Schleuse Woltersdorf

Schleuse in Brandenburg

f1

Schleuse Woltersdorf
Blick von der Schleusenbrücke über die Schleusenanlage zum Flakensee
Blick von der Schleusenbrücke über die Schleusenanlage zum Flakensee

Blick von der Schleusenbrücke über die Schleusenanlage zum Flakensee

Lage
Schleuse Woltersdorf (Brandenburg)
Schleuse Woltersdorf (Brandenburg)
Koordinaten 52° 26′ 33″ N, 13° 45′ 52″ OKoordinaten: 52° 26′ 33″ N, 13° 45′ 52″ O
Land: Deutschland
Ort: Woltersdorf (bei Berlin)
Gewässer: Rüdersdorfer Gewässer
Gewässerkilometer: km 3,78
Daten
Eigentümer: Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
Zuständiges WSA: Spree-Havel
Planungsbeginn: 1876
Bauzeit: 1880–1881
Betriebsbeginn: 8. Mai 1882
Sanierung: 1998
Schleuse
Typ: Binnenschleuse
Nutzlänge: 65,36 m
Nutzbreite: 8,60 m
Durchschnittliche
Fallhöhe:
2,10 m
Obertor: Stemmtor
Untertor: Stemmtor
Kammer füllen; leeren: 15 Minuten
Sonstiges
Stand: Februar 2015

Die Schleuse Woltersdorf ist eine Einkammerschleuse mit einem Wehr in der Gemeinde Woltersdorf (bei Berlin). Die heutige Schleuse ist seit 1882 in Betrieb und wurde zuletzt 1998 aufwändig saniert. Sie ist Bestandteil der Bundeswasserstraße Rüdersdorfer Gewässer (RüG)[1] mit der Wasserstraßenklasse III und verbindet den Kalksee auf der Rüdersdorfer Seite mit dem Flakensee auf der Erkneraner Seite. Die Fallhöhe beträgt im Mittelwert 2,10 Meter. Für Ruder- und Paddelboote steht eine manuell zu bedienende Bootsschleppe zur Verfügung.

Bedeutung

Bearbeiten

Die Woltersdorfer Schleuse ermöglicht bis heute Transporte von Massengütern in Rüdersdorf ansässiger Firmen, speziell des Zementwerkes Rüdersdorf, auf dem Wasserweg. Die Schleuse Woltersdorf ist in den Sommermonaten aber auch ein beliebtes Ausflugsziel und wird von Hunderten Wassersportlern genutzt.

Die Schleuse ist Endpunkt der Woltersdorfer Straßenbahn. Südlich der Schleuse gibt es Anlegemöglichkeiten für Fahrgastschiffe.

Geschichte

Bearbeiten

Den Rüdersdorfer Kalkstein nutzten bereits die Menschen der Eisenzeit.[2] Der größere Abbau begann im Mittelalter. Der wachsende Bedarf am Baumaterial Kalkstein führte dazu, dass sich Städte wie Berlin oder Spandau eigene Kalksteinbrüche in Rüdersdorf sicherten.

Die Verbindung der Rüdersdorfer Gewässer mit der Spree bot es an, zum massenhaften Transport der abgebauten Kalksteine den billigen Wasserweg zu wählen. Allerdings war das starke Gefälle sehr hinderlich, denn auf einer Strecke von 7,5 km fiel das Wasser um rund zwei Meter. Dadurch wurde insbesondere der Lauf des Tasdorfer Mühlenfließes so stark beschleunigt, dass das Stromaufwärtsfahren für die damalige Schifffahrt sehr schwierig war.

Die erste Schleuse

Bearbeiten

Infolge kam man um die Mitte des 16. Jahrhunderts auf die Idee, ein Stauwehr mit Schiffsdurchlass anzulegen. Dafür wurden 300 Meter oberhalb der heutigen Schleuse zwei Bohlenwände in die schmale Verbindung zwischen Kalksee und Flakensee eingebaut.[3] Jede Wand bekam ein Tor mit einem Schütz.

Im Jahr 1641 wird an den Kurfürsten berichtet, dass die Woltersdorfer Schleuse „gar über einen Haufen gegangen“ sei. Es waren 500 Taler für Zimmerer- und Grobschmiedearbeiten und für das Pfahlstoßen nötig, um die Schleuse zu reparieren. Die Schleusenreparatur war für einige Jahre erfolgreich, aber bereits 1662 gibt der Schleusenmeister Hans Heyland an, dass sechs Zimmerleute und 13 Tagelöhner drei Monate an der Schleuse zu arbeiten hatten, um sie wieder in Ordnung zu bringen, wofür 243 Taler Kosten in Anschlag gebracht wurden.[3]

Die zweite Schleuse

Bearbeiten

Um 1700 wurde eine neue Schleuse etwas weiter südlich von der aufgegebenen ersten Schleuse gebaut. Sie befand sich rund 50 Meter östlich der heutigen Schleuse und war eine 46,50 Meter lange, 7,55 Meter breite und vier Meter hohe Kammerschleuse mit Wänden aus gebrannten Ziegeln. Die Holztore hatten Schütze, die mittels Hebelschwung bedient wurden. Neben dem oberen Tor baute man erstmals eine Zugbrücke ein und löste damit die bisher vorhandene Fähre ab. Westlich der Schleuse befand sich ein verstellbares Wehr. An diesem wurde 1708 eine Mühle eingerichtet. Die Brücke musste 1763 ausgebessert werden. Die Schleusentore hielten nicht dicht, Ausbesserungen wurden immer häufiger nötig.[3] Um 1830 wurde untersucht, ob man die ganze Schleuse wegnehmen und dafür die Rüdersdorfer Wasserstraße tieferlegen kann. An den Kosten von 65.000 Talern scheiterte dieser Plan und es wurde weiter ausgebessert. Im Jahr 1844 wurde eine Mole in den Flakensee gebaut und 1865 mussten der Ober- und der Unterkanal der Schleuse ausgebaggert werden, was wiederum 1.250 Taler Kosten verursachte. Im Jahre 1873 wurden die Untertore mit einem Aufwand von 1.400 Talern erneuert. Schon 1875 musste erneut eine Ausbesserung der Schleuse vorgenommen werden. Die veranschlagten rund 9.000 Mark wurden mit 44.385,50 Mark erheblich überschritten. Ein Jahr später wurde klar, dass ein Neubau der Schleuse unumgänglich ist, wofür 300.000 Mark Kosten veranschlagt wurden.[3]

Die dritte Schleuse

Bearbeiten

An der Stelle des bisherigen Wehres begann im Frühjahr 1880 der Bau der neuen Schleuse. Sie wurde in die Ostflanke des Werders gegraben. Der Aushub wurde am Südende des Werders abgelagert und bildet bis heute den Schleusenzipfel. Die dritte Schleuse war im Dezember 1881 fertiggestellt, durfte aber noch nicht benutzt werden. Das hatte keinen technischen Grund, sondern man konnte sich nicht auf den Tag der feierlichen Eröffnung einigen. Am 8. Mai 1882 kam Schiffer Piper mit seinen beiden Söhnen vom Woltersdorfer Kietz als erster in die alte Schleuse gefahren. Beim Herausfahren aus der Schleuse rissen seine Söhne das untere Tor ein. Daraufhin wurde Schleusenmeisters Weiß um 4.29 Uhr die Erlaubnis zur Benutzung der neuen Schleuse erteilt.[4]

Die zweite Schleuse wurde bald zugeschüttet und bildet heute den großen Platz zwischen dem Hotel Kranichsberg und der Mühle. Ihre Lage ist an einem Grünstreifen erkennbar.

Am 7. März 1884 wurden die Woltersdorfer Schleuse und die dazugehörige Siedlung auf dem Schleusenberg vom I. Rüdersdorfer Heidedistrikt nach Woltersdorf umgemeindet.

Bereits 1893 wurde die Schleusenkammer auf das heutige Maß von 67 Meter verlängert.[5] 1929 erhielt die Schleuse eine Freibrücke, die ein Überqueren der Schleuse auch beim Schleusenvorgang ermöglichte.

1957–1959 wurde im Rahmen des Ausbaus der Wasserstraße die Schleuse umgebaut.[5] Die Straßenbrücke erhielt einen hydraulischen Antrieb und die Fußgängerbrücke erhielt die bis heute sichtbare charakteristische Form, die Fußgängern ein Überqueren der Schleuse selbst bei hochgezogener Klappbrücke ermöglicht. Sie ermöglicht auch eine gute Aussicht während der Schleusungen.

Die Sanierung der Schleuse einschließlich der Straßen- und Fußgängerbrücke erfolgte in den Jahren von 1998 bis 1999.[5] Seit dieser Zeit hat die Klappbrücke das weithin sichtbare Gegengewicht und der Steuerstand seine futuristische Form. Die Wehranlage wurde im Jahr 2002 rekonstruiert. 2007 wurde die Steganlage für die Bootsschleppe erneuert.[5]

Schleusenmeister

Bearbeiten

Die Schleusenmeister wurden im Auftrag der Brandenburger Kurfürsten und späteren Könige von Preußen durch die Domäne Rüdersdorf angestellt. Ab 1871 wurden die Schleusenmeister durch das Wasserschifffahrtsamt angestellt.

Schleusenmeister der Schleuse bei Woltersdorf bis 1900[6]
Schleusenmeister von bis Anmerkung
Peter Steinkop 1567, 1595 Erster bekannter Schleusenmeister, verstarb im Amt
Peter Franz 1600, 1602 nur durch Kindstaufe erwähnt
Martin Schlüren 1619 nur durch Kindstaufe erwähnt
Daniel Wegener 1630 nur durch Kindstaufe erwähnt
Friedrich Michel 1648, 1650 nur durch Kindstaufe erwähnt
Hans Heiland 1658 1667 1658 erstmals im Kirchenbuch erwähnt
Martin Möller 1667 1672 heiratete Witwe des Vorgängers
Kaspar Grothe 1672 1677 starb im Amt
Michael Stein 1677 1705 Bau der 2. Schleuse
Christian Stein 1705 1721 Sohn des Vorgängers
Michael Schultze 1721 1730 wegen "üblen Verhaltens" abgesetzt
Joachim Otto 1730 1751 Vereinigte erstmals das Amt von Schleusen- und Mühlenmeister
Johann Laue 1751 1755 Empfehlung von General Ziethen
Jakob Müller 1755 1757 Empfehlung von General Ziethen
Friedrich Bangemann 1757 1765 Stellentausch mit Vorgänger
Richter 1765 1766 invalider Offizier
Johann Haußmann 1766 1767 Stellentausch mit Vorgänger
Friedrich Erbkam 1767 1771 Vereinigte zum zweiten Mal das Amt von Schleusen- und Mühlenmeister
Gottfried Erbkam 1771 1798 Sohn des Vorgängers
Johann Schmidt 1798 1803 Schwager des Vorgängers
Karl Erbkam 1803 1840 Sohn des Vorvorgängers
Johann Schmidt 1840 1845 Onkel des Vorgängers
Hellmuth Hirsch 1846 1873 Frau war Erbin des Vorgängers
Ernst Weiß 1873 1900 Schwiegersohn des Vorgängers

Die Schleuse bildet seit dem 19. Jahrhundert einen Anziehungspunkt für Ausflügler. Ihre Lage in der Nähe von Berlin begünstigte einen zunehmenden Ausflugsverkehr von Berlinern, die Tagesausflüge oder ihre Sommerfrische "an der Schleuse" verbrachten. Der 1884 gegründete Woltersdorfer Verschönerungsverein förderte besonders die Entwicklung der "Schleusengegend". Wohlhabende Berliner Unternehmer erbauten sich auf dem Schleusenberg und Werder zahlreiche Villen. Richard Zoozmann widmete der Woltersdorfer Schleuse 1896 einen ganzen Liederband.[7] Von der Zeit des Deutschen Kaiserreiches, seit 1913 mit direktem Anschluss durch die Straßenbahn, blieb die Schleusengegend mit der nahegelegenen Liebesquelle während der Weimarer Republik, der Nazi-Diktatur, der DDR bis ins wiedervereinigte Deutschland ein beliebter Ausflugsort der Hauptstadt.

Namenspate

Bearbeiten

Die Gemeinde Woltersdorf selbst verwendet vor allem den Namenszusatz "an der Schleuse" oder kurz "-Schleuse". Die hinter der Schleuse gelegene Siedlung auf einer Anhöhe wird Schleusenberg genannt. Zahlreiche Hotels und Gaststätten verweisen auf die Schleuse. Seit einigen Jahren wird in der Schleusenbrauerei sogar ein Schleusenbier vor Ort gebraut.[8]

Karten, Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Schleuse Woltersdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Verzeichnis E, Lfd. Nr. 48 der Chronik (Memento des Originals vom 22. Juli 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wsv.de, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
  2. Michael Hofmann: Denkmale in Berlin. Bezirk Pankow – Ortsteil Buch. Hrsg.: Landesdenkmalamt Berlin (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Berlin). Michael Imhof Verlag, Petersberg 2010, ISBN 978-3-86568-543-8, Geschichte und Stadtentwicklung von Berlin-Buch. Zur Ur- und Frühgeschichte der Gemarkung Buch, S. 9–16, Rüdersdorfer Steinbrüche: S. 16, Sp. 2.
  3. a b c d Die Woltersdorfer Schleuse in: Fürstenwalder Heimatkalender 1965, S. 103 ff.
  4. Max Haselberger: Woltersdorf: Die 700jährige Geschichte eines märkischen Dorfes. 1931, S. 134.
  5. a b c d Informationen zur Schleuse auf der offiziellen Webseite der Gemeinde Woltersdorf
  6. Max Haselberger: Woltersdorf - Die 700jährige Geschichte eines märkischen Dorfes. 1931, S. 132 ff.
  7. Richard Zoozmann: Herz und Natur : ein Liederbuch, zsgest. u. allen Freunden d. Woltersdorfer Schleuse. Hrsg.: Woltersdorfer Verschönerungsverein. John, Berlin 1896.
  8. Thomas Berger: Start in die Bier-Saison – worauf die Schleusenbrauerei setzt. In: Märkische Oderzeitung. 16. Mai 2023, abgerufen am 21. Juli 2023.