Kabinett Rouvier II

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Maurice Rouvier war 1887 sowie von 1905 bis 1906 Premierminister Frankreichs
Kabinett Maurice Rouvier, Zeichnung Carrier (6. Februar 1905).

Das zweite Kabinett Rouvier war eine Regierung der Dritten Französischen Republik. Es wurde am 24. Januar 1905 nach der Ernennung von Präsidenten Émile Loubet von Premierminister (Président du Conseil) Maurice Rouvier gebildet und löste das Kabinett Combes ab. Es blieb bis zum 18. Februar 1906 im Amt.

Daraufhin bildete Rouvier am 18. Februar 1906 das Kabinett Rouvier III, das jedoch keine Veränderungen zum Kabinett Rouvier II aufwies. Das Kabinett Rouvier III befand sich bis zum 14. März 1906 im Amt und wurde daraufhin vom Kabinett Sarrien abgelöst.

Den Kabinetten gehörten eher liberale und bürgerliche Parteien an: Alliance démocratique (ARD), Parti républicain, radical et radical-socialiste (PRRRS) und Radical indépendant (RI).

Dem Kabinett gehörten folgende Minister an:

Amt Name Partei Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
Premierminister Maurice Rouvier ARD 24. Januar 1905 14. März 1906
Außenminister Théophile Delcassé
Maurice Rouvier[A 1]
RI
ARD
24. Januar 1905
6. Juni 1905
6. Juni 1905
14. März 1906
Kriegsminister Maurice Berteaux
Eugène Étienne
PRRRS
ARD
24. Januar 1905
12. November 1905
12. November 1905
14. März 1906
Innenminister Eugène Étienne
Fernand Dubief[1]
ARD
PRRRS
24. Januar 1905
12. November 1905
12. November 1905
14. März 1906
Finanzminister Maurice Rouvier
Pierre Merlou[2]
ARD
PRRRS
24. Januar 1905
17. Juni 1905
17. Juni 1905
14. März 1906
Siegelbewahrer und Justizminister Joseph Chaumié ARD 24. Januar 1905 14. März 1906
Marineminister Gaston Thomson ARD 24. Januar 1905 14. März 1906
Minister für öffentlichen Unterricht, Religion und schöne Künste Jean-Baptiste Bienvenu-Martin PRRRS 24. Januar 1905 14. März 1906
Minister für Landwirtschaft und Handel Joseph Ruau PRRRS 24. Januar 1905 14. März 1906
Kolonialminister Étienne Clémentel PRRRS 24. Januar 1905 14. März 1906
Minister für öffentliche Arbeiten Armand Gauthier (de l’Aude)[3] PRRRS 24. Januar 1905 14. März 1906
Minister für Handel, Industrie, Post und Telegrafie Fernand Dubief
Georges Trouillot[4]
PRRRS
RI
24. Januar 1905
12. November 1905
12. November 1905
14. März 1906

Unterstaatssekretäre

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Dem Kabinett gehörten folgende Sous-secrétaires d’État an:

Amt Name Gruppe Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
Finanzministerium und Ratspräsidentschaft Pierre Merlou PRRRS 24. Januar 1905 17. Juni 1905
Schöne Künste Étienne Dujardin-Beaumetz RI 24. Januar 1905 14. März 1906
Post und Telegraphie Alexandre Bérard[5] PRRRS 24. Januar 1905 14. März 1906

Kabinettsumbildungen

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  • Am 6. Juni 1905 übernahm Premierminister Maurice Rouvier von Théophile Delcassé kommissarisch das Amt des Außenministers und bekleidete dieses Amt bis zum 14. März 1906.
  • Am 17. Juni 1905 wurde Pierre Merlou Nachfolger von Premierminister Rouvier in der Funktion als Finanzminister und übte dieses Amt bis zum 14. März 1906 aus.
  • Am 12. November 1905 wurde der bisherige Innenminister Eugène Étienne Nachfolger von Maurice Berteaux als Kriegsminister und bekleidete dieses Amt bis zum 14. März 1906. Nachfolger von Eugène Étienne als Innenminister wurde daraufhin der bisherige Minister für Post und Telegrafie sowie Minister für Handel und Industrie Fernand Dubief, der das Amt bis zum 14. März 1906 bekleidete. Nachfolger von Dubief als Minister für Post und Telegrafie sowie als Minister für Handel und Industrie wurde Georges Trouillot, der das Amt bis zum 14. März 1906 innehatte.

Historische Einordnung

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Kriegsminister Berteaux brachte ein Gesetz ein, das den Militärdienst auf zwei Jahre verkürzte und gleichzeitig Befreiungen vom Militärdienst weitgehend abschaffte; das Gesetz wurde am 21. März 1905 nach dem Rücktritt Berteaux’ von der Abgeordnetenkammer angenommen.[6][7]

Das Gesetz vom 22. April 1905 gewährte den Beamten Einblick in ihre Personalakten. Der Artikel 65 gilt bis heute.

« Alle Zivil- und Militärbeamten, Angestellten und Arbeiter aller öffentlichen Verwaltungen haben Anspruch auf persönliche und vertrauliche Mitteilung aller Notizen, Personalbögen und sonstigen Unterlagen, die ihre Akte bilden, bevor sie einer Disziplinarmaßnahme oder einer Versetzung von Amts wegen unterworfen werden oder bevor sie in ihrer Beförderung nach Dienstalter zurückgestellt werden. »

Loi française du 22 avril 1905[8][A 2]

Das Gesetz vom 14. Juli 1905 über die Pflichtfürsorge für mittellose alte, gebrechliche und unheilbare Menschen wurde verabschiedet[9] und die Commission centrale d'aide sociale[A 3] nahm ihre Arbeit auf.

Streiks in Douarnenez (hier streikten die Sardinenarbeiterinnen)[10] und Limoges (die Porzellan-, Schuh- und Filzarbeiter) verliefen zum Teil blutig; in Limoges wurde am 17. April 1905 der siebzehnjährige Porzellanarbeiter Camille Vardelle getötet.[11] Im Mai streikten Polizeibeamte in Lyon wegen einer Erhöhung des Rentenalters auf 55 Jahre.[12] Am 29. Juni 1905 erreichten die Minenarbeiter, dass sie nur noch acht Stunden pro Tag unter Tage arbeiten mussten.[13]

Auf dem Congrès du Globe[A 4] wurde am 25. April 1905 die Section française de l’Internationale ouvrière (SFIO) als Zusammenschluss verschiedener sozialistischer Parteien gegründet.[14]

Am 31. Mai entgingen Präsident Loubet und der spanische König Alfons XIII. bei einem Parisbesuch einem Bombenanschlag an der Ecke Rue de Rohan und Rue de Rivoli. Siebzehn Personen wurden verletzt, der Täter wurde jedoch nie identifiziert.[15]

Die Regierung Rouvier II setzte das Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat (loi de séparation des Églises et de l'État) durch, das auch als Gesetz vom 9. Dezember 1905 bekannt ist. Dieses war noch von der Vorgängerregierung eingebracht worden und wurde von Aristide Briand als Berichterstatter vertreten.[16] Ab dem 29. Dezember 1905 begann auf dieser Grundlage die Inventarisierung des kirchlichen Eigentums.[17] Besonderen Widerstand rief ein Rundschreiben hervor, das die Öffnung der Tabernakel vorschrieb.[18] Papst Pius X. kritisierte die Trennung von Kirche und Staat in seiner Enzyklika Vehementer nos am 11. Februar 1906 scharf.

Der Petit Parisien enthüllte am 15. Februar die Affäre um das Fort Crampel[A 5] in Ubangi Chari. Ein junger Kolonialbeamter auf Urlaub in Frankreich, Georges Toqué, wurde verhaftet und beschuldigt, den ehemaligen Häuptling Papka durch den Postenchef Fernand Gaud mit einer Dynamitpatrone im Anus hingerichtet zu haben.[A 6] In den folgenden Tagen häuften sich in der Presse die Enthüllungen über die Übergriffe der Kolonialherren. Eine Inspektionsdelegation unter der Leitung von Pierre Savorgnan de Brazza wurde im April 1905 entsandt, um die Situation zu untersuchen; Brazza starb jedoch auf der Rückreise im September 1905 und sein vernichtender Bericht wurde nie veröffentlicht.[19] Ubangi Chari wurde am 11. Februar 1906 zur Kolonie erklärt.[20]

Die Erste Marokkokrise belastete das Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich. Außenminister Delcassé trat zurück, weil er die Einberufung der Algeciras-Konferenz ablehnte.[21] Die Konferenz fand von 16. Januar bis 7. April 1906 statt.

Am 12. Dezember 1905 veröffentlichte die Regierung ein Dektet, um den Sklavenhandel in den schwarzafrikanischen Kolonien einzudämmen.[22]

Nach französischem Widerstand ratifizierte Russland den Vertrag von Björkö nicht.[23]

Kabinett Rouvier III

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Nach der Neuwahl des Staatspräsidenten, bei der sich Armand Fallières durchsetzte, reichte Rouvier seinen Rücktritt ein; Fallières berief Rouvier aber umgehend wieder.

Während der Amtszeit des Kabinetts Rouvier III kam es zu Protesten von Katholiken gegen die Inventarisierung katholischen Eigentums. Diese sollte der Überführung des Besitzes aufgelöster Kongregationen in Staatshand dienen. In Champels, einem Dorf in der Gemeinde Monistrol-d'Allier kam es zu einer Schießerei: 150 mit Mistgabeln und Stöcken bewaffnete Demonstranten, die sich gegen die Inventuren stellten, griffen den Steuereinnehmer und drei Gendarmen an, die das Feuer eröffneten, wobei mehrere Personen verletzt wurden.[24] Am 6. März 1906 kam es in der Gemeinde Boeschepe zu einer Auseinandersetzung, bei der ein Einwohner namens Géry Ghysel getötet wurde.[25] Die Inventarisierungen wurden daraufhin ausgesetzt und die Regierung Rouvier III trat zurück.[A 7]

  1. kommissarisch
  2. « Tous les fonctionnaires civils et militaires, tous les employés et ouvriers de toutes administrations publiques ont droit à la communication personnelle et confidentielle de toutes les notes, feuilles signalétiques et tous autres documents composant leur dossier, soit avant d’être l’objet d'une mesure disciplinaire ou d’un déplacement d’office, soit avant d'être retardé dans leur avancement à l’ancienneté. »
  3. siehe hierzu auch fr:Commission centrale d'aide sociale in der französischsprachigen Wikipédia.
  4. Der Name bezieht sich auf einen Saal am Boulevard de Strasbourg in Paris.
  5. Siehe hierzu erläuternd fr:Affaire de Fort Crampel in der französischsprachigen Wikipédia.
  6. Toqué wurde für die Tat zu fünf Jahren Haft verurteilt, von denen er zwei Jahre absitzen musste. 1919 wurde er nach dem ersten Welttrieg wegen Kollaboration mit dem Feind angeklagt und hingerichtet. Siehe auch fr:Georges Toqué in der französischsprachigen Wikipédia.
  7. siehe hierzu auch weiterführend fr:Querelle des Inventaires.

Einzelnachweise

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  1. Fernand, Jean-Baptiste Dubief. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 6. September 2023 (französisch).
  2. Pierre Merlou. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 6. September 2023 (französisch).
  3. GAUTHIER Armand Ancien sénateur de l’Aude. In: Sénat.fr. Abgerufen am 6. September 2023 (französisch).
  4. Georges, Marie, Denis, Gabriel Trouillot. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 6. September 2023 (französisch).
  5. Alexandre, Octave Bérard. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 22. Oktober 2023 (französisch).
  6. L’histoire du service national. In: la-croix.com. 24. Juni 2011, abgerufen am 19. Juni 2023 (französisch).
  7. Bulletin des lois de la République française auf Gallica
  8. Loi du 22 avril 1905 portant fixation du budget des dépenses et des recettes de l'exercice 1905. In: Légifrance. Abgerufen am 19. Juni 2023 (französisch).
  9. L'assistance aux vieillards, infirmes et incurables et la loi du 14 juillet 1905 auf Gallica
  10. Jean-Christophe Fichou: Les syndicats ouvriers des filles de la conserve de poisson en Bretagne 1905–1914. Band 117. Annales de Bretagne et des Pays de l’Ouest, 2010, S. 85–100 (openedition.org).
  11. Chantal Paisant: De l'exil aux tranchées 1901/1914–1918 : le témoignage des sœurs. Karthala coll. « Mémoires d'Église », 2014, ISBN 978-2-8111-1212-7, S. 152 (google.de).
  12. Michel Salager: Mai 1905 Les gardiens de la paix lyonnais sont en grève. (PDF) In: Société Lyonnaise d’Histoire de la Police, 2016. Abgerufen am 6. September 2023 (französisch).
  13. René Mouriaux: L’année sociale. Éditions de l’Atelier, 1999, ISBN 978-2-7082-3421-5, S. 223 (google.de).
  14. Madeleine Rebérioux: La République radicale ? (1899–1914). Points, 2014, ISBN 978-2-7578-5076-3, S. 46 (google.de).
  15. Pierre Accoce: Ces assassins qui ont voulu changer l’Histoire. Plon, 1999, ISBN 978-2-259-24035-2, S. 165 (google.de).
  16. Wikisource: Text des Gesetzes vom 9. Dezember 1905
  17. Gérard Noiriel: Une histoire populaire de la France : De la guerre de Cent Ans à nos jours. Agone, 2018, ISBN 978-2-7489-0302-7, S. 346 (google.de).
  18. Patrick Weil: Politiques de la laïcité au XXe siècle. Presses Universitaires de France, 2015, ISBN 978-2-13-079120-1.
  19. Jean-Pierre Tuquoi: Oubangui-Chari, le pays qui n’existait pas. La Découverte, 2017, ISBN 978-2-7071-9779-5, S. 89 (google.de).
  20. Roger Yele, Paul Doko und Abel Mazido: Les défis de la Centrafrique : gouvernance et stabilisation du système économique : recherche de canevas pour amorcer la croissance. African Books Collective, 2011, ISBN 978-2-86978-226-6, S. 245 (google.de).
  21. Gisèle Berstein und Serge Berstein: Dictionnaire historique de la France contemporaine : 1870–1945. Band 1. Éditions Complexe, 1995, ISBN 978-2-87027-549-8, S. 757 (google.de).
  22. Daouda Gary-Tounkara und Didier Nativel: L’Afrique des savoirs au sud du Sahara, XVIe – XXIe siècle : acteurs, supports, pratiques. Karthala, 2012, ISBN 978-2-8111-0616-4, S. 80 (google.de).
  23. Christian Baechler: Guillaume II d’Allemagne. Fayard, 2003, ISBN 978-2-213-64901-6, S. 107 (google.de).
  24. Patrick Weil: Politiques de la laïcité au XXe siècle. Presses Universitaires de France, 2015, ISBN 978-2-13-079120-1.
  25. Gilles Richard: Histoire des droites en France (1815-2017). Place des éditeurs, 2017, ISBN 978-2-262-07074-8, S. 129 (google.de).