Fritz Weitzel

deutscher Politiker (NSDAP), MdR, SS-Obergruppenführer

Friedrich Philipp Weitzel (* 27. April 1904 in Frankfurt am Main; † 19. Juni 1940 in Düsseldorf) war ein deutscher Politiker (NSDAP), Polizeipräsident und SS-Obergruppenführer.

Fritz Weitzel als SS-Gruppenführer, 1933

Leben vor 1933

Bearbeiten

Nach einer Schlosserlehre war Weitzel in der Sozialistischen Arbeiter-Jugend aktiv. 1924 wurde er Mitglied der SA, 1925 trat er in die NSDAP (Mitgliedsnummer 18.833) ein. 1926 erfolgte Weitzels Aufnahme in die SS (SS-Nummer 408). Weitzels Karriere in SS und NSDAP war ungewöhnlich steil: Ende der 1920er Jahre bekleidete er Führungsfunktionen in der SS in Hessen-Nassau und später im Rheinland; am 18. November 1929 wurde er gemeinsam mit seinem Freund Sepp Dietrich zum SS-Standartenführer ernannt. Sie waren beide somit nach Kurt Wege-Berlin die dienstältesten SS-Führer. In der Reichstagswahl 1930 wurde Weitzel für die NSDAP in den Reichstag gewählt und im Dezember 1931 zum SS-Gruppenführer befördert. Am 12. Mai 1932 war Weitzel an einem tätlichen Angriff auf den Journalisten Helmuth Klotz im Restaurant des Reichstages beteiligt.[1] Weitzel wurde zusammen mit drei weiteren NSDAP-Abgeordneten für 30 Tage aus dem Parlament ausgeschlossen; die Sitzung musste abgebrochen werden, da sich die Ausgeschlossenen weigerten, das Plenum zu verlassen. Am 14. Mai wurde Weitzel wie auch die NSDAP-Abgeordneten Wilhelm Stegmann und Edmund Heines vom Schnellschöffengericht Berlin-Mitte zu drei Monaten Gefängnis wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung und tätlicher Beleidigung verurteilt.

Karriere von 1933 bis 1940

Bearbeiten

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde Weitzel am 1. Mai 1933 zum Polizeipräsidenten von Düsseldorf ernannt. Ohne jede adäquate Ausbildung, aber als überzeugter Nationalsozialist löste er den demokratischen Polizeipräsidenten und Verwaltungsjuristen Hans Langels ab, der vom preußischen Innenminister Hermann Göring in den frühzeitigen Ruhestand versetzt wurde. Durch Weitzel erfuhr der Nationalsozialismus im Raum Düsseldorf eine starke Brutalisierung. Er war von 1934 bis 1940 Führer des SS-Oberabschnitts West und forcierte zudem die Bindung der 1933 entstandenen Staatspolizeileitstelle Düsseldorf an die SS und ihren Sicherheitsdienst (SD). Ab September 1933 gehörte er dem Preußischen Staatsrat an und hatte die Gesamtleitung der Staatlichen Polizeibehörde mit Sitz im Polizeipräsidium.[2] Am 9. September 1934 wurde er zum SS-Obergruppenführer befördert.

Weitzel beteiligte sich auch persönlich an Verhören und Folterungen in der Phase der „Machtergreifung“, wie dies beispielsweise von Wolfgang Langhoff in seinem Buch Die Moorsoldaten geschildert wird. Die in der lokalen Geschichtsschreibung bekannte „Razzia von Gerresheim“ am 5. Mai 1933 ging auf Weitzels Initiative zurück: Im Arbeiterquartier kam es zu äußerst brutalen Übergriffen durch Polizei, SS und SA; zahlreiche KPD-Mitglieder und Sozialdemokraten wurden gefangen genommen und öffentlich verhöhnt.[3][4] Ab 1935/1936 bezog Weitzel eindeutige Stellung gegen den Katholizismus. Er verbot als Polizeipräsident Prozessionen und öffentliches Auftreten kirchlicher Gruppen in der Stadt und veröffentlichte eine Hetzschrift gegen katholische Priester und Ordensleute in der Phase der Sittlichkeitsprozesse gegen Ordensangehörige und Priester im Nationalsozialismus.[5]

Ab 1938 wurde er von seinem Duzfreund Heinrich Himmler zum Höheren SS- und Polizeiführer „West“ (HSSPF) mit Sitz in Düsseldorf ernannt und hatte damit zeitweilig Zugriff auf über 200.000 Mann Polizei, SS und Sipo. Nach der Besetzung Norwegens durch deutsche Truppen wurde Weitzel im April 1940 HSSPF „Nord“ mit Sitz in Oslo. Sein Nachfolger als HSSPF West wurde der SS-Gruppenführer Theodor Berkelmann. Weitzel starb bei einem Luftangriff auf Düsseldorf, als er sich auf Heimaturlaub befand: In der Nähe des Martin-Luther-Platzes wurde der stark alkoholisierte Weitzel von einer Bombe getroffen, nachdem er unvorsichtigerweise aus seinem Dienstwagen ausgestiegen war. Den Posten des HSSPF Nord mit Sitz in Oslo übernahm ab Juni 1940 Friedrich Wilhelm Redieß. Das Begräbnis in Düsseldorf war ein nationalsozialistisch inszenierter Trauerakt, an dem auch der Chef der Ordnungspolizei SS-Obergruppenführer Kurt Daluege, der rheinische Oberpräsident und Reichskommissar von Norwegen, Josef Terboven sowie NSDAP-Gauleiter Friedrich Karl Florian teilnahmen.[6] Die SS-Standarte 20 (Düsseldorf) erhielt schon zwei Tage nach Weitzels Tod, am 21. Juni 1940, durch Führerbefehl den Ehrennamen SS-Standarte Fritz Weitzel.[7] Weitzels Nachfolger als Polizeipräsident wurde sein Stellvertreter August Korreng, sein Nachfolger als HSSPF Nord wurde Wilhelm Redieß, der ebenfalls in Düsseldorf Dienst in der 20. SS-Standarte getan hatte.

Schriften von Fritz Weitzel

Bearbeiten
  • Die Gestaltung der Feste im Jahres- und Lebenslauf in der SS-Familie. Mit 5 Fotos und Liedern, Hrsg. SS-Oberabschnitt West, Düsseldorf 1935. ff. Völk. Verlag, Wuppertal 1940; Neudruck Dt. Druckerei, Prag 1941. Reprint 2019.
  • An ihren Taten sollt ihr sie erkennen! 90 Artikel der Rheinischen Landeszeitung aus der Zeit November 1933 – Juli 1936. Mönchengladbach 1936[8]
  • Erläuterungen der Ordensgesetze der SS, hrsg. im Auftrag des SS-Oberabschnitts West. Düsseldorf/Wuppertal 1938.

Auszeichnungen

Bearbeiten

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Mark C. Yerger: Allgemeine-SS. The Commands, Units and Leaders of the General SS. Schiffer, Atglen Pa. 1997. ISBN 0-7643-0145-4.
  • Thomas Köhler: Himmlers verlängerter Arm in Rheinland und Westfalen. Die Höheren SS und Polizeiführer West, in: Carsten Dams, Klaus Dönecke, Thomas Köhler (Hrsg.): „Dienst am Volk“? Düsseldorfer Polizisten zwischen Demokratie und Diktatur, Frankfurt am Main 2007, S. 203–234.
  • Joachim Lilla: Die staatliche Polizeiverwaltung in Düsseldorf 1926–1945, in: Düsseldorfer Jahrbuch 73, (2002), S. 217–294.
  • Bastian Fleermann, Frank Sparing, Astrid Wolters: Vom Ort des Terrors zur Gedenkstätte. Zur Geschichte des Düsseldorfer Stadthauses, in: Gedenkstättenrundbrief, Hrsg. Thomas Lutz im Auftrag der Stiftung Topographie des Terrors, Band 155, Berlin (2010), S. 18–25.
  • Bastian Fleermann: „…nachsetzen bis zur Vernichtung“. Verhaftungswelle und Gewalt gegen politische Gegner im Frühjahr 1933 in Düsseldorf, in: Rhein-Maas. Studien zur Geschichte, Sprache und Kultur. Hrsg. Jörg Engelbrecht, Simone Frank, Christian Krumm und Holger Schmenk, 1/2010, S. 167–198.
  • Ruth Bettina Birn: Die Höheren SS- und Polizeiführer. Himmlers Vertreter im Reich und in den besetzten Gebieten. Droste Verlag, Düsseldorf, 1986.
  • SS-Personalkanzlei: Dienstaltersliste der SS der NSDAP. Stand vom 1. Dezember 1938, Reichsdruckerei, Berlin 1938, S. 8 f. Reprint Osnabrück 1996. ISBN 3-7648-2487-5.
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Herbert Linder: Von der NSDAP zur SPD. Der politische Lebensweg des Dr. Hemuth Klotz (1894–1943). (= Karlsruher Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus. Band 3), Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 1995, ISBN 3-87940-607-3, S. 174 ff. Mitteilung in der Reichstagssitzung durch Reichstagspräsident Paul Löbe, siehe Protokoll der Reichstagssitzung vom 12. Mai 1932
  2. 3. Staatliche Polizeiverwaltung (Polizeipräsidium), in: Adressbuch der Stadt Düsseldorf, Düsseldorf 1934, S. 10.
  3. Vgl. Fleermann, Verhaftungswelle (2010).
  4. Bernd-A. Rusinek: Razzia in Gerresheim. Zugriff auf ein „rotes“ Territorium, in: Angela Genger (Red.): Erlebtes und Erlittenes. Gerresheim unter dem Nationalsozialismus. Berichte - Dokumente - Erzählungen, 2. verbesserte Auflage, Hrsg. Landeshauptstadt Düsseldorf - Bezirksverwaltungsstelle 7 - in Verbindung mit der Mahn- und Gedenkstätte und dem Stadtarchiv, Düsseldorf 1995, S. 52–64.
  5. Hans Günter Hockerts: Die Sittlichkeitsprozesse gegen katholische Ordensangehörige und Priester 1936–1937. Eine Studie zur nationalsozialistischen Herrschaftstechnik und zum Kirchenkampf. Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1971, ISBN 3-7867-0312-4.
  6. Rheinische Landeszeitung vom 21. Juni 1940.
  7. Mitteilungsblatt der 20. SS -Standarte "Fritz Weitzel", Selbstverlag, Düsseldorf 1943.
  8. Diverse Hetzartikel aus der Rheinischen Landeszeitung vom 28. November 1933 bis zum 20. Juli 1936 gegen katholische Geistliche, Jesuiten, Pallottiner, Franziskaner u. a., die wegen Devisenverbrechen, Verteilung marxistischer Hetzschriften, Sittlichkeitsvergehen, Hochverrat u. a. angeprangert wurden.