Dieter Kienast
Dieter Alfred Kienast (* 30. Oktober 1945 in Zollikon; † 23. Dezember 1998 in Zürich) war ein Schweizer Landschaftsarchitekt und Universitätsprofessor, der die europäische Landschaftsarchitektur entscheidend beeinflusste.
Werdegang
BearbeitenDieter Kienast wuchs als Sohn von Elisabeth und Heinrich Kienast-Sommerauer in deren Gärtnerei in Zürich auf. Nach der Schulzeit in Zürich absolvierte er bei den Gebrüdern Hottinger von 1962 bis 1965 eine Gärtnerlehre in Zürich. Kienast praktizierte bei Albert Zulauf in Baden (1966–1967) und bei Fred Eicher in Zürich (1969–1970). Nach dem Beginn des Landschaftsarchitekturstudiums an der TU München-Weihenstephan studierte er zwischen 1971 und 1975 an der Gesamthochschule Kassel, u. a. bei Günther Grzimek, Peter Latz, Lucius Burckhardt und Karl Heinrich Hülbusch. 1978 promovierte er mit einem pflanzensoziologischen Thema zur Ruderalvegetation in Städten bei Karl Heinrich Hülbusch und wurde Mitinhaber des Planungsbüros Stöckli Kienast & Koeppel Landschaftsarchitekten in Zürich und Wettingen. Von 1981 bis 1985 war er fachtechnischer Leiter des Botanischen Gartens in Brüglingen bei Basel.1995 gründete er zusammen mit Günther Vogt das Büro Kienast Vogt Partner Landschaftsarchitekten in Zürich und Bern. 1998 verstarb der Landschaftsarchitekt in Zürich an einem Krebsleiden.
Kienast lehrte am Interkantonalen Technikum Rapperswil (1980–1991), der ETH Zürich (1985–1997, 1997–1998), der Universität Karlsruhe (1992–1997). Der Tunesische Landschaftsarchitekt Henri Bava trat die Nachfolge von Kienast an der Universität Karlsruhe und Christophe Girot die Nachfolge von Kienast an der ETH Zürich an.
Würdigung
BearbeitenKienast zählte nicht zuletzt durch seine Zusammenarbeit mit den führenden Schweizer Architekten seiner Zeit (Diener & Diener; Herzog & de Meuron; Gigon Guyer; Meili, Peter; Helmut Federle; Karljosef Schattner)[1] zu den renommiertesten Landschaftsarchitekten Europas der 1990er Jahre und erlangte mit zahlreichen Parks und Gärten architektonischer Prägung sowie durch seine rege Publikationstätigkeit, internationales Ansehen. Zu den wichtigsten Inspirationsquellen zählten für ihn nicht nur die abstrakten Kunstwerke des Minimalismus, besonders jene von Donald Judd, Carl Andre, Sol LeWitt und Richard Long, sondern auch die amerikanische Land Art und die Schweizer Landschaftsarchitektur von Ernst Cramer und Fred Eicher. Die gekonnte Kombination von architektonischen und landschaftlichen Elementen, ästhetischen und ökologischen Konzeptionen prägt die besondere Ausdruckskraft von Kienasts Gärten, Parks und Plätzen.
Kienasts Projekte für die Expo 2000 in Hannover, die Masoalahalle im Zoo Zürich, die Internationale Gartenschau in Graz 2000 und die Tate Modern Gallery in London zählen zu den international bekanntesten Werken der Landschaftsarchitektur.
Der Nachlass von Dieter Kienast wird im Archiv des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) der ETH Zürich aufbewahrt.[2]
Werk
Bearbeiten- 1982: Stadtpark, Wettingen
- 1987–1993: Stadtpark, St. Gallen
- 1991: École cantonale de langue française, Bern
- 1995: Hotel Zürichberg, Zürich
- um 1990: Erweiterung des Günthersburgparks, Frankfurt
- 1994–1996: Wallmeisterhaus, Ulm mit Karljosef Schattner und Wilhelm Huber
- 1994–1997: Kurpark, Bad Münder
- 1995–1997: Zentrum für Kunst und Medientechnologie ZKM, Karlsruhe
- 1996–1999: Park des Bundesarbeitsgerichts, Erfurt[3]
- 2000: Gartenanlage der Schweizerischen Botschaft, Berlin mit Diener & Diener und Helmut Federle
- 1997–2000: Internationale Gartenschau 2000 Steiermark, Graz
- 1994–2000: Masoala-Halle im Zoo, Zürich
- 1995–2000: EXPO 2000 und Messegelände, Hannover
- 1995–2000: Aussenanlagen der Tate Modern Gallery, London
- 2000–2001: Park auf dem Bundespräsidenten-Dreieck, Berlin
- 2000–2002: Park auf dem Moabiter Werder, Berlin
Zitate
Bearbeiten- „Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn er fordert das, was in unserer Gesellschaft am kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum.“[4]
- „Die Theorie gehört zum intellektuellen Teil unserer Arbeit. Wenn es nur darum geht, schöne Förmchen zu backen, brauche ich natürlich keine Theorie.“[5]
- „Unsere Arbeit ist die Suche nach einer Natur der Stadt, deren Farbe nicht nur grün, sondern auch grau ist. Natur der Stadt heißt Baum, Hecke, Rasen, aber auch wasserdurchlässiger Belag, weiter Platz, strenger Kanal, hohe Mauer, offen gehaltene Frischluft- oder Sichtachse, das Zentrum und der Rand.“[5]
Ehemalige Assistenten und Mitarbeiter
BearbeitenFilmografie
BearbeitenSchriften (Auswahl)
Bearbeiten- Die spontane Vegetation der Stadt Kassel. (Dissertation) Urbs et Regio, Kassel 1978, ISBN 3-88122-037-2.
- Kienast Gärten Gardens. Birkhäuser, Basel/Berlin/Boston 1997, ISBN 3-7643-5609-X.
Literatur (Auswahl)
Bearbeiten- Udo Weilacher: Die Kultivierung der Brüche: Dieter Kienast. Interview. In: Udo Weilacher: Zwischen Landschaftsarchitektur und Land Art. Basel/Berlin/Boston 1999, ISBN 3-7643-6120-4.
- Dieter Kienast. Lob der Sinnlichkeit. gta Verlag, Zürich 1999, ISBN 978-3-85676-093-9.
- Dieter Kienast. In Praise of Sensuousness. gta Verlag, Zürich 1999, ISBN 978-3-85676-094-6.
- Peter Stöckli: Am Ende der Strasse – ein Nachruf auf Dieter Kienast, in: Anthos, Zeitschrift für Landschaftsarchitektur, Jg. 38, 1999, Heft 1, S. 58–59. (Digitalisat, abgerufen am 17. Juli 2021)
- Professur für Landschaftsarchitektur ETH Zürich (Hrsg.): Dieter Kienast – Die Poetik des Gartens. Über Chaos und Ordnung in der Landschaftsarchitektur. Birkhäuser, Basel/Berlin/Boston 2002, ISBN 3-7643-6578-1.
- Udo Weilacher: Gärten gegen Menschen? Dieter Kienasts Suche nach der Balance zwischen Ästhetik und Ökologie. In: Ulrich Eisel, Stefan Körner (Hrsg.): Landschaft in einer Kultur der Nachhaltigkeit. Band 2. Kassel 2007, ISBN 3-89117-166-8, S. 136–145.
- Udo Weilacher: The Garden as the Last Luxury Today. Thought-Provoking Garden Projects by Dieter Kienast (1945-1998). In: Michel Conan (Hrsg.): Contemporary Garden Aesthetics, Creations and Interpretations. Washington D.C. 2007, ISBN 978-0-88402-325-8, S. 81–95.
- Udo Weilacher: Kienast, Dieter. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2007
- Anette Freytag, Natur entwerfen. Zum Werk des Schweizer Landschaftsarchitekten Dieter Kienast (1945–1998), Diss., ETH Zürich 2011.
- Anette Freytag: Dieter Kienast. Stadt und Landschaft lesbar machen. Zürich 2015, gta Verlag, ISBN 978-3-85676-312-1.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Dieter Kienast im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Dieter Kienast, auf arch.kit.edu (Biographie, Werkverzeichnis), abgerufen am 17. Juli 2021
- Dieter Kienast (1945–1998), auf archiv.gta.arch.ethz.ch, abgerufen am 17. Juli 2021
- Nachruf auf BauNetz, abgerufen am 17. Juli 2021
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Frank (ARCH) Metzger: KIT - Architektur - Fakultät - Über uns - Geschichte. 24. Juli 2020, abgerufen am 16. August 2020 (deutsch).
- ↑ Dieter Kienast (1945–1998). In: archiv.gta.arch.ethz.ch. gta ETH Zürich, abgerufen am 17. Juli 2021.
- ↑ Repräsentanz und Bürgernähe. Bundesarbeitsgericht in Erfurt bezogen. In: BauNetz, Newsletter. Heinze GmbH, BauNetz, 19. November 1999, abgerufen am 17. Juli 2021.
- ↑ dieter kienast Archives. Abgerufen am 16. August 2020 (deutsch).
- ↑ a b Udo Weilacher: Thesen zur Landschaftsarchitektur. In: Garten + Landschaft. 28. August 2015, abgerufen am 16. August 2020 (deutsch).
- ↑ Wettingen Park, Dieter Kienast. In: YouTube. 17. August 2020, abgerufen am 17. August 2020 (deutsch).
- ↑ Dieter Kienast. In: YouTube. Landschaftsarchitektur Rapperswil, 17. August 2020, abgerufen am 17. August 2020 (deutsch).
Personendaten | |
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NAME | Kienast, Dieter |
ALTERNATIVNAMEN | Kienast, Dieter Alfred |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Landschaftsarchitekt |
GEBURTSDATUM | 30. Oktober 1945 |
GEBURTSORT | Zürich |
STERBEDATUM | 23. Dezember 1998 |
STERBEORT | Zürich |