Stift Zwettl

Zisterzienserabtei in Zwettl, Niederösterreich

Stift Zwettl (lateinisch Abbatia B. M. V. de Clara Valle in Austria) ist eine Zisterzienserabtei im Waldviertel in Niederösterreich. Es besteht ohne Unterbrechung seit seiner Gründung im Jahr 1138 und ist damit das drittälteste Zisterzienserkloster weltweit. Das Kloster mit der Stiftskirche liegt unweit der gleichnamigen Stadt Zwettl. Der Klosterbau wurde in einer Flussschleife des Kamps errichtet.

Stift Zwettl
Stiftskirche Zwettl
Stiftskirche Zwettl
Stiftskirche Zwettl
Lage Osterreich Österreich
Liegt im Bistum St. Pölten
Koordinaten: 48° 37′ 2″ N, 15° 12′ 6,1″ OKoordinaten: 48° 37′ 2″ N, 15° 12′ 6,1″ O
Ordnungsnummer
nach Janauschek
133
Gründungsjahr 1138
Mutterkloster Stift Heiligenkreuz
Primarabtei Kloster Morimond
Kongregation Österreichische Zisterzienserkongregation
Übersichtskarte am Stiftsportal
Pforte im Prälatenhof
Stiftskirche
Gotische Madonna am Bernardialtar
Jugendstil-Medaille (1905) mit den Wappen des Stifts und des Abtes Stephan Rössler

Geschichte

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Das Kloster, 1138 vom Kuenringer Hadmar I. als erste Tochtergründung von Stift Heiligenkreuz aus gestiftet, gehörte der Filiation der Primarabtei des Klosters Morimond an. König Konrad III. bestätigte in einer Urkunde vom Oktober 1139 die von Hadmar gestiftete Grundherrschaft und gewährte dem Kloster Schutz und Freiheit von jeder Vogtei.[1] 1159 wurde die Stiftskirche geweiht.

1185 gelangte ein Teil des südböhmischen Wittingau an das Stift. Dieser Teil wurde um 1250 an die Landsteiner Linie der Witigonen zurückverkauft.[2] 1266 übergab Čeč von Weleschin mit Zustimmung seiner Gemahlin Gisela von Kuenring das Dorf Reinprechts dem Zisterzienserstift Zwettl.[3] Im Stiftsareal befindet sich die Grablege einiger Kuenringer. Große Bedeutung erlangte das Skriptorium des Stiftes, das für ein rasches Anwachsen des Buchbestandes sorgte. Das Zwettler Stiftungsbuch, die Bärenhaut von 1311, ist eine der bedeutendsten Handschriften aus dieser Zeit.

Von besonderer kunsthistorischer Bedeutung ist der spätromanische bzw. frühgotische Kreuzgang, der den Kreuzgangsinnenhof einschließt. Dieser Kreuzganghof versinnbildlicht – wie alle klösterlichen Kreuzganggärten – das Paradies. Weitere Gärten sind der nach Art der italienischen Palastarchitektur erbaute Abteihof und der Garten der Prälatur, ein neobarocker Ziergarten nach englischem Vorbild. Bedeutsam sind weiters das frühgotische Brunnenhaus und der romanische Kapitelsaal mit beeindruckender Einsäulenarchitektur.

1427 wurde das Stift in der Schlacht bei Zwettl durch Hussiten unter Andreas Prokop großteils zerstört. Nach und nach erholte sich das Kloster und die umgebende Grundherrschaft erbuntertäniger Bauern; etwa 1490 wurde die prächtige gotische Stiftskirche fertiggestellt. 1544 wurde die erste Orgel von Jakob Künigswerth installiert.

Im 18. Jahrhundert erfuhr die Klosteranlage eine weitreichende Barockisierung; einige Arbeiten des Bildhauers Mathias Sturmberger blieben erhalten. Vor allem wurde die barocke Westturmfassade von Joseph Munggenast nach Plänen von Matthias Steinl errichtet. Der Turm ist mit 82 Metern Höhe der zweithöchste Turm Niederösterreichs. Auch die Stiftsbibliothek, deren farbenprächtige Deckenfresken der Barockmaler Paul Troger gestaltete, stammt aus dieser Zeit.

In den Jahren 1728 bis 1731 konzipierte Johann Ignaz Egedacher aus Passau die berühmte Orgel, die zu den größten Orgelprojekten in Wien und Niederösterreich zählt.

Das Heilige Grab

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Ein von Franz Anton Danne konzipiertes Heiliges Grab befindet sich in der nordwestlichen Ecke der Stiftskirche. Danner war kaiserlicher Hoftheatermaler. Das 1744 errichtete Bühnenensemble stellt Jesus Christus von Pontius Pilatus dar; unter dem Grab liegt der tote Christus und das Kulissenkonstrukt dient auch als Rahmen für die Ausstellung der Eucharistie.[4] Um 1763 wurde eine weitere Bespielung der Passionskulisse eingerichtet, nämlich eine Kulissenkrippen; „aus dem Palast des Pontius Pilatus wurde so der Stall von Bethlehem.“[5]

Bibliothek

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Die Stiftsbibliothek umfasst 420 mittelalterliche Codices ab dem 11. Jahrhundert, 377 Inkunabeln, 28.000 Werke in der barocken Bibliothek, die von Joseph Munggenast und Paul Troger ausgestaltet wurde, sowie 37.000 Bücher neueren Bestands in einem 2011 errichteten Depot mit einer Regallänge von rund zwei Laufkilometern.

In der unvollständigen Professformel „Ego frater Walther“ im Codex 164 im Stiftsarchiv Zwettl sieht Walter Klomfar einen Zusammenhang mit der Ortswüstung Walthers und Walther von der Vogelweide.[6]

Renovierung

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In den Jahren 2007 bis 2014 wurden die Stiftskirche und die anderen Gebäude des Komplexes mit einem Kostenaufwand von 13 Millionen Euro renoviert.[7]

Wirtschaft

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Heute sind Land- und Forstwirtschaft, Fischzucht und die Weinproduktion im Weingut Schloss Gobelsburg die wirtschaftliche Grundlage für die Erhaltung des Stiftes. Mit der Errichtung des angrenzenden Truppenübungsplatzes nach dem Anschluss Österreichs 1938 an das Deutsche Reich verlor Stift Zwettl über 700 Hektar Wald und Ackerflächen in der Nähe der Grenze zur Tschechoslowakei durch Zwangsverkäufe.

Im Sommer 2021 entstand im Stift unter der Regie von Ruth Mader der Thriller Serviam – Ich will dienen mit Maria Dragus in der Hauptrolle.[8]

Stiftspfarrkirchen

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Weitere inkorporierte Kirchen

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Literatur

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  • Franz Xaver Schweickhardt: Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens, durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten etc. etc., topographisch-statistisch-genealogisch-historisch bearbeitet und nach den bestehenden vier Kreis-Vierteln [alphabetisch] gereiht. [Teil:] Viertel Ober-Manhardsberg. 6 von 34 Bänden. 2. Band: Krems bis Stift Zwettl. Wallishausser, Wien 1839, S. 276 (Die Geschichte des Stifts ZwettlInternet Archive).
  • Franz Xaver Schweickhardt: Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens, durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten etc. etc., topographisch-statistisch-genealogisch-historisch bearbeitet und nach den bestehenden vier Kreis-Vierteln [alphabetisch] gereiht. [Teil:] Viertel Ober-Manhardsberg. 6 von 34 Bänden. 3. Band: Stift Zwettl bis Gars. Wallishauser, Wien 1839, S. 3 (Fortsetzung der Geschichte von Stift ZwettlInternet Archive).
  • Evelyn Benesch, Bernd Euler-Rolle, Claudia Haas, Renate Holzschuh-Hofer, Wolfgang Huber, Katharina Packpfeifer, Eva Maria Vancsa-Tironiek, Wolfgang Vogg: Niederösterreich nördlich der Donau (= Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs). Anton Schroll & Co, Wien u. a. 1990, ISBN 3-7031-0652-2, S. 1346–1366.
  • Karl Kubes, Joachim Rössl, Herbert Fasching: Stift Zwettl und seine Kunstschätze. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten/Wien 1979, ISBN 3-85326-481-6.
  • Ursula Pechloff: Stift Zwettl. Kunstverlag Peda, Passau 1995, ISBN 3-930102-71-4.
  • Johann Tomaschek: Zisterzienserstift Zwettl. Brandstätter, Wien 1989, ISBN 3-85447-323-0.
  • Walter Exner: Der Bernhardi-Altar im Stift Zwettl. Siebenberg-Verlag, Bad Wildungen 1981.
  • Gerhard Stenzel: Von Stift zu Stift in Österreich. Mit Luftbildaufnahmen von Lothar Beckel. Wien 1977, ISBN 3-218-00298-2.
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Commons: Stift Zwettl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Urkunde Nr. 36 in Friedrich Hausmann (Hrsg.): Diplomata 21: Die Urkunden Konrads III. und seines Sohnes Heinrich (Conradi III. et filii eius Heinrici Diplomata). Wien 1969, S. 58–60 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat).
  2. Joachim Bahlcke, Winfried Eberhard, Miloslav Polívka (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Böhmen und Mähren (= Kröners Taschenausgabe. Band 329). Kröner, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-32901-8, S. 666.
  3. Valentin Schmidt und Alois Picha: Urkundenbuch der Stadt Krummau in Böhmen. I. Band. 1253–1419. Prag, 1908, S. 2–4.
  4. Andreas Gamerith: Das Heilige Grab von Franz Anton Danne in der Stiftskirche Zwettl. In: Der Krippenfreund. Band 105, Nr. 1, März 2018, S. 4.
  5. Andreas Gamerith: Die Kulissenkrippe von Joseph Schitz (um 1763). Ein Beitrag zur Malerei des Spätbarock im Zisterzienserstift Zwettl. In: Das Waldviertel. Band 72, Nr. 4, 2023, S. 438.
  6. Walter Klomfar: Das Waldviertel. Die Heimat Walthers von der Vogelweide. Eine Theorie stellt sich vor. Hrsg.: Verein Forschungsgemeinschaft Walther von der Vogelweide - Ein Waldviertler. Zwettl Juni 2002, S. 15–38.
  7. Reportage in den Morgennachrichten von Radio Niederösterreich des ORF am 1. Mai 2014
  8. Markus Füxl: Thriller-Dreh im Stift Zwettl. In: noen.at. 13. August 2021, abgerufen am 9. Mai 2023.