Schlangensterne

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Schlangensterne

Olivgrüner Schlangenstern (Ophiarachna incrassata)

Systematik
ohne Rang: Gewebetiere (Eumetazoa)
ohne Rang: Bilateria
Überstamm: Neumünder (Deuterostomia)
Stamm: Stachelhäuter (Echinodermata)
Unterstamm: Eleutherozoen (Eleutherozoa)
Klasse: Schlangensterne
Wissenschaftlicher Name
Ophiuroidea
Gray, 1840

Die Schlangensterne (Ophiuroidea) sind eine Klasse der Stachelhäuter (Echinodermata) und gehören dort zum Unterstamm der Eleutherozoen (Eleutherozoa). Der wissenschaftliche Name dieser Tierklasse leitet sich von gr. ophis – Schlange und ura – Schwanz ab. Alle Schlangensternarten leben im Meer.

Obwohl den Schlangensternen mehr als 2.100 rezenten Arten angehören, sind sich diese vom Aussehen her ähnlicher, als die Angehörigen der anderen Stachelhäuterstämme; Seesterne, Seeigel, Seegurken, sowie Seelilien und Haarsterne gezählt werden.[1][2]

Die Artenvielfalt der Schlangensterne ist, mit über 800 dort lebenden Arten, im Indopazifik am größten. Sie besiedeln jedoch auch alle anderen Ozeane der Welt, einschließlich der Polargebiete. Über die Hälfte der bisher beschriebenen Schlangensterne leben in Gewässern in der Nähe der Küste (Schelfregion), während fast ebensoviele Spezies in küstenfernen Gebieten und der Tiefsee angetroffen wurden.[3]

Anatomie und Merkmale

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Schlangensterne sind die nächsten Verwandten der Seesterne und zeichnen sich wie diese durch eine sekundäre, Symmetrie aus, bei der ein fünfstrahliger Aufbau mit 5 Armen am häufigsten ist (es gibt jedoch auch Arten mit sechs oder mehr Armen)[1].

Die Zentralscheibe ist sehr klein, die beweglichen Arme sind deutlich von ihr abgesetzt und erreiche, je nach Art Längen zwischen 3 und 70 Millimetern. Im Gegensatz zu Seesternen besitzen Schlangensterne keine Saugscheiben, verfügen jedoch ebenfalls über ein Ambulacralsystem, welches für den Austausch von Gasen verantwortlich ist und mit dem kleine Nahrungspartikel aufgenommen und zur Mundöffnung geführt werden. Im Mundbereich befinden sich Skelettplatten, die bei der Zerkleinerung von Nahrung eine ähnliche Rolle übernehmen, wie bei Wirbeltieren Kiefer und Zähne. Diese Platten sind bei Schlangensternen deutlicher sichtbar, als bei anderen Stachelhäutern, da sie eine sehr dünne Haut haben. Der größte Teil des Rumpfes ist vom Darm erfüllt, der jedoch keine Ausscheidungsorgane (weder Enddarm noch After) hat.[2]

Sinneswahrnehmung

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Ein Roter Schlangenstern Ophiomastix wendtii vor Puerto Rico. Diese Schlangensternart ist zur optischen Wahrnehmung fähig.[4]

Mit ihren sensiblen, von Muskeln bewegten Armen nehmen Schlangensterne tatkile Reise auf, mit deren Hilfe sie sich orientieren. Es war bereits lange bekannt, dass die Tiere auf Helligkeit und Dunkelheit reagieren und ihre Farbe wechseln können.[5] Mittlerweile wurde nachgewisen, dass es Schlangensternarten gibt, auf deren Rumpfscheibe sich eine Verdickung des Calcitskeletts befindet, welches ähnlich wie ein Auge funktioniert[2]. Fotorezeptoren ermöglichen diesen Schlangensternen sich bei Tageslicht aktiv zu verstecken und durch Farbwechsel auf Lichtveränderungen zu reagieren.[4]

Die Nahrung der Schlangensterne besteht, je nach Art und Lebensraum aus Detritus, Aufwuchs, Aas oder Plankton (Gorgonenhäupter) und wird entweder aktiv aufgetupft und zum Mund geführt oder aus nährstoffreichen Stömungen filtriert - wofür einige Arten über mehrfach aufgespaltene Fangarme verfügen.[2]

Die Fortbewegung erfolgt durch das schängelnde Bewegen der Arme, wodurch sie recht flink werden. Dreidimensionale Bewegungen ermöglichen es den Tieren sich zwischen Korallen und großen Algen nach Halt zu suchen und sich dann hangelnd fortzu bewegen.[2] Die Tiere sind sehr empfindlich gegen Berührungen, die Arme werden bei Gefahr oft abgeworfen, in der Regel aber wieder regeneriert.

Schlangensterne wie dieser Astroboa nuda, aus der Familie der Gorgonenhäupter, nutzen ihre verzweigten Arme, um sich als Filtrierer zu ernähren

Abwehr von Feinden

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Schlangensterne werden von Fischen, die ihre Nahrung am Meeresgrund suchen, als Beute angesehen. Es geschieht nicht selten, dass dabei einem Schlangenstern ein Arm verloren geht. Dieser wächst jedoch schnell wieder nach. Einige Arten besitzen leuchtende Drüsenzellen an den Dornen ihrer Arme, die einen Lichtschein erzeugen, wenn der Arm abgebissen wird. Dies schreckt die meisten Räuber ab, so dass sie in die Flucht geschlagen werden.

Ob die Befruchtung im Wasser oder im Körper des Schlangensterns erfolgt, liegt an dessen Lebensraum und der Wassertemperatur. Die bilateral-symmetrischen Larven der Schlangensterne werden als Pluteus (Ophiopluteus) bezeichnet. Normalerweise sind die Larven frei schwimmend, entwickeln sich jedoch bei allen Arten, die in den Polarmeeren (Arktischer und Südlicher Ozean) leben innerhalb der Elterntiere. Es gibt Arten, die sich asexuell durch Zweiteilung fortpflanzen.[2]

Fossiles Vorkommen

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Loriolaster mirabilis, ca. 390 Mio. Jahre alt
Etwa 150 Mio. Jahre altes Fossil eines Schlangensterns aus dem Solnhofener Plattenkalk

Die Schlangensterne entwickelten sich bereits im frühen Ordovizium vor ungefähr 500 Mio. Jahren, dennoch sind ihre Überreste verhältnismäßig selten fossil überliefert, denn die filigranen Körper zerbrechen recht leicht.

Im Hunsrückschiefer wurden bei Bundenbach sehr gut erhaltene, versteinerte Exemplare der Art Loriolaster mirabilis gefunden, die rund 390 Millionen Jahre alt sind.[6]

Manche vielarmige Fossilien dieser Tiere, wie auch bestimmte Fossilien von Seelilien und Haarsternen (Crinoidea), wurden in einer Vergangenheit, als diese versteinerten Formen bei ihren Betrachtern noch Schrecken erregen konnten, als „Medusenhaupt“ bezeichnet. Die meeresbewohnende Medusa aus der griechischen Mythologie ließ durch den bloßen Anblick ihres von Schlangenhaar bedeckten Kopfes Menschen zu Stein werden.[7]

Gebänderter Schlangenstern (Ophiolepis superba)
Gorgonenhaupt
Asteriacites
Heller Schlangenstern (Ophiura albida)

Schlangensterne werden in drei Ordnungen, sechs Unterordnungen und 33 Familien unterteilt, die insgesamt 250 Gattungen und mehr als 2100 Arten umfassen. Sie sind damit die artenreichste Klasse der Stachelhäuter. Die Datenbank des World Register of Marine Species verzeichnet 2.136 wissenschaftlich beschriebene und voneinander abgegrenzte Arten (Stand: Januar 2025)[1].

Im Einzelnen unterscheidet man:

Einzelnachweise

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  1. a b c World Ophiuroidea Database. World Register of Marine Species, abgerufen am 22. Januar 2025
  2. a b c d e f Lexikon der Biologie. Schlangensterne. Spektrum der Wissenschaft, abgerufen am 22. Januar 2025
  3. Sabine Stöhr, Timothy D. O'Hara & Ben Thuy (2012): Global Diversity of Brittle Stars (Echinodermata: Ophiuroidea). PLoS One. 2012 Mar 2;7(3):e31940. PMID: 22396744 doi:10.1371/journal.pone.0031940
  4. a b L. Sumner-Rooney, J. D. Kirwan, E. Lowe & E. Ullrich-Lüter (2010): Extraocular Vision in a Brittle Star Is Mediated by Chromatophore Movement in Response to Ambient Light. Current Biology, Volume 30, Issue 2, 319 - 327.e4 doi:10.1016/j.cub.2019.11.042
  5. Schlangensterne sehen ohne Augen und Gehirn. Bayerischer Rundfunk, abgerufen am 22. Januar 2025
  6. Ophiuroidea (Schlangensterne). Mineralienatlas, abgerufen am 22. Januar 2025
  7. Helmut Hölder: Naturgeschichte des Lebens. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1989, S. 153.
  • Svein A. Fosså / Alf Jacob Nilsen: Korallenriff-Aquarium. Bd. 6. Schmettkamp, Bornheim 1998, ISBN 3-928819-18-6.
  • Heinke A. G. Schultz: Handbook of Zoology: Echinodermata, Volume 1 Echinoidea, 2015, ISBN 978-3-11-037170-3
Commons: Schlangensterne (Ophiuroidea) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien