MICA

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
MICA
Allgemeine Angaben
Typ Luft-Luft-Rakete
Hersteller Matra (heute MBDA)
Entwicklung ab 1982
Indienststellung ab 1996
Technische Daten
Länge 3100 mm
Durchmesser 160 mm
Gefechtsgewicht 112 kg
Spannweite 320 mm
Antrieb SPNE Feststoff-Raketenmotor mit Schubvektorsteuerung
Geschwindigkeit Mach 4
Reichweite 0,5–80 km[1][2]
Ausstattung
Zielortung Dassault Électronique A4-Monopuls-Doppler-aktive Radarzielsuche (RF), Infrarot (IR)
Gefechtskopf 12 kg
Zünder Aufschlag-, Abstandszünder
Waffenplattformen Dassault Rafale, Dassault Mirage 2000, Dassault Mirage F1
Listen zum Thema

Die MICA (französisch Missile d’Interception, de Combat et d’Autodéfense) ist eine Kurz- und Mittelstrecken-Luft-Luft-Rakete, die ursprünglich von Matra (heute MBDA) entwickelt wurde. Sie soll die von Matra entwickelte R.550 Magic sowie die Super 530 ersetzen.

Den beiden MICA-Versionen RF und IR liegt dieselbe Rakete zugrunde, die mit unterschiedlichen Suchköpfen ausgestattet ist. Der Suchkopf der RF ist spitz zulaufend und verwendet eine Version des AD 4A (Active Anti-Air Seeker), einem aktiven Radarsuchkopf, der ursprünglich von Dassault Electronique (heute: Thales Group) entwickelt wurde. Dieser Suchkopf ist recht modular aufgebaut, er lässt sich in zehn verschiedene Baugruppen unterteilen. So kann er relativ einfach mit besseren Komponenten versehen, je nach Lenkwaffe aber auch entsprechend angepasst werden. Der AD 4A wird auch in den Meteor- und ASTER-Lenkwaffen verwendet[3]. Wie diese besitzt er ein Keramik-Radom und arbeitet wohl auf einem Frequenzband von 12–20 GHz, auch J-Band genannt. Mit dem Radom zusammen wiegt der ganze Suchkopf etwas weniger als 12 kg.

Der Suchkopf der IR-Version verfügt über einen passiven Infrarotsensor, der vorne abgerundet und teilweise transparent ist.

Beide Versionen unterscheiden sich in der Art des Zielangriffs. Während die radargesteuerte RF-Version eine Fire-and-Forget-Rakete ist, arbeitet die infrarotgesteuerte MICA IR nach dem Lock-after-Launch-Prinzip. Diese Rakete wird abgefeuert und erst danach per HUD oder Helm-Visier einem Ziel zugewiesen, was einem potenziellen Gegner relativ wenig Vorwarnzeit für eine Reaktion gibt. Beide Versionen besitzen wiederum gemeinsam die Möglichkeit, Ziele auf kurze und mittlere Entfernung anzugreifen. Um ihre Manövrierfähigkeit auf kurze Entfernungen zu erhöhen, wurde die MICA mit einer Schubvektorsteuerung ausgerüstet. Diese Steuerung verfügt über vier kleine drehbare Strahlruder, die in X-Form im Abgasstrom positioniert sind.

Die Raketenhülle und der Radarsuchkopf werden in leicht veränderter Form auch bei der Boden-Luft-Rakete Aster verwendet.

Die MICA EM entspricht der MICA RF. Die Benennung steht für électromagnétique (EM) und wird vor allem im französischen Sprachraum verwendet, er tritt jedoch gehäuft auch in internationalen Texten auf.

Die Bezeichnung EMP kennzeichnet die inaktive MICA-Variante, die bei den französischen Luftstreitkräften für Übungszwecke eingesetzt wird.

Die MICA NG (Nouvelle Génération) wurde im Jahr 2018 vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine grundlegend modernisierte Ausführung der MICA. Die Lenkwaffen verwenden einen neuen Doppelpulsmotor, welcher die Reichweite signifikant erhöhen soll. Ebenso soll die Elektronik der Lenkwaffen erneuert und verkleinert werden. Bei der MICA-RF kommt ein neuer Radarsuchkopf mit einem Active Electronically Scanned Array (AESA) zum Einsatz. Die MICA IR wird mit einem neuen bildverarbeitenden Matrix-Infrarot-Sensor ausgerüstet werden. Die Einführung dieser beiden neuen Lenkwaffentypen ist für das Jahr 2026 angedacht.[4]

Bei der VL MICA (Vertical Launch MICA) handelt es sich um die Boden-Luft-Version der MICA. Sie entspricht den Luft-Luft-Versionen, wird jedoch von festen bzw. mobilen Startstellungen (auch auf Schiffen) abgefeuert. Die mobile Landversion wurde erstmals im Februar 2000 auf der Asian Aerospace Show in Singapur der Öffentlichkeit vorgestellt. Anders als die luftgestützte MICA hat die VL nur eine Reichweite von über 15 km bei einer maximalen Höhe von 10 km. Die Direction générale de l’armement gab 2005 bekannt, dass die VL MICA für alle Teilstreitkräfte der französischen Streitkräfte in Dienst gestellt werden soll. Von 2006 bis 2008 kam es zu den ersten Starts von VL MICA, zweimal auch auf Ziele in über 15 km Entfernung.

Ein VL-MICA-System besteht aus mehreren Fahrzeugen, zumeist LKW der 5-Tonnen-Klasse. Diese tragen ein 3D-Radar, eine Werferbatterie, drei bis sechs MICA sowie einen Kommandocontainer.

Die MICASRAAM ist ein Konkurrenzmodell zur AIM-132 ASRAAM, das von GEC Marconi (UK) und Matra ab 1990 entwickelt wurde. Sie ist eine Kurzstrecken-MICA mit einem von GEC Marconi entwickelten Infrarotsuchkopf. Sie sollte nur ein Drittel einer normalen MICA kosten und bereits 1995 in Dienst gestellt werden[5]. Da beide Firmen in verschiedene Bereiche aufgespalten und in BAE Systems und MBDA aufgegangen sind, ist davon auszugehen, dass die MICASRAAM nicht mehr weiterentwickelt wird.

Nach Aussage von MBDA (Stand 09/2011) wurden bereits über 3000 MICA in sieben verschiedene Staaten verkauft, davon alleine über 1000 MICA RF.

  • Agypten Ägypten – 250 MICA-RF/IR für Rafale sowie VL-MICA für die Korvetten der Gowind-Klasse.[6]
  • Botswana Botswana – 1 VL-MICA-System mit 50 Lenkwaffen.[6]
  • Frankreich Frankreich – unbekannte Anzahl für Mirage 2000 und Rafale.[6]
  • Griechenland Griechenland – 200 MICA-RF/IR und 100 MICA-IR.[6]
  • Indien Indien – 843 MICA-RF/IR für Mirage 2000 und Rafale.[6]
  • Indonesien Indonesien – 40 VL-MICA auf den Fregatten der Martadinata -Klasse.[6]
  • Katar Katar – 100 MICA-RF für die Mirage 2000-5EDA sowie 30 VL-MICA für die Korvetten der Fincantieri-700-Klasse.
  • Kroatien Kroatien – unbekannte Anzahl für Rafale.[6]
  • Malaysia Malaysia – unbekannte Anzahl VL-MICA für die Korvetten der Gowind-Klasse.[6]
  • Marokko Marokko – 100 MICA für Mirage F1 und 50 VL-MICA für die drei Schiffe der Sigma-Klasse, die über zwölf Werfer verfügt.[6]
  • Oman Oman – 110 VL-MICA für die Korvetten der Khareef-Klasse, die jeweils zwölf Werfer haben.[6][7]
  • Saudi-Arabien Saudi-Arabien – 8 VL-MICA-Systeme mit 150 Lenkwaffen.[6]
  • Singapur Singapur – 5 VL-MICA-Systeme mit 250 Lenkwaffen.[6]
  • Taiwan Taiwan – 960 MICA-RF für Mirage 2000-5.[6]
  • Thailand Thailand – 1 VL-MICA-System mit 50 Lenkwaffen.[6]
  • Vereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate – 500 für Mirage 2000-9/9D sowie 20 VL-MICA für die Korvetten der Falaj-2-Klasse.[6]

Vergleichbare Systeme

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obwohl nicht wirklich vergleichbar, gibt es einige Luft-Luft-Raketen, die zumindest in einigen Bereichen der MICA sehr ähnlich sind.

  • Duncan S. Lennox, Arthur Rees: Jane's Air-Launched Weapons. Ausgabe 5. Janes Information Group.
  • Keith Atkin: Jane's Electro-Optic Systems. 6. Auflage. Janes Information Group, 2000–2001.
  • Martin Streetly: Jane's Radar and Electronic Warfare Systems. 19. Auflage. Janes Information Group, 2007–2008.
Commons: MBDA MICA – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. http://www.ffaa.net/weapons/mica/mica_fr.htm
  2. https://www.defense.gouv.fr/air/technologies/armement/air-air/armement-air-air
  3. Thalesgroup: Thales and MBDA Meteor seeker contract (Memento vom 3. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
  4. Mbda-systems.com: MBDA TO DEVELOP THE NEXT GENERATION OF THE MICA MISSILE
  5. Bericht: Marconi/Matra launch MICASRAAM vom 12. September 1990 auf flightglobal.com (eng)
  6. a b c d e f g h i j k l m n o SIPRI Arms Transfers Database. In: sipri.org. Stockholm International Peace Research Institute, abgerufen am 3. Dezember 2021 (englisch).
  7. Presseinformation vom 5. Dezember 2007 im Wikiwix cache (franz.)