Florence Griffith-Joyner

US-amerikanische Sprinterin und Olympiasiegerin

Florence „Flo-Jo“ Griffith-Joyner (Geburtsname Delorez Florence Griffith; * 21. Dezember 1959 in Los Angeles; † 21. September 1998 in Mission Viejo) war eine US-amerikanische Sprinterin und Olympiasiegerin. Sie war dreimal Olympiasiegerin und einmal Weltmeisterin. Ihre Weltrekorde über 100 und 200 Meter von 1988 haben seit mehr als 36 Jahren Bestand.

Florence Griffith-Joyner

Florence Griffith-Joyner
Griffith-Joyner (1988)

Voller Name Delorez Florence Griffith-Joyner
Nation Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Geburtstag 21. Dezember 1959
Geburtsort Los Angeles
Größe 170 cm
Gewicht 57 kg
Sterbedatum 21. September 1998 (38 Jahre)
Sterbeort Mission Viejo
Karriere
Disziplin Sprint
Bestleistung 10,49 s (100 m), 21,34 s (200 m)
Karriereende 1988
Medaillenspiegel
Olympische Spiele 3 × Goldmedaille 2 × Silbermedaille 0 × Bronzemedaille
Weltmeisterschaften 1 × Goldmedaille 1 × Silbermedaille 0 × Bronzemedaille
Olympische Ringe Olympische Spiele
Silber Los Angeles 1984 200 m
Gold Seoul 1988 100 m
Gold Seoul 1988 200 m
Gold Seoul 1988 4 × 100 m
Silber Seoul 1988 4 × 400 m
Logo der World Athletics Weltmeisterschaften
Gold Rom 1987 4 × 100 m
Silber Rom 1987 200 m

Florence Griffith-Joyner wuchs mit zehn Geschwistern in Los Angeles auf. Ihre Eltern wurden geschieden, als sie vier Jahre alt war. 1966 fing sie an, Sport zu treiben, und 1973 und 1974 gewann sie die Jesse-Owens-Jugendspiele. Nach ihrem High-School-Abschluss 1978 begann sie ein Psychologiestudium an der California State University in Northridge. Dort gewann sie mit dem Leichtathletik-Team unter Trainer Bob Kersee die nationalen Meisterschaften, brach das Studium aber ein Jahr später aus finanziellen Gründen ab und begann als Bankangestellte zu arbeiten.[1] Kersee, der später auch die Siebenkämpferin und Weitspringerin Jackie Joyner-Kersee zu seinen Schützlingen zählte, wechselte währenddessen als Assistenztrainer an die University of California, Los Angeles (UCLA) und verhalf Griffith-Joyner dort 1980 zu einem Stipendium.[2] 1983 schloss sie an der UCLA ihr Psychologiestudium ab.[3]

 
Florence Griffith-Joyner (links) mit Valerie Brisco-Hooks bei den US-Trials 1984 in Los Angeles

1980 verfehlte sie nur knapp einen Platz im US-amerikanischen Olympiateam,[4] was aber wegen des US-Boykotts gegen die Sommerspiele 1980 in Moskau folgenlos blieb. Ihren ersten internationalen Auftritt hatte sie bei den Weltmeisterschaften 1983 in Helsinki. 1984 nahm sie an den Sommerspielen in Los Angeles teil und gewann Silber über 200 Meter. Im Oktober 1987 heiratete sie den Olympiasieger im Dreisprung Al Joyner.[5] Zuvor war sie jahrelang mit dem Hürdensprinter Greg Foster befreundet gewesen, der später ihr Agent wurde.

Auf Sportfesten in Europa sorgte die junge Athletin anfangs mehr durch ihr auffälliges Aussehen als durch überragende Sprintqualitäten für Aufsehen. Griffith-Joyner galt als „erste Diva der Tartanbahn“,[6] was durch Markenzeichen wie lange, bunt lackierte Fingernägel oder grelle, hautenge Laufanzüge begründet wurde.[4] „Ich gefalle gern und möchte mich von anderen unterscheiden“, so Griffith-Joyner.[7]

Nach der Saison 1985 begann Griffith-Joyner erneut bei einer Bank zu arbeiten, nebenbei verdingte sie sich als Haarstylistin.[1] Im April 1987 begann sie wieder ernsthaft mit der Leichtathletik und gewann vier Monate später Silber über 200 Meter sowie Gold mit der 4-mal-100-Meter-Staffel bei den Weltmeisterschaften in Rom.[8]

Bei den Ausscheidungswettkämpfen (engl. „trials“) für die Olympischen Spiele 1988 verbesserte Griffith-Joyner am 16. Juli 1988 in Indianapolis den Weltrekord über 100 Meter (seit 1984 10,76s Evelyn Ashford) auf 10,49 Sekunden; im Vorjahr lag ihre persönliche Bestleistung noch bei 10,96 Sekunden.[7] Ob die Windmessung von 0,0 Metern pro Sekunde korrekt war, wurde später bezweifelt, da auf der daneben liegenden Weitsprunganlage zur gleichen Zeit 4 Meter pro Sekunde Rückenwind und im direkt folgenden zweiten Halbfinale 5 Meter pro Sekunde gemessen wurden.[9]

Nach den „trials“ trennte sich Griffith-Joyner überraschend von ihrem Trainer Bob Kersee und begann, unter ihrem Ehemann Al Joyner zu trainieren.[10] Bei den darauffolgenden Olympischen Spielen in Seoul gewann sie Gold über 100 und 200 Meter sowie Gold mit der 4-mal-100-Meter-Staffel und Silber mit der 4-mal-400-Meter-Staffel. Die 200 Meter gewann Griffith-Joyner nach Weltrekord im Vorlauf von 21,56s in der Weltrekordzeit von 21,34 Sekunden (bislang 21,71 s Heike Drechsler 1986, persönliche Bestleistung 1987: 21,96 Sekunden[7]). Mit dieser Zeit ist sie Stand 2024 nach wie vor Weltrekordhalterin in dieser Disziplin wie auch über die 100-Meter-Strecke. Die muskulöse Athletin dominierte die Konkurrenz dermaßen, dass trotz negativer Tests bald Dopinggerüchte aufkamen. Besonders ihre plötzliche Leistungssteigerung innerhalb eines Jahres und ihr bald folgender Rücktritt vom Spitzensport nährten diese Gerüchte. 1989 kehrte sie dem Leistungssport den Rücken und brachte am 15. November 1990 eine Tochter zur Welt. 1995 wurde sie in die U.S. Track and Field Hall of Fame aufgenommen.

Mehrfach kündigte sie ein Comeback an. So wollte sie bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta starten, gab jedoch zwei Monate vor Beginn der Spiele wegen Problemen mit der rechten Achillessehne das Ende ihrer sportlichen Karriere bekannt. Noch im selben Jahr erlitt sie einen leichten Schlaganfall und musste sich in ärztliche Behandlung begeben.

Im Alter von 38 Jahren erstickte[11] Florence Griffith-Joyner am 21. September 1998 im Schlaf. Ein schwerer epileptischer Anfall soll dafür der Grund gewesen sein; als andere Gerüchte waren ein Schlaganfall oder ein Herzversagen aufgekommen.[12] Der Gerichtsmediziner fand ein kavernöses Hämangiom in ihrem linken fronto-orbitalen Gehirnbereich,[13] das einen Anfall ausgelöst haben könnte. Griffith-Joyner wurde im El Toro Memorial Park in Lake Forest bestattet.[14]

Dopingspekulationen

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Nach ihrem großen Leistungssprung 1988 kamen bereits während ihrer aktiven Zeit Dopinggerüchte auf. Angeführt wurden äußerliche Merkmale, wie ein deutliches Muskelwachstum in kurzer Zeit oder eine tiefere Stimme als zuvor.[15] Hinzu kamen Gerüchte über vertuschte positive Dopingbefunde[6][16] und ihr Rücktritt auf dem Zenit ihrer Leistungsfähigkeit fünf Monate nach den Olympischen Spielen, der wenige Monate vor der Einführung von Dopingkontrollen außerhalb von Wettkämpfen erfolgte.[17][18] Der brasilianische Mittelstreckenläufer Joaquim Cruz deutete in einem TV-Interview während der Olympischen Spiele 1988 an, dass Griffith-Joyner und Jackie Joyner-Kersee unerlaubte Mittel zum Muskelwachstum benutzen müssten.[19] Olympiasieger Carl Lewis antwortete im Dezember 1988 nach einer Rede an der University of Pennsylvania auf eine Publikumsfrage, dass er von einigen „sehr zuverlässigen Quellen“ wisse, dass Griffith-Joyner Steroide einnehme.[20][21] Außerdem führte er aus, die Situation in dem ehemaligen Trainer Griffith-Joyners begründet zu sehen.[20][A 1] Lewis soll nicht gewusst haben, dass seine Ausführungen für die Studentenzeitung The Daily Pennsylvanian aufgezeichnet wurden, und entschuldigte sich nach Veröffentlichung mit der Bemerkung, kein persönliches Wissen von einem Dopinggebrauch Griffith-Joyners und ihres Trainers zu haben.[21] In seiner Autobiographie Inside Track nahm Lewis später Bezug auf muskuläre und stimmliche Veränderungen Griffith-Joyners[22] und führte aus, dass „in der Welt der Leichtathletik […] die Meinung, dass Florence gedopt war, Allgemeingültigkeit [hatte]“.[23]

Sprinter und Ex-Juniorenweltrekordler Darrell Robinson beschuldigte im September 1989 in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Stern mehrere US-amerikanische Leichtathleten und Trainer des Dopingmissbrauchs.[24][25] Darunter war auch Griffith-Joyners Trainer Bob Kersee, bei dem Robinson selbst seit 1987 trainierte.[26] Robinson gab außerdem an, Griffith-Joyner im März 1988 eine Ampulle Wachstumshormon (HGH) verkauft zu haben.[24] Griffith-Joyner wies die Vorwürfe zurück und nannte den zugeschalteten Robinson in der Fernsehsendung Today einen „zwanghaften, verrückten, lügenden Irren“ („Darrell, you are a compulsive, crazy, lying lunatic“).[27][28] Robinson schilderte später, dass er wegen seiner Aussagen von den europäischen Leichtathletikveranstaltungen praktisch ausgeschlossen und seine Karriere somit beendet worden sei, blieb aber bei seinen Anschuldigungen.[29][30]

Griffith-Joyners Ableben stieß eine Diskussion über Folgeschäden nach Missbrauch von Anabolika oder anderen leistungssteigernden Mitteln an.[31] Alexandre de Mérode – Vorsitzender der medizinischen Kommission des IOC und in der Vergangenheit selbst in der Kritik wegen nicht weiter verfolgter positiver Tests bei den Olympischen Spielen 1984[32] – wandte sich wenige Tage nach ihrem Tod gegen Dopingspekulationen und verwies darauf, dass man Griffith-Joyner in Tests nie verbotene Substanzen nachweisen konnte.[4][33] Ihre ehemalige Trainingspartnerin Lorna Boothe gab dagegen im Zuge des Todes an, 1987 von einer in einem kalifornischen Hospital arbeitenden Krankenschwester erfahren zu haben, dass Griffith-Joyner regelmäßig mit anabolen Steroiden und Testosteron behandelt worden war.[34]

Anlässlich des 25. Jahrestags des Fabelweltrekords über 100 Meter zog die Tageszeitung Die Presse im Jahr 2013 folgendes Fazit: „Die dreifache Olympiasiegerin von Seoul 1988 wurde nie positiv getestet, aber stets mit Doping in Verbindung gebracht.“[35]

Auszeichnungen

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Commons: Florence Griffith Joyner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Kris Schwartz: FloJo Made Speed Fashionable. In: espn.com. Abgerufen am 28. März 2019 (englisch).
  2. Florence Griffith Joyner: Fastest Woman on Earth. In: legacy.com. Abgerufen am 28. März 2019 (englisch).
  3. Jere Longman: Florence Griffith Joyner, 38, Champion Sprinter, Is Dead. In: The New York Times. 22. September 1998, abgerufen am 28. März 2019 (englisch).
  4. a b c Florence Griffith-Joyner im Munzinger-Archiv, abgerufen am 4. März 2024 (Artikelanfang frei abrufbar)
  5. Flo-Jo dies at 38. In: BBC News, 21. September 1998 (englisch).
  6. a b Ein Hauch von Hollywood. In: Der Spiegel. Nr. 40, 1998, S. 168–169 (online).
  7. a b c Hans-Joachim Waldbröl: Nur die Zweifel überleben das schnelle Ende der schnellsten Frau. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. September 1998, S. 40.
  8. Simon Burnton: 50 stunning Olympic moments No22: Florence Griffith Joyner, Seoul 1988. In: The Guardian. 11. April 2012, abgerufen am 28. März 2019 (englisch).
  9. Maths and Sports: How Fast Can Usain Bolt Run?- Professor John D. Barrow. In: YouTube (Video, englisch, bei 44′00″).
  10. Phil Hersh: Kersee still waiting for reason Griffith Joyner dropped him as. In: Chicago Tribune. 7. August 1988, abgerufen am 28. März 2019 (englisch).
  11. Athelia Knight: Coroner: Seizure, Suffocation Killed Griffith Joyner. In: The Washington Post, 23. Oktober 1998 (englisch).
  12. Joachim Kaffer: Griffith-Joyner gestorben. In: Süddeutsche Zeitung, 22. September 1998, S. 36.
  13. Kristina Rebelo Anderson: The Uneasy Death Of Florence Griffith Joyner. In: Salon.com, 5. Dezember 1998, abgerufen am 3. November 2020 (englisch).
  14. Florence Griffith “Flo-Jo” in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 30. September 2023.
  15. Eduard Hoffmann: Schillernder Sprintstar. In: Deutschlandfunk Kultur. 16. Juli 2013, abgerufen am 28. März 2019.
  16. Andreas Schirmer: Griffith-Joyners Weltrekord vor 25 Jahren. In: Heilbronner Stimme. 16. Juli 2013, abgerufen am 28. März 2019.
  17. Das Drama der dubiosen Diva. In: Der Standard. 24. September 2013, abgerufen am 28. März 2019.
  18. Drugs: The curse of Flo-Jo. In: The Hindu. 9. September 2000, abgerufen am 28. März 2019 (englisch).
  19. Phil Hersh: Griffith-Joyner's legend grows. In: Chicago Tribune. 30. September 1988, abgerufen am 27. März 2019 (englisch): „these people, they must be doing something that isn't normal to gain all these muscles“
  20. a b Kenny Moore: The spoils of victory. In: Sports Illustrated. 10. April 1989, abgerufen am 27. März 2019 (englisch).
  21. a b Lewis backtracks on having linked Flo-Jo, Drugs. In: Deseret News. 11. Dezember 1988, abgerufen am 27. März 2019 (englisch).
  22. Simon Turnbull: Athletics: Flo-Jo and the shadow of doubt. In: The Independent. 23. Oktober 2011, abgerufen am 27. März 2019 (englisch).
  23. "Flo-Jo" – zwischen Trauer, Faszination und Verdacht. In: Die Welt. 23. September 1998, abgerufen am 27. März 2019.
  24. a b Craig Neff: Scorecard. In: Sports Illustrated. 2. Oktober 1989, abgerufen am 28. März 2019 (englisch).
  25. Phil Hersh: Ex-teammate: Flo-jo, Lewis Used Drugs. In: Chicago Tribune. 21. September 1989, abgerufen am 27. März 2019 (englisch).
  26. Everton Gayle: Flo-Jo: a story of the Olympics, speed and dying to succeed. In: euronews. 10. August 2016, abgerufen am 27. März 2019 (englisch).
  27. Robert McGill Thomas Jr.: Sprinter's Drug Allegations Draw Denials. In: The New York Times. 22. September 1989, abgerufen am 27. März 2019 (englisch).
  28. Elke Wittich: FloJo rennt nicht mehr. In: Jungle World. 30. September 1998, abgerufen am 27. März 2019.
  29. Gerard Wright: Athletics: Downfall of a man quick to accuse. In: The Independent. 27. September 1998, abgerufen am 29. März 2019 (englisch).
  30. Running From Himself: Former Track Star Darrell Robinson Almost Reached a Final Finish by Attempting Suicide. In: Los Angeles Times. 17. April 1996, abgerufen am 29. März 2019 (englisch).
  31. Doktorarbeit gefordert. In: Süddeutsche Zeitung. 25. September 1998, S. 39
  32. David Wharton: Olympic la-la land. In: Los Angeles Times. 4. August 2009, abgerufen am 27. März 2019 (englisch).
  33. Athletics: De Merode defends Griffith Joyner. In: The Independent. 24. September 1998, abgerufen am 27. März 2019 (englisch).
  34. Griffith-Joyners Tod hinterläßt Fragezeichen. In: archiv.rhein-zeitung.de. 22. September 1998, abgerufen am 27. März 2019.
  35. Markku Datler: Leichtathletik: „Flo-Jo“: Ein Jahrestag als Mahnmal. In: DiePresse.com, 16. Juli 2013.

Anmerkung

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  1. Griffith-Joyner trennte sich während der Saison 1988 von ihrem langjährigen Trainer Bob Kersee. Lewis' Manager bestand später darauf, dass Lewis nicht Kersee gemeint habe.