Kanton Bechtheim
Der Kanton Bechtheim (franz.: Canton de Bechtheim) war ab 1798 eine Verwaltungseinheit im linksrheinischen, von Frankreich annektierten Gebiet und folgend im Großherzogtum Hessen. Ab 1822 hieß er Kanton Osthofen.
Geografische Lage
BearbeitenDas Gebiet des Kantons Bechtheim erstreckte sich über den heutigen Landkreis Alzey-Worms sowie Teile der Stadt Worms.
Geschichte
BearbeitenFrankreich
BearbeitenVor der Besetzung des Linken Rheinufers im Ersten Koalitionskrieg (1794) gehörte das Gebiet des Kantons Bechtheim hauptsächlich zur Kurpfalz, einzelne Dörfer verschiedenen kleineren Herrschaften.[1][2]
Nachdem Frankreich 1798 die ehemals deutschen Gebiete annektiert hatte, wurde von der französischen Direktorialregierung 1798 die Verwaltung des linken Rheinufers nach französischem Vorbild reorganisiert und damit u. a. eine Einteilung in Kantone übernommen. Der Kanton Bechtheim gehörte zum Arrondissement Mainz im Departement Donnersberg.[3] Die Kantone waren zugleich Gerichtsbezirke der Friedensgerichte.
Übergangsverwaltung
BearbeitenNachdem im Januar 1814 die Alliierten das Linke Rheinufer wieder erobert hatten, wurde im Februar 1814 das Departement Donnersberg und damit auch der Kanton Bechtheim Teil des provisorischen Generalgouvernements Mittelrhein. Nach dem Pariser Frieden vom Mai 1814 wurde das Generalgouvernement im Juni 1814 aufgeteilt, die rechts der Mosel liegenden Kantone wurden der neu gebildeten Gemeinschaftlichen Landes-Administrations-Kommission zugeordnet, die unter der Verwaltung von Österreich und Bayern stand.[4] Während der österreichisch-bayerischen Verwaltung gehörte der Kanton Bechtheim zum Arrondissement bzw. zur Kreisdirektion Alzey.[5]
Auf dem Wiener Kongress (1815) war dem Großherzog von Hessen ein Gebiet im ehemaligen Departement Donnersberg mit 140.000 Seelen zugesprochen worden.[6] In einem am 30. Juni 1816 mit Österreich und Preußen geschlossenen Staatsvertrag erfolgten die näheren Festlegungen über das entsprechende Gebiet, zu dem auch der Kanton Bechtheim gehörte.[2]
Hessen
BearbeitenDas Großherzogtum Hessen organisierte sein neues linksrheinisches Gebiet als Provinz Rheinhessen. Die Einteilung in Kantone wurde beibehalten. Die Kantone waren jetzt allerdings nur noch Gerichtsbezirke der Friedensrichter.[7] Zum 9. Dezember 1822 wurde der Kanton Bechtheim in „Kanton Osthofen“ umbenannt. Grund war, dass bereits 1804, also schon in der französischen Zeit, der Sitz des Friedensgerichts faktisch nach Osthofen verlegt worden war.[8][9] Der Kanton Osthofen hatte 1834 noch denselben Gebietsstand wie der Kanton Bechtheim in der französischen Zeit.[10]
Am 5. Februar 1835 wurden die elf Kantone Rheinhessens durch vier Kreise ersetzt. Aus den Kantonen Worms, Osthofen und Pfeddersheim wurde der Kreis Worms gebildet.[11]
Gemeinden und Mairies
BearbeitenNach amtlichen Tabellen aus den Jahren 1798 und 1811 gehörten zum Kanton Bechtheim folgende Gemeinden, die verwaltungsmäßig Mairies zugeteilt waren (Ortsnamen in der damaligen Schreibweise);[3][12] die Einwohnerzahlen (Spalte „EW 1815“) sind einer Statistik von 1815 entnommen;[5] die Spalte „vor 1792 zugehörig“ nennt die landesherrliche Zugehörigkeit vor der französischen Inbesitznahme.[1]
Gemeinde | Mairie | EW 1815 | vor 1792 zugehörig | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|
Abenheim | Abenheim | 941 | Freiherr von Dalberg | seit 1969 Stadtteil von Worms |
Alsheim | Alsheim | 1.117 | Kurpfalz | |
Bechtheim | Bechtheim | 1.187 | Fürst von Leiningen-Dürkheim | |
Blödesheim | Monzernheim | 336 | Kurpfalz | 1971 umbenannt in Hochborn |
Dittelsheim | Dittelsheim | 519 | Kurpfalz | seit 1969 Ortsteil von Dittelsheim-Heßloch |
Dorndürkheim | Dorndürkheim | 459 | Kurpfalz | heute Gemeinde Dorn-Dürkheim |
Eich | Eich | 1.095 | Kurpfalz | |
Eppelsheim | Eppelsheim | 534 | Kurpfalz | |
Frettenheim | Heßloch | 140 | Kurpfalz | |
Gimbsheim | Gimbsheim | 1.176 | Kurpfalz | |
Hamm | Hamm | 799 | Kurpfalz | heute Gemeinde Hamm am Rhein |
Hangenwahlheim | Alsheim | 131 | Kurpfalz | heute Ortsteil von Alsheim (Hangen-Wahlheim) |
Hangenweisheim | Eppelsheim | 336 | Kurpfalz | heute Gemeinde Hangen-Weisheim |
Heppenheim | Heppenheim | 501 | Kurpfalz | seit 1903 Gau-Heppenheim |
Heßloch | Heßloch | 605 | Freiherr von Dalberg | seit 1969 Ortsteil von Dittelsheim-Heßloch |
Ibersheim | Hamm | 328 | Kurpfalz | seit 1969 Stadtteil von Worms |
Mettenheim | Bechtheim | 596 | Grafschaft Wartenberg | |
Monzernheim | Monzernheim | 331 | Kurpfalz | |
Osthofen | Osthofen | 1.240 | Kurpfalz | |
Rheindürkheim | Rheindürkheim | 621 | Hochstift Worms | seit 1969 Stadtteil von Worms |
Westhofen | Westhofen | 1.468 | Kurpfalz |
Literatur
Bearbeiten- Eckhart G. Franz, Peter Fleck, Fritz Kallenberg: Großherzogtum Hessen (1800) 1806–1918. In: Walter Heinemeyer, Helmut Berding, Peter Moraw, Hans Philippi (Hg.): Handbuch der Hessischen Geschichte. Band 4.2: Hessen im Deutschen Bund und im neuen Deutschen Reich (1806) 1815–1945. Die hessischen Staaten bis 1945 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 63. Elwert. Marburg 2003. ISBN 3-7708-1238-7
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, S. 57 (online bei Google Books).
- ↑ a b Beiträge zur Statistik des Grossherzogthums Hessen, Bände 1–5, 1862, S. 58 ff. (Google Books)
- ↑ a b Vollständige Sammlung der Verordnungen und Beschlüsse des Bürger Regierungs-Kommissärs und der Central-Verwaltungen der vier neuen Departemente auf dem linken Rheinufer, Band 1, Ausgabe 2, Wirth, 1798, S. 62, 67 (Google Books)
- ↑ F. W. A. Schlickeysen: Repertorium der Gesetze und Verordnungen für die königl. preußischen Rheinprovinzen, Trier: Leistenschneider, 1830, S. 13 ff. (dilibri.de)
- ↑ a b Statistisches Jahrbuch für die deutschen Länder zwischen dem Rhein, der Mosel und der französischen Grenze: auf das Jahr 1815, Kupferberg, 1815, S. 124 (Google Books)
- ↑ Art. 47 Haupt-Vertrag des zu Wien versammelten Congresses der europäischen Mächte, Fürsten und freie Städte vom 9. Juni 1815. In: Der Deutsche Bund, 1. Band, 3. Heft. S. 96f.
- ↑ Franz: Einleitung, S. 9.
- ↑ Sammlung Grossherzoglich Hessischer Gesetze und Verordnungen, Band 3, v. Zabern, 1835, S. 198 (Google Books)
- ↑ Franz: Einleitung, S. 11.
- ↑ Wilhelm Hesse: Rheinhessen in seiner Entwickelung von 1798 bis Ende 1834. Kupferberg, 1835, S. 34 (Google Books)
- ↑ Der Rheinbayer, Kranzbühler, 1835, S. 74 (Google Books)
- ↑ Statistisches Jahrbuch für das Departement von Donnersberg, 1811, S. 277 (Google Books)