Schwüle

Wasserdampf gesättigte Umgebungsluft bei hohen Lufttemperaturen

Als Schwüle oder schwüle Hitze bezeichnet man den Umstand einer stark mit Wasserdampf gesättigten Umgebungsluft bei hohen Lufttemperaturen. Diese weist dementsprechend eine hohe relative Luftfeuchtigkeit auf und behindert daher die Thermoregulation des menschlichen Körpers durch Transpiration (Schwitzen). Als Folge wird schwüle Hitze als wesentlich unangenehmer bzw. auch wärmer empfunden als trockene Hitze, also eine Umgebungsluft mit geringer relativer Luftfeuchtigkeit. Dieser Zusammenhang wird quantitativ durch den Hitzeindex beschrieben.

Klimatologische Kenntage

Tagestemperatur T: max / med / min
Tagestemperatur T: max / med / min[1]

Lufttemperatur­abhängige Kenntage
Wüstentag
  • Tmax ≥ 35 °C
  • Heißer Tag[2]
  • Tmax ≥ 30 °C
  • Tropennacht[2]
  • Tmin ≥ 20 °C
  • Sommertag[2]
  • Tmax ≥ 25 °C
  • Heiztag[3]
  • Tmed < 15 °C / 12 °C
  • Vegetationstag[4]
  • Tmed ≥ 5 °C
  • Frosttag[2]
  • Tmin < 0 °C
  • Eistag[2]
  • Tmax < 0 °C
  • Kalter Tag[2] keine einheitliche Definition
    Witterungs­abhängige Kenntage
    Bewölkung Heiterer Tag[2],
    Trüber Tag[2],
    Nebeltag[2]
    Luftfeuchte / Temperatur Schwüler Tag
    Niederschlag Niederschlagstag[2],
    Regentag[2],
    Hageltag[2],
    Schnee(decken)tag[2]
    Unwetter Sturmtag[2],
    Gewittertag[2]

    Grundlagen

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    Ob das Wetter als schwül empfunden wird, hängt entscheidend von der Wasserbeladung der Luft ab, auch als absolute Luftfeuchtigkeit (AF) bezeichnet.

    Schwüle beginnt, wenn der Taupunkt den Grenzwert von 16 °C überschreitet, was unter Normalbedingungen einer absoluten Luftfeuchtigkeit von 13,5 g Wasserdampf pro Kubikmeter Luft entspricht. Andere Quellen setzen die Schwülegrenze bei dem Taupunkt 17 °C an, entsprechend einem Dampfdruck von 18,8 hPa.[5]

    Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit, bei der eine Absolute Luftfeuchtigkeit von 13,5 g/m³ erreicht wird
    Temperatur rel. Feuchte Temperatur rel. Feuchte
    16 °C 99 % 27 °C 53 %
    17 °C 93 % 28 °C 50 %
    18 °C 88 % 29 °C 47 %
    19 °C 83 % 30 °C 45 %
    20 °C 78 % 31 °C 43 %
    21 °C 74 % 32 °C 40 %
    22 °C 70 % 33 °C 38 %
    23 °C 66 % 34 °C 36 %
    24 °C 62 % 35 °C 35 %
    25 °C 59 % 36 °C 33 %
    26 °C 56 % 37 °C 31 %

    Da sich – ohne Luftmassenwechsel – die Luft nachts ungefähr bis zum aktuellen Taupunkt abkühlt und der Taupunkt tagsüber etwas ansteigt, lässt eine morgendliche Tiefsttemperatur von mehr als 15 °C einen schwülen Tag erwarten. Liegt die Tiefsttemperatur bei einer Tropennacht über 20 °C, so wird die Schwüle für viele Mitteleuropäer schwer erträglich.

    Eine übliche Angabe für einen schwülen Tag erfolgt heute darüber, dass der Dampfdruck der Luft über 18 hPa liegt.[6] Eine frühe Definition geht auf Scharlau (1943) zurück und lag bei 14,08 mm Quecksilbersäule (≈18,8 hPa) für den Dampfdruck.[7]

    Andere Temperaturmaße berücksichtigen auch andere Faktoren wie Globalstrahlung (Gesamtstrahlung), Windgeschwindigkeit und Schichtung der Atmosphäre (Großwetterlage).[7] Eine Abschätzung kann über die Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET) als Maß für Hitzestress erfolgen;[8] hier tritt eine starke Belastung typischerweise bei PETd > 35 auf. Ein anderer Messwert ist die Äquivalenttemperatur (TEQ, TEQ) nach Auer (2001),[9] mit Schwülheit bei TEQ > 65 °C.[10]

    Bei einer starken Beeinträchtigung der Thermoregulation erhöht sich die Gefahr eines Kreislaufkollapses und anderer Hitzeschäden. Besonders tropische und teils subtropische Klimate sind durch schwüle Witterungsbedingungen gekennzeichnet, was jedoch in der Regel nur bei einem unangepassten Organismus oder unangepasstem Verhalten zu gesundheitlichen Konsequenzen führt. Ohne eine ausreichende Akklimatisierung an diese Bedingungen sollten daher keine größeren körperlichen Anstrengungen unternommen werden.

    Regionales

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    Zu den schwülsten Orten Deutschlands gehören Karlsruhe und Mannheim/Ludwigshafen am Rhein. Diese Städte liegen in der Rheinebene, die durch den Rhein und die Topographie immer eine sehr hohe Luftfeuchte hat. Dazu kommen die hohen Temperaturen (wärmste Region Deutschlands), die im Sommer auch oft zu Tropennächten führen können.

    Die schwülsten Gegenden in Österreich sind der Neusiedlersee und Seewinkel und die Donau nach Wien mit durchschnittlich 25 bis 30 schwülen Tagen pro Jahr (PETd- oder TEQ-Ermittlung):[11][10] Hier macht sich die Kombination des Steppensees bzw. Flusses mit dem sommerheißen Pannonischen Klima bemerkbar. Die Innenstädte von Wien und Graz erreichen ähnliche Werte. In weiten Teilen der Talungen des Alpenraums liegt der Durchschnitt dagegen bei etwa zehn bis 15, in Höhenlagen bei fünf bis zehn schwülen Tagen.

    Literatur

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    • Walter Dammann: Die Schwüle als Klimafaktor. In: Berichte zur deutschen Landeskunde. 32 (l), 1964, S. 100–114.
    • Herwig Wakonigg: Die Schwüle in der Steiermark. Mit umfangreichen meteorologischen Definitionen. In: Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark. Band 105, 1975, S. 115–125 (zobodat.at [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 2. April 2021]).
    • Kurt Scharlau: Die Schwüle als meßbare Größe. In: Bioklimatische Beiblätter der Meteorologischen Zeitschrift. Jahrgang 10, 1943, S. 19–23.
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    • DWD: Vorhersage von Gefühlter Temperatur und Schwüle
    • Schwülediagramm. Archiviert vom Original am 9. Juli 2013;.
    Wiktionary: Schwüle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

    Einzelnachweise

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    1. Anmerkung: Auf der Grafik liegt, anders als die Farbmarkierungen bei den Temperaturschwellen, die 0-°C-Linie auf der Grenze zwischen türkis und blau. → Jahresgang der Grafik (animiert)
    2. a b c d e f g h i j k l m n o Klimatologische Kenntage im Wetterlexikon des Deutschen Wetterdienstes
    3. Deutschland: 15 °C nach VDI 2067; Österreich, Schweiz, Liechtenstein: 12 °C nach Usance
    4. auch Tmed ≥ 10 °C: Tag Hauptvegetationsperiode
    5. DWD Wetterlexikon: Schwüle
    6. Andreas Matzarakis, Christina Endler, Elisabeth Koch, Robert Neumcke, Ernest Rudel; Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), Meteorologisches Institut der Universität Freiburg (MIF): Auswirkungen des Klimawandels auf das klimatische Tourismuspotenzial. StartClim2006.D2, Wien Juli 2007, S. 12 (pdf, austroclim.at)
    7. a b Herwig Wakonigg: Die Schwüle in der Steiermark. Mit umfangreichen meteorologischen Definitionen. In: Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark. Band 105, 1975, S. 116 (zobodat.at [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 2. April 2021]).
    8. ZAMG, MIF: Auswirkungen des Klimawandels 2007, Abschnitt D2-2 Stand der Wissenschaft. S. 7 ff.
    9. I. Auer; Amt der Vorarlberger Landesregierung (Hrsg.): Klima von Vorarlberg. Band 1, 2001, S. o.A.
    10. a b Franz Prettenthaler, Alexander Podesser; Harald Pilger (Hrsg.): Klimaatlas Steiermark. Periode 1971–2000. Eine anwenderorientierte Klimatographie. Reihe Studien zum Klimawandel in Österreich 4, Österreichische Akademie der Wissenschaften, ISBN 978-3-7001-6754-9; aktualisiert: A. Podesser, F. Wölfelmaier Version, ZAMG (Hrsg.), Version 2.0 (Weblink, umwelt.steiermark.at), Kapitel 3 Luftfeuchtigkeit, Bewölkung und Nebel. S. 60 ff (pdf, ebd.).
    11. ZAMG, MIF: Auswirkungen des Klimawandels 2007, Tab. D2-15: Trend der Tage mit Hitzestress (PET > 35 °C) für die ausgewählten Stationen in Österreich. S. 41.