Schiffssetzung
Eine Schiffssetzung (schwed. skeppssättning; dän. skibssætning; norwegisch skipssetning) ist eine dem Umriss eines Bootes oder Schiffes nachbildende Steinsetzung, die primär im Ostseeraum vorkommt und Brand- oder Urnengräber markiert. Mitunter fanden sich wie Hütten geformte kleine Steinkisten mit Urnen innerhalb oder neben der Schiffssetzung. In Schonen wurden 26 verschiedene Urnen aus mehreren Jahrhunderten innerhalb einer Schiffssetzung entdeckt.[1]
Während Schiffssetzungen aus großen Steinformaten vorwiegend in die späte Bronze- und frühe Eisenzeit, also in vorchristliche Zusammenhänge datiert werden, gehören die aus kleineren Steinformaten errichteten Gruppen (z. B. Ales stenar) in die Wikingerzeit (ca. 800–1150 n. Chr.). Lediglich 25 Schiffssetzungen lassen sich in die Bronzezeit datieren. Einige frühe Exemplare sind auf Gotland, in Estland und Finnland zu finden.
Bedeutung und Abgrenzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schiffssetzungen – aus bogenförmig angeordneten Bautastein-Reihen – symbolisieren das Schiff, das die Toten in das Totenreich bringen soll. Sie sind nicht nur Begrenzungen der Gräber, sondern auch Teil des Grabkultes. Schiffssetzungen sind in Verbindung mit Grabhügeln und Runensteinen anzutreffen (als „Dreierkombination“ bezeichnet).[2]
Schiffssetzungen sind zu trennen von den Bootsgräbern der Vendelzeit, von Anlagen wie dem Bootkammergrab von Haithabu, von Schiffsopfern (z. B. Nydam-Schiff) und den wikingerzeitlichen Schiffsgräbern (Ladbyschiff, Oseberg-Schiff) bei denen reale Schiffe als Grabraum verwendet wurden.
Gestaltung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die meisten Schiffssetzungen (oder Schiffssteinsetzungen) bestehen aus Findlingen, die zumeist Nord-Süd orientiert in Form eines Schiffsrumpfes aufgestellt wurden. Am niedrigsten sind in der Regel die Steine in der Schiffsmitte. Richtung Bug und Heck können bei großen Setzungen, bis zu 4 m hoch sein. Von diesem Erscheinungsbild weichen die nicht aus Findlingen, sondern aus flachen Platten bestehenden Bornholmer Schiffe ab, die am Boden liegen oder in Form eines Schiffes aufgestellt sind und als Schiffsrösen (Skibsrøser) bezeichnet werden. Schiffssetzungen aus Holzpfählen wurden in Ejstrupholm, Snejbjerg und Silkeborg (alle in Dänemark) gefunden.
Auf dem Gräberfeld von Domarlunden auf Gotland gibt es eine Schiffssetzung aus Kalksteinplatten und die Anlage von Askeberga/Vad besteht aus 24 bis zu drei Meter hohen Feldsteinen. Einige dänische Schiffssetzungen (wie Glavendrup) tragen am Bug einen Runenstein. Gotländische Schiffe sind sehr zahlreich. Sie werden bis zu 47 m lang, sind aber nur ausnahmsweise bis zu 1,5 m hoch. Einige Schiffe (z. B. Schiffssetzung von Lugnaro und Schiffssetzung von Slättaröd) wurden mit Stein-Erdehügeln bedeckt.
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Schiffssetzungen Altes Lager bei Menzlin
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Runenstein der Schiffssetzung von Glavendrup
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Schiffssetzungen auf Gotland
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Schiffssetzung Tjelvars Grab auf Gotland
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Die Schiffssetzung am Mjösjön ist die nördlichste Schiffssetzung
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Schiffssetzung von Runsa in Uppland
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Velna laiva in Bīlavu in Lettland
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Kalvestenene, Schiffssetzung auf Hjarnø
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Etwa 2000 Schiffssetzungen finden sich vorrangig im Ostseeraum. Es gibt sie vereinzelt in Estland und Lettland (dort Velna laiva genannt), in Deutschland, in Finnland (auf den Åland-Inseln), auf Island (Mosfellsbær), in Norwegen und in Russland. Besonders groß, alt und zahlreich sind sie jedoch in Dänemark und Schweden, wo in den Südprovinzen (z. B. Småland) zwischen 80 und mehreren hundert Schiffssetzungen vorkommen. Auf der Insel Gotland gibt es noch 350, auf der dänischen Insel Bornholm standen einst 50 dieser Grabmale.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schweden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die größte erhaltene Schiffssetzung ist Ales Stenar bei Kåseberga an der Südküste der schwedischen Provinz Skåne. 59 Steine bilden hier ein Schiff von 67 m Länge und mittig 19 m Breite. Die Höhe der Steine liegt am Bug bei 3,3 m, am Heck bei 2,5 m und ist im Mittelteil etwa mannshoch. In Schonen gibt es etwa weitere 50 Schiffssetzungen.
- Die Schiffssetzung von Runsa ist eine 56 m lange und 16 m breite Schiffssetzung aus 28 Steinen auf einen Gräberfeld bei Eds in Uppland.
- Ranes Stenar, ein 55 m langes breitovales Schiff aus 24 Steinen liegt bei Askeberga bei Skövde in Västergötland.
- Bei Badelunda am Anundshög in Västmanland liegen gleich fünf Schiffe. Die beiden längsten sind 54 und 51 m lang und aneinander gebaut.
- 50 m lang und 14 m breit ist die Schiffssetzung Stenhed bei Gärsnäs in Schonen.
- Etwa 350 Schiffssetzungen sind auf der Insel Gotland bekannt. Es handelt sich zum Teil um Gruppen mit bis zu fünf Schiffen. Bei Gnisvärd befindet sich mit 47 m Länge die größte Setzung der Insel.
- 45 m Länge hat die Schiffssetzung bei Ugglarp in Schonen.
- 44 m Länge hat die Schiffssetzung auf dem Gräberfeld von Nässja in Östergötland.
- 42 m lang, aber mit den höchsten Bug- und Hecksteinen ausgestattet ist das Schiff auf dem Gräberfeld von Blomsholm in Bohuslän.
- 42 m lang, ist auch die Schiffssetzung von Össlöv in Småland.
- Einige Schiffssetzungen sind auf Öland z. B. Karums Alvar (Noahs Ark) und auf dem Gräberfeld bei Gettlinge zu finden.
- Einige kleinere Schiffssetzungen gibt es auf den Gräberfeldern von Årby, Gumhem, Hjortsberga und Hjortahammar, einem der größten skandinavischen Gräberfelder.
- Die eisenzeitlichen Schiffssetzungen von Böckersboda wurden 1950 restauriert.
- Die bronzezeitliche Schiffssetzung am Mjösjön in Västerbottens län wurde 1970 restauriert.
- In Färlöv in Schonen wurden die Überreste zweier Schiffssetzungen gefunden, von denen eine zu den größten in Skandinavien gehört. Ihre Länge betrug 80 Meter, die Breite 18 Meter. Beide Setzungen stammen aus dem 8. oder 9. Jahrhundert, also aus der Wikingerzeit.
- Auf dem Schießplatz von Kabusa bei Ystad wurden die Überreste einer 70 m langen Schiffssetzung gefunden.
- 50 m lang und 11 m breit war die Schiffssetzung von Gumpekulla in der Nähe von Linköping in Östergötland
Die bereits während der jüngeren Bronzezeit übliche Sitte, den Toten durch eine Schiffssetzung zu ehren, lebt bis zum Anfang der Eisenzeit fort. Diese jüngeren Schiffssetzungen sind verhältnismäßig kurz und aus kleinen Steinen erbaut, die kaum über der Erdoberfläche reichen. Sie kommen auf Gotland und Bornholm vor.
Dänemark
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die imposanteste, weil weitgehend erhaltene Schiffssetzung Dänemarks (einst 60 m lang und 12 m breit) steht bei Glavendrup auf Fünen. Ihr ehemaliger Bugstein trägt die längste Runeninschrift Dänemarks. Die Schiffssetzung von Jelling in Jütland von ~940 war mit einst etwa 356 m Länge die größte bekannte Schiffssetzung. Weitere dänische Schiffssetzungen oder deren Reste gibt es:
- bei den Klebæk Høje bei Bække (45 m)
- in Dyndved (bei Stolbro auf Alsen)
- zwischen Ferslev und Venslev im Hornsherred (auf Seeland)
- im Konabbe Skov (auf Langeland)
- in der Højstrup Mark
- bei Vejerslev (etwa 88 m lang und vorwikingerzeitlich) auf Jütland
- in Gammel Lejre (einst 80 m lang) (auf Seeland)
- auf Endelave.
An einigen Orten liegen mehrere Schiffssetzungen nahe beieinander:
- Auf Bornholm befanden sich 50 Schiffssetzungen (so viel wie im übrigen Dänemark zusammen, außer Lindholm Høje). Sie liegen im Troldskoven, bei Egeby, in der Nähe von Enesbjerg und zwischen Svaneke und Gudhjem.
- Die größte Ansammlung wikingerzeitlicher Schiffe, die zumeist nicht solch gewaltige Abmessungen wie die früher entstandenen haben, liegt auf dem Lindholm Høje in Nordjütland.
- Auf Hjarnø befinden sich Reste von 10 – ursprünglich 20 Schiffen – das längste 13 m. Die Insel ist benannt nach dem Skalden Hiarne, der der Sage nach im 1. Jahrhundert kurz König von Dänemark gewesen sein soll, da er das beste Grabgedicht auf den verstorbenen König Frode gedichtet hatte. Er soll hier begraben sein.
Estland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die beiden Schiffssetzungen von Lülle (estnisch küla- dt. Lille) einem Weiler im äußersten Süden der estnischen Insel Saaremaa (dt. Ösel) in Torgu im Kreis Saare werden auf das 8. Jahrhundert v. Chr. (bronzezeitlich) datiert und weisen Ähnlichkeiten zum Totenkult auf Gotland, in Finnland und Schweden auf. In der Nähe liegt die Jahrhunderte jüngeren Wikingerschiffsgräber von Salme.
Island
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf Island wurde die Schiffssetzung von Mosfellsbær entdeckt, nachdem die Steine durch Erosion freigelegt worden waren. Die genauere Zeitstellung ist nicht bekannt, in der Nähe gab es jedoch zahlreiche wikingerzeitliche Funde.
Irland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Treanbeg im County Mayo am Lough Feenagh, wo die Wikinger bereits um 848 n. Chr. eine frühe Siedlung anlegten und den Cushalogurt Hort vergruben, hinterließen sie auch mutmaßlich eine Schiffssetzung.[3]
Lettland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Velna laiva (dt. Teufelsboote) genannte Schiffssetzungen im Norden Lettlands.
Norwegen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Schiffssetzung von Agnes
- Elgesem Gräberfeld mit einer 40 m langen Setzung
- Gräberfeld von Istrehågan
- Schiffssetzung von Øvre Kleppaker
- Die Schiffssetzung von Tingvoll
- Gräberfeld Mølen bei Værvågen
- Skipssetning in Ullerøy, Østfold
Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die einzigen erhaltenen Schiffssetzungen auf deutschem Boden liegen im Areal des Flächennaturdenkmals „Altes Lager“ bei Menzlin im Landkreis Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern.
Kuriosität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachbauten vorzeitlicher Monumentarten sind nicht selten. So wurde nach öländischem Vorbild in Norrbottens län 1974 die Schiffssetzung von Nederkalix errichtet. 2008 wurde daneben ein Runenstein aufgestellt. Beides kommt in dieser Region geschichtlich jedoch nicht vor.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Arbeitsgruppe des Projekts „Spuren der Wikinger in Dänemark“ = „Vikingerne i det danske landskab“ (Hrsg.): Spuren der Wikinger in Dänemark. Museen und Monumente. Eine Einführung. Arbeitsgruppe des Projekts „Spuren der Wikinger in Dänemark“, Kopenhagen 1996, ISBN 87-89224-19-1.
- B. Walsh: A possible Viking ship setting at Treanbeg, Co. Mayo. In: Galway Archaeol Hist Soc 59. Bd. 59, (2007). S. 158–167.
- John Haywood: Encyclopaedia of the Viking Age, Thames and Hudson Ltd, 2000 S. 172–173
- Fredrik Svanberg: Vikingatiden i Skåne. Historiska media, Lund 2000, ISBN 91-89442-04-0.
- Gertrud Westermann: Baltisches historisches Ortslexikon – I : Estland (einschliesslich Nordlivland). In: Hans Feldmann, Heinz von zur Mühlen (Hrsg.): Quellen und Studien zur baltischen Geschichte. Band 8/I. Böhlau Verlag, Köln / Wien 1985, ISBN 3-412-07183-8, S. 308
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Skipssetning på Mølen – Norwegen ( vom 12. Oktober 2016 im Internet Archive)
- Schiffssetzung auf Bornholm ( vom 8. Oktober 2017 im Internet Archive)
- Stenhed bei Gärsnäs
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Svanberg: Vikingatiden i Skåne. 2000, S. 49.
- ↑ Heiko Fritz, Joachim Feik: Midgard – Auf den Spuren der Wikinger. Ein Reiseführer. Band 1: Deutschland & Dänemark. Books on Demand, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8370-4168-2.
- ↑ B. Walsh: A possible Viking ship setting at Treanbeg, Co. Mayo. In: Journal of Galway Archaeological & Historical Society Bd. 59, 2007 S. 158–167