Wintersdorf (Zirndorf)
Wintersdorf (fränkisch: Windeasch-doaf[2]) ist ein Gemeindeteil der Stadt Zirndorf im Landkreis Fürth (Mittelfranken, Bayern).[3] Wintersdorf liegt in der Gemarkung Leichendorf.[4]
Wintersdorf Stadt Zirndorf
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Koordinaten: | 49° 26′ N, 10° 55′ O |
Höhe: | 303 m ü. NHN |
Einwohner: | 1370 (1. Jan. 2022)[1] |
Postleitzahl: | 90513 |
Vorwahl: | 09127 |
Geographie
BearbeitenDas Dorf liegt am Südufer der Bibert und bildet mit dem westlich gelegenen Weinzierlein eine geschlossene Siedlung und ist unmittelbar von Acker- und Grünland umgeben. 0,5 km nördlich liegt das Waldgebiet Auf der Blöße.[5]
Geschichte
BearbeitenArchäologische Funde im Nachbarort Weinzierlein, nämlich die Hügelgräber im Erlach belegen, dass das Gebiet bereits gegen 1000 v. Chr. besiedelt war.[6]
Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte 1295, als Albert und Hartmann Rindesmuli Güter in „Winterstorff“ an Ulrich von Trockau als Eigen übergeben hatte. Das Bestimmungswort des Ortsnamens ist der Personenname „Winidhari“ (= der Wende). Der Nürnberger Burggraf Friedrich IV. schenkte 1321 aus seinem Besitz in „Winterstorf“ zum Altar des hl. Clemens und Basilius bestimmte Novalzinsen. Ritter Marquard Rindmawl übereignete 1370 Herrn Michel Grundherr einen Hof in „Winterstorf“. Im Bergischen Reichslehenbuch steht 1396: „Hans Carl hat empfangen ein Mul (Mühle) zu Winterdorff“. „Winterdorff“ gehörte 1413 dem burggräflichen Amt in Roßtal an, allerdings wurde es als „nürnbergerisch“ bezeichnet, soweit es die Untertanen betrifft. „Winttersdorf“ wurde 1430 im Verzeichnis der Pfarrei Zirndorf geführt. Über das Dorf wurde um 1504 niedergeschrieben: „Winttersßdorff, ein Weiler, Nürnbergisch, fraisch Zenn“. Im Salbuch des Klosters Pillenreuth taucht Wintersdorf im Jahre 1532 auf: ansbachisch: drei Höfe; nürnbergisch: ein Schenkstatt mit Hof, ein Bauernhof, zusätzlich Niederschrift „Wintersdorff get zu lehen vom Reich“.[6]
Die meisten Dörfer in der unmittelbaren Umgebung zur Alten Veste wurden 1632 im Dreißigjährigen Krieg von den Truppen Wallensteins bei deren Rückzug zerstört. Wintersdorf wurde völlig zerstört und lange aufgegeben. Mit dem Wiederaufbau wurde erst wieder 1657 begonnen.
1750 wurden drei nürnbergische und vier ansbachische Anwesen gezählt.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Wintersdorf neun Anwesen. Das Hochgericht und die Dorf- und Gemeindeherrschaft übte das brandenburg-ansbachische Richteramt Roßtal aus. Grundherren waren das Kastenamt Cadolzburg (zwei Höfe, ein Wirtshaus, ein Gemeindehirtenhaus), die Reichsstadt Nürnberg: St.-Klara-Klosteramt (ein Hof), Schlüsselfelder-Stiftung (ein Wirtshaus), Nürnberger Eigenherren: von Kreß (ein Hof, ein Wirtshaus), von Welser (1 Gut).[7] 1804 gab es im Ort sieben Anwesen, von denen vier ansbachisch und drei nürnbergisch waren.[8]
Von 1797 bis 1808 unterstand der Ort dem Justiz- und Kammeramt Cadolzburg. Im Rahmen des Gemeindeedikts wurde Wintersdorf dem 1808 gebildeten Steuerdistrikt Leichendorf zugeordnet. Es gehörte auch der im selben Jahr gegründeten Ruralgemeinde Leichendorf an.[9]
1970 wurde in Gemeinschaftsarbeit der Vereine ein Vereinsheim errichtet.
Im Rahmen der Gebietsreform in Bayern wurde Wintersdorf am 1. Januar 1976 nach Zirndorf eingemeindet.
1978 erfolgte der Neubau des Kindergartens durch die Arbeiterwohlfahrt. 1980 wurde ein neues Feuerwehrhaus eingeweiht. Durch das in den 1980er Jahren errichtete Neubaugebiet Bibertsiedlung stieg die Einwohnerzahl stark an. 1995 wurde ein kleines Einkaufszentrums mit Arztpraxen eröffnet.
Baudenkmäler
Bearbeiten- Ansbacher Str. 21: Hofeinfahrt
- Frankenwaldstr. 4a, 6: Wohnstallhaus
- Seewaldstraße 9: Bauernhof
Einwohnerentwicklung
BearbeitenJahr | 1818 | 1840 | 1861 | 1871 | 1885 | 1900 | 1925 | 1950 | 1961 | 1970 | 1987 | 2007 |
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Einwohner | 70 | 106 | 103 | 113 | 101 | 95 | 138 | 412 | 578 | 727 | 921 | 1489 |
Häuser[10] | 14 | 17 | 20 | 23 | 31 | 50 | 99 | 228 | ||||
Quelle | [11] | [12] | [13] | [14] | [15] | [16] | [17] | [18] | [19] | [20] | [21] |
Religion
BearbeitenDer Ort ist seit der Reformation evangelisch-lutherisch geprägt und nach St. Rochus (Zirndorf) gepfarrt.[7] Die Einwohner römisch-katholischer Konfession sind nach St. Josef (Zirndorf) gepfarrt.[22] 1975 wurde die katholische „Bruder-Klaus-Kapelle“ (Namenspatron Niklaus von Flüe) errichtet, die seit einiger Zeit der Koptisch-orthodoxen Kirche gehört und nun Maria und dem Erzengel Michael geweiht ist. Des Weiteren gibt es ein evangelisches Gemeindehaus.
Brauchtum
BearbeitenJeweils am zweiten Wochenende im Monat Juli ist in Wintersdorf Kärwa, eine traditionelle fränkische Kirchweih mit Bierzelt, Baumaufstellen, Betzentanz, Schieß- und Süßigkeitenbude, Schiffschaukel und Kinderkarussell. Mittlerweile wurde die Kärwa ins Vereinsheim des ortsansässigen Sportverein verlagert. Weiterhin Bestand haben jedoch das Baumaufstellen sowie das Fischerstechen, während die Schausteller nur noch mit Buden vertreten sind.
Am 7. Juni 1985 wurde das rekonstruierte Wasserrad an der Bibert in Betrieb genommen. Das tiefschlächtige Wasserrad befindet sich an der Bibert in der Nähe des Kindergartens an der Frankenstraße. Dieses entspricht in der Bauart den Wasserschöpfrädern an der Regnitz und wird jeden Winter ab- und im Frühjahr wieder aufgebaut. Hier wird auch das traditionelle Fischerstechen ausgetragen, das im Rahmen der Wintersdorfer Kirchweih stattfindet.
Schule
BearbeitenDie bayerische Landesregierung genehmigte 1896 die Bildung eines eigenen Schulsprengels für die Orte Bronnamberg, Leichendorf und Weinzierlein. 1898 wurde das erste Schulgebäude errichtet, später sollte es als Rathaus genutzt werden. 1957 wurde das neue Schulgebäude in der Frankenstraße eingeweiht, der Schulsprengel wurde 1969 um die Orte Anwanden, Lind erweitert. Im Jahre 1982 wurde das neue Sparkassengebäude gebaut und deshalb das alte Schulhaus abgerissen. Umbau und Renovierung des Schulgebäudes erfolgte in den Jahren 1991 und 1992.
Die Volksschule Zirndorf-Wintersdorf war bis 2002 eine Schuleinrichtung mit Grund- und Hauptschule, dies ist nun durch die zuständige Schulbehörde geändert worden. In Wintersdorf befindet sich nur noch die „Bibert-Grundschule“, die Hauptschüler des Schulsprengels besuchen die Hauptschule in Zirndorf. Im Schuljahr 2007/08 gab es die letzte Abschlussklasse.
Vereine und Veranstaltungen
Bearbeiten- Der ansässige Sportverein ist der ASV Weinzierlein Wintersdorf, der vor allem im Fußballbereich aktiv ist.
- Der Schützenverein Wintersdorf besteht seit 1955 und widmet sich dem sportlichen Schießen.
Verkehr
BearbeitenBis zur Fertigstellung der Umgehungsstraße im Jahr 1998 führte der Verkehr auf der Rothenburger Straße direkt durch den Ort. Sie verläuft über Leichendorf nach Zirndorf (4 km östlich) bzw. an Weinzierlein vorbei nach Ammerndorf (4 km westlich). Gemeindeverbindungsstraßen führen nach Bronnamberg (1,1 km nördlich) und nach Lind zur Kreisstraße FÜ 14 (1,8 km südöstlich).[5]
Zwischen dem 22. Mai 1914 und dem 26. September 1986 verband die Bibertbahn den Ort mit der Bahnstrecke Nürnberg–Crailsheim, der Haltepunkt befand sich auf der Ortsgrenze zwischen Wintersdorf und Weinzierlein. Seitdem ist Wintersdorf nur noch durch Buslinien an die U-Bahn Nürnberg an den U-Bahnhöfen Gustav-Adolf-Straße und Fürth Hauptbahnhof sowie an die Rangaubahn am Zirndorfer Bahnhof und die Bahnstrecke Nürnberg–Crailsheim in Anwanden angebunden. Wintersdorf liegt seit Gründung des Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) in dessen Geltungsbereich.
Literatur
Bearbeiten- Stadt Zirndorf (Hrsg.): Festschrift: 75 Jahre Stadt Zirndorf. 1987.
- Johann Kaspar Bundschuh: Wintersdorf an der Bibert. In: Geographisches Statistisch-Topographisches Lexikon von Franken. Band 6: V–Z. Verlag der Stettinischen Buchhandlung, Ulm 1804, DNB 790364328, OCLC 833753116, Sp. 266 (Digitalisat).
- Hanns Hubert Hofmann: Nürnberg-Fürth (= Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. I, 4). Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1954, DNB 452071224, S. 189 (Digitalisat). Ebd. S. 230–231 (Digitalisat).
- Georg Paul Hönn: Windersdorf. In: Lexicon Topographicum des Fränkischen Craises. Johann Georg Lochner, Frankfurt und Leipzig 1747, OCLC 257558613, S. 387 (Digitalisat).
- Wolfgang Wiessner: Stadt- und Landkreis Fürth (= Historisches Ortsnamenbuch von Bayern, Mittelfranken. Band 1). Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1963, DNB 455524629, S. 104.
Weblinks
Bearbeiten- Wintersdorf in der Ortsdatenbank des bavarikon, abgerufen am 22. November 2021.
- Wintersdorf in der Topographia Franconiae der Uni Würzburg
- Wintersdorf im Geschichtlichen Ortsverzeichnis des Vereins für Computergenealogie
Fußnoten
Bearbeiten- ↑ Landkreis Fürth – Nahverkehrsplan 2023. (PDF; 10,7 MB) In: vgn.de. Verkehrsverbund Großraum Nürnberg GmbH, S. 64, abgerufen am 1. Oktober 2024.
- ↑ W. Wiessner: Stadt- und Landkreis Fürth, S. 104. Dort nach den Regeln des HONB folgendermaßen transkribiert: „windeʳschdoʳf“.
- ↑ Gemeinde Zirndorf, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 17. Juli 2023.
- ↑ Webkarte. ALKIS®-Verwaltungsgrenzen – Gemarkungen. In: BayernAtlas. LDBV, abgerufen am 9. Oktober 2024.
- ↑ a b Ortskarte 1:10.000. Darstellung mit Schummerung. In: BayernAtlas. LDBV, abgerufen am 17. Juli 2023 (Entfernungsangaben entsprechen Luftlinie).
- ↑ a b W. Wiessner: Stadt- und Landkreis Fürth, S. 104.
- ↑ a b H. H. Hofmann: Nürnberg-Fürth, S. 189.
- ↑ J. K. Bundschuh: Geographisches Statistisch-Topographisches Lexikon von Franken, Bd. 6, Sp. 266.
- ↑ H. H. Hofmann: Nürnberg-Fürth, S. 230 f.
- ↑ Es sind nur bewohnte Häuser angegeben. Im Jahre 1818 wurden diese als Feuerstellen bezeichnet, 1840 als Häuser und 1885 bis 1987 als Wohngebäude.
- ↑ Alphabetisches Verzeichniß aller im Rezatkreise nach seiner durch die neueste Organisation erfolgten Constituirung enthaltenen Ortschaften: mit Angabe a. der Steuer-Distrikte, b. Gerichts-Bezirke, c. Rentämter, in welchen sie liegen, dann mehrerer anderer statistischen Notizen. Ansbach 1818, OCLC 1071656043, S. 104 (Digitalisat).
- ↑ Eduard Vetter (Hrsg.): Statistisches Hand- und Adreßbuch von Mittelfranken im Königreich Bayern. Selbstverlag, Ansbach 1846, OCLC 635011891, S. 68 (Digitalisat).
- ↑ Joseph Heyberger, Chr. Schmitt, v. Wachter: Topographisch-statistisches Handbuch des Königreichs Bayern nebst alphabetischem Ortslexikon. In: K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Bavaria. Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern. Band 5. Literarisch-artistische Anstalt der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, München 1867, OCLC 457951812, Sp. 1031, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10374496-4 (Digitalisat).
- ↑ Kgl. Statistisches Bureau (Hrsg.): Vollständiges Ortschaften-Verzeichniss des Königreichs Bayern. Nach Kreisen, Verwaltungsdistrikten, Gerichts-Sprengeln und Gemeinden unter Beifügung der Pfarrei-, Schul- und Postzugehörigkeit … mit einem alphabetischen General-Ortsregister enthaltend die Bevölkerung nach dem Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1875. Adolf Ackermann, München 1877, OCLC 183234026, 2. Abschnitt (Einwohnerzahlen vom 1. Dezember 1871, Viehzahlen von 1873), Sp. 1196, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00052489-4 (Digitalisat).
- ↑ K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichniss des Königreichs Bayern. Nach Regierungsbezirken, Verwaltungsdistrikten, … sodann mit einem alphabetischen Ortsregister unter Beifügung der Eigenschaft und des zuständigen Verwaltungsdistriktes für jede Ortschaft. LIV. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. München 1888, OCLC 1367926131, Abschnitt III, Sp. 1127 (Digitalisat).
- ↑ K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichnis des Königreichs Bayern, mit alphabetischem Ortsregister. LXV. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. München 1904, DNB 361988931, OCLC 556534974, Abschnitt II, Sp. 1195 (Digitalisat).
- ↑ Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichnis für den Freistaat Bayern nach der Volkszählung vom 16. Juni 1925 und dem Gebietsstand vom 1. Januar 1928. Heft 109 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1928, DNB 361988923, OCLC 215857246, Abschnitt II, Sp. 1232 (Digitalisat).
- ↑ Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern – Bearbeitet auf Grund der Volkszählung vom 13. September 1950. Heft 169 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1952, DNB 453660975, OCLC 183218794, Abschnitt II, Sp. 1063 (Digitalisat).
- ↑ Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand am 1. Oktober 1964 mit statistischen Angaben aus der Volkszählung 1961. Heft 260 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1964, DNB 453660959, OCLC 230947413, Abschnitt II, Sp. 781 (Digitalisat).
- ↑ Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern. Heft 335 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1973, DNB 740801384, OCLC 220710116, S. 174 (Digitalisat).
- ↑ Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand: 25. Mai 1987. Heft 450 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München November 1991, DNB 94240937X, OCLC 231287364, S. 338 (Digitalisat).
- ↑ Struktur. In: ssb-clw.kirche-bamberg.de. Abgerufen am 17. Juli 2023.