Ptychoidie
Ptychoidie ist der bei einigen Gruppen der Hornmilben entwickelte Abwehrmechanismus, bei dem die Beine und weichhäutigen Gelenke komplett in eine Vertiefung des Körpers eingezogen werden können. Das Prodorsum dient als Verschlusskappe und gibt der Milbe in Defensivstellung ein kugelförmiges Aussehen. Diese Einkapselung dient dem Fraßschutz.[1]
Ptychoidie ist eine sehr komplexe morphologische Anpassung. Sie wird einerseits durch die Zweiteilung des Rückenpanzers (Dichoidie) ermöglicht, andererseits durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Muskelgruppen. Um die mechanische Funktionsfähigkeit zu gewährleisten, spielt die Lage der Muskeln zueinander eine wichtige Rolle. Da die Ptychoidie in der Evolution der Milben mehrmals entstanden ist, gibt es auch einige Unterschiede in den Mechanismen, die bei verschiedenen Milbengruppen auftreten.
Um die Funktionsmorphologie für die ptychoiden Abwehrmechanismen aufzuklären, werden verschiedene mikroskopische Techniken, wie Rasterelektronenmikroskopie und Synchrotron-Röntgen-Mikrotomographie (SRµCT) angewandt.[2]
Exoskeletale und muskuläre Anpassungen zur Einkapselung sind bei den Hornmilben mindestens drei Mal unabhängig voneinander entstanden. Zwei Familien aus der Gruppe der Enarthronotides, die Protoplophoridae und die Mesoplophoridae, haben die Ptychoidie unabhängig voneinander entwickelt.[3][4] Alle anderen Familien mit ptychoiden Abwehrreaktionen gehören zu den beiden Überfamilien Phthiracaroidea und Euphthiracaroidea aus der Gruppe der Ptyctima, die eine gemeinsame Entwicklung der morphologischen Strukturen zur Abkapselung zeigen.
Einige Milbenarten aus der Familie Oribotritiidae (Überfamilie Euphthiracaroidea) können sich durch einen plötzlichen Sprung rückwärts einer drohenden Gefahr entziehen. Nach dem Absprung ziehen sie die Beine ein und landen wie ein Ball außerhalb der Gefahrenzone.[5]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Sebastian Schmelzle, Lukas Helfen, Roy A. Norton, Michael Heethoff: The ptychoid defensive mechanism in Euphthiracaroidea (Acari: Oribatida): A comparison of exoskeletal elements. In: Soil Organisms. 80, 2008, S. 233–247. (PDF)
- ↑ Michael Heethoff: Mit Röntgenstrahlen in den Mikrokosmos. Synchrotron-Röntgen-Mikrotomographie für nicht-invasive Visualisierung mikroskopischer Strukturen. In: Bioforum. 32, 5, 2009, S. 14–16.
- ↑ F. Grandjean: Considerations sur le classement des Oribates leur division en 6 groupes majeurs. In: Acarologia. 11, 1969, S. 127–153.
- ↑ R. A. Norton: Systematic relationships of Nothrolohmanniidae, and the evolutionary plasticity of body form in Enarthronota (Acari: Oribatida). In: R. B. Halliday, D. E. Walter, H. C. Proctor, R. A. Norton, M. J. Colloff (Hrsg.): Acarology: Proceedings of the 10th International Congress. CSIRO Publishing, Melbourne 2001, S. 58–75.
- ↑ G. Wauthy, M. Leponce, N. Banaï, G. Sylin, J.-C. Lions: The backward jump of a box moss mite. In: Proceedings of the Royal Society. B, 265, 1998, S. 2235–2242. PMC 1689509 (freier Volltext).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- F. Grandjean: Considerations sur le classement des Oribates leur division en 6 groupes majeurs. 1. Les affinites de Collohmannia gigantea Selln., 1922.2. Suppression des Perlohmannoidea Grandj., 1958 Mixonomata nov. nom. 3. Articulation protero-hysterosomatique dichoidie et holoidie. 4. Ptychoidie. 5. Nouveau classement en 6 groupes majeurs. 6. Liens de parente entre groupes majeurs. In: Acarologia. 11, 1969, S. 127–153.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mit Röntgenstrahlen in den Mikrokosmos GIT Laborportal