Mely Kiyak
Mely Kiyak (* 1976 in Sulingen[1]) ist eine deutsche Schriftstellerin, Journalistin und Kolumnistin.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kiyak ist Tochter eines aus der Türkei stammenden kurdischen Einwanderers. Nach ihrem Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig begann sie, als Journalistin für den Mitteldeutschen Rundfunk und die Leipziger Volkszeitung zu arbeiten.[1] 1998 wurde sie deutsche Staatsbürgerin.[2]
Seit 2005 ist Kiyak in Berlin als Autorin und freie Journalistin tätig. Ihre Texte erschienen unter anderem in der Zeit, der Welt und der taz.[3] Von 2008 bis 2013 erschien von Kiyak in der Frankfurter Rundschau, später auch parallel in der Berliner Zeitung, eine politische Kolumne.[4] Seit Ende 2013 schreibt sie auf der Website des Berliner Maxim-Gorki-Theaters eine regelmäßige Kolumne,[5] seit 2014 auch auf Zeit online.[6] Im Zentrum ihrer Artikel, Kommentare, Berichte, Rezensionen, Feuilletons, Fernseh- und Diskussionsbeiträge (z. B. auch innerhalb des ARD-Presseclubs) stehen Migrations- und Integrationspolitik sowie Kultur.
„Von den Immigranten zu verlangen, sich mit Haut und Haar einem diffusen Deutschsein auszuliefern, von dem die Deutschen selbst nicht wissen, was das sein könnte, ist vermessen.“
Für die Körber-Stiftung arbeitete Kiyak wesentlich an dem Buch Zweiheimisch (2006) über bikulturelles Leben in Deutschland mit und veröffentlichte 2007 das Buch 10 für Deutschland.
Sie verbringt regelmäßig einige Tage in der Benediktinerinnenabtei zur Heiligen Maria in Fulda, wo sie eine Ausbildung zur Gärtnerin absolvierte, und gibt dort mit Schwester Christa die Zeitschrift Winke für den Biogärtner heraus.[8]
In ihrem Buch Dieser Garten (2024) erzählt Kiyak von den Erlebnissen und dem Durchsetzungsvermögen der Nonnen im Klostergarten von Fulda.[9] Die Geschichten beginnen im Zweiten Weltkrieg, als die Nonnen mit Erfindungsreichtum ihr Kloster durch schwierige Zeiten führen und es zu einem erfolgreichen Zentrum für ökologischen Landbau machen.[9] Trotz der Herausforderungen, wie der harten körperlichen Arbeit und dem Kampf um den Verkauf ihrer Produkte, verlieren die Nonnen nie ihren Optimismus.[9] Schwester Laurentia spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des erfolgreichen Humofix-Pulvers, obwohl sie nie praktisch im Garten arbeitet, sondern lediglich Anweisungen gibt.[9] Die persönliche Beziehung der Autorin zu den Nonnen und dem Kloster, die aus einem ursprünglich kurzen Praktikum entstand, zeigt die tiefe Verbundenheit und den respektvollen Umgang miteinander, unabhängig von kulturellen Unterschieden.[9]
Sarrazin-Kontroverse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Mai 2012 bezeichnete Kiyak in ihrer Kolumne für die Berliner Zeitung sowie die Frankfurter Rundschau Thilo Sarrazin, dessen rechte Gesichtshälfte infolge der Operation eines Tumors teilweise gelähmt ist, nach einem Fernsehauftritt als „lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur“.[10] Hierfür wurde sie in der Welt und der Bild kritisiert.[11][12][13] Eine Woche nach Erscheinen des Beitrags legte Kiyak ihre Intention dar, auf die „nicht körperlich bedingten Unvollkommenheiten in seinem Auftritt hinzuweisen […]. Wenn ich den physiologischen Hintergrund gekannt hätte, hätte ich das Bild nicht gewählt. Ich bedauere das sehr!“[14] Nach anhaltender Kritik sprachen die Chefredaktionen der abdruckenden Zeitungen von einer „perfiden Hetzkampagne“ gegen die Autorin, welche insbesondere über das Blog Politically Incorrect forciert werde.[15] Kiyak dokumentierte die Art und Zielrichtung dieser Angriffe in einem kritischen Artikel über das Blog in der Berliner Zeitung.[16] Auch die Journalisten-Vereinigung Neue Deutsche Medienmacher und die taz nahmen Kiyak in Schutz.[17][18] Der Freitag kommentierte, dass Kiyak „den Shitstorm, den sie gegen [… Sarrazin] in Gang setzen wollte“, am Ende auch selbst zu spüren bekommen habe.[19]
Der Deutsche Presserat sah den „Verstoß gegen die publizistischen Grundsätze als so schwerwiegend“ an, dass er eine Missbilligung gegenüber der Berliner Zeitung aussprach. Sarrazin sei „in seiner Menschenwürde verletzt“ worden. Wegen der Entschuldigung Kiyaks wurde jedoch keine Rüge ausgesprochen.[20]
„Hate Poetry“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 2012 trat Kiyak zusammen mit den Journalisten Deniz Yücel, Yassin Musharbash, Özlem Topçu, Özlem Gezer, Hasnain Kazim, Doris Akrap und Ebru Taşdemir im Rahmen der „antirassistischen Leseshow“ Hate Poetry auf, bei denen sie im Stile eines Poetry Slams zornerfüllte Leserbriefe vorlasen.[21]
Veröffentlichungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bücher:
- Dieser Garten. Die unglaublich fabelhaften Nonnen aus Fulda und ihre genialen Erfindungen. Mikrotext-Verlag, Berlin 2024, ISBN 978-3-948-63146-8.
- Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an Carl Hanser Verlag, München 2024, ISBN 978-3-446-27946-9.
- Werden sie uns mit Flix-Bus deportieren? Carl Hanser Verlag, München 2022, ISBN 978-3-446-27275-0.
- Frausein. Carl Hanser Verlag, München 2020, ISBN 978-3-446-26746-6.
- Haltung. Ein Essay gegen das Lautsein. Dudenverlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-411-71765-1.
- Istanbul Notizen. Shelff Verlagsbureau, Berlin 2013, ISBN 978-3-936738-90-2.
- Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-038212-2.
- Briefe an die Nation und andere Ungereimtheiten. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-596-19619-7.
- Ein Garten liegt verschwiegen. Hoffmann und Campe, Hamburg 2011, ISBN 978-3-455-40349-7.
- 10 für Deutschland. Gespräche mit türkeistämmigen Abgeordneten. Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2007, ISBN 978-3-89684-068-4.
Beiträge in Anthologien:
- Elefantenrunde. In: Nicol Ljubić (Hrsg.): Schluss mit der Deutschenfeindlichkeit! Geschichten aus der Heimat. Hoffmann und Campe, Hamburg 2012, ISBN 978-3-455-50246-6.
- Warum sich in der Kulturszene nicht bemerkbar macht, was sonst noch los ist. In: Susanne Stemmler (Hrsg.): Multikultur 2.0 – Willkommen im Einwanderungsland Deutschland. Wallstein Verlag, Göttingen 2011, ISBN 978-3-8353-0840-4.
- Zwei Briefe. In: Hilal Sezgin (Hrsg.): Manifest der Vielen – Deutschland erfindet sich neu. Blumenbar, Berlin 2011, ISBN 978-3-936738-74-2.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 2006: Stipendium des Senats für Wissenschaft, Forschung und Kultur für Berliner Schriftsteller.[1]
- 2011: Theodor-Wolff-Preis, Kategorie „Kommentar/Glosse/Essay“[22][23]
- 2014: Journalist des Jahres – Kategorie „Sonderpreis“ (für Hate Poetry, Gruppenpreis mit den weiteren Mitgründern)[24]
- 2015: Stipendium des Berliner Senats
- 2021: Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik für ihr Werk Frausein und ihre Tätigkeit als Kolumnistin und Essayistin[25]
- 2021: Christine-Literaturpreis der BücherFrauen für Frausein[26][27]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mely Kiyak bei IMDb
- Literatur von und über Mely Kiyak im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Mely Kiyak bei Perlentaucher
- Deutsche sollten zu ihrer Nationalkultur stehen (Kiyaks Rede auf der internationalen Tagung des Goethe-Instituts; In: Die Welt vom 25. April 2008)
- Artikel (Juni 2013) über die Proteste in der Türkei 2013:
- Rücken an Rücken mit Erdoğan. Die Schriftstellerin Mely Kiyak verbringt drei Monate in Istanbul. Bislang dachte sie, die Türkei zu kennen. Schon am ersten Tag wird sie eines Besseren belehrt.
- Fernsehmärchen vom harmlosen Wasserwerfer (wie türkische Medienbeiträge über die Demonstrationen systematisch manipuliert werden)
- WDR 3 (Westdeutscher Rundfunk) Mosaik. Gespräch am Samstag vom 9. März 2024: Gespräch am Samstag mit Mely Kiyak, Schriftstellerin
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Mely Kiyak. Körber-Stiftung, archiviert vom am 17. April 2012; abgerufen am 24. Juni 2012.
- ↑ Mely Kiyak: Ein gutes Land. In: Frankfurter Rundschau, 22. Mai 2009.
- ↑ Mely Kiyak. Kurzvorstellung bei Hoffmann und Campe. Abgerufen am 29. Dezember 2016.
- ↑ Mely Kiyak: Lieber Guido Westerwelle! In: Frankfurter Rundschau, 11. Januar 2008, S. 11.
- ↑ Kiyaks Theater-Kolumne
- ↑ Mely Kiyak: Deutschstunde
- ↑ Du schlagen Frau? Du Baby in Bauch? In: Die Zeit, 19. Januar 2006.
- ↑ Anne Françoise Weber: „Da sind 28 Pionierinnen, Feministinnen, Revolutionärinnen“ In: Deutschlandradio Kultur, 30. April 2011 (Interview).
- ↑ a b c d e Alina Saha: „Dieser Garten“ von Mely Kiyak: Wie aus Kompost Humus wird. In: freitag.de. 20. März 2024, abgerufen am 21. März 2024.
- ↑ Mely Kiyak: Liebe Wissensgesellschaft! In: Berliner Zeitung. 19. Mai 2012, S. 4; Dies.: Liebe Wissensgesellschaft! In: Frankfurter Rundschau. 19. Mai 2012, S. 10.
- ↑ Cora Stephan: Streitet euch, aber richtig. In: Die Welt, 29. Mai 2012.
- ↑ Stephanie Bilges, H. Bruns und Matthias Kluckert: Diese Journalistin muss sich bei Sarrazin entschuldigen. In: Bild. 26. Mai 2012, abgerufen am 6. Juni 2012.
- ↑ Henryk M. Broder: Sarrazin hat einen sehr deutschen Nerv getroffen. In: Die Welt. 22. Mai 2012, abgerufen am 6. Juni 2012.
- ↑ Mely Kiyak: Eine Klarstellung. In: Berliner Zeitung, 25. Mai 2012, S. 5 und Eine Klarstellung. In: Frankfurter Rundschau, 25. Mai 2012, S. 9.
- ↑ Liebe Leserinnen, liebe Leser. In: Berliner Zeitung, 31. Mai 2012, S. 4 und Wider die Hetzkampagne. In: Frankfurter Rundschau, 31. Mai 2012.
- ↑ Mely Kiyak: Vulgär, enthemmt, rassistisch. In: Berliner Zeitung. 18. September 2011, abgerufen am 6. Juni 2012.
- ↑ Bülend Ürük: Rassistische Hatztiraden gegen Journalistin: „Neue Deutsche Medienmacher“ nehmen Kolumnistin Mely Kiyak in Schutz. In: newsroom.de. 4. Juni 2012, archiviert vom am 13. November 2013; abgerufen am 6. Juni 2012.
- ↑ Daniel Bax: Feindbild der Sarrazin-Fans. In: die tageszeitung. 29. Mai 2012, abgerufen am 6. Juni 2012.
- ↑ Michael Ginsburg: Entgleiste Rhetorik. der Freitag, 14. Juni 2012, abgerufen am 1. Juli 2012.
- ↑ Deutscher Presserat: Entscheidung des Beschwerdeausschusses 2 in der Beschwerdesache 0303/12/2-BA. 2012 (blu-news.org [PDF; 40 kB]).
- ↑ Selbstdarstellung der Hate Poetry ( vom 26. Dezember 2014 im Internet Archive), abgerufen am 20. Dezember 2014
- ↑ Mely Kiyak: Liebe Sakineh Ashtiani! In: Frankfurter Rundschau. 6. August 2010, abgerufen am 6. Juni 2012.
- ↑ Der Theodor-Wolff-Preis 2011. Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger, abgerufen am 4. Februar 2023.
- ↑ Begründung der Jury vom 19. Dezember 2014, abgerufen am 20. Dezember 2014
- ↑ https://tucholsky-gesellschaft.de/2021/08/02/pressemitteilung-kurt-tucholsky-preis-fuer-mely-kiyak/
- ↑ Mely Kiyak gewinnt Premiere, boersenblatt.net, 21. Oktober 2021, abgerufen am 22. Oktober 2021
- ↑ Der BücherFrauen-Literaturpreis „Christine“ 2021 geht an Mely Kiyak. In: BuchMarkt. 21. Oktober 2021, abgerufen am 9. Januar 2022.
Personendaten | |
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NAME | Kiyak, Mely |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Schriftstellerin, freie Journalistin und Fernsehautorin |
GEBURTSDATUM | 1976 |
GEBURTSORT | Sulingen |