Projekt 775

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Projekt 775
Die Kaliningrad beim Besuch des Hafens
von Cartagena, 2004
Die Kaliningrad beim Besuch des Hafens
von Cartagena, 2004
Schiffsdaten
Land Sowjetunion Sowjetunion
Russland Russland
Schiffsart Landungsschiff
Bauwerft Stocznia Północna, Danzig
Bauzeitraum 1974 bis 1991
Gebaute Einheiten 28
Dienstzeit seit 1974
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 112,5 m (Lüa)
Breite 15 m
Tiefgang (max.) 3,7 m
Verdrängung Standard: 2900 t
maximal: 4400 t
 
Besatzung 87 Mann
Maschinenanlage
Maschine 2 × Schiffsdieselmotor 16 ZBV 40/48
Maschinen­leistung 19.200 PS (14.122 kW)
Höchst­geschwindigkeit 17,5 kn (32 km/h)
Propeller 2
Bewaffnung

Alle Schiffe:

  • 2 × 4fach-Starter für Strela-3
  • 2 × 20fach-Starter 122 mm A-215 für Grad-M

Projekt 775 mod. I und II

Projekt 775 mod. III

Projekt 775 (russisch Большой десантный корабль, Großes amphibisches Landungsschiff (deutsche Transkription Bolschoi Dessantny Korabl), NATO-Bezeichnung: Ropucha-Klasse) ist eine Klasse großer Landungsschiffe der sowjetischen und später der russischen Seekriegsflotte sowie der ukrainischen Seestreitkräfte, von der 28 Einheiten zwischen 1975 und 1992 in Dienst gestellt wurden.

Die in den 1960er-Jahren entwickelten Schiffe wurden ab 1974 auf der polnischen Stocznia-Północna-Werft in Gdańsk gebaut. Ab 1975 wurden sie in den Dienst der sowjetischen Marine gestellt. Sie dienen als Ersatz für die Schiffe des Projekts 1171. Die Schiffe wurden in drei Baulosen geliefert, zunächst von 1974 bis 1978 12 Schiffe des ersten Bauloses, später dann als Projekt 775 mod. I bezeichnet, dann 1980 bis 1988 13 Schiffe des Projekt 775 mod. II und von 1988 bis 1992 drei Schiffe des Projekt 775 mod. III.[1][2]

Technische Daten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ein Schwimmpanzer PT-76 verlässt das Landungsschiff durch das Bugtor (1992)

Die Schiffe sind für Landungen direkt am Ufer konzipiert. Die Ladefähigkeit beträgt um die 480 Tonnen. Zwei Laderäume mit Abmessungen (L × B × H) von 55 m × 6,5 m × 4,5 m und 40 m × 4,5 m × 4,5 m stehen zur Verfügung. Bis zu dreizehn Panzer oder Schützenpanzer oder 20 Lastkraftwagen und 150 Marineinfanteristen können mitgeführt werden.[3]

Es wurden drei Ausführungen gebaut, die sich in der Bewaffnung und der Sensorausrüstung unterscheiden. Alle Schiffe tragen zwei Starter für je vier Strela-3-Flugabwehrraketen und zwei Grad-M-Mehrfachraketenwerfer. Unterschiede zwischen den drei Baulosen sind:

  • Projekt 775 mod. I: mit zwei 57-mm-L/70-AK-725-Geschütztürmen[3]
  • Projekt 775 mod. II: mit veränderter Sensorausrüstung und einem MR-302-„Rubka“-Radar[3]
  • Projekt 775 mod. III: mit einem 76-mm-L/59-Turm AK-176 und zwei 30-mm-L/54-Maschinenkanonen AK-630M und mit MR-352-„Positiv“-Radar[3]

Die NATO unterscheidet nur zwei Varianten: Ropucha I für mod. I und II sowie Ropucha II für mod. III.[3]

Einheiten / Verbleib

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Projekt 775 mod. II Kaliningrad, 2012
Projekt 775 mod. II Kostjantyn Olschanskyj
Projekt 775 mod. III Koroljow in Sankt Petersburg, hinter dem Aufbau sind die beiden AK-630M-Türme zu erkennen, 2015
Projekt 775 mod. III Koroljow, Vorschiff mit AK-176-Turm, 2015

Insgesamt wurden zwischen 1974 und 1991 28 Schiffe gebaut, die fast alle in der sowjetischen Marine in Dienst gestellt wurden. Lediglich ein Schiff, die BDK-119, wurde an die Demokratische Volksrepublik Jemen verkauft, wo sie bis 2002 im Dienst stand.[4]

Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden die meisten Schiffe in die russische Marine übernommen; die restlichen gingen in Reserve oder wurden verschrottet.[5] Die Kostjantyn Olschanskyj wurde an die Ukraine abgegeben.[1]

Name Bauwerft Kiellegung Stapellauf Indienststellung Außerdienststellung Verbleib (Flotte)
Projekt 775 mod. I
BDK-47 (БДК-47)
(ex-SDK-47 [СДК-47])
Stocznia Północna,
Danzig
1. Juli 1974 17. Dezember 1994 verschrottet
BDK-48 (БДК-48)
(ex-SDK-48 [СДК-48])
30. Oktober 1974 30. Juni 1975 5. Juli 1994
BDK-63 (БДК-63)
(ex-SDK-63 [СДК-63])
30. Juni 1975 5. Juli 1994
BDK-90 (БДК-90)
(ex-SDK-90 [СДК-90])
30. November 1975 5. Juli 1994
Olenegorski Gornjak (Оленегорский горняк)
(ex-BDK-91 [БДК-91]
ex-SDK-91 [СДК-91])
30. Juni 1976 Modernisiert auf mod. II; am 4. August 2023 durch ukrainische Seedrohne vor Noworossijsk schwer beschädigt[6][7]
BDK-181 (БДК-181)
(ex-SDK-181 [СДК-181])
9. Oktober 1976 5. Juli 1994
Kondopoga (Кондопога)
(ex-BDK-182 [БДК-182]
ex-SDK-182 [СДК-182])
30. November 1976
Kotlas (Котлас)
(ex-BDK-183 [БДК-183]
ex-SDK-183 [СДК-183])
15. März 1977 22. Juni 2005
BDK-197 (БДК-197)
(ex-SDK-197 [СДК-197])
21. September 1977 5. Juli 1994
BDK-200 (БДК-200)
(ex-SDK-200 [СДК-200])
17. Dezember 1977 30. Juni 1993
Aleksandr Otrakowski (Александр Отраковский)
(ex-BDK-55 [БДК-55]
ex-SDK-55 [СДК-55])
30. Juli 1978
BDK-119 (БДК-119)
(ex-SDK-119 [СДК-119])
27. Februar 1979 als 139 im September 1979 an den Jemen abgegeben und 2002 außer Dienst[2],
danach als Handelsschiff Sam of Yemen. 2018 in Aden gesunken.
Projekt 775 mod. II
BDK-14 [БДК-14] Stocznia Północna,
Danzig
31. August 1981 3. Mai 2002 verschrottet
Osljabja (Ослябя)
(ex-BDK-101 [БДК-101])
19. Dezember 1981 aktiv (Pazifikflotte)
BDK-105 [БДК-105] 2. März 1982 10. April 2002 verschrottet
Admiral Newelskoi (Адмирал Невельской)
(ex-BDK-98 [БДК-98])
28. September 1982 aktiv (Pazifikflotte)
BDK-32 [БДК-32] 1982 verschrottet
Minsk (Минск)
(ex-BDK-43 [БДК-43])
30. Mai 1983 Am 13. September 2023 bei einem Raketenangriff (unbestätigten Angaben zufolge durch ukrainische Storm Shadow) im Trockendock von Sewastopol zerstört[8][9][10][11]
Kaliningrad (Калининград)
(ex-BDK-58 [БДК-58])
9. Dezember 1984 aktiv (Baltische Flotte)
Georgi Pobedonosez (Георгий Победоносец)
(ex-BDK-45 [БДК-45])
5. März 1985 aktiv (Nordflotte)
Konstantin Olschanski (Константин Ольшанский)
(ex-BDK-56 [БДК-56])
1985 1991 an Ukraine als Kostjantyn Olschanskyj. 2014 von russischen Truppen erbeutet.[12]
Alexander Schabalin (Александр Шабалин)
(ex-BDK-60 [БДК-60])
11. Juni 1986 31. Dezember 1986 verschrottet
Zesar Kunikow (Цезарь Куников)
(ex-BDK-64 [БДК-64])
30. September 1986 nach Angaben der ukrainischen Streitkräfte am 14. Februar 2024 vor der Halbinsel Krim versenkt[13][14][15]
Nowotscherkassk (Новочеркасск)
(ex-BDK-46 [БДК-46])
17. April 1987 30. November 1987 Am 26. Dezember 2023 im Hafen von Feodossija von einer ukrainischen Rakete getroffen und zerstört.[16]
Jamal (Ямал)
(ex-BDK-67 [БДК-67])
6. April 1987 1988 30. April 1988 aktiv (Schwarzmeerflotte)
Projekt 775 mod. III
Asow (Азов)
(ex-BDK-54 [БДК-54])
Stocznia Północna,
Danzig
22. November 1988 19. Mai 1989 12. Oktober 1990 aktiv (Schwarzmeerflotte)
Pereswet (Пересвет)
(ex-BDK-11 [БДК-11])
10. April 1991 aktiv (Pazifikflotte)
Koroljow (Королёв)
(ex-BDK-61 [БДК-61])
12. Februar 1990 16. November 1990 10. Juli 1991 aktiv (Schwarzmeerflotte[17])
Schwimmpanzer BTR 80 verlassen die Georgi Pobedonosez

Im August 2009 waren die Asow, die Nowotscherkassk und die Jamal neben einer Fregatte und zwei Atom-U-Booten an der Suche nach dem verschwundenen Frachtschiff Arctic Sea beteiligt.[18]

Russischer Überfall auf die Ukraine

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zuge des russischen Truppenaufbaus vor dem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 verlegte die russische Marine fünf eigentlich in anderen Einsatzgebieten stationierte Schiffe der Klasse in das Schwarze Meer (Minsk, Koroljow, Kaliningrad (alle drei Baltische Flotte), Georgi Pobedonosez und Olenegorski Gornjak (beide Nordflotte)).[17]

Im Verlauf des Krieges wurden mehrere Einheiten durch Kampfhandlungen beschädigt:

  • Zwei Schiffe, die Zesar Kunikow und die Nowotscherkassk, wurden am 24. März 2022 beim ukrainischen Raketenangriff auf das Landungsschiff Saratow (Projekt 1171) im Hafen von Berdjansk beschädigt. Dabei wurden auf beiden Schiffen Besatzungsmitglieder getötet, wie vom russischen Kommandanten des Flottenstützpunkts Sewastopol bestätigt wurde.[19][20]
  • Die Olenegorski Gornjak wurde Anfang August 2023 durch einen ukrainischen Seedrohnenangriff vor Noworossijsk schwer beschädigt. Fotos und Videos russischer Militärblogger zeigen die Schlagseite des Schiffes in der Bucht von Noworossijsk nach dem Angriff und berichten von Beschädigungen.[6][7] Dies war seit der Versenkung der Moskwa im April 2022 das größte russische Kriegsschiff, welches schwer beschädigt wurde.[21]
  • Am 14. September 2023 tauchte ein Video auf, das die schwer beschädigte Minsk im Trockendock in Sewastopol zeigte. Die Schäden scheinen durch einen ukrainischen Raketenangriff verursacht worden zu sein.[22] Laut Geheimdienstbericht des britischen Verteidigungsministeriums wurde die Minsk sicher funktionell zerstört und drohe lange auszufallen.[23]
  • Am 26. Dezember 2023 wurde die Nowotscherkassk bei einem Angriff mit Marschflugkörpern im Hafen von Feodossija erneut getroffen. Auf einem Video, welches die Nowotscherkassk zeigen soll, ist eine gewaltige Explosion zu sehen.[24] Während russische Medien lediglich von einer Beschädigung mit einem Toten sprechen, behauptet die Ukraine, das Schiff versenkt zu haben.[25] Regionale Berichte von 74 Toten wurden rasch wieder gelöscht.[26]
  • Laut einem Bericht der ukrainischen Online-Zeitung Ukrajinska Prawda gelang den ukrainischen Streitkräften am 14. Februar 2024 ein Angriff mittels Seedrohnen auf die Zesar Kunikow und das Versenken des Schiffs vor der Halbinsel Krim.[13][14][15]
  • Ю.В.Апальков: Корабли ВМФ СССР. Том IV – Десантные и минно-тральные корабли. Sankt Petersburg, 2007, ISBN 978-5-8172-0135-2. (russisch)
Commons: Projekt 775 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Richard Shape: Jane’s fighting ships 1998–1999. 101. Auflage. Jane’s Information Group, Alexandria, USA 1998, ISBN 0-7106-1795-X, S. 586, 740 und 871 (englisch).
  2. a b Project 775. bei russianships.info (englisch)
  3. a b c d e Ю.В.Апальков: Корабли ВМФ СССР. Том IV – Десантные и минно-тральные корабли. Sankt Petersburg, 2007, ISBN 978-5-8172-0135-2, S. 22 und folgende
  4. Ropucha Class – Project 775. fas.org, 7. September 2000, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. Dezember 2002; abgerufen am 29. Februar 2024 (englisch).
  5. Project 775 Ropucha class Tank Landing ship. Federation of American Scientist, 7. September 2000, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. Dezember 2008; abgerufen am 14. August 2009 (englisch).
  6. a b James Waterhouse, Kathryn Armstrong: Russian ship hit in Novorossiysk, Black Sea drone attack, Ukraine sources say. In: BBC. 4. August 2023, abgerufen am 29. Februar 2024 (englisch).
  7. a b Tayfun Ozberk: Ukraine strikes Russian landing ship with Kamikaze USV. In: navalnews.com. Naval News, 4. August 2023, abgerufen am 4. August 2023 (englisch).
  8. Tim Lister, Josh Pennington, Olga Voitovych: Ukrainian missiles strike Russian warships in Crimean naval base. 13. September 2023, abgerufen am 13. September 2023 (englisch).
  9. New photo of Russia's Minsk landing ship proves it has been destroyed. 13. September 2023, abgerufen am 13. September 2023 (amerikanisches Englisch).
  10. Oryx: Russian warship Minsk destroyed, not merely damaged. 13. September 2023, abgerufen am 13. September 2023 (amerikanisches Englisch).
  11. Thomas Newdick: Russian Submarine, Landing Ship Struck In Attack On Sevastopol. 13. September 2023, abgerufen am 13. September 2023 (englisch).
  12. Russia prepares captured in Crimea landing ship to combat use. In: informator.media, private Website, abgerufen am 6. Dezember 2016 (englisch).
  13. a b »Caesar Kunikow«: Ukraine: Russisches Kriegsschiff zerstört. In: zdf.de. 14. Februar 2024, abgerufen am 14. Februar 2024.
  14. a b Iryna Balachuk: Ukraine's General Staff confirms destruction of Russian landing ship Caesar Kunikov. In: pravda.com.ua. 14. Februar 2024, abgerufen am 14. Februar 2024 (englisch).
  15. a b Andreas Rüesch: Russlands Schwarzmeerflotte gerät in kritische Lage – ukrainische Drohnen versenken eines ihrer grossen Kriegsschiffe. In: nzz.ch. 14. Februar 2024, abgerufen am 14. Februar 2024.
  16. Ukrainian Missile Strike Hits Russian Warship in Occupied Crimea New York Times vom 26. Dezember 2023, abgerufen am 26. Dezember
  17. a b H I Sutton: 6 Russian Warships And Submarine Now Entering Black Sea Towards Ukraine. In: navalnews.com. Naval News, 8. Februar 2022, abgerufen am 4. August 2023 (englisch).
  18. Suche im Atlantik: Erste Hinweise auf vermissten Frachter „Arctic Sea“. In: Spiegel Online. 14. August 2009, abgerufen am 29. Februar 2024.
  19. Tayfun Ozberk: Ukraine strikes Russia’s Alligator class LST with ballistic missile. In: navalnews.com. Naval News, 24. März 2022, abgerufen am 4. August 2023 (englisch).
  20. One Year Later, Russian Navy Confirms Loss of the Amphib Saratov. In: maritime-executive.com. The Marine Executive, 28. März 2023, abgerufen am 29. Februar 2024 (englisch).
  21. Russian war ship damaged in ‘significant blow’ to Russia’s Black Sea Fleet, MOD says. In: Forces Network. 5. August 2023, abgerufen am 5. August 2023 (englisch).
  22. DruschbaFM in DruschbaFM Chat. Abgerufen am 14. September 2023.
  23. London: Getroffene russische Schiffe fallen lange aus. In: n-tv.de. ntv Nachrichtenfernsehen GmbH, 15. September 2023, abgerufen am 21. September 2023.
  24. Andrew Osborn, Max Hunder: Ukraine strikes Russian naval landing warship, Moscow admits damage. In: reuters.com. Reuters plc, 26. Dezember 2023, abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  25. Ukrainische Armee trifft russisches Kriegsschiff. In: zeit.de. Zeitverlag, 26. Dezember 2023, abgerufen am 27. Dezember 2023.
  26. 74 моряка-черноморца погибли в ходе атаки ВСУ на БДК «Новочеркасск». In: sevastopol-news.com. 29. Dezember 2023, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Dezember 2023; abgerufen am 29. Februar 2024 (russisch).