Dworkino
Dworkino (russisch Дворкино, deutsch Friedenberg) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad (Gebiet Königsberg (Preußen)). Er liegt im Rajon Prawdinsk (Kreis Friedland (Ostpr.)) und gehört zur Prawdinskoje gorodskoje posselenije (Stadtgemeinde Prawdinsk (Friedland)).
Siedlung
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Geographische Lage
BearbeitenDie Ortschaft liegt in der historischen Region Ostpreußen, etwa zwölf Kilometer südsüdöstlich der Stadt Prawdinsk (Friedland in Ostpreußen) und 14 Kilometer westlich der früheren Kreisstadt Schelesnodoroschny (Gerdauen).
Geschichte
BearbeitenDas Dorf Friedenberg entstand nach 1376 im Deutschordensstaat auf dem Landbesitz des Ritters Hans Traupe, der ihn für Kolonisationszwecke aufbereitete.[2] Nach 1466 gelangte Friedenberg an die Familie von Merklichenrode, gefolgt von dem Rehdener Starost Felix von Damarau und dem Kanzler Johann von Kreytzen. Schließlich kam Friedenberg durch Heirat in den Besitz der Familie Schack von Wittenau, die auch die nächsten Jahrhunderte die Geschicke des Dorfes bestimmte. Im Jahr 1785 wird Friedenberg als ein adliges Vorwerk mit einer Kirche, einer Mühle und 35 Feuerstellen (Haushaltungen) beschrieben.[3]
Ab 1874 gehörte Friedenberg zum damals neu errichteten Amtsbezirk Schakenhof[4] (russisch: Trostniki) im Landkreis Gerdauen im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen.
Im Jahre 1910 zählte Friedenberg 252 Einwohner[5]. In dieser Zeit erwarb Lothar von Kalckstein Schakenhof mit Friedenberg, das inzwischen ein Vorwerk von Schakenhof geworden war. Er erließ hier ein schlichtes Gutshaus errichten.
1933 wohnten in Friedenberg 395 Menschen, 1939 waren es 383[6]. Letzter Besitzer auf Friedenberg war Heinz Bötticher von 1938 bis 1945, der zwar noch das Gutshaus umbauen ließ, im Januar 1945 aber seinen Besitz verlassen musste. Das Gutshaus blieb über 1945 hinaus erhalten.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Region im Frühjahr 1945 von der Roten Armee besetzt. Nach Einstellung der Kampfhandlungen wurde Friedenberg zusammen mit der gesamten nördlichen Hälfte Ostpreußens von der Sowjetunion besatzungsrechtlich in eigene Verwaltung genommen.
1947 wurde der Ort in „Dworkino“ umbenannt.[7] Bis 2009 war Dworkino innerhalb der seit 1991/92 russischen Oblast Kaliningrad in den Sewski sowjet (Dorfsowjet Sewskoje (Böttchersdorf)) eingegliedert. Danach kam die aufgrund einer Struktur- und Verwaltungsreform[8] als „Siedlung“ (russisch: possjolok) eingestufte Ortschaft zur Prawdinskoje gorordskoje posselenije (Stadtgemeinde Prawdinsk (Friedland)) im Rajon Prawdinsk.
Verkehr
BearbeitenDworkino liegt südlich der russischen Fernstraße A 196 (ehemalige deutsche Reichsstraße 131) an einer Nebenstraße, die von der A 196 südwärts bis in das russisch-polnische Grenzgebiet führt und vor 1945 weiter bis nach Lindenau (heute polnisch: Lipica) verlief.
Vor 1945 war Schakenhof (heute russisch: Trostniki) die nächste Bahnstation an der Strecke von Königsberg (Kaliningrad) nach Angerburg (heute polnisch: Węgorzewo).
Kirche
BearbeitenKirchengebäude
BearbeitenDie 1376 erbaute Ordenskirche gehörte zu zehn Wehrkirchen, die der Deutsche Orden auf der Linie Friedland (Prawdinsk) – Schippenbeil im Abstand von etwa vier Kilometern errichtete, um sich der Prußen und Litauer zu erwehren.
1722 wurde das Gotteshaus bei einem Gewitter nahezu vollständig zerstört, 1731 durch das Patronat aber in den alten Mauern wieder aufgebaut. Der um 1890 vorhandene Turm hatte im Erdgeschoss eine Mauerstärke von 2,6 m,[9] mehrere Geschosse, war 120 Fuß (≈ 37 m) hoch, mit einem vierseitigen Zeltdach abgeschlossen und trug zwei Glocken. Das Dach des Turms muss vor der Zerstörung 1722 eine andere Gestalt gehabt haben.[10] Das Kirchengebäude ist heute eine Ruine.
Kirchengemeinde
BearbeitenFriedenberg war schon in vorreformatorischer Zeit Pfarrdorf mit einem weitflächigen Kirchspiel[11]. Die Reformation hielt recht früh hier Einzug. Zunächst zur Inspektion Rastenburg (heute polnisch: Kętrzyn) gehörig, kam das Kirchspiel dann bis 1945 zum Kirchenkreis Gerdauen in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union.
Während der Zeit der Sowjetunion war kirchliches Leben untersagt. Erst in den 1990er Jahren bildeten sich in der Oblast Kaliningrad neue Gemeinden, die Dworkino am nächsten liegende ist die in Prawdinsk (Friedland), Filialgemeinde der Kaliningrader Auferstehungskirche, die zur ebenfalls neu gegründeten Propstei Kaliningrad[12] der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER) gehört.
Kirchspielorte
BearbeitenZum Kirchspiel Friedenberg[13] gehörten bis 1945 drei Gemeinden mit dazugehörigen Ortsteilen bzw. Wohnplätzen, von denen einige heute auf polnischem Staatsgebiet liegen:
Name (bis 1946) | Heutiger Name/Land |
---|---|
Amma | --/RUS |
Braktin | --/PL |
Friedenberg | Dworkino/RUS |
Grüneberg | Klenowoje/RUS |
Heinrichshof | --/RUS |
Klein Rädtkeim | Karelskoje/RUS |
Mehleden | Melejdy/PL |
Rädtkeim | --/RUS |
Rosenberg | Sopkino/RUS |
Schakenhof | Trostniki/RUS |
Sophienberg | Djatlowo/RUS |
Pfarrer
BearbeitenVon der Reformation bis zum Jahre 1945 amtierten in Friedenberg als evangelische Geistliche[14][15]
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Schule
BearbeitenZwischen 1735 und 1945 hatte Friedenberg eine eigene zweiklassige Schule.
Literatur
Bearbeiten- Friedenberg, Dorf, Kreis Gerdauen, Regierungsbezirk Königsberg, Provinz Ostpreußen, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Friedenberg (meyersgaz.org)
- Adolf Boetticher: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen. Band 2: Die Bau- und Kunstdenkmäler in Natangen. 1898, S. 80–81 (Google Books).
- Agathon Harnoch: Chronik und Statistik der evangelischen Kirchen in den Provinzen Ost- und Westpreußen, Nipkow, Neidenburg 1890, S. 98 (Google Books).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
- ↑ Umgebung von Gerdauen
- ↑ Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil I: Topographie von Ost-Preußen. Marienwerder 1785, Anhang Volständige Topographie vom Ost-Preußischen Cammer-Departement, S. 46 (Google Books).
- ↑ Rolf Jehke, Amtsbezirk Schakenhof
- ↑ Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis, Landkreis Gerdauen
- ↑ Michael Rademacher: Landkreis Gerdauen (russ. Schelesnodoroschnyj). Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 17 ноября 1947 г. «О переименовании населённых пунктов Калининградской области» (Verordnung des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR "Über die Umbenennung der Orte des Gebiets Kaliningrad" vom 17. November 1947)
- ↑ Nach dem Gesetz über die Zusammensetzung und Territorien der munizipalen Gebilde der Oblast Kaliningrad vom 25. Juni/1. Juli 2009, nebst Gesetz Nr. 476 vom 21. Dezember 2004, präzisiert durch Gesetz Nr. 370 vom 1. Juli 2009
- ↑ Adolf Boetticher: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen. Band 2: Die Bau- und Kunstdenkmäler in Natangen. 1898, S. 80–81 (Google Books).
- ↑ Agathon Harnoch: Chronik und Statistik der evangelischen Kirchen in den Provinzen Ost- und Westpreußen, Nipkow, Neidenburg 1890, S. 98 (Google Books).
- ↑ Kirchspiel Friedenberg
- ↑ Ev.-luth. Propstei Kaliningrad ( vom 29. August 2011 im Internet Archive)
- ↑ Kirchspiel Friedenberg (wie oben)
- ↑ Friedwald Moeller, Altpreußisches Evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1968, Hamburg, 1968:
- ↑ Daniel Heinrich Arnoldt: Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit der Reformation an den lutherischen Kirchen in Ostpreußen gestandnen Predigern. Königsberg 1777, S. 289–290 (Google Books).