Bastien Girod
Bastien Girod (* 21. Dezember 1980 in Genf; heimatberechtigt in Champoz) ist ein Schweizer Politiker (Grüne) und Umweltwissenschaftler. Seit 2007 ist er Nationalrat.
Leben, Ausbildung und Beruf
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Girod besuchte zuerst eine Rudolf-Steiner-Schule, dann das Deutsche Gymnasium Biel und studierte anschliessend Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich. Von 2006 bis 2009 arbeitete er gleichenorts unter dem Titel «Integration of Rebound Effects into Life-Cycle Assessment» an seinem Doktorat über Ökobilanzen.[1] Für den Zeitraum von Juli 2010 bis Juni 2012 schickte ihn der Schweizerische Nationalfonds als Gastforscher bzw. als Postdoc zur Vertiefung an die Universität Utrecht.[2] Im August 2011 beendete er sein Forschungsprojekt vorzeitig nach einem Jahr, da er seine Forschungsziele bereits erreicht hatte, und kehrte in die Schweiz zurück.
Er nahm eine Stelle an der ETH Zürich am SusTec (Group for Sustainability and Technology) an, die sich mit der Interaktion von Politik, Unternehmen und Technologie in Bezug auf Klimaschutz befasst.[3] 2016 bis 2018 absolvierte Girod eine berufsbegleitende Weiterbildung in General Management an der Universität Zürich, die er mit einem Executive MBA abschloss.[4]
2018 begann er als Teamleiter bei der Firma South Pole zu arbeiten[5], zuletzt war er Leiter des Europa-Geschäfts.[6][7] 2018 wurde er vom Verband der Betreiber Schweizerischer Abfallverwertungsanlagen (VBSA) zu dessen Präsidenten gewählt, wo er sich für eine nachhaltigere Abfallwirtschaft (u. a durch CO₂-Abscheidung und -Speicherung) einsetzt.[8][9][10] Der Branchenverband verpflichtete sich 2022 in einer Vereinbarung mit dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation,[11] dass bis spätestens 2030 eine erste Kehrichtverbrennungsanlage über ein System verfügt, das 100’000 Tonnen CO�� aus den Abgasen auswaschen kann. Zudem soll parallel dazu eine Infrastruktur aufgebaut werden, damit das abgeschiedene CO₂ abtransportiert und für immer gespeichert werden kann.[10] Im November 2023 gab Girod den Rücktritt aus der Firma South Pole bekannt, nachdem Unregelmässigkeiten bei einem grossen Projekt in Simbabwe aufgefallen waren.[12] Im April 2024 wurde Girod beim Beratungsunternehmen Deloitte Schweiz Partner im Dienstleistungsbereich Klimaschutz und Nachhaltigkeit.[13]
Politisches Engagement
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Girod kam bei den JungsozialistInnen erstmals mit der Politik in Berührung, wurde Greenpeace-Aktivist und später Gründungsmitglied der Jungen Grünen Kanton Zürich. Bekannt wurde er auf kantonaler Ebene vor allem durch Protestaktionen gegen Offroader[14] und umstrittene Praktiken der Zürcher Polizei. Von 2005 bis 2007 war er Vorstandsmitglied der Zürcher Sektion des VCS.
2006 wurde er in das Stadtzürcher Parlament (Gemeinderat) und bei den Schweizer Parlamentswahlen 2007 in den Nationalrat gewählt, worauf er das Gemeinderatsmandat abgab. 2011, 2015, 2019 und 2023 wurde er bestätigt. Bei den Parlamentswahlen vom 18. Oktober 2015 erhielt er mit 70'267 Stimmen die meisten Stimmen der Kandidaten der Grünen.[15] Im August 2024 gab er den Rücktritt auf Ende der Herbstsession 2024 als Nationalrat bekannt, wobei Meret Schneider für ihn nachrücken werde.[16] 2015 kandidierte Girod auch für den Ständerat. Nach zwei Wahlgängen landete er mit 107'000 Stimmen auf dem dritten Platz, was von Medien als Achtungserfolg gewertet wurde.[17][18] Von 2012 bis 2018 war er einer der Vizepräsidenten der Grünen Partei der Schweiz.[19]
Eine von ihm 2019 eingereichte parlamentarische Initiative fand in National- und Ständerat Mehrheiten.[20] Damit wurde eine Übergangslösung zur Förderung von Windenergie-, Kleinwasserkraft-, Biogas-, Geothermie- und Fotovoltaikanlagen gefunden.[21]
Von 2019 bis 2021 war Girod Präsident der nationalrätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK).[22]
Green Change – Strategien zur Glücksmaximierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2010 veröffentlichte Girod im Berner Zytglogge Verlag ein Buch unter dem Titel Green Change. Das Buch ist teils autobiographisch, teils politisches Programm und Zukunftsentwurf. Der Untertitel des Buches – «Strategien zur Glücksmaximierung» – weist auf Girods Ansatz im nichtbiographischen Teil hin. Er verbindet dort Erkenntnisse der Glücksforschung mit den Erfordernissen eines ökologischen Wandels. Wirtschaftliches Wachstum sei an sich kein erstrebenswertes Ziel. Stattdessen müsse ein Wachstum des Glücks der Menschen angestrebt werden. Dieses Ziel liesse sich auch mit einem geringeren Ressourcenverbrauch erreichen. Diesen Ansatz nennt Girod Green Change. Zur Umsetzung sei eine politische Neuorientierung nötig, welche den Herausforderungen und Bedürfnissen der Menschen im 21. Jahrhundert entspreche. Der Schutz und die Verbesserung des menschlichen Glücks sollten nach Girod zum Hauptziel der politischen und gesellschaftlichen Aktivitäten werden. Das Buch wurde unter anderem in der NZZ,[23] im Tages-Anzeiger[24] und in der Wochenzeitung besprochen.[25]
Persönliches
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2012 heiratete Girod Ellen Tkatch, das Paar hat zwei Töchter (* 2014, * 2017).[26][27] Im Juli 2023 gaben sie die Trennung bekannt.[28]
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Green Change – Strategien zur Glücksmaximierung. Zytglogge, Bern 2010, ISBN 978-3-7296-0804-7.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bastien Girod auf der Website der Bundesversammlung
- Website von Bastien Girod
- Profil bei der ETH Zürich
- Matthias Strasser: Bastien Girod - Der ewig junge Grüne tritt ab. In: SRF.ch. 28. September 2024
- Christoph Keller: Der Optimist. In: Republik. 9. Juni 2023
- Sendung «Schawinski». Roger Schawinski im Gespräch mit Bastien Girod. Video in: Schweizer Fernsehen vom 10. September 2012 (Online, 27 Minuten)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Bastien Girod: Integration of rebound effects into LCA. ETH Zürich, 2009, doi:10.3929/ethz-a-005955688.
- ↑ Nationalrat Bastien Girod geht nach Holland. In: Tages-Anzeiger. 24. Juni 2010.
- ↑ Hubert Mooser: Girod bricht seine Zelte in Holland ab. In: Tages-Anzeiger. 4. August 2011.
- ↑ Gratulation! Executive MBA der Universität Zürich. Universität Zürich, 2018 (PDF; 1,9 MB).
- ↑ Bastien Girod wechselt zur Zürcher Klima-Firma South Pole. South Pole, 11. April 2018, abgerufen am 15. April 2018.
- ↑ Mischa Aebi, Denis von Burg: Interview zu Greenwashing-Vorwürfen. Herr Girod, wieso geschäften Sie als Grüner mit dreckigen Ölkonzernen? In: SonntagsZeitung. 15. Juli 2023, abgerufen am 22. Juli 2023.
- ↑ Bastien Girod. Head of Climate Solutions Europe. South Pole, abgerufen am 22. Juli 2023 (englisch, South Pole Penguin Perspectives Blog).
- ↑ Mehr Anerkennung und ein neuer Impuls: Bastien Girod als Präsident des VBSA gewählt. Verband der Betreiber Schweizerischer Abfallverwertungsanlagen, 17. Mai 2018 (Pressemitteilung; PDF; 156 kB).
- ↑ Daniel Stern: Welchen Kreislauf wollen wir? In: Die Wochenzeitung. 27. Januar 2022.
- ↑ a b Martin Läubli: Millionen Tonnen CO₂. Abfall klimaneutral entsorgen: Jetzt hat die Schweiz einen Masterplan. In: Tages-Anzeiger. 16. März 2022.
- ↑ Vereinbarung mit Kehrichtverbrennungsanlagen. Bundesamt für Umwelt, 16. März 2022, abgerufen am 21. Juni 2022.
- ↑ Céline Raval, Julian Schmidli: Geschäft mit CO₂-Kompensation - «Klimahändler» South Pole: CEO-Rücktritt und prominenter Abgang. In: srf.ch. 10. November 2023, abgerufen am 10. November 2023.
- ↑ sda: Grünen-Girod hat ein neues Mandat – bei einem «Big Four»-Consultant. In: watson.ch. Abgerufen am 28. März 2024.
- ↑ Jakob Lindenmeyer: Interview mit ETH-Student und Stadtratskandidat Bastien Girod. «Zürich braucht ein Road-Pricing!» ETH Life, 18. Januar 2006.
- ↑ Wahlen 2015. Kanton Zürich. Nationalrat. Bundesamt für Statistik, 2015.
- ↑ Nachfolgerin Meret Schneider - Grünen-Nationalrat Bastien Girod tritt zurück. In: srf.ch. 31. August 2024.
- ↑ Pascal Unternährer: Das neue Zürcher Dreamteam. In: Der Bund. 22. November 2015.
- ↑ Christina Neuhaus: Plötzlich reden alle von Bastien Girod. In: Neue Zürcher Zeitung. 4. November 2015.
- ↑ Grüne bestätigen Regula Rytz und wählen neues Vize-Präsidium. Grüne Schweiz, 5. Mai 2018, archiviert vom am 8. Mai 2018; abgerufen am 5. Mai 2018.
- ↑ 19.443. Pa.Iv. Erneuerbare Energien einheitlich fördern. Einmalvergütung auch für Biogas, Kleinwasserkraft, Wind und Geothermie. In: parlament.ch. 18. Juni 2019, abgerufen am 21. Juni 2022.
- ↑ Zur klaren Annahme der parlamentarischen Initiative Girod. In: swisscleantech.ch. 4. Oktober 2021, abgerufen am 21. Juni 2022.
- ↑ Bastien Girod auf der Website der Bundesversammlung .
- ↑ Raus aus der Unglücksfalle. In: Neue Zürcher Zeitung. 5. Juni 2010 (Archiv).
- ↑ Stefan Häne: Schulwege zum Glück. In: Tages-Anzeiger. 20. Mai 2010.
- ↑ Dem Glück auf der Spur. Me cha nöd klage. In: Die Wochenzeitung. 10. Juni 2010.
- ↑ Nico Menzato: Bastien Girod und seine Ex-Miss im Baby-Glück. In: Blick.ch. 13. Februar 2017.
- ↑ Nicola Brusa, Philipp Loser: Als Mutter machst du immer alles falsch. In: Tages-Anzeiger. 19. August 2018.
- ↑ Bastien und Ellen Girod trennen sich. In: 20 Minuten. 18. Juli 2023.
Personendaten | |
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NAME | Girod, Bastien |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Politiker (GPS) |
GEBURTSDATUM | 21. Dezember 1980 |
GEBURTSORT | Genf |