Cancrinit

Mineral, Gerüstsilikat aus der Cancrinit-Gruppe

Cancrinit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (Na,Ca,☐)8[(CO3,SO4)2|(AlSiO4)6]·2H2O[4] und entwickelt prismatische Kristalle oder körnige, massige Aggregate in den Farben weiß, gelb, orange oder blau. Auch farblose Kristalle sind bekannt. Cancrinit zählt zu den Foiden.

Cancrinit
Cancrinit (gelb), Nephelin (weiß) und Biotit (schwarz) aus Dennis Hill, Litchfield, Kennebec County, Maine, USA
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Ccn[1]

Chemische Formel
  • (Na,Ca,☐)8(Al6Si6)O24(CO3,SO4)2·2H2O[2]
  • Na6Ca2[(CO3)2|Al6Si6O24]·2H2O[3]
  • (Na,Ca,☐)8[(CO3,SO4)2|(AlSiO4)6]·2H2O[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Gerüstsilicate (Tektosilicate); Cancrinitgruppe
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/F.05
VIII/J.09-010

9.FB.05
76.02.05.03
Ähnliche Minerale Sodalith, Leucit, Analcim, Nosean, Haüyn
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol hexagonal-pyramidal; 6
Raumgruppe P63 (Nr. 173)Vorlage:Raumgruppe/173[4]
Gitterparameter a = 12,59 Å; c = 5,12 Å[4]
Formeleinheiten Z = 1[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5 bis 6[5]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,42 bis 2,51; berechnet: [2,49][5]
Spaltbarkeit vollkommen nach {1010}, undeutlich nach {0001}[5]
Bruch; Tenazität uneben; spröde[5]
Farbe farblos, weiß, hellblau bis hellgraublau, gelb, orange, rötlich[5]
Strichfarbe weiß[5]
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Fettglanz, Glasglanz, Perlglanz[5]
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,507 bis 1,528[6]
nε = 1,495 bis 1,503[6]
Doppelbrechung δ = 0,012 bis 0,025[6]
Optischer Charakter einachsig wechselnd
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten in warmer Salzsäure löslich

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt wurde Cancrinit im Gebiet des Flusses Miass in der russischen Oblast Tscheljabinsk und beschrieben 1839 durch Gustav Rose, der das Mineral nach dem russischen Minister Georg Cancrin (1774–1845) benannte.[7]

Klassifikation

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Bereits in der mittlerweile veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Cancrinit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate)“, wo er zusammen mit Afghanit, Davyn, Mikrosommit, Vishnevit und Wenkit die „Cancrinit-Reihe“ mit der System-Nr. VIII/F.05 bildete.

Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/J.09-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Gerüstsilikate“, wo Cancrinit zusammen mit Afghanit, Alloriit, Balliranoit, Biachellait, Bystrit, Carbobystrit, Cancrisilit, Davyn, Depmeierit, Fantappièit, Farneseit, Franzinit, Giuseppettit, Hydroxycancrinit, Kircherit, Kyanoxalith, Liottit, Marinellit, Mikrosommit, Pitiglianoit, Quadridavyn, Sacrofanit, Tounkit, Vishnevit und Wenkit die „Cancrinit-Gruppe“ bildet (Stand 2018).[3]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Cancrinit in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne zeolithisches H2O“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiter Anionen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Gerüstsilikate (Tektosilikate) mit zusätzlichen Anionen“ zu finden ist, wo es ebenfalls als Namensgeber die „Cancrinitgruppe“ mit der System-Nr. 9.FB.05 und den weiteren Mitgliedern Afghanit, Alloriit, Balliranoit, Biachellait, Bystrit, Cancrisilit, Davyn, Fantappièit, Farneseit, Franzinit, Giuseppettit, Hydroxycancrinit, Kyanoxalith, Liottit, Marinellit, Mikrosommit, Pitiglianoit, Quadridavyn, Sacrofanit, Tounkit und Vishnevit bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Cancrinit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gerüstsilikate: Al-Si-Gitter“ ein. Hier ist er ebenfalls als Namensgeber der „Cancrinitgruppe“ mit der System-Nr. 76.02.05 innerhalb der Unterabteilung „Gerüstsilikate: Al-Si-Gitter, Feldspatvertreter und verwandte Arten“ zu finden.

Kristallstruktur

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Ein früher Strukturvorschlag wurde 1930 von Linus Pauling veröffentlicht, wobei er die Raumgruppe P63/mmc (Raumgruppen-Nr. 194)Vorlage:Raumgruppe/194 vorschlug. Die japanischen Forscher Kozu und Takane beschrieben die Struktur in der Raumgruppe P63 (Nr. 173)Vorlage:Raumgruppe/173 und berichteten erstmals über ein eindimensionales Kanalsystem parallel zur kristallographischen c-Achse. Ihr Strukturvorschlag wies allerdings unrealistische Si-Si- und Si-Al-Abstände auf. Jarchow gelang 1962 die endgültige Strukturbestimmung in der Raumgruppe P63Vorlage:Raumgruppe/173.

Die Cancrinitstruktur kann als eine hexagonal dichteste Kugelpackung von Si-Al-Sechserringen in Richtung [0001] beschrieben werden. Dabei entstehen, bedingt durch die Stapelung, charakteristische Käfigstrukturen. In Abbildung 1 ist der Käfig gezeigt. Die Punkte entsprechen dabei den Positionen der Silicium- oder Aluminium-Atomen im Gerüst zwischen denen, ungefähr in der Mitte der Striche, sich die Sauerstoffatome befinden. Diese Käfige werden in der Zeolithchemie als Epsilonkäfige bezeichnet. Die räumliche Anordnung der Käfige, wie sie in Abbildung 2 gezeigt ist, führt zur Ausbildung eines eindimensionalen Kanalsystems in Richtung der kristallographischen c-Achse. Die Elemente Aluminium, Silicium und Sauerstoff bilden die Käfige des Gerüstes. Die Natrium-Kationen sind zum Teil in den Käfigen und zum Teil in den Kanälen lokalisiert. CO3-Anionen finden sich nur in den Kanälen.

Bildung und Fundorte

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Cancrinite kristallisieren, ähnlich wie Sodalithe, aus Magmen mittleren bis niedrigen SiO2-Gehalts und erscheinen hier neben weiteren Foiden.

Fundorte sind unter anderem Laacher See in Deutschland, Bancroft/Ontario und Québec in Kanada, Norwegen, Rumänien, Russische Föderation, sowie Litchfield/Maine in den USA.

Verwendung

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In der Wissenschaft dienen synthetische Cancrinite, deren Zusammensetzung oft von der des Minerals abweichen, als Modellsystem für Zeolithe. Der Epsilonkäfig des Cancrinits ist ein struktureller Baustein des Zeoliths L.

Siehe auch

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Literatur

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Commons: Cancrinite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  3. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 697 (englisch).
  5. a b c d e f g Cancrinite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 69 kB; abgerufen am 25. Dezember 2019]).
  6. a b c Cancrinite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. Dezember 2019 (englisch).
  7. Gustav Rose: Ueber den Sodalith und Cancrinit, in: Journal für praktische Chemie, Band 17, Verlag von Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1839, S. 348 in der Google-Buchsuche
  8. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).