik Bruhn Preis in Toronto mit dem Pas de deux In the Middle, Somewhat Elevated von William Forsythe und dem Pas de deux aus dem zweiten Akt von Giselle.

Anerkennung erhielt Vogel zunehmend auch von deutschen Kritikern: Neben drei Nennungen in der Kritikerumfrage der Zeitschrift ballettanz im Jahr 2005 folgte eine Nominierung in der Kategorie Bester Tänzer im Jahr 2009. 2010 wählte ihn schließlich die Fachzeitschrift tanz zum Tänzer des Jahres. Im Juni 2012 erhielt er den Danza&Danza-Award als bester Tänzer, im September desselben Jahres wurde er mit dem „Positano Premio la Danza - Leonide Massine“ als bester internationaler Tänzer ausgezeichnet. Das Land Baden-Württemberg ernannte Vogel im September 2015 zum Kammertänzer, womit ihm die höchstmögliche Ehre als Tänzer zuteilwurde. 2016 gewann er den Prix Maya, im Mai 2020 wurde er beim Deutschen Tanzpreis als Herausragender Künstler ausgezeichnet.[4][5] Ein Jahr später wurde er vom Internationalen Theaterinstitut (unter der Schirmherrschaft der UNESCO) ausgewählt ein Grußwort zum Internationalen Tag des Tanzes zu verfassen.[6] Im Jahr 2022 wurde Vogel in die Jury des Prix de Lausanne berufen, dem Wettbewerb, den er 25 Jahre zuvor selbst gewonnen hatte.[7]

Während der COVID-Pandemie rief Vogel im Jahr 2020 die Benefizaktion Physical Conversation[8] ins Leben. Insgesamt 300 Sammelboxen, die er gemeinsam mit dem Fotografen Oliver Kröning produzierte, waren innerhalb von vier Tagen ausverkauft. Der Erlös von rund 10.000 Euro ging an die Olgäle-Stiftung des Olgahospitals, die kranke Kinder unterstützt.[8] Ebenfalls im Rahmen der COVID-Pandemie trat Vogel in einer virtuellen Ballett-Improvisation auf, die er gemeinsam mit dem Choreographen Sébastien Bertraud initiierte. Unter der Schirmherrschaft der Modemarke Dior richtete sich die Initiative mit dem Titel Dior & Dance an Tänzerinnen und Tänzer, die während der Pandemie nicht ihrem regulären Training nachgehen konnten, und sollte sie ermutigen, ihr Training zu Hause fortzusetzen.[9][10] Das Projekt wurde von Kritikern und Tänzern gleichermaßen gelobt.

Ebenfalls im Zusammenhang mit der Pandemie stand Friedemann Vogels choreografisches Debüt Not in my hands im Jahr 2021. In Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Solisten des Stuttgarter Balletts und bildenden Künstler, Thomas Lempertz, und zu Mozarts Requiem versuchte Vogel, die Auswirkungen der Pandemie auf die darstellenden Künste zu veranschaulichen.[11] Für die Festveranstaltung Écorché! Anatomie des Tanzes des Sonderforschungsbereichs 1391 Andere Ästhetik im März 2024 kreierte Vogel eigens für diesen Anlass eine Tanzperformance und nahm anschließend im Rahmen der Veranstaltung an einer Podiumsdiskussion teil.[12] Im Kleist Forum wurde im Frühjahr desselben Jahres seine Produktion Die Seele am Faden nach Heinrich Kleists Erzählung Über das Marionettentheater uraufgeführt.

Die Dokumentation Friedemann Vogel – Verkörperung des Tanzes befasst sich mit Vogels Leben. Sie wurde vom SWR produziert und am 10. April 2020 dort ausgestrahlt, in der Mediathek war sie bis Februar 2023 verfügbar. In der Co-Produktion von ZDF und Arte Dance on! ist er einer von vier porträtierten Tänzern. Die Erstausstrahlung war am 20. November 2022 auf Arte, in der Mediathek ist die Dokumentation noch verfügbar.

Friedemann Vogel gilt auch bei Kritik und Publikum im internationalen Kontext als herausragender Tänzer. Der British Theatre Guide und Debra Craine von The Times hoben Vogels Darstellung in Tristesse hervor.[13][14] Ebenso wurde seine Darstellung in Marguerite et Armand bei einem Gastspiel in New York gelobt.[15] Vogels Darstellung des Des Grieux in Kenneth MacMillians Manon (zusammen mit Eleonora Abbagnato beim Ballet di Roma) wurde von Presse und Kritikern gleichermaßen gefeiert.[16] Vogel hat in seiner Karriere auf über 40 Bühnen in 24 Ländern getanzt. Nicht zuletzt genießt Vogel in Asien, insbesondere in Japan, einen besonderen Ruf. So wurde ihm beim 15. World Ballet Festival in Japan die Ehre zuteil, als einziger von 40 eingeladenen Ballettstars ein Fernsehinterview zu geben. Zudem wurde Vogel in einer Publikumsumfrage des Dance Magazine Japan 2019 zu einem der beliebtesten Tänzer gewählt.

Rollen und Repertoire

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Vogels Repertoire umfasst eine große Bandbreite klassischer und zeitgenössischer Stücke. Zahlreiche Choreographen haben besondere Rollen für ihn kreiert, beim Stuttgarter Ballett, aber auch darüber hinaus.

Rollen und Repertoire[3]
Stück Choreograph Rolle
5 Tangos Hans van Manen
Afternoon of a Faun Jerome Robbins Hauptrolle
Apollo George Balanchine Apollo
Auszug aus: Spuren John Cranko Die Gegenwart
Ballet Imperial George Balanchine Hauptrolle
Bella Figura Jiří Kylián Pas de deux
Boléro Maurice Béjart männliche Hauptrolle
Brouillards John Cranko
Dances at a Gathering Jerome Robbins Rolle in Grün
Das Lied von der Erde Kenneth MacMillan Der Ewige
Das siebte Blau Christian Spuck
Der Feuervogel Uwe Scholz
Der widerspenstigen Zähmung John Cranko
Diamonds George Balanchine Hauptrolle
Die Kameliendame John Neumeier Armand Duval und Graf N.
Die Vier Temperamente George Balanchine Sanguinisch
Dornröschen Márcia Haydée nach Marius Petipa Prinz Desiré
dreamdeepdown Kevin O’Day
Edward II David Bintley Edward II
Forgotten Land Jiří Kylián Weiß
Fratres John Neumeier Hauptrolle
Gaîté Parisienne Maurice Béjart Pas de deux Die Liebenden
Giselle Inszenierung: Reid Anderson, Valentina Savina Herzog Albrecht
Grand Pas Classique Daniel Auber Hauptrolle
Herman Schmerman William Forsythe Hauptrolle
In The Middle, Somewhat Elevated William Forsythe Hauptrolle
Initialen R.M.B.E John Cranko Solorolle in M.
Kaash Akram Khan Hauptrolle
Kazimir's Colours Mauro Bigonzetti Solo
La Bayadère Natalia Makarova nach Marius Petipa Solar
La fille mal gardée Sir Frederick Ashton Colas
La Sylphide Peter Schaufuss nach August Bournonville James
Legende John Cranko Hauptrolle
Les Sylphides Michail Fokine Poet
Manon Kenneth MacMillan Des Grieux
Marguerite und Armand Sir Frederick Ashton Armand
Mayerling Kenneth MacMillan Kronprinz Rudolf
Nachtmerrie Marco Goecke Hauptrolle
Now and then John Neumeier
One of a Kind Jiri Kylian
Onegin John Cranko Onegin, Lenski
Poème de l'extase John Cranko Hauptrolle des verliebten Jünglings
Raymonde 3. Akt Rudolf Nureyev Jean de Brienne
Requiem Kenneth MacMillan männliche Hauptrolle
Ricercare Glen Tetley Hauptrolle
Romeo und Julia John Cranko, Kenneth MacMillan, Derek Deane Romeo
Schwanensee John Cranko Prinz Siegfried
Siebte Sinfonie Uwe Scholz
Sinfonie in C George Balanchine Hauptrolle 1. und 2. Satz
Slice to Sharp Jorma Elo Hauptrolle
Songs of a wayfarer Maurice Béjart Nureyev
Stravinsky Violin Concerto George Balanchine Hauptrolle
The Dream Sir Frederick Ashton Oberon
The Lady and the Fool John Cranko Moondog, Prinz
The Vertiginous Thrill of Exactitude William Forsythe
Theme and Variations George Balanchine Hauptrolle
Vers un Pays Sage Jean Christoph Maillot
Voluntaries Glen Tetley Pas de trois
Was Bleibet Alessandro Giaquinto Hauptrolle

Eigens für Vogel kreierte Rollen[3]

Stück Choreograph Rolle
Adagio Assai Bridget Breiner
Aurora's Nap Johan Inger Prinz Désiré
Cadavre Exquis Guillaume Côté Hauptrolle
Carlotta's Portrait Christian Spuck Hauptrolle
Coppélia beim Teatro alla Scala Derek Deane Franz
Der Feuervogel Sidi Larbi Cherkaoui Hauptrolle
Der Nussknacker Edward Klug Der Nussknacker/Drosselmeiers Neffe
Dornröschen Derek Deane, Cyntia Harvey Prinz Desiré
EDEN/EDEN Wayne McGregor männliche Hauptrolle
Einssein Mauro Bigonzetti
Fancy Goods Marco Goecke Hauptrolle
Giselle Irina Lukasova Duke Albrecht
II Concertone Mauro Bigonzetti Hauptrolle
Le petit rien Christian Spuck Hauptrolle
Mona Lisa Itzik Galil Hauptrolle
nocturne Christian Spuck Hauptrolle
Not in my hands Friedemann Vogel & Thomas Lempertz Solo
Orlando Marco Goecke Hauptrolle
Raymonda beim Teatro alla Scala Sergej Vikharev Jean de Brienne
Source Edward Clug
still.nest Dominique Dumais Hauptrolle
Strictly Gershwin Derek Deane Hauptrolle
Taiyō to Tsuki Martin Schläpfer
The Chambers of a Heart Itzik Galil Hauptrolle
The Shaking Tent Marc Spradling Hauptrolle
Tristesse für Kings of the Dance Marcelo Gomes Hauptrolle
Two Pieces of Matter against the Gravitational Force Jean Christophe Blavier Hauptrolle
Was Bleibet Alessandro Giaquinto Hauptrolle

Auszeichnungen/Preise (Auswahl)

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  • 1997 Prix de Lausanne[17]
  • 1997 Gold-Medaille beim Prix de Luxembourg
  • 1998 USA International Ballet Competition
  • 2002 Erik-Bruhn-Preis
  • 2012 Danza&Danza-Award
  • 2012 Auszeichnung mit dem „Positano Premio la Danza – Leonide Massine“ als bester internationaler Tänzer[18]
  • 2015 Auszeichnung zum Kammertänzer des Landes Baden-Württemberg
  • 2016 Prix Maya
  • 2019 Tänzer des Jahres (Zeitschrift tanz)
  • 2020 Herausragender Interpret im Rahmen des Deutschen Tanzpreises[19]
  • 2024 John-Cranko-Preis[20]
  • Friedemann Vogel – Verkörperung des Tanzes, Film von Katja Trautwein.[21][22]
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Einzelnachweise

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  1. Friedemann Vogel im Munzinger-Archiv, abgerufen am 15. April 2024 (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. Friedemann Vogel beim Stuttgarter Ballett: Alle Vogel-Kinder landen beim Theater. In: Stuttgarter Zeitung. Abgerufen am 15. April 2024.
  3. a b c d e Friedemann Vogel. Stuttgarter Ballett, abgerufen am 14. März 2024.
  4. Friedemann Vogel erhält Deutschen Tanzpreis: Ein Weltstar made in Stuttgart. In: Stuttgarter Zeitung. 27. Mai 2020, abgerufen am 14. März 2024.
  5. Tänzer Friedemann Vogel beim Deutschen Tanzpreis geehrt. In: Heilbronner Stimme. 27. Mai 2020, abgerufen am 14. März 2024.
  6. Friedemann Vogel: Stuttgarter Starsolist ist Unesco-Tanzbotschafter 2021. In: Stuttgarter Zeitung. 20. März 2021, abgerufen am 14. März 2024.
  7. Marielle jacquier: Friedemann Vogel. Prix de Lausanne, 19. September 2013, abgerufen am 14. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  8. a b Physical Conversation. In: StadtPalais – Museum für Stuttgart. Abgerufen am 14. März 2024.
  9. Georgie Miller: Dior Wants You to Channel Your Inner Ballerina During Social Distancing — Virtual Dance Lessons From True Masters Now in Play. 13. Mai 2020, abgerufen am 14. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  10. Dance your way out of a lockdown lull with Dior’s online ballet lessons. In: Wanted Online. 22. Mai 2020, abgerufen am 14. März 2024 (englisch).
  11. Ballettstar Friedemann Vogel zur Coronakrise: „Tänzer sind keine Maschinen“. In: Stuttgarter Zeitung. 17. Mai 2021, abgerufen am 14. März 2024.
  12. Écorché! Anatomie des Tanzes. Universität Tübingen, abgerufen am 9. Mai 2024.
  13. Theatre review: Ardani 25 Dance Gala: Zeitgeist / Tristesse / Facada at London Coliseum. 17. Juli 2015, abgerufen am 14. März 2024 (britisches Englisch).
  14. Ardani Artists 25th Anniversary "If only all Galas could be like this". In: Gramilano. 23. Juli 2015, abgerufen am 14. März 2024 (britisches Englisch).
  15. Alastair Macaulay: Fall for Dance Festival Is Short but Packed. In: The New York Times. 9. Oktober 2016, abgerufen am 14. März 2024.
  16. Roma, Eleonora Abbagnato sul palco del Teatro dell'Opera in "Manon". In: la Repubblica. 26. Mai 2018, abgerufen am 14. März 2024 (italienisch).
  17. Friedemann Vogel. In: Prix de Lausanne. Abgerufen am 31. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  18. Friedemann Vogel. Theater Dortmund, abgerufen am 31. März 2024.
  19. Ehrung als herausragender Interpre 2020, Friedemann Vogel Kammertänzer und Erster Solist des Stuttgarter Balletts. In: Deutscher Tanzpreis. Dachverband Tanz Deutschland e. V., 2020, abgerufen am 2. April 2024.
  20. Stuttgarter Zeitung: Stuttgarter Ballett: Starsolist Friedemann Vogel hat Grund zum Feiern. Abgerufen am 24. September 2024.
  21. Friedemann Vogel bei crew united, abgerufen am 1. April 2024.
  22. Friedemann Vogel – Verkörperung des Tanzes › Klassik im TV. In: Klassikkalender. Abgerufen am 31. März 2024.