Oswald Rothaug
Oswald Rothaug (* 17. Mai 1897 in Mittelsinn; † 4. Dezember 1967 in Köln) war ein deutscher Jurist. Der Richter am Volksgerichtshof wurde im Nürnberger Juristenprozess 1947 für seine aktive Beteiligung am NS-Unrechtsregime wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rothaug, aufgewachsen in Aura im Sinngrund und Aschaffenburg, war Sohn eines Volksschullehrers und wurde im Juni 1933 Erster Staatsanwalt in Nürnberg. Nach einer Zeit als Landgerichtsrat in Schweinfurt wurde er im April 1937 Landgerichtsdirektor und Direktor des Sondergerichts in Nürnberg. Erst 1938 wurde Rothaug Mitglied der NSDAP, der Beginn seiner Mitgliedschaft wurde aber auf den Mai 1937 zurückdatiert. Er arbeitete ehrenamtlich im Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD) mit und leistete für diesen Spitzeldienste.[1] 1942 verhängte er die Todesstrafe gegen einen 25-jährigen polnischen Zwangsarbeiter mit folgender Begründung: „Die ganze Minderwertigkeit des Angeklagten auf charakterlichem Gebiet ist offensichtlich in seiner Zugehörigkeit zum polnischen Untermenschentum begründet“.[2]
Zu seinen bekanntesten Urteilen zählt das Todesurteil gegen den 68-jährigen Juden Leo Katzenberger am 14. März 1942 wegen angeblicher „Rassenschande nach dem Blutschutzgesetz in Verbindung mit der Verordnung gegen Volksschädlinge“, trotz der gegenteiligen Aussage einer Zeugin, dass kein intimer Verkehr stattgefunden habe. Der Nürnberger Staatsanwalt Hermann Markl, der Katzenberger angeklagt hatte, sagte nach dem Kriegsende als Zeuge im Nürnberger Juristenprozess gegen Rothaug aus.
Im Mai 1943 wurde Rothaug Reichsanwalt und damit Ankläger am Volksgerichtshof.
Im Nürnberger Juristenprozess wurde Rothaug am 14. Dezember 1947 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt. Rothaugs Verteidiger im Prozess war Josef Kössl. Das Urteil wurde später auf 20 Jahre herabgesetzt. Am 22. Dezember 1956 wurde er aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen.[1] Danach ließ er sich in Köln-Mülheim nieder und „brachte sich mit so allerlei Arbeiten durch“.[3]
Nachwirkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Fall Katzenberger, und damit Rothaug, wurde durch den amerikanischen Spielfilm Das Urteil von Nürnberg aus dem Jahr 1961 sowie den deutschen Film Leo und Claire aus dem Jahr 2001 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christiane Kohl Der Jude und das Mädchen. Eine verbotene Freundschaft in Nazideutschland. Hoffmann und Campe, Hamburg 1997.
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? S. Fischer, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-10-039309-0.
- Martin Luber: Strafverteidigung im Nürnberger Juristenprozess am Beispiel des Angeklagten Oswald Rothaug. Duncker & Humblot, Berlin 2018, ISBN 978-3-428-55310-5 Dissertation Marburg 2017.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Klaus Kastner: „Der Dolch des Mörders war unter der Robe des Juristen verborgen“: Der Nürnberger Juristen-Prozess 1947. (PDF; 143 kB) In: Juristische Arbeitsblätter. Luchterhand, Neuwied, 1997, S. 699–706 (wiedergegeben auf justiz.bayern.de).
- Björn Kohlhepp: NS-Richter Oswald Rothaug: Der Henker aus dem Sinngrund. In: Main-Post. 7. Dezember 2012 .
- Sebastian Felz: Der Justizmord an Leo Katzenberger vor 80 Jahren: "Rassenschande ist schlimmer als Mord." In: LTO.de. 20. März 2022, abgerufen am 20. März 2022.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? 2. aktualisierte Auflage, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 510.
- ↑ Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer Taschenbuch, 2005, S. 510.
- ↑ Justiz / Rassenschande: Na und. In: Der Spiegel 42/1967. 9. Oktober 1967, S. 87–89, abgerufen am 17. Mai 2019.
Personendaten | |
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NAME | Rothaug, Oswald |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Jurist |
GEBURTSDATUM | 17. Mai 1897 |
GEBURTSORT | Mittelsinn |
STERBEDATUM | 4. Dezember 1967 |
STERBEORT | Köln |