von Hausthier, Wildpret, Schlachtvieh, Baumaterial, der Zoologie und Mineralogie gegenüber. Man muß nämlich, um für diese Begriffe die Grenzen zu finden, das Herkommen, den allgemeinen Gebrauch befragen, und es läßt sich nicht läugnen, daß wenn auch der Begriff derselbe bleibt, doch die Inhaltsangabe eines solchen Begriffs schwankend ist. Eine deutsche Pomologie enthält nämlich andere Obstarten als eine italienische oder gar südafrikanische, chinesische, australische Pomologie.
Man hat nun Obst gewöhnlich so definirt: Obst heißen alle genießbaren fleischig-saftigen und fettöligten Früchte des Pflanzenreichs; oder Obst heißen die meist im rohen Zustande von den Menschen genießbaren auf Bäumen, Sträuchern und Pflanzen erzeugten Früchte, woraus Saft oder fettes Oel gewonnen werden kann. In der letzten Definition ist zuerst das Merkmal: auf Pflanzen erzeugt, logisch unrichtig, weil es die beiden voranstehenden Bestimmungen auf Bäumen und Sträuchern schon mit einschließt[1]. Weiter aber sind beide Definitionen zu weit, denn nach denselben gehören auch die Heidelbeeren, die Mehlbeeren, die Bucheckern, nach der erstern auch die Cacaobohne, sowie der Mohn zum Obste, welche letztere man um so eher versucht wird, dazu zu rechnen, weil in manchen Gegenden, namentlich in Thüringen derselbe zum Kuchenbacken verwendet wird.
Um aber zum Begriff von Obst zu gelangen, müssen wir uns aus dem Eingangs bemerkten Grunde zunächst allerdings an die Botanik wenden; und diese antwortet auf unsere Frage: was heißt Obst? wie oben richtig angegeben: fleischig-saftige und fett-öligte Früchte des Pflanzenreichs. Das allein sind die eigentlich botanischen Merkmale in der oben angeführten Definition, indem das Merkmal „genießbar“ streng genommen die Botanik nichts angeht. Auch muß noch dabei bemerkt werden, daß das Wort Früchte nicht in streng botanischem, sondern im weiteren Sinne dasteht, als der Theil der Pflanze, in oder an welchem der Same sich befindet. Wollte man das Wort im engeren Sinne nehmen, so würde man die Erdbeere ausschließen, welche bekanntlich eine falsche Frucht ist; sie wird lediglich von dem angeschwellten Fruchtboden, an welchem sich die Samen nackt befinden, gebildet.
Diese Früchte des Pflanzenreichs müssen aber nun, wenn sie zum Obste gerechnet werden sollen, nicht bloß genießbar seyn, sondern eine gesunde, angenehme Nahrung gewähren. Giftige oder widrig schmeckende Früchte verdienen den Namen Obst nimmermehr. Auch versteht es sich von selbst, daß dabei nur an einen mäßigen Genuß gedacht werden darf. Wenn man den Marunken und einigen anderen Pfaumensorten nachredet, daß sie Leibweh, und den Nüssen, daß sie Heiserkeit verursachen, so liegt der Grund davon theils in dem unmäßigen Genusse, theils in der krankhaften Disposition einzelner Individuen. Ferner müssen Früchte, die zum Obst gehören sollen, auch wirklich zur Nahrung gebraucht werden. Die lieblichste und erquickendste
- ↑ Die Redaktion macht bemerklich, daß in der Zusammenstellung mit Bäumen und Sträuchern das Wort Pflanze hier offenbar krautartige, niedrige Gewächse, wie Erdbeeren u. dgl. bedeutet, daher die Bäume und Sträucher nicht mit einschließt. Uebrigens verkennt man die Mängel der gewöhnlichen Definitionen von Obst nicht, von dem man leichter einen angemessenen[WS 1] Begriff sich machen, als eine kurze, völlig zutreffende Definition geben wird können.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: ungemessenen (vgl. Anzeige von Druckfehlern)
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)