Enzesfeld-Formation

Formation der Nördlichen Kalkalpen

Die Enzesfeld-Formation ist eine Formation der Nördlichen Kalkalpen, die im Unterjura abgelagert worden war.

Bezeichnung

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Die Enzesfeld-Formation ist nach der Gemeinde Enzesfeld in Niederösterreich bezeichnet worden.

Erstbeschreibung

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Dionys Stur, der Erstbeschreiber der Enzesfeld-Formation

Die Enzesfeld-Formation, auch Enzesfelder Schichten oder Enzesfelder Kalk, war erstmals im Jahr 1851 von Dionys Stur beschrieben worden.[1] Florian Böhm (1992 und 1999) sowie Oskar Ebli (1997) unterzogen die Formation einer gründlichen Revision.[2]

Vorkommen

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Die einstige Typlokalität der Enzesfeld-Formation am Schloss von Enzesfeld im Tirolikum existiert leider nicht mehr. Ihr jetziges Typusprofil liegt im Kendlbachgraben in der Osterhorngruppe südwestlich vom Wolfgangsee. Ihr Vorkommen ist an das Verbreitungsgebiet des obertriassischen Eiberg-Beckens gebunden. Innerhalb dieses Beckens kann die Formation mit Ausnahme der Hallstatt-Zone des Juvavikums in sämtlichen anderen Decken des Bajuvarikums und Tirolikums angetroffen werden, wenn auch oft nur sporadisch. Bekannte Vorkommen sind im Osten der Nördlichen Kalkalpen neben der Typlokalität Hirtenberg, Rohrbach und die Hohe Mandling. Selbst im Untergrund des Wiener Beckens tritt die Formation auf, nachgewiesen in der Bohrung Laxenburg 2 in der Göller Decke. Kennzeichnend für den Mittelabschnitt sind das Typusprofil im Kendlbachgraben, die Umgebung von Adnet (Breitenberg, Gaißau und Hochleitengraben), der Saubachgraben an der Westseite des Zwölferhorns sowie das Vorkommen bei Ebensee am Traunsee im Salzkammergut. Die Formation ist im Mittelabschnitt auch am Liedersberg südwestlich von Unken (hochtirolische Berchtesgadener Schubmasse bzw. Berchtesgadener Decke) und an der Steinplatte bei Waidring gegenwärtig. Vorkommen des Westabschnitts finden sich am Fonsjoch in Tirol sowie bei Christlum westlich des Achensees (Bajuvarikum).[3]

Höchst erstaunlich ist das Auftreten der Enzesfelder Fazies im östlichen Tethysraum wie beispielsweise im indonesischen Westtimor oder gar auf dem Exmouth-Plateu am nordwestlichen Kontinentalrand Australiens.[4]

Stratigraphie

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Das Liegende der Enzesfeld-Formation bildet die Kendlbach-Formation oder die Schnöll-Formation. Im Hangenden wird sie vom Motzen-Member oder dem Schmiedwirt-Member der Adnet-Formation oder von der Scheibelberg-Formation überlagert.[5] Seitlich kann sich die Formation auch mit dem Guggen-Member der Schnöll-Formation[6] und der Kendlbach-Formation verzahnen. Am Liedersberg bei Unken wird eine Verzahnung mit dem Hierlatzkalk beobachtet, gleichzeitig wird die Formation hier von der Klaus-Formation überlagert.[7]

Als etwas seichteres Äquivalent der Enzesfeld-Formation werden sowohl die Hochfelln-Schichten der Chiemgauer Alpen[8] als auch der Hierlatzkalk angesehen. Beide Formationen waren auf der gefluteten Kalkplattform des Oberrhätkalkes abgelagert worden.

Lithologie

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Die einstige Typlokalität der Formation befand sich am Schloss Enzesfeld

Die Enzesfeld-Formation besteht aus honiggelben, ockerfarbenen bis roten, oft auch grauen, gut gebankten Kalken, die gelegentlich gelbliche Hornsteinknollen führen können. Die Kalke können gelbfleckig-knollig ausgebildet sein und eine reiche Fauna an Ammoniten, Bivalven und Mikrofossilien aufweisen. Charakteristisch für die Formation sind Hartgründe, die recht häufig auftreten können. Sie erscheinen entweder als braun-gelbliche Phosphatkrusten oder als dunkle Eisen-Mangan-Oxide.

Mikrofaziell ist die Enzesfeld-Formation meist als rötlich gefärbter Packstone ausgebildet, reich an Echinodermenresten (Skleriten), Muschelschalenfragmenten und involutiniden Foraminiferen (Typlokalität). Die Bruchstücke sind manchmal von einer dunkelgrauen bis schwarzen Eisen/Mangan-Kruste überzogen. Eisen-Mangan-Krusten können sich auch zu Hartgründen verdichten, wie beispielsweise die das Hangende abschließende Marmorea-Kruste bzw. Brandschicht.

Ammonitenfüllungen (mit gelegentlichem Geopetalgefüge) erscheinen als weniger kondensierte Wackestones. Die Formation kann insgesamt auch als Wackestone auftreten – mit roter, mikritischer Matrix und hohem Fossilgehalt. In der Beckenfazies überwiegen Grautöne (es sind aber auch buntgefärbte Ablagerungen bekannt) und Wackestones über Packstones, die Foraminiferen treten stark zurück und weichen recht seltenen Radiolarien. Die Graufärbung des Sediments im Beckenbereich erklärt sich entweder durch eine schlechtere Durchlüftung des Tiefenwassers oder durch höhere Sedimentationsraten im Becken – wodurch eine Reduktion des dreiwertigen Eisens Fe3+ während der frühen Einbettung erfolgen konnte.[9]

Gelegentlich treten auch Intraklasten in Erscheinung wie z. B. seltene Bruchstücke von Oberrhätkalk.

Mächtigkeit

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Die Mächtigkeit der Enzesfeld-Formation ist sehr variabel. Sie kann bis auf wenige Dezimeter reduziert sein, bewegt sich aber normalerweise zwischen 1 bis 2 Meter. In seltenen Fällen werden mehrere Zehnermeter erreicht.[10]

Die Enzesfeld-Formation ist eine kondensierte, marine, hemipelagische Beckenablagerung und wird von Alexander Tollmann als Beginn der Rotkalksedimentation zur Fazies der Jura-Cephalopodenkalke gestellt. Ihre Bildung erfolgte sehr wahrscheinlich im Verlauf einer transgressiven Phase in Richtung Meeresspiegelhochstand.[11] Florian Böhm (1992) sieht in der Formation ein bioklastisches Restsediment (Englisch lag deposit), das von sehr starken Tiefenströmungen geformt worden war. Dieses Restsediment wird in Richtung der Abhänge der oberrhätischen Riffkörper (Beckenränder) zusehends grobkörniger und turbiditischer, außerdem nimmt der Gehalt an Crinoidenschutt zu.[12] Die Formation entwickelt rote Farbtöne am Beckenhang (Beginn der Rotkalksedimentation), nimmt jedoch Grautöne im Beckeninneren an.

Fossilien

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Neben den bereits angesprochenen recht häufigen Ammoniten (und deren Aptychen) sowie Bivalven sind anzuführen Belemniten, Brachiopoden, Echinodermenreste (Crinoiden, Seeigelstacheln), Filamente, Molluskenfragmente (Gastropoden), Ostrakoden, kieselige Spicula von Schwämmen und als Mikrofossilien sehr häufige benthische und planktische Foraminiferen (Lagenidae, Miliolidae, Textularia), seltene kieselige Radiolarien und kalkhaltiges Nannoplankton.[11] Bei den Ammoniten finden sich die Taxa Coroniceras rotiforme, Psiloceras calliphyllum, Psiloceras planorbis und Schlotheimia marmorea. Unter den Foraminiferen erscheinen Involutina liassica, Involutina turgida, Lenticulina, Licispirella bicarinata, Licispirella violae, Neoangulodiscus leischneri, Ophtalmidium leischneri, Trocholina granosa und Trocholina turris.[13] Nodosariidae treten stark in den Hintergrund. Unter den Dinoflagellaten (Dinophyceae) ist Schizosphaerella punctulata zu erwähnen. Als Calcisphäre ist Globochaete alpina nennenswert.

Von den Hartgründen können Bohrgänge von Serpuliden wie Spirorbis ins unterlagernde Sediment ausgehen.

Das Alter der Enzesfeld-Formation reicht vom Unteren Hettangium bis zum Unteren Sinemurium. Ihr absolutes Alter überdeckt somit in etwa den Zeitraum 200 bis 195 Millionen Jahre.

Der Ammonit Psiloceras planorbis belegt die Planorbis-Zone des Unteren Hettangiums, Schlotheimia marmorea die mediterranprovinzielle Marmorea-Zone des Oberen Hettangiums und Coroniceras rotiforme die Rotiforme-Subzone des Unteren Sinemuriums. Verwirklicht sind ferner die mediterranprovinzielle Megastoma-Zone des Oberen Hettangiums und die Bucklandi-Zone des Unteren Sinemuriums.

Literatur

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  • Hans-Jürgen Gawlick u. a.: Jurassic Tectonostratigraphy of the Austroalpine Domain. In: Journal of Alpine Geology. Band 50. Wien 2009, S. 1–152.
  • Alexander Tollmann: Analyse des klassischen nordalpinen Mesozoikums. Franz Deuticke, Wien 1976, ISBN 3-7005-4412-X, S. 1–576.

Einzelnachweise

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  1. Dionys Stur: Die liassischen Kalksteingebilde von Hirtenberg und Enzersfeld. In: Jahrbuch der kaiserlich-königlichen Geologischen Reichsanstalt. Band 2/3. Wien 1851, S. 19–27.
  2. Oskar Ebli: Sedimentation und Biofazies an passiven Kontinentalrändern: Lias und Dogger des Mittelabschnitts der Nördlichen Kalkalpen und des frühen Atlantik (DSDP site 547B, Marokko). In: Münchner Geowissenschaftliche Abhandlungen, Reihe A. Band 32. München 1997, S. 1–255.
  3. W. Blind: Die Ammoniten des Lias alpha aus Schwaben, vom Fonsjoch und Breitenberg (Alpen) und ihre Entwicklung. In: Palaeontogr. Band 121. Stuttgart 1963, S. 131.
  4. Edith Kristan-Tollmann und Jim Colwell: Alpiner Enzesfelder Kalk (Unter-Lias) vom Exmouth-Plateau nordwestlich von Australien. In: Mitteilungen der österreichischen geologischen Gesellschaft. Band 84 (1991), 1992, S. 301–308.
  5. Hans-Jürgen Gawlick u. a.: Jurassic Tectonostratigraphy of the Austroalpine Domain. In: Journal of Alpine Geology. Band 50. Wien 2009, S. 1–152.
  6. Florian Böhm: Lithostratigraphy of the Adnet Group (Lower to Middle Jurassic, Salzburg, Austria). In: Schriftenreihe der Erdwissenschaftlichen Kommissionen. Band 16. Wien 2003, S. 231–268.
  7. Patricia Maria Quast: Jura-Beckenentwicklung in der nördlichen Saalachzone (Unken, Salzburg, Österreich). In: Masterarbeit. Montanuniversität Leoben, 2012, S. 1–93.
  8. Barbara Seuss, Richard Höfling und Alexander Nützel: Triassic/Jurassic carbonates from the Hochfelln Mountain (Northern Calcareous Alps) – its facies, silicified fauna and implications for the end-Triassic biotic crisis. In: Facies. Band 51. Berlin, Heidelberg 2005, S. 405–418.
  9. D. J. Burdige: The biogeochemistry of manganese and iron reduction in marine sediments. In: Earth Seience Review. Band 35. Amsterdam 1993, S. 249–284.
  10. Benno Plöchinger: Zur Geologie von Hirtenberg/Triesting. In: Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt. Band 1957. Wien 1957, S. 239–243.
  11. a b Florian Böhm u. a.: Fauna, Sedimentology and Stratigraphy of the Hettangian-Sinemurian (Lower Jurassic) of Adnet (Salzburg, Österreich). In: Abhandlungen der Geologischen Bundesanstalt. Band 56/2. Wien 1999, S. 143–271.
  12. Florian Böhm: Mikrofazies und Ablagerungsmilieu des Lias und Dogger der Nordöstlichen Kalkalpen. In: Erlanger Geologische Abhandlungen. Band 121. Erlangen 1992, S. 55–217.
  13. Edith Kristan-Tollmann: Stratigraphisch wertvolle Mikrofossilien aus dem Oberjura und Neokom der nördlichen Kalkalpen. In: Erdoel-Zeitschrift. Band 78. Wien, Hamburg 1962, S. 637–649.