Jens Kerstan

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Jens Kerstan (2018)

Jens Hinrich Kerstan (* 18. Februar 1966 in Hamburg) ist ein deutscher Politiker (Bündnis 90/Die Grünen) und seit April 2015 Hamburger Umweltsenator, zunächst im Senat Scholz II,[1] im Senat Tschentscher I und seit 10. Juni 2020 im Senat Tschentscher II. Von 2015 bis 2020 führte er als Präses eine Behörde für Umwelt und Energie, seit 2020 eine um den Bereich der Landwirtschaft erweiterte Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft.

Von 2001 bis Sommer 2008 war er stellvertretender Vorsitzender des Hamburger Landesverbandes der Grünen. Vom Mai 2008 bis April 2015 war er Vorsitzender der Fraktion der Grünen in der Hamburgischen Bürgerschaft.[2]

Ausbildung und beruflicher Werdegang

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jens Hinrich Kerstan wuchs in Hamburg-Bergedorf auf, wo er heute wieder lebt. Sein Vater Heinz Kerstan war Mitgründer der Reederei TT-Linie.[3][4] 1985 machte Kerstan am Hansa-Gymnasium das Abitur.

Nach dem Zivildienst schloss er ein Studium der Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschaftspolitik, Umweltpolitik und Finanzwissenschaften an der Universität Hamburg mit dem Diplom ab. Anschließend nahm er 1995/96 an einem Traineeprogramm der Körber AG teil. 1996 bis 1998 war er Projektleiter im Marketing der Hauni Maschinenbau AG. 1998 machte er sich als Berater im Umwelt- und Entwicklungsbereich selbständig.

Von 1995 bis 2011 war Kerstan Vorsitzender des Naturschutzverbandes „Gesellschaft für ökologische Planung e. V.“ (GÖP).[5] Er war 1999 Verhandlungsführer der Umweltverbände bei der Gründung der „Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung“ (NUE)[6] und organisierte anschließend deren Errichtung.

Kerstan ist seit 1998 Mitglied der Grünen (in Hamburg bis zur Umbenennung in Bündnis 90/Die Grünen Hamburg im Jahr 2012 Grün-Alternative Liste).[7] Ab Oktober 2002 war Kerstan Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. Mit der Bildung der ersten schwarz-grünen Koalition des Hamburger Senats im Mai 2008 übernahm er den Vorsitz der GAL-Bürgerschaftsfraktion. Nach dem Auseinanderbrechen der Koalition und den anschließenden Neuwahlen im Februar 2011 wurde er in diesem Amt bestätigt.

Seine inhaltlichen Schwerpunkte waren Wirtschaft und Hafen, Haushalt, Umwelt, Klimaschutz und Energie. Kerstan trat dafür ein, die Stellung des Hamburger Parlaments gegenüber dem Senat durch Professionalisierung zu stärken.[8]

Kerstan engagierte sich ab 2012 für eine Energieversorgung in öffentlicher Hand und unterstützte die Volksinitiative „Unser Hamburg – Unser Netz“.[9] Die Forderung Kerstans und der Hamburger nach Rekommunalisierung wurde mit einem Volksentscheid am 22. September 2013 durchgesetzt.

Bei der Bürgerschaftswahl 2015 bildeten Kerstan und Katharina Fegebank das Spitzenteam der Grünen.[10] Kerstan errang ein Direktmandat in seinem Wahlkreis Bergedorf. Im Zuge der konstituierenden Sitzung der Bürgerschaft wurde er in seinem Amt als Fraktionsvorsitzender der Grünen bestätigt.[2]

Mit Bildung einer rot-grünen Koalition wurde er am 15. April 2015 nach Bestätigung durch die Bürgerschaft Senator einer Behörde für Umwelt und Energie.[11] Diese wurde als Ausgliederung aus der bisherigen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt neu geschaffen.[1] Sein Bürgerschaftsmandat ruhte seither und wurde von der Verwaltungsjuristin Carola Timm bekleidet.[12] Den Posten des Senators für Umwelt und Energie hatte Kerstan auch im seit 28. März 2018 regierenden Senat Tschentscher I inne.[13]

In seiner Amtszeit war Kerstan unter anderem für die Rekommunalisierung der Energienetze und die Neuausrichtung der Hamburger Energiepolitik zuständig. Er stellte ein Konzept zum Ersatz des Kohleheizkraftwerks in Wedel vor und warb für eine klimafreundliche Fernwärmeversorgung nach dem Rückkauf des Hamburger Fernwärmenetzes. Kerstan befürwortete den vollständigen Kohleausstieg bis spätestens 2030 sowie die Einführung einer sozialverträglichen CO2-Steuer. Als erster Landesminister setzte sich Kerstan in der Dieselaffäre zudem für eine Hardware-Nachrüstung und die Abschaffung des Dieselprivilegs ein. Als erste deutsche Kommune ordnete Hamburg 2018 auf sein Geheiß als Senator hin Durchfahrtsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge zur Luftreinhaltung an.

Am 23. Februar 2020 gelang Kerstan erneut der Einzug in die Hamburgische Bürgerschaft. Sein Mandat ruht weiterhin, während er als Senator amtiert.

Im Zuge der Fortführung der rot-grünen Koalition nach der Bürgerschaftswahl wurde Kerstans Behörde im Juni 2020 im Senat Tschentscher II zusätzlich der Bereich der Agrarpolitik aus der Wirtschaftsbehörde zugeordnet. Er führt seither eine erweiterte Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA).[14]

Im Oktober 2024 kündigte Kerstan an, sich nach der Bürgerschaftswahl 2025 aus der Politik zurückzuziehen und nicht mehr zu kandidieren.[15]

Commons: Jens Kerstan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Scholz mit großer Mehrheit wiedergewählt. NDR, 15. April 2015, archiviert vom Original am 17. April 2015; abgerufen am 15. April 2015.
  2. a b Streit um Linken-Fraktionsvorsitz: Dora Heyenn entmachtet. shz, 2. März 2015, abgerufen am 3. März 2015.
  3. Jens Schneider: Bitte nicht stören, Süddeutsche Zeitung, 13. November 2012 (abgerufen am 13. September 2013) (Memento vom 22. August 2014 im Internet Archive) (PDF; 44 kB)
  4. Mitunter ruinös, Der Spiegel, 14. Juli 1975 (abgerufen am 13. September 2013)
  5. Website des Verbands.
  6. Website der Stiftung.
  7. Jens Meyer-Wellmann: Bürgersohn, Basisdemokrat, Berufspolitiker, Hamburger Abendblatt, 25. August 2008.
  8. Oliver Hollenstein und Charlotte Parnack: „Man braucht Mut zur Lücke“ (Interview mit Kerstan), Die Zeit, 10. Mai 2014.
  9. Per Hinrichs, Olaf Dittmann, Insa Gall: „Ihr Vorschlag ist doch eine reine Beruhigungspille“. In: Print › Die Welt › Hamburg. 1. Juni 2011. Die Welt. Auf Welt.de, abgerufen am 25. Juli 2023;
    Sven-Michael Veit: Ferngewärmter Skandal. In: Hamburg Aktuell. 22. April 2013. Die Tageszeitung (TAZ). Auf TAZ.de, abgerufen am 25. Juli 2023.
  10. Artikel im Hamburger Abendblatt vom 28. September 2014, abgerufen am 30. September 2014
  11. PM der Grünen Hamburg: „Große Mehrheit für Rot-Grün“ vom 12. April 2015 (Memento vom 15. April 2015 im Internet Archive), abgerufen am 15. April 2015
  12. Peter Ulrich Meyer, Andreas Dey, Sascha Balasko: Auch die Grünen haben ein Problem mit den Frauen. Hamburger Abendblatt, 10. April 2015, abgerufen am 11. April 2015.
  13. Vorläufiges Ergebnis der Bürgerschaftswahl 2015: Gewählte Kandidatinnen und Kandidaten auf den Seiten des Statistikamtes Nord, abgerufen am 17. Februar 2015
  14. Senat der Freien und Hansestadt Hamburg konstituiert, Senatskanzlei Hamburg, abgerufen am 10. Juni 2020
  15. NDR: Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan will sich nach der Bürgerschaftswahl aus der Politik verabschieden. Abgerufen am 14. Oktober 2024.