Frederic Morton

US-amerikanischer Schriftsteller

Frederic Morton (* 5. Oktober 1924 in Wien als Fritz Mandelbaum; † 20. April 2015 ebenda[1]) war ein US-amerikanischer Schriftsteller österreichischer Herkunft.

Frederic Morton (2013)

Fritz Mandelbaum wuchs in der Thelemangasse 8 im Wiener 17. Bezirk, Hernals, unweit von Brunnenmarkt, Yppenmarkt und Gürtel als Sohn von Franz Mandelbaum und Rose Ungvary in bürgerlichen Lebensumständen auf und ging auf das Hernalser Gymnasium Geblergasse.[2][3][4] Einem 2002 publizierten Lebenslauf zufolge war er der beste Leichtathlet der Schule (Morton, 2002: Ich war ein schlechter Schüler. Das Einzige, was mich interessierte, war Sport. … Ich wollte eigentlich Sportlehrer werden …).

 
Das Haus in der Thelemangasse 8 in Hernals (17. Bezirk), in dem Mandelbaum geboren wurde und aufwuchs. Rechts davon die Häuser Nr. 6, 4 und 2, damals ebenfalls in Familienbesitz. Links die Veronikagasse, Grenze zum 16. Bezirk

Das Haus in der Thelemangasse 8 sowie die drei anrainenden Häuser Nr. 2, 4 und 6 waren im Besitz seiner Familie. Großvater und Vater waren erfolgreiche Eisenwarenfabrikanten. Gegründet wurde das Familienunternehmen von Großvater Bernhard Mandelbaum, der für Kaiser Franz Joseph I. k.u.k. Orden und Medaillen schmiedete. Er kaufte das Haus Thelemangasse 8 der Erinnerung von Morton nach von einem Mitglied der Familie Kuffner, die bis 1938 die bis heute bestehende Ottakringer Brauerei besaß, derzeit die einzige Wiener Großbrauerei.

In der Thelemangasse 8 vermietete Großvater Mandelbaum zuletzt Räume an ein jüdisch-orthodoxes Bethaus, das nach dem Machtübergang an die Nationalsozialisten und dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im Zuge der Novemberpogrome 1938 zerstört wurde. In diesem Zusammenhang wurde Mortons Vater kurz im KZ Dachau in Bayern festgehalten.

1939 musste die jüdische Wiener Familie Mandelbaum nach England emigrieren, seit 1940 lebte sie in New York.

In den Vereinigten Staaten angekommen, änderte Franz Mandelbaum, Frederic Mortons Vater, den Familiennamen auf Morton. Dem Lebenslauf 2002 zufolge habe der Vater als Hr. Mandelbaum nicht in die damals antisemitischen US-Gewerkschaften eintreten dürfen. Frederic Morton besuchte eine Bäckergewerbeschule und arbeitete 1940–1949 als Bäcker. Er studierte Nahrungsmittelchemie (Morton: Ich war der Einzige aus der Gewerbeschule, der an die Universität ging.[5]) bis zum Bachelor of Science.

Als US-amerikanischer Korrespondent kam Morton 1951 zeitweise nach Wien zurück, das damals teilweise amerikanisch besetzt war. Sein literarisches Talent soll von Thomas Mann gelobt worden sein (nähere Angaben dazu fehlen).

Von 1949 an studierte Morton Literaturwissenschaft bis zum Master degree in Sprachphilosophie. Dabei lernte er seine Frau Marcia (Millicent) Colman kennen und heiratete sie am 28. März 1957 im Schloss Mirabell in Salzburg, dem Sitz des Magistrats der Stadt Salzburg.

Von 1959 an war Morton freiberuflicher Autor. Er arbeitete unter anderem als Kolumnist für The New York Times, den Playboy, Esquire und Village Voice. Mit seinem 1962 erschienenen Roman The Rothschilds. A Family Portrait, der in zahlreichen Sprachen erschien, etablierte er sich als Bestsellerautor. Er erhielt 1963 den „Author of the Year Award“ der Anti-Defamation League der USA.

Seine Frau, Marcia Colman Morton, war ebenfalls publizistisch tätig. Sie schrieb unter anderem Art of Viennese Cooking (Die Kunst der Wiener Mehlspeisen) und gemeinsam mit Frederic Morton Chocolate: An Illustrated History. Marcia starb 2003.

Auszeichnungen

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Die Zeitschrift Vanity Fair meinte 2015 in einem Nachruf auf ihrer Website, Austria never left him, und nannte speziell sein Buch A Nervous Splendor: Vienna, 1888–1889, das ebenso wie The Rothschilds ins Finale zum National Book Award der USA kam. Auf der Website The New York Times war zu lesen, Morton habe in den Vereinigten Staaten a celebrated literary career gemacht. The Washington Post schrieb, Morton sei a highly regarded chronicler of his abandoned homeland gewesen, capturing in works of history and fiction the Viennese society at the fin de siecle and on the eve of two world wars.

Ein umfangreicher Nachlass mit Manuskripten und Dokumenten des Autors wurde von seiner Tochter Rebecca Morton an die Österreichische Nationalbibliothek übergeben.[7][8]

Im März 2019 wurde in der Bezirksvertretungssitzung in Wien-Hernals die Umbenennung des Pezzlparks beim Jörgerbad in Frederic-Morton-Park beschlossen.[9]

  • Dunkle Leidenschaft. Aus dem Amerikanischen von Katrin Kaufmann. Schuler, Stuttgart 1951.
  • Asphalt und Begierde (Asphalt and Desire). Aus dem Englischen von Heinz Winter. Zsolnay, Wien-Hamburg 1961.
  • Die Rothschilds. Porträt einer Familie. (Original: The Rothschilds. A Family Portrait.) Ins Deutsche übertragen von Hans Lamm. Droemer-Knaur, München-Zürich 1962. Das Werk erscheint in 24 Sprachen und erreicht eine Auflage von 2,5 Millionen Exemplaren.
  • Die Affäre Schatten. Molden, Wien 1965.
  • Schicksalsjahr Wien 1888/89 (Original: A Nervous Splendor: Vienna, 1888–1889). Aus dem Amerikanischen von Karl Erwin Lichtenecker. Molden, Wien 1979, ISBN 3-217-01138-4.
    Neuveröffentlichung als Ein letzter Walzer. Wien 1888/89. Deuticke, Wien 1997, ISBN 3-216-30146-X.
  • Wetterleuchten 1913/1914. Aus dem Amerikanischen von Johannes Eidlitz. Ueberreuter, Wien 1990, ISBN 3-8000-3353-4.
  • Crosstown sabbath. Über den Zwang zur Unrast. Mit einem Vorwort von Adolf Holl. Vom Verfasser autorisierte Übersetzung aus dem Amerikanischen von Susanne Costa. Deuticke, Wien 1993, ISBN 3-216-30041-2.
  • Geschichten aus zwei Welten. Deuticke, Wien 1994, ISBN 3-216-30061-7.
  • Ewigkeitsgasse, Roman (Original: The Forever Street, 1984). Aus dem amerikanischen Englisch von Hermann Stiehl. Deuticke, Wien 1996, ISBN 3-216-30191-5; Sonderausgabe als erstes Werk der seit 2002 jährlich stattfindenden Wiener Gratisbuchaktion Eine Stadt. Ein Buch., ergänzt durch ein Vorwort von Bürgermeister Michael Häupl, einen Lebenslauf des Autors und ein Interview mit ihm, Auflage 100.000 Exemplare; in dieser Sonderausgabe unterblieb die Nennung des Übersetzers ohne Angabe von Gründen.
  • Das Zauberschiff. Aus dem Amerikanischen von Karl-Erwin Lichtenecker. Deuticke, Wien 2000, ISBN 3-216-30469-8.
  • Durch die Welt nach Hause. Mein Leben zwischen Wien und New York. Autobiographie. Aus dem amerikanischen Englisch von Susanne Costa. Deuticke, Wien 2006, ISBN 3-552-06030-8.
  • Marcia Morton und Frederic Morton: Schokolade. Kakao, Praline, Trüffel & Co. Aus dem Amerikanischen (Chocolate: An Illustrated History.) von Kurt Bracharz. Deuticke, Wien 1995, ISBN 3-216-30157-5.

Literatur

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  • Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 2: J–R. Hrsg. von der Österreichischen Nationalbibliothek. Saur, München 2002, ISBN 3-598-11545-8, S. 947f.
  • Morton, Frederic, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,2. München: Saur, 1983, S. 833f.

Editorischer Hinweis

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Die Thelemangasse, in der Morton geboren wurde, wird nicht selten als Thelemanngasse zitiert. Ein mit Morton geführtes Interview zur Ausgabe 2002 des Romans Ewigkeitsgasse (siehe Abschnitt Eigene Werke) wurde mit einem Foto des Autors illustriert, der in einem Innenraum vor einer Straßentafel Thelemann-Gasse steht. Dabei handelt es sich nicht um eine Originaltafel, da der Gassenname auch vor hundert Jahren nicht mit Doppel-n geschrieben wurde.

Einzelnachweise

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  1. orf.at - Schriftsteller Frederic Morton gestorben, Artikel vom 20. April 2015, abgerufen am gleichen Tag
  2. Ein Starautor auf seinen Hernalser Spuren. Artikel vom 30. März 2011, abgerufen am 20. April 2015.
  3. Verein der Absolventen und Förderer des Hernalser Gymnasiums Geblergasse, Frederic Morton (Memento vom 20. April 2015 im Internet Archive). Abgerufen am 20. April 2015.
  4. Wiener Zeitung: Morton, Frederic: Mit der Kraft des Steins (Memento vom 8. Juli 2014 im Internet Archive), 8. April 2000 (abgerufen am 18. November 2013)
  5. Ewigkeitsgasse, Ausgabe 2002, Anhang ohne Seitenangaben
  6. Ehrenmedaille in Gold für Frederic Morton Rathauskorrespondenz vom 21. Mai 2001 (Abgerufen am 18. Juni 2010)
  7. Exil-Literatur: Österreichische Nationalbibliothek erhält Vorlass von Ruth Klüger und Nachlass von Frederic Morton. In: Österreichische Nationalbibliothek. 23. Mai 2018, abgerufen am 24. Mai 2018.
  8. Nationalbibliothek bekommt Morton Nachlass. In: derStandard.at. 23. Mai 2018, abgerufen am 24. Mai 2018.
  9. Grüne Hernals: Hernals gedenkt Christine Nöstlinger und Frederic Morton. OTS-Meldung vom 6. März 2019, abgerufen am 11. März 2019.
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