Carlosbarbosait

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Carlosbarbosait
Cremegelber Carlosbarbosait aus dem Jaguaraçu-Pegmatit, Brasilien (Bildbreite: 10 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2010-047[1]

IMA-Symbol

Cbb[2]

Chemische Formel
  • (UO2)2Nb2O6(OH)2·2H2O[3][1]
  • Ca<0,5[(UO2)2|(Nb,Ta,Si)O6(OH)2]·2H2O[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide[4]
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)

IV/H.09-020
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol 2/m²/m²/mVorlage:Kristallklasse/Unbekannte Kristallklasse[3]
Raumgruppe Cmcm (Nr. 63)Vorlage:Raumgruppe/63
Gitterparameter a = 14,150(6) Å; b = 10,395(4) Å; c = 7,529(3) Å[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte unbestimmt
Dichte (g/cm3) 4,713 (berechnet, Mineralprobe 1), 4,172 (berechnet, Mineralprobe 2)
Spaltbarkeit unbestimmt
Bruch; Tenazität uneben
Farbe blassgelb, creme
Strichfarbe gelblich-weiß
Transparenz durchsichtig (Einzelkristalle), durchscheinend (massiv)
Glanz Fettglanz
Radioaktivität stark radioaktiv
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,760(5)
nβ = 1,775(5)
nγ = 1,795(5)[3]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 70(1)° (gemessen); 83° (berechnet)[3]
Pleochroismus schwach: gelblich-grün in Z-Richtung

Carlosbarbosait ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung (UO2)2Nb2O6(OH)2·2H2O[1] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Uranyl-Niobat.

Carlosbarbosait kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und findet sich in Form blassgelber bis cremeweißer Krusten, bestehend aus sehr feinen Kristallnadeln im Mikrometerbereich. Das Mineral ist durchsichtig bis durchscheinend und zeigt auf den Oberflächen einen fettähnlichen Glanz.

Etymologie und Geschichte

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Carlosbarbosait wurde im Jaguaraçu-Pegmatit nahe Timóteo im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais entdeckt. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch ein Mineralogen-Team, bestehend aus D. Atencio, A. C. Roberts, M. A. Cooper, L. A. D. Menezes Filho, J. M. V. Coutinho, J. A. R. Stirling, K. E. Venance, N. A. Ball, E. Moffatt, M. L. S. C. Chaves, P. R. G. Brandão und A. W. Romano. Sie benannten das Mineral nach dem Chemieingenieur und Mineralienhändler Carlos do Prado Barbosa (1917–2003). Dieser half bei der Entdeckung seltener Minerale aus dem Bergwerk des Unternehmens Magnesita Refratários bei Brumado, Bahia, in Brasilien und aus den Pegmatiten von Minas Gerais, zu denen auch der Jaguaraçu-Pegmatit gehört. Er war Co-Autor der Erstbeschreibung der Minerale Bahianit (1978) und Minasgeraisit-(Y) (1986).[3]

Die Untersuchungsergebnisse und der gewählte Name wurden 2010 zur Prüfung bei der International Mineralogical Association eingereicht (interne Eingangs-Nr. der IMA: 2010-047), die den Carlosbarbosait als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Publikation der Erstbeschreibung erfolgte 2012 im Fachmagazin Mineralogical Magazine.

Das Typmaterial des Minerals wird im Museu de Geociências, Instituto de Geociências, Universidade de São Paulo in Brasilien (Katalog-Nr.: DR707) und in der systematischen Referenzreihe der Nationalen Mineralischen Sammlung der Geological Survey of Canada in Ottawa aufbewahrt.[5]

Da der Carlosbarbosait erst 2010 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er weder in der seit 1977 veralteten 8. Auflage, noch in der 9. Auflage der Mineralsystematik nach Karl Hugo Strunz verzeichnet. Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana kennt das Mineral bisher nicht.

Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen allerdings noch nach der alten Form der Strunz’schen Systematik in der 8. Auflage richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. IV/H.09-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Uranyl([UO2]2+)-Hydroxide und -Hydrate“, wo Carlosbarbosait zusammen mit Holfertit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[4]

Zur Analyse des Minerals wurden von den Autoren zwei Proben herangezogen, deren chemische Zusammensetzung stark variiert und die Grenzstrukturen der idealen Summenformel repräsentieren. Die Formel, die sich aus der Analyse der ersten Probe ergibt, wird mit

(◻0.68Ca0.28Nd0.02Ce0.02)Σ-1.00[U1.440.56O2.88(H2O)1.12](Nb0.80Ta0.52Si0.27Ti0.21Al0.11Fe0.10)Σ-2.01O4.72(OH)3.20(H2O)2.08

angegeben. Die Formel für die zweite Probe ist

(◻0.67Ca0.27Nd0.05Ce0.01)Σ-1.00[U1.040.96O2.08(H2O)1.92](Nb0.79Ta0.53Si0.42Ti0.08Al0.10Fe0.08)Σ-2.00O4.00(OH)3.96(H2O)2.04

Das Quadratsymbol in den Formeln repräsentiert jeweils einen nicht oder nicht vollständig besetzten Strukturplatz.

Der Urangehalt variiert von Kristall zu Kristall sehr stark. Eine genaue quantitative Analyse ist durch die Morphologie und den Wassergehalt des Minerals schwierig. Röntgenkristallographisch sind die Uranatome nur partiell besetzt. Im Kristallgitter befinden sich Vakanzen (Leerstellen), die kristallographisch mit Calcium-Ionen teilbesetzt sind und somit Calcium-Ionen-Kanäle bilden. Aus kristallchemischen Betrachtungen der Formeln für Probe 1 und Probe 2 folgt, dass eine gemeinsame ideelle Formel als (UO2)2Nb2O6(OH)2(H2O)2 geschrieben werden kann. Mittels Wellenlängendispersiver Röntgenspektroskopie (WDS) bzw. Energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDS) konnte die Anwesenheit weiterer Kationen nachgewiesen werden. Aus der partiellen kristallographischen Besetzung der Uran- und Niob-Positionen ergibt sich, dass zum Ladungsausgleich neben Calcium-Ionen zu einem geringeren Anteil die dreiwertigen Seltenerd-Ionen Cer bzw. Neodym die Calcium-Kanäle besetzen. Die vierwertigen Kationen von Silicium und Titan wie auch die dreiwertigen Kationen von Eisen und Aluminium können zum Teil auf den oktaedrisch koordinierten Niob-Positionen sitzen. Das Verhältnis Nb/(Nb + Ta) ist konstant bei ~0.6.[3]

Kristallstruktur

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Packungsbild von Carlosbarbosait in Richtung der kristallographischen c-Achse) _ Uran (U) _ Niob (Nb) _ Calcium (Ca) _ Sauerstoff (O) _ Wasser (H2O)

Carlosbarbosait kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Cmcm (Raumgruppen-Nr. 63)Vorlage:Raumgruppe/63 mit den Gitterparametern a =  14,150(6) Å; b =  10,395(4) Å und c =  7,529(3) Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.

Die Kristallstruktur des Carlosbarbosaits ähnelt der des Holfertits, weist aber nicht den gleichen Grad an kristallographischer Fehlordnung auf.

Das Mineral ist durch seinen Urangehalt von bis zu 39,21 % bezüglich der ideellen Formel radioaktiv. Unter Berücksichtigung, dass natürliches Uran eine spezifische Aktivität von ca. 50 kBq aufweist, kann für das Mineral eine spezifische Aktivität von etwa 19,6 kBq/g berechnet werden (zum Vergleich: natürliches Kalium 0,0312 kBq/g). Die absolute Radioaktivität realer Mineralproben ist jedoch in der Regel niedriger, da Carlosbarbosait bisher nur in dünnen krustigen Überzügen als Sekundärmineral auf nicht-radioaktiven Muttergesteinen gefunden wurde.

Bildung und Fundorte

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Karte: Brasilien
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Fundort Carlosbarbosait

Carlosbarbosait konnte bisher ausschließlich an seiner Typlokalität im Jaguaraçu-Pegmatit nahe Timóteo im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais nachgewiesen werden (Stand 2020).[6] Der Pegmatit-Körper, der als Lavra do Sr José Pinto bekannt ist, befindet sich direkt in der Nähe eines Fußballfeldes. Der Erzkörper ist linsenförmig, mit einer Länge von mindestens 100 Metern und einer maximalen Breite von 20 Metern, und tritt an einer steilen Hügelseite zu Tage. An seinem äußersten Ende ist der Erzkörper weniger als einen Meter breit.

Carlosbarbosait tritt in diesem Pegmatit vergesellschaftet mit Albit, Zirkon, Muskovit, Kaolin und Columbit-(Fe) auf. Das Mineral formt abgeflachte Nadeln und gelbliche Aggregate. Die größten Kristalle sind 120 Mikrometer lang und 2 bis 5 Mikrometer dick.[3]

Vorsichtsmaßnahmen

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Aufgrund der Toxizität und der starken Radioaktivität des Minerals sollten Mineralproben vom Carlosbarbosait nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollte eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Atemschutzmaske und Handschuhe getragen werden.

  • D. Atencio, A. C. Roberts, M. A. Cooper, L. A. D. Menezes Filho, J. M. V. Coutinho, J. A. R. Stirling, K. E. Venance, N. A. Ball, E. Moffatt, M. L. S. C. Chaves, P. R. G. Brandão, and A. W. Romano: Carlosbarbosaite, ideally (UO2)2Nb2O6(OH)2·2H2O, a new hydrated uranyl niobate mineral with tunnels from Jaguaraçu, Minas Gerais, Brazil: description and crystal structure. In: Mineralogical Magazine. Band 76, 2012, S. 75–90 (englisch, rruff.info [PDF; 968 kB; abgerufen am 14. Oktober 2020]).
  • Carlosbarbosaite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 140 kB; abgerufen am 14. Oktober 2020]).
Commons: Carlosbarbosaite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g h D. Atencio, A. C. Roberts, M. A. Cooper, L. A. D. Menezes Filho, J. M. V. Coutinho, J. A. R. Stirling, K. E. Venance, N. A. Ball, E. Moffatt, M. L. S. C. Chaves, P. R. G. Brandão, and A. W. Romano: Carlosbarbosaite, ideally (UO2)2Nb2O6(OH)2·2H2O, a new hydrated uranyl niobate mineral with tunnels from Jaguaraçu, Minas Gerais, Brazil: description and crystal structure. In: Mineralogical Magazine. Band 76, 2012, S. 75–90 (englisch, rruff.info [PDF; 968 kB; abgerufen am 14. Oktober 2020]).
  4. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. Carlosbarbosaite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 140 kB; abgerufen am 14. Oktober 2020]).
  6. Fundortliste für Carlosbarbosait beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 14. Oktober 2020.