Benedict-Reagenz
Das Benedict-Reagenz ist ein Reagenz, das in der organischen Chemie unter dem Namen "Benedict-Reaktion" (auch: "Benedict-Test") zum Nachweis von reduzierenden Zuckern, Flavonoiden und Cumarinen verwendet wird. Es wurde 1908 vom amerikanischen Chemiker Stanley Benedict (1884–1936) erfunden.[1]
Zusammensetzung und Herstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Reagenz setzt sich aus zwei Lösungen zusammen. Die erste Lösung enthält Natriumcitrat (Natriumsalz der Citronensäure) und Natriumcarbonat, welche in Wasser gelöst werden. Eine zweite Lösung aus Kupfer(II)-sulfat in Wasser wird zugegeben.[1] Durch den Ersatz von Hydroxid durch Carbonat ist das Reagenz weniger stark ätzend und durch die Verwendung von Citrat anstatt Tartrat ist es stabiler als das Fehling-Reagenz.[2] Das Benedict-Reagenz lässt sich z. B. in einem schulischen Chemielabor mit einfachen Mitteln selbst herstellen: Man benötigt vier 250 mL-Flaschen (ähnlich wie für Fehling-Reagenz I und II) und vier Benedict-Etiketten, weiterhin eine Heizplatte mit Magnetrührer, einen Rührmagneten, ein 1000 mL-Becherglas, 173 g Natriumcitrat, 100 g wasserfreies Natriumcarbonat (oder 270 g Natriumcarbonat-Decahydrat) und ca. 600 mL demineralisiertes Wasser (Tipp: bei Erwärmen löst sich das Natriumcarbonat besser). In einem zweiten Gefäß werden 17,3 g Kupfersulfat-Pentahydrat in ca. 100 mL demineralisiertem Wasser gelöst. Dann werden beide Lösungen unter Rühren vereinigt, nach dem Abkühlen im Messkolben auf 1000 mL aufgefüllt und auf die vier Flaschen aufgeteilt.[3] Für die Erstellung korrekter Etiketten stellt die DGUV das Portal DEGINTU zur Verfügung, das für Schulen und schulähnliche Einrichtungen kostenfrei nutzbar ist.[4]
Nachweis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Benedict-Reagenz dient wie das Fehling-Reagenz zum Nachweis von reduzierenden Zuckern, Flavonoiden und Cumarinen.[5] In der Lösung fällt dann ein Niederschlag aus, der je nach Zuckerkonzentration rot, gelb oder grün ist.[1] Im schulischen Chemieunterricht ist es bei der gemäß RiSU vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung dem Fehling-Reagenz vorzuziehen, da Natriumcarbonat anstelle von Natriumhydroxid eingesetzt wird und somit bei gleicher Wirkung eine geringere Gefahr vorhanden ist.
Praktische Nutzanwendung in der Medizin
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis zum Aufkommen der Blutzuckermessung mittels Teststreifen in den 1970er Jahren stand den Patienten mit Diabetes mellitus zur Stoffwechselselbstkontrolle nur die Messung der Glukose-Ausscheidung im Urin (Harnzucker-Selbstkontrolle) zur Verfügung, u. a. mittels der Benedict-Probe. Dafür benötigt man Benedict-Lösung, 1 Teelöffel, 1 Pipette, ein Reagenzglas mit Handhalter und eine Spiritusflamme. Man gibt 1 Teelöffel Benedict-Lösung in das Reagenzglas, fügt 8 Tropfen Urin hinzu und kocht die Flüssigkeit 2 Minuten über der Flamme. Bleibt die Lösung klarblau, ist keine Glukose im Urin enthalten. Bei ca. 0,1 % Glukose wird die Lösung dunkelgrün, bleibt aber noch klar. Bei 0,5 % wird sie trübe, bei ca. 1 % wird sie gelb-oliv, bei 1,5–2 % braun und bei mehr als 2 % ziegelrot.[6] Das Testergebnis erlaubt, die Therapie (Insulindosis, Mahlzeit, körperliche Aktivität) unmittelbar anzupassen.[7]
Reaktionsschema
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Formal wird die organische Verbindung durch die Kupferionen oxidiert. Es bildet sich ein Niederschlag von Kupfer(I)-oxid und die entsprechende organische Verbindung, am Beispiel eines Aldehydes also:
Die Reaktion muss im alkalischen Bereich ablaufen.[1]
Ist der Aldehyd ein reduzierender Zucker, so ist nicht die jeweilige Zuckersäure das Reaktionsprodukt, sondern ein Oson.[8]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Stanley Benedict: A reagent for the detection of reducing sugars. In: J. Biol. Chem., 1909, 5, S. 485–487.
- ↑ Robert D. Simoni, Robert L. Hill, Martha Vaughan: Benedict's Solution, a Reagent for Measuring Reducing Sugars: the Clinical Chemistry of Stanley R. Benedict. In: J. Biol. Chem., 2002, 277, 16, 5, S. 10–11.
- ↑ Klaus Ruppersberg: Benedict statt Fehling: sicherer, einfacher, haltbarer! In: Naturwissenschaften im Unterricht: Chemie. Band 27, Nr. 156. Friedrich-Verlag, 2016, S. 49–50.
- ↑ DEGINTU - Gefahrstoffinformationssystem für den naturwissenschaftlich-technischen Unterricht der Gesetzlichen Unfallversicherung. Abgerufen am 2. Dezember 2021.
- ↑ Eintrag zu Benedicts Reagenz. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 3. Januar 2015.
- ↑ Erwin Lausch: Diabetes - Siege, Hoffnungen und immer neue Rätsel. Verlag Chemie, Weinheim/Bergstraße 1971, ISBN 3-527-25345-9, S. 228.
- ↑ Dazu heißt es in einem Arztbrief über einen 9-jährigen, neu an Diabetes erkrankten Jungen: „Die Eltern wurden beide genauestens informiert, sie können sowohl die Harnzuckerprobe [Benedict] als auch die Acetonprobe [Legalsche Probe] durchführen. [Wir] haben den Jungen mit dreimaligen Gaben von Altinsulin nach Hause entlassen, etwa 3x täglich 18-20 Einheiten. Je nach der Harnzuckerausscheidung sind wir entweder 2 Einheiten höher oder 2 Einheiten niedriger gegangen.[...] In der Ernährung kommt alles darauf an, dass der Junge keine Exzesse macht, aber im wesentlichen eine altersentsprechend normale Ernährung einhält. Auch darüber haben wir ausführlich mit den Eltern gesprochen.“
- ↑ Holger Fleischer: Fehlinterpretation der Fehling-Probe auf reduzierende Zucker - Von der Beobachtung im Chemieunterricht zur Evidenz gegen die Oxidation der Aldehydgruppe. In: CHEMKON. Band 24, Nr. 1, Januar 2017, S. 27–30, doi:10.1002/ckon.201610283 (wiley.com [abgerufen am 2. Dezember 2021]).