Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält. | |
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erwachte Trieb seiner Selbstthätigkeit hätte ihn bald in seiner müßigen Glückseligkeit verfolgt, und ihm die Freuden vereckelt, die er sich nicht selbst geschaffen hatte. Er würde das Paradies in eine Wildniß verwandelt, und dann die Wildniß zum Paradies gemacht haben. Aber glücklich für das Menschengeschlecht, wenn es keinen schlimmern Feind zu bekämpfen gehabt hätte, als die Trägheit des Ackers, den Grimm wilder Thiere und eine stürmische Natur! – Die Noth drängte ihn, Leidenschaften wachten auf, und waffneten ihn bald gegen seines Gleichen. Mit dem Menschen mußte er um sein Daseyn kämpfen, einen langen, lasterreichen, noch jetzt nicht geendigten Kampf, aber in diesem Kampfe allein konnte er seine Vernunft und Sittlichkeit ausbilden.
Die ersten Söhne, welche die Mutter der Menschen gebahr, hatten vor ihren Eltern einen sehr wichtigen Vortheil voraus: Sie wurden von Menschen erzogen. Alle Fortschritte, welche die letztern durch sich selbst, und also weit langsamer, hatten thun müssen, kamen ihren Kindern zu gut, und wurden diesen schon in ihrem zärtesten Alter, spielend und mit der Herzlichkeit älterlicher Liebe übergeben. Mit dem ersten Sohn also, der vom Weibe gebohren war, fängt das große Werkzeug an, wirksam zu werden – das Werkzeug
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_008.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)